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Gäste aus dem Weltenraum?

Von Willy Ley  

Es ist bekannt, daß man erst seit wenig mehr als hundert Jahren wiffenschaftlich an die Existenz von Meteoriten glaubt; vor dieser Zeit galten alle noch so glaubwürdig protokollierten und von ernſten und wahrheitsliebenden Männern beeideten Berichte über ,, vom Himmel gefallene Steine" als eitel Lug und Trug und Selbst­täuschung. Chladni   hieß der Mann, der dann die Wahrheit der Steinfälle nachwies und er hatte noch das Glück, daß gleich nach Erscheinen seines Buches in Frankreich   ein gewaltiger Steinhagel niederging, der seine Ansichten bestätigte.

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Inzwischen hat man also gewaltig umgelernt, die Meteoriten­jammlungen unserer großen Museen sind vollkräftige Beweise da für. Der Laie, der vor einer solchen Sammlung steht, hat aber für gewöhnlich seinen tiefverheimlichten Herzenswunsch nur halb er= füllt. Daß im Weltraum   Steinbrocken aller Größen herumfliegen, von fosmischem Staub bis zu ganzen Weltförpern, nun, das weiß man ja. Die Frage, die der Laie zu stellen pflegt( auch der Fach­mann, aber bei dem ist das aus einer Art wissenschaftlicher Scham heraus noch mehr überwuchert von allen möglichen anderen Ge­danken), geht auf etwas anderes, auf die Brüder im Welten­raum", bescheidener ausgedrückt: auf das Leben im Weltall  . Wenn dech, so lautet die aus diesem Wunsch geborene Frage, doch einmal etwas anderes vom Himmel fallen würde als nur solche Meteor­steine. Ob denn die Wissenschaft so gar nichts vom fernen Leben im All wisse.

Die Wissenschaft ist solcher Frage gegenüber in Berlegenheit. Sie unterscheidet Stein, Eisen- und Glasmeteoriten, weiter tann fie an greifbaren Dingen nichts erzählen. Sie weiß auch noch, daß aller Voraussicht nach irdische Lebewesen, wenn man sie auf den Mars   oder zur Benus bringt, dort wohl weiterleben würden, daß das auf den äußeren Planeten oder auf dem luftlosen Monde unserer Erde und auf dem ebenfalls luftlosen Sonnenmonde" Merkur nicht der Fall sein würde. Sie fann ferner, und in teilweisem Widerspruch zu dieser Darlegung berichten, daß man mit dem Spektroskop in den Atmosphären der beiden äußersten Planeten Uranus   und Neptun ( nom Pluto   weiß man außer seiner Eristenz ja nichts) das geheim­nisvolle Blattgrün oder Chlorophyll entdeckt haben will. Das ist aber unsicher, ebenso wie die berühmten und eine Zeitlang viel besprochenen Marskanäle, von denen man jetzt annimmt, daß sie überhaupt nur auf optischer Täuschung beruhen. Das größte Parade­pferd in dieser Hinsicht ist noch die von dem großen amerikanischen Aftronomen Pickering beglaubigte Tatsache, daß auf dem Monde an manchen Stellen sich die Gesteinfarbe regelmäßig mit den Mond­tagen ändert( das könnte Pflanzenwuchs sein) und daß im Mond­frater Eratosthenes   wandernde graue Flecke existieren, für die die einzige Erklärung, die wir uns denten fönnen, wandernde In­settenheere nach Art der irdischen Heuschreckenschwärme sind.

Gerade für den Mond hätte man das, wenn es stimmt, am aller­wenigsten geglaubt, denn man kennt ihn zu genau, um ihm in dieser Hinsicht zu viel zuzutrauen. Man darf zwar nicht vergessen, daß das Leben als solches sehr viel aushält. Arrhenius  , der verstorbene geniale schwedische Physiker, hat nachgewiesen, daß Bazillensporen die Weltraumfälte überstehen fönnen, er baute auf dieser Basis seine berühmte Theorie der Banspermie( Albesamtheit) auf, nach welcher solche fältefesten Bazillensporen in den Lufthüllen belebter Planeten emporgewirbelt werden, dort vom Lichtdruck der Sonne erfaßt und Durch den Raum zu anderen Weltförpern getrieben werden fönnen.

Auf dieser Theorie wurde von einem deutschen Dichter, von Rurb Lagmig, ein Roman aufgebaut ,,, Sternentau, die Pflanze vom Restunsmond, in welchem durch solch Zusammenwirken des Licht druds der Sonne mit anderen Kräften die Sporen einer Pflanze des Neptunsmondes zur Erde gebracht werden. Und jetzt kommt ein Forscher, Dr. Desiderius Papp   in Wien  , mit einem Buche ,, Was lebt auf den Sternen" und spricht offen seine Meinung aus, daß nämlich das Thema dieses Romans schon Wirklichkeit geworden sei.

mit anderen Worten: daß es auf der Erde buchstäblich Lebemesen von anderen Planeten gäbe.

Natürlich sind es die Bazillen, und zwar Bazillen, die sofort auffallen. Nicht sehr durch ihr Aeußeres, das ist so, wie man es auch bei unseren einheimischen Bazillen hat, fleine Stäbchen und eiförmige Körperchen, fleine Korkenzieherspiralen und sonstige Formen, jedes Buch über Mikroskopie zeigt solche Bilder. Was diese Batterien auffällig macht, das ist ihre Konstitution, ihre An­passung an Lebensverhältnisse, die auf der Erde nur ganz selten vor­tommen. Man tann sich ja ungefähr vorstellen, an welche Be­dingungen sich irdische Wesen anpassen tönnen. Sie können an ein Freiluftleben gewöhnt sein wie die Seevögel, an unterirdisches Begetieren wie Regenmurm und Maulwurf, an heiße Sonne und Wüste wie der Wüstenfuchs  , an Polarnacht und Eis und Schnee wie der Polarfuchs. Das sind alles hübsche, aber doch nur übliche Leistungen im Kampf ums Dasein. Es ist nur eine Steigerung, wenn man von mikroskopischen Wesen hört, die unterirdisch in Steinkohlenflözen leben.

Es ist aber etwas ganz anderes, wenn man plötzlich von Bazillen erfährt, denen der Sauerstoff der Luft, das Lebenselement aller irdischen Wesen, ein tödliches Gift ist. Es sind sogar mehrere Sorten( auch Krankheitserreger darunter), die sonst unglaublich lebenszäh sind, trifft sie ein Hauch Luft, dann ist es nach fürzester Frift mit ihnen aus. Das kann feine irdische Anpassung sein, denn sie hat keinen Grund. Man kann sich denken, daß ein Wüstentier

fich an ein wasserfofes Leben gewöhnen tann, es wäre aber ein Un Sinn, den man der Natur nicht zutrauen kann, menn ein solches Wüstentier die Anpassung an Wasserlosigkeit soweit triebe, daß es eingeht, wenn es von einem Regen auch nur bespritzt wird. Dieses Tier würde den Regen vielleicht nicht lieben, aber das ist doch ein fleiner Unterschied gegen den Tod.

Diese sauerstoffeindlichen Batterien lieben ihrerseits die Kohlen­fäure, meil es auch solche auf der Erde gibt, vermögen sie hier überhaupt nur zu dauern, ihre Heimat ist eben umgekehrt organi­fiert als die Erde, wenn wir diese fremde Welt kennen würden, dann würden wir sie für tot halten. Andere Batterien gibt es, die noch viel fräftigere Giftgafe lieben, der Methanbazillus schwärmt für Sumpfgas  , der Thiobazillus für Schwefel, der Cyanbazillus jogar für Blausäure.

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Für die irdischen Lebewesen nahm man bisher als Bedingung ihres Gedeihens vier Grundnotwendigkeiten an: Luft, Wasser, Wärme und Licht. Alle diese Batterien zeigen, daß sie das meiste oder alles davon entbehren können. Einiges davon könnte man zur Net als Anpassung an einen extremen Sonderfall ansehen, fo, wie die Algen, die in 80 Grad heißen vulkanischen Quellen leben, alles zusammen führt aber über das Irdische hinaus, die Summe dieser Extreme ergibt die Norm für eine fremde Welt, in der der Mensch nur mit Hilfe seiner Technik vorübergehend leben und forschen dürfte.-

Nach allem ist die Idee, daß wir hier auf unserer Erde   Gäste aus dem Weltenraum haben, wahrscheinlich geworden. Man wird diese Batterien nun ja mit ganz anderen Augen ansehen. Was bis­her mehr als Kuriosum berichtet worden ist, wird eine wichtige Forschungstatsache werden. Und wer weiß, wenn man erst ernstlich danach sucht, wieviel sich dann noch finden wird, wovon man keine Ahnung hatte.

Bedeutung und Verbreitung des Jiddischen

Das Jiddische, in der Literatur schon lange in Blüte, ist auch als Theatersprache in den letzten Jahren immer mehr in llebung gekommen, wie gelegentliche Gastspielreisen ostjüdischer Truppen beweisen. Auf der Bühne erinnert das zu Unrecht gering­schäßig behandelte Idiom an die Elsässer   Dialektstücke der Stoskopf und Bastian. In der Tat ist das Jiddische in der Grundlage eine oberdeutsche Mundart, der alemannischen, schweizerisch- elfäffischen Färbung verwandt, aber stark mit slawischen und hebräischen Brocken durchsetzt. Als im Mittelalter am Oberrhein die Judenverfolgungen einfegten( übrigens nicht nur in Deutschland  , sondern in ähnlicher Weise auch in Frankreich  , Spanien   und England), folgte die der Brunnenvergiftung und Hostienschändung bezichtigte jüdische Be­völkerung des Rheingebiets in Scharen der Einladung slawischer, namentlich polnischer Fürsten und nahm in die neuen östlichen Sied­lungsgebiete die herkömmliche deutsche Sprache mit.

Das oberrheinische und rheinfränkische Land ist somit die eigentliche Heimat des Jiddischen, das in der östlichen Abgeschlossen­heit von den Wandlungen zum Neuhochdeutschen seit Luther   weniger erfaßt murde und in mittelhochdeutschen Formen beharrte. Eine Sonderausstellung gelegentlich der Jahrtausendfeier der Rheinlande in Köln   gab vor drei Jahren Kunde von der Wanderungs- und Sprachgeschichte der rheinländischen Juden, die in Köln  , bereits für die später auch nach zeitweiliger Vertreibung immer wieder zu­das Jahr 331, also schon zur römischen Zeit, nachgewiesen find, und gelassen und zurückgerufen wurden, da man sie unter der Herrschaft die, des fanonischen Rechts für das Wirtschaftsleben nicht entbehren fonnte.

Erstaunlich ist die Zähigkeit und Treue, mit der das in elender Wirtschaftslage negetierende Oftjudentum seine überlieferte beufche Mundart, die übrigens geschrieben und gebrudt sich meist in hebrä­ischen Lettern fundgibt, festgehalten hat. Selbstverständlich hat der Dialekt auch den Kontaft mit der neuen deutschen Literatur ver mittelt, wie wir u. a. aus den Erinnerungen Rosa Luxemburgs wissen, in deren Vaterhause Goethe, Schiller, Lessing und andere Klassiter nicht fehlten.

August Strindberg: Die Stärkere

In Genf   wohnt eine Frau X., die eine Zeitung herausgibt, ge= 1 nammt ,, Die Vereinigten Staaten von Europa  ".

Der Gedanke einer europäischen   Bundesrepublik ist ein Erbe der Saint- Simonisten. Napoleon III.  , der Sozialist mar, bevor er Kaiser wurde, hatte die vereinigten Staaten von Europa   auf seinem Programm. Als er Eugénie Maria de Montijo   heiratete, die stärker als er war, änderte er sein Programm.

Frau I hält an ihrem fest. Sie war verheitratet mit einem alten Saint- Simonisten. Die Ehe war tinderlos geblieben. Frau X., die Idealistin ist, hält es für niedrig, den Haushalt zu besorgen. Der Mann, der Literat ist, tocht das Effen und besorgt die Wohnung. Der Mann sieht nichts Niedriges darin. Aber er wird lächerlich Das Lächerliche liegt ja nicht darin, daß er tut, was die Frau sonst zu tun pflegt, sondern darin, daß er es allein tut. Wenn beide es tun, wird feiner lächerlich.

Jetzt soll der Mann tot sein. Aber andere sagen, er sei nach Amerita ausgewandert. Diese Ehe scheint also teine Ehe geworden zu sein. Keine wirkliche Ehe, da die Gatten feine Kinder befamen. Freien Spielraum zu einer Novelle gibt diese halb bekannte Geschichte. Der Stoff tann von allen Gesichtspunkten gedeutet werden. Ich habe versucht, mehr Material zu erhalten, aber leider vergeblich.

Erlag der Mann dem Gelächter? Fand er seine Stellung un­haltbar? Glaubte er sich gedemütigt?

Wer weiß?

Aber die beiden Frauen hielten die Fahne hoch, dann und wann eine Erklärung abgebend, ernst, freundlich, ohne Bosheit oder Eifer. Sahen sie das Lachen nicht? Doch, das konnte ihnen nicht ent­gehen. Aber sie hatten wohl nichts anderes erwartet. Deshalb erstaunten sie nicht, erzärnten fich nicht. An die Zukunft stellten sie wohl ideale Forderungen, doch an die Zeitgenossen schienen sie durch­aus teine zu stellen.

Aber der Mann auf dem Rückfiz sah das Lachen! Deshalb wand er sich wie ein Sünder am Schandpfahl. Warum war er so feige?

Ich dachte an Frau X. War sie es, welche die Fahne hielt? War es ihr Mann, der sich versteckte?

Dann dachte ich an Napoleon III  . Wenn er jetzt gelebt und gesehen hätte, wie man die Utopie seiner Jugend auf einer Flaggen­stange hißte, in der Prozession für den Verfasser von Napoleon dem Kleinen".

Dann wäre Eugénie Maria de Montijo aus der Avenue de la Grande Armée gekommen und Frau X. in der Droschke begegnet. ( Wenn es Frau X. war!)

Du hast die Idee meines Ludwig gestohlen," hätte sie gesagt. Dann hätte Frau X. geantwortet:

,, Er wagt sie ja nicht zu tragen, der Tropf! Er hat Angst vor dir! Deshalb tue ich es! Betrachte diesen armseligen Mann, der dort auf dem Rücksiz bebt und zittert. Schöne Helden, muß ich fagen! Warum rebet man vom schwachen Geschlecht?"

,, Davon sprach Ludwig nie! Er wußte sehr wohl, daß in der Geschichte stehen müsse: Eugénie I., 1853-70, statt Napoleon III.  ,

Als Victor Hugo   begraben wurde, stand eine einsame Droschte an der Porte Maillot, bereit, in die Prozession einzurücken. Es war ein Einspänner, ärmlich aussehend, ein solcher, in dem 1852-70." man einen Betrunkenen oder Erfrankten fortschafft.

Auf dem Kutschbock war eine Art Obelisk errichtet, schwarz be­zogen, mit einem Kranz aus Fichtenzweigen und Blumen verziert. In dem Kranz stand ein Vers von Bictor Hugo geschrieben.

In der Droschke faßen zwei ältere Frauen und ein Mann, dieser auf dem Rückfiz. Die Frauen hielten eine große Fahne, deren Tuch fie im Winde flattern ließen.

Da war eine Landschaft gemalt, in der Vertreter von allen Völkern der Erde standen, einander die Hand reichend. Darüber mar in Gold geschrieben: La Republique Universelle. Darunter ein Bers von Hugo an die Universalrepublit.

Alle, die vorbeigingen, Blusen wie Gehröcke, Dekorierte wie Un­dekorierte, Frauen wie Männer, blieben pflichtschuldig stehen, um über das Schauspiel zu lachen. Wer nicht lachen wollte, der mußte, um feine Ehre und seine Intelligenz zu retten.

,, Warum will man uns Frauen fein Stimmrecht geben?" ,, Was sollen wir Frauen mit Stimmrecht? Wir haben ja ab­solutes Beto! Der Kaiser war der unbedeutendste im ganzen Kaiser­tum: er besaß weder Stimmrecht noch Veto! Ich besaß wenigstens dies!"

,, Ja, das war schlimm, daß Sie das Beto damals besaßen!" ,, Gut oder schlimm, Mann oder Weib, der Stärkere herrscht!" ,, Augenblicklich bin ich es," ruft Frau X. und schwenkt die Fahne. Da ruft die Polizei:

,, La Republique Universelle!"

Und die Universalrepublik rückt in die Prozession, zwischen einem Ruderklub und einem Gesangverein, unter Sport eingestellt.

Aber die Kaiserin wird nicht aufgerufen, denn sie weilt in Chiselhurst, wo sie Bonapartisten empfängt, die für das dritte Raiser­hum agitieren.

( Aus dem Nachlak bertragen von E. Scheting.)

Die ostjüdische Massenwanderung nach Amerika   hat dem Jiddi­schen auch in der neuen Welt eine Heimstätte bereitet. Merkwürdig, auch unter dem nivellierenden Einfluß der englischen Welsprache hält sich das Jiddische überraschend gut, namentlich in New York  , wo gegen zmei Millionen Ostjuden wohnen und wo heute der Dialekt eine große periodische Presse, eigene Theater und dergleichen hat entstehen lassen. Unnötig zu sagen, daß die Verwandtschaft des Jiddischen mit dem Deutschen   diesem und der alten Heimat manche Borteile bringt. Diese offenbaren sich wirtschaftlich und wissen schaftlich, durch Erleichterung des deutschen Exporthandels, durch Ver breitung des wissenschaftlichen und schöngeistigen deutschen Buches, nicht zuletzt auch durch die Ausstrahlung der soziapolitischen Litera­tur, seitdem der Emanzipationskampf der Arbeiterklasse aus Werken deutscher Sprache seine besten Waffen holt.

Unsere Alldeutschen und Nationalisten sprechen gern von, deut­ scher   Weltgeltung", die sie sich nicht anders denten können, als auf Waffengewalt und Kriegsmacht beruhend. Das Jiddische wird von ihnen natürlich mit hohn abgetan. Nur wenn die Not groß und zwingend ift, dann erinnert man sich auch dieser verachteten Sprache, wie Ludendorffs berühmter Aufruf An die Jidden in Boulen" be­weist, der für alle Zeiten das Rosa- Gegenstück zur blauen Brille H. D.  bleiben wird.

Die australische Nachtigall

Nellie Melba   liegt im Sterben

Die in der internationalen Bühnenwelt als auffralische Nachti­gall" gefeierte Diva hat man in Deutschland   nur als Konzertfängerin fennengelernt. Und auch als solche ist sie vom Hören wohl nur der älteren Generation befannt, während ihr Name sonst vor allem als Patin der Eisspeise Pfirsich- Melba" sortlebt. Mit Joseph Joachim  , dem Altmeister der Bioline, mit dem zusammen die Melba jahrzehntelang den Mittelpunkt der Londoner   musikalischen Season bildete, trat sie wiederholt auch in Berlin   auf. Ihre wahre Be­deutung liegt indessen in ihrem Birken auf der Bühne, wo sie als Königin des Koloraturgefanges 40 Jahre lang unerhörte Triumphe feierte, bis sie 1926, im Vollbesitz ihrer stimmlichen Mittel, von der Bühne schied. Ihr bürgerlicher Name ist Helen Porter Mitchell  , seit ihrer Verheiratung Armstrong. Den Bühnennamen Melba wählte sie in Erinnerung an Meibourne, wo sie am 19. Mai 1861 geboren wurde. Gegen den Willen des Vaters betrat sie, nachdem sie bei der Marchesi in Paris   ihre Gesangsstudien vollendet hatte, zum erstenmal in Brüssel   als ,, Gilda" die Bühne, und der rauschende Erfolg dieses Debuts setzte sich dann in London   und Paris   fort. Sie sang dann an allen größeren Bühnen der elt; ihre Stimme eriitt im Laufe der Jahrzehnte auch nicht die geringste Einbuße.

Die Melba war aber nicht nur die sieggewohnte Primadonna, jondern auch eine Frau, die durch Liebenswürdigkeit die Herzen zu gewinnen wußte. Ihre ungeheuren Einfünfte gestatteten ihr eine unbegrenzte Wohltätigkeit. So manderte sie durch die Welt, um prächtig zu fingen und zugleich verschwenderisch Gutes zu tun. Es versteht sich von selbst, daß eine Berühmtheit wie die Melba mit allen Größen des Tages zusammentraf. Gern berichtete sie übec ihre Bekanntschaft mit Oscar Wilde  , der häufig bei ihr zu Gaste war, und mit dem sie ein letztes Zusammentreffen in Paris   hatte. Bei cinem Spaziergang wurde sie von einem heruntergekommen aus­sehenden Individuum angesprochen Die Sängerin mich entsetzt zu­rück: Ich bin Oscar Wilde  ", bemerkte der Fremde, und ich werde jest etwas Entsetzliches tun. Ich werde Sie um etwas Geld bitten." Die Diva gab ihm den Inhalt ihrer Tasche, 200 Franken, und entfloh, erfüllt von Mitleid und Scham.

Das kürzeste Drama. Der geistreiche französische   Dramatiter Tristan Bernard   hat jetzt das fürzeste Drama geschrieben, das die Weltliteratur bisher wohl aufzuweisen hat. Er teilt in der Comoedia" dieses Miniaturmeisterwerk mit, das er als Expreß­Drama" bezeichnet und das den Titel Der Geächtete" führt. Per­sonen: Labourin, der Geächtete; Mélaneau, der Gebirgsbewohner. Die Szene spielt in einem Bauernhaus, in einem Gebirge gelegen, in einiger Entfernung von der Grenze. Es ist Nacht. Der Sturm rast. Der Regen trommelt gegen die Fenster. Mélaneau, der Ge­birgler, fitzt am Feuer. Es flopft. Schweigen. Es flopft wieder. Mélaneau entschließt sich, zu öffnen. Herein tritt Labourin, der Geächtete, vom Regen durchnäßt, mit Schmuz bedeckt. Er spricht mit mühsamer, halblauter Stimme. Labourin: Wer du auch seiest, habe Mitleid mit einem Berfolgten. Auf meinen Kopf ist ein Preis gelegt..." Mélaneau( interessiert): Wieviel?"( Labourin rasch ab. Vorhang.)

Die Zunahme der Lebensdauer. In der letzten Zeit hat die Abnahme der Sterblichkeit wie in den meisten europäischen  Ländern, so auch in Deutschland   weitere Fortschritte gemacht. Während die durchschnittliche Lebensdauer in dem Zeitraum vo betrug, werden die Frauen im Durchschnitt heute etwa 58 Jahre. 1901 bis 1910 für Frauen 48 Jahre und für Männer 44 Jahre die Männer etwa 57 Jahre alt.