Max Barthel : Sibirische Ballade
Wir fuhren von Aftrachan hinauf in die Fischgründe. Es war mitten in der Nacht. Wir konnten nicht schlafen, und Charlie Moser, ein ehemaliger Kriegsgefangener, erzählte von den wilden Jahren des Bürgerkrieges. Von allen Geschichten ist mir die aus Barnaul am gegenwärtigsten.
,, Einmal war die Stadt Barnaul weiß, und dann wieder war fie rot", sagte er ,,, und die Soldaten spielten um sie wie um eine schöne Frau. Es gab Siege und Niederlagen, und uns war nicht immer heiter zumute. Einmal wurden wir von den Weißgardisten überrascht, ich konnte nicht mehr türmen, 30g 3ivilkleider an und blieb in der Stadt. Nach drei Tagen wurde ich bei einer Razzia verhaftet. Man schleppte mich ins Stabsquartier zu einem Haupt
mann.
,, Was bist du für ein Mensch? Wie kommst du nach Barnaul ?" fragte er und legte die Knute zwischen uns.
Bin englischer Sprachlehrer, Euer Gnaden, wurde von den verfluchten Roten hierher verschleppt", sagte ich. Vor einiger Zeit hatte ich in einem verlassenen Haus eine englische Sprachlehre gefunden, mußt du wissen. Das waren meine einzigen Beziehungen zu England. Bin Kriegsgefangener, Euer Gnaden", erklärte ich, ,, und war im Lager von Minussinst."
"
Nun", sagte er lächelnd,„ das wollen wir ausprobieren, teurer Bürger, ob du englisch kannst. Wir brauchen Uebersetzer. Lauf zu, Hundesohn, und melde dich beim Oberst Uchatschewski."
Ich dachte, das tann ja gut werden, flappte die Hacken zujammen, verzog feine Miene und ging zum Oberst Uchatschewski. Eine bewaffnete Wache begleitete mich. Der Oberst war ein alter Mann, so gegen siebzig. Er war mit den Weißen nach Barnaul gekommen und wollte meiter nach dem Osten. In Amerika hatte er Verwandte. Mit siebzig Jahren wollte er noch nach Amerika !
" Engliſchmen", sagte er zu mir, du bist jung und ich bin alt, aber der Mensch lernt nie aus. Noch am letzten Tage lernt der Verzweifelte den Wert des Lebens fennen. Sprachlehrer bist du?" Englischer Sprachlehrer, ehemaliger Kriegsgefangener aus dem Lager von Minussinse und hierher verschleppt, Euer Gnaden", ante
wortete ich.
Bin ein Mensch und nicht voller Gnaden", fnurrte er, bu tommst jeden Morgen zu mir, von elf bis eins. Ich fahre nach Amerika . Ich will von dir englisch lernen. Berstanden?"
Jawoll, Euer Gnaden", sagte ich und flappie wieder mit den Haden. Das haben wir ja gelernt, die Haden zusammenklappen und ein beherrschtes Gesicht machen, das tönnen wir alle, auch dann noch, wenn uns der Schreden in der Kehle sitzt.
Der Oberst entließ die Wache. Ich durfte allein nach Hause gehen. Und in den folgenden Tagen tam ich pünktlich um elf Uhr and gab meinen Unterricht. Der Oberst war ein großes Kind, und einmal fagte er zu mir:
,, Brüder sollten wir sein, und Wölfe sind wir." Seine Geschichte ist in wenigen Worten erzählt. Als der Krieg begann, meldete sich Uchatschewsti freiwillig an die Front. Er kam als hoher Sechziger ins Feuer, fannte den Krieg nur als heroische Angelegenheit und flappie nach der zweiten Schlacht zusammen. Nervenzusammenbruch, Lazarett, Entlassung, Pension und so weiter. Und dann kam die Revolution. Was fonnte sie einem pensionierten Oberst geben? Er zählte sich selbst zu den Liberalen, war für Demokratie und schöne Literatur. Für schöne Literatur und Demotratie war damals feine Nachfrage. Hausfuchungen schreckten ihn auf. Mit über siebzig machte er sich noch heimlich auf und davon, ließ Mostau und war für New York .
Ja, er wollte nach Amerita, und ich fann dir sagen, mein Sunge, ich habe ein verrüdies Englisch fabriziert! Vor jeder Stunde lernte ich selbst erst mal meine Lektion. Wer fonnte mich in Barnaul fontrollieren? Kein Mensch fonnte das, und ich war frech und heiter. Uchatschewski machte erstaunliche Fortschritte. Er war sehr liebenswürdig zu mir, erfundigte sich nach dem Westen, und ich erzählte, was ich mußte.
Eines Tages aber fam eine amerikanische Delegation durch die Stadt und reiste nach dem Ural weiter. Sie wollte die Platingruben untersuchen und instandsetzen. Als die Leute erfuhren, daß
Das Schiff der Wüste
Für manche. Länder und Völkerschaften ist das Kamel, und
zwar sowohl das einhöckerige Dromedar wie das zweihöckerige Trampeltier, zweifellos das nüßlichste und unentbehrlichste aller Haustiere. Trotzdem kann man es eigentlich nicht liebgewinnen, so wie man ein feuriges Roß oder einen treuen Hind liebt. Das Samet ist zu häßlich, zu widerborstig, zu wenig anhänglich an die Person, zu dumm, als daß man mit ihm einen wirklich innigen Freundschaftsbund schließen könnte. Ga lange es geht, wird man das edle Pferd als Transportmittel immer vorziehen. Aber eft ist man zur Kamefreise eben geradezu gezwungen. Man hat dabei reichlich Gelegenheit, mit der eigentümlichen Natur dieser Tiere näher bekannt zu werden.
Liebenswürdige Geschöpfe sind sie ja gerade nicht, aber in höchstem Grade geduldig, ausdauernd, leistungs- und widerstands. fähig, wenn auch langsam. Die sogenannten Rennfamele, die sich freilich weniger zum Tragen schwerer Lasten eignen, find ja bedeutend schneller und gescheiter, foften aber dafür auch das Dreifache. Natürlich gibt es auch beim Kamel wie bei allen Haustieren verschiedene Rassen, deren Wertschätzung erhebliche Unterschiede auf
weist.
Die gewöhnliche Farbe ist sandgelb, aber es fommen auch alle möglichen Spielarten in Grau und Braun vor. Sehr selten sieht man mal ein völlig schwarzes Kamel, niemals ein weißscheckiges, obgleich diese Färbung doch sonst bei den Haustieren eine große Rolle spielt. Die Hengste find stärker gebaut und maffiger behaart als die Stuten. Im allgemeinen neigen die Kamele weniger zur Raffenbildung als andere Haustiere, weil sie ja aus den Wüstenländern ihrer Heimat nie recht hinausgekommen sind. Da sie also canz' auf die Wüstenmatur eingestellt bleiben mußten, unterscheiden sie sich so scharf von allen anderen Haustieren. Das geht so weit, daß sie in fruchtbaren und wasserreichen Gegenden bei reichlichem und nahrhaftem Futter, rasch entarten und ihre besten Eigenschaften einbüßen.
Wohl sind sie in höchstem Grade anspruchslos und doch in einem gewissen Sinne wählerisch. Sie bedürfen zum Gedeihen unbedingt der salzhaltigen Wüstenpflanzen. Mit besonderer Gier sah ich sie an den Sarauffträuchern herumfnabbern, und von gewissen Lieblingspflanzen kann man sie auch durch die ausgiebigsten Beitschenhiebe kaum weiter bringen. Bei starkem Hunger fressen fie fogar Knochen, Mist und andere ungenießbare Dinge. Bei faft reichem Futter können sie natürlich länger ohne Waffer auskommen als bei trodenem. Die Darbietung einer gewissen Salzmenge im Futter ist unerläßlich für ihr Wohlbefinden, und wenn der Maut
ein englischer Dolmetscher in Barnaul sei, forderten sie mich an und reisten, ohne mich zu sprechen oder zu prüfen, gleich weiter. Glück muß der Mensch haben, und ich hatte Glüd, saumäßiges Glüd. Eine Ordonnan fam und brachte mir den Befehl, mich im Stabsquartier bei dem Hauptmann zu melden. Ich ging sofort hin. ,, Du mußt nach Irkutst, sehr geehrter Bürger", sagte der Haupt mann ,,, die Amerikansti haben dich als Dolmetscher angefordert. Mach dich reisefertig. Damit du Hundesohn aber nicht den Weg verfehlst, geben wir dir zwei Soldaten mit, die verdammt gut schießen können. Du fährst noch heute abend mit dem Güterzug ab."
3u Befehl", sagte ich und riß die Haden zusammen. Ich war fein Russe, aber danach fragte man damals nicht. Zu Befehl", jagte ich, aber was soll aus seiner Gnaden, dem Herrn Oberst, werden?" ,, Das ist meine Sorge. Melde dich bei ihm ab und fahre heute abend", sagte der Hauptmann und musterte mich mißtrauisch. Ich fah ihm starr ins Gesicht, machte kehrt und schob ab. Mir war durchaus nicht heiter zumute, lieber Junge", erzählte Charlie weiter, aber ich stiefelte los, was fonnte ich weiter machen? Meldete mich ab und hatte ein bitteres Gefühl im Mund. Ja, hier in Barnaul war ich sicher und englischer Sprachlehrer, aber was war ich in Irkutsk ? Ich komme an und melde: Englischer Sprach lehrer zur Stelle!„ Alright", sagen die Leute und quatschen mich Stelle! ,, Allright", amerikanisch an! Junge, Junge, das waren schlechte Aussichten für
meiner Mutter Sohn! Dann war es aus mit der Dolmetscherei! In jenen Zeiten wurde man wegen viel leichterer Dinge glatt an die Wand gestellt.
,, Charlie", sagte der alte Oberst zu mir ,,, du bist jung und haft Mut wie ein Wolf, das freut mich, Charlie, der Feigling ist vom Anfang an verloren. Du fährst nach Irkutst. Das ist eine große Stadt. Und nun, Bruderherz", sentte er die Stimme ,,, nun will ich dir zum Abschied mal was sagen: du englischer Sprachlehrer fannst ja überhaupt gar kein englisch ! Was hast du dir nur alles ausgedacht, um dein Leben zu retten! Der Hauptmann hätte dich erschießen lassen können. Mein Kind, ich spreche sehr gut englisch . Reise mit Gott, quch wenn du nicht an ihn glauben sollteſt, wie es iezt bei den jungen Menschen Mode wird. Laß dich zum Abschied
umarmen, laß dich küssen!"
Ja, er umarmte und füßte mich. Dann sagte er noch: ,, Höre mal zu ,,, Sir" wird wie„ Sörr" ausgesprochen, das ist der Welt, sie werden anders gesprochen als geschrieben. Das, mein nur ein ganz fleines Beispiel, aber so ist es mit vielen Dingen auf Lieber, ist auch eines der grauenvollen Mißverständnisse unter den Menschen. Lebe wohl, dente an mich, und hier ist eine Anleitung über die Aussprache englischer Terte!"
Er gab mir ein fleines Heft, sah mich traurig an und schittelte den Kopf. Ich war erschrocken und glücklich zu gleicher Zeit. Der Oberst wußte alles und hatte mich doch nicht verraten! Ich sagte fein Wort, ich drückte ihm nur immer wieder die Hand und ichob ab."
Die Wolga rauschte. Vom Wasser und aus der Steppe stiegen Stühle und Dunkelheit. Gespensterhaft schwamm der Schattenriß eines tief im Wasser liegenden Petroleumschiffes vorbei. Nichts war zu hören als das flirrende Schüttern und Stampfen unserer kleinen Bartasse, diese metallische Musit über dem gluckjenden Verströmen des großen Wassers.
Ja, der Uchatschewsti mar schon ein Mensch", sagte ich ,, dein Leben war in seiner Hand. Und wie geht es meiter?" mollte icy missen. Bift bu gut nach Grtutit gefommen? Hat der Oberst New Vort erreicht?"
Ich fam schon nach Irkutst und floh in die Wälder", ant wortete Charlie, aber der Oberst tam nicht nach New Dort. Als die Roten wieder nach Barnaul famen, wurde lichatschewsti mit vielen anderen Gefangenen an die Wand gestellt und erschossen. Der Tod war schnell in jenen Tagen, er war schnell und billig:
der weiße Tod, der rote Tod."
Charlie schwieg mun. Wir fuhren und fuhren, hörten in den Dörfern die Hunde bellen und erreichten am frühen Morgen, die Sonne stieg aus der Steppe, unser Ziel, die große Fischerei.
geruch der Tiere unausstehlich wird, so ist das das beste Zeichen dafür, daß es ihnen an Salz fehlt. Sie leden dann gerne die Salz ausblähungen in den Salzpfannen der Wüste auf. Auf anstrengenden Reisen genügt die gewöhnliche Aejung nicht, sondern der Kara wanenführer muß seinen Tieren dann auch noch ein besonderes
Schmabel.
kraftfutter verabreichen in Geſtalt von Kugeln aus rohem Gerstenmehlteig. Die Kamele sind so versessen auf diesen Lederbissen, daß sie zur gewohnten Stunde sehnsüchtig danach brüllen und Stöhnen und beständig das häßliche Maul öffnen wie Neftvögel ihren fiche Geduld und liebevolle Behandlung schließlich doch überwind Die vielgeschmähte Störrigkeit des Kamels ist durch unerschöpfbar, aber Kränkungen aller Art vergißt es so leicht nicht und rächt fich für solche namentlich in der Brunjtzeit durch grausame und Ramelshengste zu dieser Zeit sehr tampflustig und bisfig, und die tückische Bisse. Auch untereinander sind dann namentlich die anstalten, auf deren Ausgang hohe Wetten abgeschlossen werden. Eingeborenen benutzen das, um 3meifämpfe zwischen ihnen zu verDie dem Kamel angeborene Gangart ist der Paß, der bei den Rennkamelen viel leichter und gefälliger sich ausnimmt. Scheut es so verfällt es für kurze Streden in Galopp. Am besten geht es auf vor einem ihm unheimlichen Gegenstande, was sehr leicht vorkommt, schwersandigem Boden, und zwar bergauf besser als bergab. Das so verfällt es für furze Streden in Galopp. Am besten geht es auf unangenehme Gefühl des Geschaufeltwerdens empfindet der Reiter Reitkamelen, auf denen man so bequem sigt wie in einem Großeigentlich nur bei schwerfälligen Lastkamelen, nicht aber bei guten vaterstuhl. Bei längeren Märschen über steiniges Gelände befommen die Tiere leicht Satteldruck oder wunde Füße und beginnen zu lahmen. Ein das übliche Gewicht tragendes Laftfamel legt ja nach der Beschaffenheit des Bodens stündlich 3-4% Kilometer zurück; bei Tagesmärschen von 35 bis 40 Kilometern muß man an jedem vierten bis fünften Tag einen Erholungstag einschieben. Das Rennfamel wetteifert an Schnelligkeit mit dem edelsten Pferde, übertrifft dieses aber weitaus an Ausdauer.
Im Alter von 2½ Jahren werden die jungen Kamele erstmalig zum Tragen leichterer Lasten benutzt, die allmählich gefteigert werden. Der erwachsene Hengst trägt ohne Beschwerde 180 bis 230 Kilogramm. Im allgemeinen behandelt der Wüstenbewohner feine vierbeinigen Gefährten gut, schlägt sie nur selten und schmückt sie mit bunten Troddeln oder Schnüren oder hängt ihnen, nament. lich den Leittieren, leise läutende Glöckchen um, was den Kamelen offenbar auch selbst gut gefällt. Die ganze Karawane marschiert im Gänfemarsch, wobei jedes Tier lose mit seinem Vorgänger ver. fnüpft ist. Der eintönige Gefang der menschlichen Begleiter spornt die Tiere ersichtlich an. Mit vorgerücktem Alter werden die Kamete in der Regel leberfrant und erreichen felten das 30. Lebensfahr. Fleisch und Leder des Kamels sind nicht viel wert, aber die Wolfe erfreut sich großer Wertschätzung.
25 Pfennig die Prinzessin!
Der seltsame Ruf flingt marm auf unter den leeren Linden. fronen des Kleinstadtplatzes, der in der kraftlosen Februarsonne friert. 25 Pfennig die verzauberte Prinzessin, mir 25 ganzé Pfennig die schöne Goldprinzessin...."
Der Mann, der so ruft hat einen Tisch vor sich gestellt; ba hinter steht er nun und ruft, und seine Schultern lassen den grauhaarigen Bartkopf immerzu hin und her- und herauf- und her unterwiegen, das fommt aber von seinen Beinen, von deren einem er vor Kälte fortgesetzt aufs andere treten muß. Wie man heran ist, wird hinter vielen enggedrängten Kinderschöpfen auch ein Wasserbecken sichtbar, das auf dem Tisch steht darin hat er feine Prinzessinnen: Es sind Goldfische..
" Das ist doch' ne alte Sage,' ne wahre, alte Sage, Kinder und Herrschaften, nich wahr? Die fleenen Goldfischla her, das find verzauberte Prinzessinnen, un wenn einer bloß das richtige Wort findet un ruft's hinein, also dem hat er mit einem Male lauter richtige Prinzessinnen!"
" Wozu denn?" fragt ein Kind, das ist eben aus der neuen Beit, das erfundigt sich allen Ernſtes, was es denn nun mit einer
Prinzessin anfangen soll? Aber der Fischonkel ist um eine Antwort nicht verlegen, und die fällt märchengerecht und materiell
-un jede Prinzessin
zugleich aus:„ Nu, die haben doch Schlösser un Güter, die Prindeſſinnen, die kann man denn mitbesitzen oftet dabei bloß fimfunzwanzig Pfennig."
Ein paar Kinder laufen nach Hause, fommen nach einer Weile mit einer noch äußerlich widerstrebenden und innerlich schon längst geschlagenen Mutter an der Hand wieder, die andere Hand hält fchon, in Gewißheit des Sieges, eine leere Marmeladenbüchse; durch die schimmernde Schar der Prinzessinnen fährt flüchtig und räuberisch das fleine eh, einen Augenblid lang zappelt ein goldenes Gewirr durch die zartneblige Luft, und dann nimmt die Marmeladendeje das geraubte Königstöchterchen in ihre proletarischen Wände. Inzwischen erzählt der alte Mann einem Neu
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gierigen, wie er nur allein in die Städte kommt, nie mit den Jahrmärkten nein, da gehören feine Prinzessinnen nicht hin: ,, Wissen Se, man muß das auch nicht entwürdigen!" Aber hinterher kommt auch hier der materielle Grund:„ Un denn beachtet das ja auch keener!" Ja, so ist das mit der Würde, die hat der Mensch immer dann, wenn sonst nichts zu machen ist, der Fischmann hat sie auch schon wiedergefunden:„ Nee, wissen Se, prinzeßla, schon seit Achtzehnhundertsechzig, a so a altes Geschäft, mein Vater selig hat schon mit Fischla gehandelt, mit Golddas is nischte auf die Jahrmärkte... Nu jaja, gleich, mein Junge; ja, ich habe überall meine Kundschaft, muß sich ja auch lohnen, das viele Umherreisen und immer der Transport, aber sterben? Nee, nee, sterben tut felten mal so ein Goldprinzeßchen, fimj-fimi unzwanzig bloß, liebe Frau!"
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Die Käufer werden seltener, das sonderbare Blau des Abends sinkt über den Schnee, und der Mann packt zusammen: tut die Brinzessinnen in eine große Kanne und den Tisch in einen Rucksack und stapft flammen Fußes dem Bahnhof zu. Zurück bleiben in dem fleinen Landstädtchen gute zwei Dugend Goldfische, hinter vielen der Fenster, deren gelbglimmendes Licht jetzt aufzuflammen beginnt in vielen der Küchen, deren Abendbrotdüfte jezt von der Straße in die Häuser loden, in runden und vieredigen, scheußlichen und leidlichen, engen und weiten Gläsern gefangen, warten auf das Wort, das sie zu Brinzessinnen macht und wirklich in dem ärmlichen Raum ein lebendiges Stüdchen vom Strom des Goldes, ber irgendwo fließt und immer vorbei an den Durftigen, und wirklich gehätschelt aus unterbewußtem Train bon befferer Zufunft, und wirklich mit Ameiseneiern gefüttert von grauen Menschen, die selbst auf das seltsame Wort warben, das sie zu goldenen Königen macht und das Wort tommt nicht, und das Gold bleibt. Fisch und der Strom ein Marmeladenglas, es hat ja eben bloß fünfundzwanzig Pfennige gekostet; und wir haben sie gern, obwohl sie alle nicht mehr wert sind: alle unsere fleinen, Gerhart Herrmann Mostar. goldenen Lügen.
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Welleninfeln
Seit einigen Jahren begegnet man in astronomischen Arbeiten, die sich mit den großen Fragen des Weltbaus besd; äftigen, dem Ausdruck Welteninsein". Das bildhajte Wort fennzeichnet die Vorstellung vom All, die wir während der letzten Jahrfünfte in sprunghaft scheinender Entwicklung gewonnen haben. Jede„ Insel" ist eine Welt für sich, aus Millionen oder Milliarden ,, Welten" aufgebaut und doch nur eine Insel im Meer des Sternenraumes,
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eine unter Millionen Inseln innerhalb der Blick weite, die unsere Fernrohriesen meistern. Afte Ahnungen erfüllen sich in diesem Bilde der Gesamtwelt, und sie erfüllen sich großartiger, als menschliche Einbildungskraft zu träumen magte. Welteninseln, um deren Dasein der Astronom mehr oder minder Sie gehören zu denen, die„ unserer Welteninsel am nächsten liegen. ficher weiß, kann das unbewaffnete Auge nur einige wenige fehen. Doch gebraucht das Licht Tausende und Hunderttausende von Jahren, um die Entfernung zroijchen ihnen und uns zu überbrücken. Die der Milchstraße ; und mit der bisherigen und fünftigen näheren nächsten Nachbarinseln erscheinen an unserem Himmel als„ Wollen" feine Lösung, an das lange schon das Nachdenken über die größten, Erforschung unserer Nachbarinseln findet das Nätsel der Milchstraße allgemeinften Fragen des Weltbaus anknüpfte. Schon frühzeitig hat M. Wolf darauf aufmerksam gemacht, daß die Welteninsein hat häufig in ganzen Gruppen oder Schwärmen beisammenstehen. Man folcher Schwärme von Sternsystemen aufgefunden. Sie sind sehr hat auf Himmelsphotographien bisher schon mehr als vierzig ungleich. In manchen ist die Zahl der Mitglieder leicht zu zählen. ja Tausende. In anderen beläuft sie sich auf Dugende oder selbst auf Hunderte,
Wo find Goethes Handschriften? Die meisten Handschriften Goethes sind im Goethe- Schiller- Archiv in Weimar erhalten. Außer dem können sich zwei Städte rühmen, mehr als 500 Handschriften Goethes zu besitzen: Leipzig in feiner Universitätsbibliothef und den Preußischen Staatsbibliothet. Dann folgt Frankfurt mit dem GoetheBrivatsammlungen Brockhaus und Kippenberg, scwie Berlin in der Museum, Stuttgart mit dem Archiv des Cottnichen Verlags, Bonn mit der Universitätsbibliothek und erst in größerem Abstand eine Anzahl anderer Orte.
Ein Naturschuhpark auf Island . Auf Island ist die Thingstätte, an der schon vor 1000 Jahren der isländische Reichstag abgehalten murde, mit ihrer mehrere tausend Hettar umfassenden Umgebung zum Nationalpart erklärt und dem Schuße des Reichstags unterstellt worden. Das ganze Gebiet foll in feiner natürlichen Beschaffenheit erhalten bleiben; Pflanzen und Tiere sollen hier geschützt und Kultidierungsarbeiten, Wege- und Häuferbau, Errichtung von Elektrizitätsanlagen usw. verboten sein.
Berantwortlich für Politit: Dr. Curt Gener; Wirtschaft: G. Alingelhöfer; Gewerkschaftsbewegung: S. Steiner; Feuilleton : K. H. Döscher: Lotales und Sonstiges: Kris Karstadt; Anzeigen: Th. Glode; fämtlich in Berlin . Berlag: Borwärts- Verlag G. m. b. S., Berlin . Drud: Borwärts- Buchdruderet und Berlagsanstalt Baul Ginger u. Co., Berlin SB. 68, Lindenstraße 3. Sierzu 2 Beilagen.