Die Braunschweiger Wahl.
( Fortseßung von der 1. Seite.)
Im Kreis Holzminden ging die bisherige fozialdemo kratische Mehrheit ebenfalls verloren. Es bleibt jedoch nach wie vor eine Mehrheit von Sozialdemokraten und Kommunisten. Im Holzmindener Kreis erhielt die Sozialdemokratie am 14. September 14049 Stimmen, gestern 12 387 Stimmen. Die Kommu nisten wuchsen von 1417 auf 2058 Stimmen an, die Nationalsozialisten von 5712 auf 7620 Stimmen. Das vereinigte Bür gertum erhielt auch hier eine fatastrophale Niederlage. Es ging von 9529 Stimmen am 14. September auf 5626 Stimmen zurüd. Im Kreis Blantenburg, der bisher eine fozialdemofratische Mehrheit hatte, bilden nunmehr Sozialdemokraten und Kommunisten gemeinsam die Mehrheit. Hier ging die Sozialdemo fratie von 8157 auf 7933 Stimmen zurüd. Auch die KPD. verior von 3355 auf 3196. Die Nationalsozialisten steigerten ihre Stimmen zahl von 3810 bei der Reichstagswahl auf 5893. Dagegen ging das vereinigte Bürgertum von 6535 auf 4396 zurüd.
Im Kreis Gandersheim vermochte die Sozialdemokratie die sozialdemokratische Mehrheit zu halten, im Kreise Wolfenbüttel
behauptete sie ebenfalls ihre Stimmziffer.
Insgesamt wurden im Freistaat Braunschweig am Sonntag abgegeben für die Sozialdemokratie 113 114 Stimmen gegen 126 972 Stimmen bei der Reichstagswahl. Die Nationalsozialisten erhielten 85 079 gegen 83 398, die Kommunisten 26 231 gegen 21 317 Stimmen. Der Rüdgang der Sozialdemokratie beziffert sich gegenüber der letzten Reichstagswahl, wo fie 38,8 Proz. aller abgegebenen Stimmen auf sich vereinigte, auf 1,4 Proj.
Die Ausstoßung Rjafanoffs.
Mostau( über Kowno ), 2. März. Dem Empfang, der etwa zwei Stunden dauerte, wohnten and In dem großen Prozeß gegen die ehemaligen Menschewiti Außenhandelsfommissar Rosenholz, der stellvertretende Bor wurden nach der Berlefung der Antlageschrift die Angeflagten auffigende des Obersten Bolfswirtschaftsrats, offior, fomie der gefordert, über ihr Leben zu berichten. Der Borfizende Schwerni! Mitglieder des Präsidiums des Obersten Bolfswirtschaftsrats, fragt die Angeklagten, ob sie irgendwelche Einwände gegen das Krschisch a nowsti und Biatatoff, bei. bekennen sich zu der ehemaligen russischen sozialdemokratischen Partei Gericht haben. Die Angeklagten perneinen. Alle Angeklagten und erklären, daß sie lange Jahre im Dienste der Sozialdemokratie gestanden haben. Oberreichsanwalt rŋlento verlangt im Intereffe des Prozesses die Ladung folgender Zeugen: des Führers der russischen Bauernpartei, Professor Kondratjew ( felt 14 Monaten in Haft), des in dem Industrieprozeß abgeurteilten R amsin, feines Gehilfen Larische und der verhafteten Ingenieure Gwosbow, Metrassom und Schelubtom. Das Gericht gibt dem Antrag statt. Der Borsigende fragt, ob die Angeklagten eine Berteidigung wünschen. 3 mei von den 14 Angeklagten er klären, daß sie eine Berteidigung wünschen. Das Gericht ernennt die Moskauer Rechtsanwälte Rom mobom und Braude zu ihren Berteidigern. Die übrigen 12 Angeklagten haben auf die Verteidigung verzichtet.
Der Vorsigende erklärt sodann, daß die Verhandlungen des Gerichts öffentlich sein werden. Damit ward die Sigung geschlossen. Die Angeklagten wurden unter strenger Bewachung wieder ins Gefängnis geführt.
Mostau, 2. März. Das Präsidium der Zentralfontrollfommission der Kommunisti schen Partei veröffentlicht zum Ausschluß Riasanoffs, des ehemaligen Direttors des Mary- Engels- Instituts, aus der Partei folgende Begründung: Ueber die tonterrevolutionäre sowjetfeindliche Tätigkeit der in der Sowjetunion lebenden Menschewiten orientiert, erwies Rjajanoff ihnen Beistand, hielt ihre Berbindungen untereinander und mit der ausländischen Menschemifenzentrale aufrecht, bewahrte den ihm von dem Menschewiken Rubin übermittelten Direktiobrief des Auslandsbüros der Menschewifen über den Bloc mit ben bürgerlichen fonterrevolutionären Parteien und über die Interventionsvorbereitungen auf. In Anbetracht dessen wird Rjafanoff aus der Kommunistischen Partei als Verräter an der Partei ausgeschlossen.
*
Auf Anfrage erklärt uns das Auslandsbüro der Sozialdemo WTB.: Alle Angeklagten haben auf die Frage des Borfizenden fratischen Arbeiterpartei Rußlands , niemals einen Brief mit sämtliche erhobenen Beschuldigungen anerkannt.
Deutsche Scharfmacher bei dem Oberbolfchewifi.
Mostau, 2. März. Die deutsche Industriedelegation wurde von dem Vorsitzenden des Obersten Volkswirtschaftsrats, Ordsonitidse, empfangen.
Hakenkreuzverlufte auf dem Lande. Der sozialdemokratische Gegenangriff wird wirffam. Braunschweig , 2. März.( Eigenbericht.) In einer politischen Auswertung der gestrigen Braunschweiger Kommunalwahlen tommt ber„ Bolfsfreund" zu der geft. stellung, daß sich die Vorwärtsentwicklung der Nazis längst nicht mehr in dem Tempo vollzogen hat, wie beispielsweise bei den Reichstagswahlen 1930 und auch noch bei den diesen Wahlen folgenden Kommu nalwahlen in Bremen , Bielefeld usw. Die vor allem in der Stadt Braunschweig erfolgten Einbußen der Sozialdemokratie find nicht der Hitlerbewegung zugute gekommen, sondern sind durchweg von der KPD. aufgesogen worden. Mit dieser Abwanderung sozial demokratischer Stimmen nach der extremen Linken war angesichts beregnenals großen Ermerbslosigkeit besonders im Harz- und Wesertreise zu rechnen.
Der ,, Volksfreund" stellt eine ganze Reihe von Orten zusammen, in denen es der Sozialdemokratischen Partei gelungen ist, die Stimmenzahl der Wahl des vorigen Jahres zu verbessern und gleichzeitig den Nationalsozialisten schwere Verluste zuzufügen. Die Nationalsozialisten haben in einer ganzen Anzahl von Orten ihren Bestand der Reichstagswahl nicht behaupten tönnen, viel fach haben sie an solchen Orten einen geradezu fatastropahlen Stimmenschwund zu verzeichnen.
Unser Braunschweiger Parteiblatt schließt seine Betrachtung mit der Bemertung, daß die Parteifreunde im Lande aus fleinen örtfichen Schlappen die nötige Lehre verstärkter Arbeit in der 3utunft ziehen werden. Borübergehende Einbußen tönnten teine Sozialisten beirren, den Kampf für die Aufklärung und Eroberung der Massen fortzusetzen. Auch in Braunschweig marschiert die Sozial demokratie in stolzer Höhe an der Spige aller Parteien. Diese Führung wird sie nicht abgeben!
Direttiven für Schädlingsarbeit, Eabotage, Intervention oder der gleichen geschrieben und abgesandt zu haben.
Genosse R. Abramowitsch hat seine bereits veröffentlichte Ertlärung dem Oberreichsanwalt Rrntento zur öffentlichen Ver lefung im Moskauer Prozeß telegraphiert.
12
Seit Sonnabendabend wület über ganz Dänemark ein schwerer Schneesturm, der überall sehr große Berheerungen ange richtet hat. Auf der Insel Seeland liegt an vielen Stellen der Schnee 3 bis 4 Meter hoch. In vielen Orten sind die Telephon- und elettrischen Leitungen völlig zerstört worden. Der Verkehr auf den meisten Privatbahnen und auf allen Kraftverkehrslinien mußte eingestellt werden, da der Schnee stellenweise bis an die Knöpfe der Telegraphenstangen heranreicht.
Der Expreßzug Kopenhagen- Jütland fam mit vier Stunden Berspätung an. 3wischen Aalborg und Kopenhagen find die Tele. phonverbindungen zerstört. In Aarhus mußte auch die Straßen bahn ihren Verkehr einstellen. In Randers hat der Schneesturm große Ueberschwemmungen verursacht. In einigen Straßen steht das Wasser in den Wohnungen einen Meter hoch. In Odensee hat der Sturm Hochwasser verursacht. Da Deichbruchgefahr besteht, sind alle Hilfsmannschaften aufgeboten worden. Sämtliche Züge von Kopenhagen gehen, soweit sie überhaupt verfahren tönnen, mit großen Berspätungen ab. So tam der Deutschlandschnellzug von Kopenhagen mit großer Verspätung in Gjedser an. Mehrere StaatsNähe von Kopenhagen allein 300 Autos aus dem Schnee heraus geholt. Die Wettermarte hat Sturmwarnungen ausgegeben. Es herrscht Frostwetter und man rechnet mit weiteren Schneestürmen.
Sozialdemokratische Gemeindemehrheit.
Durch den Zusammenschluß mehrerer Gemeinden ist in £ udau im Zeißer Braunkohlengebiet Neuwahl der Gemeindevertretung erforderlich gewesen. Sie fand am Sonnlag flatt und hat ein für die Sozialdemokratie in jeder Beziehung erfreuliches Ergebnis gebracht.
Die SPD . 771, die kommunisten 218, die bürgerlichen Parteien 448. Es sind somit 7 jozialdemokratische, 4 bürgerliche und 1 kommunistischer Bertreter gewählt worden.
Die Sozialdemokratie hat gegenüber der Reichstagswahl ihre Stimmenzahl vermehrt, die Bürgerlichen und die Kommunisten haben Stimmen verloren, die Nationalsozialisten haben überhaupt feine Cifte zustande gebracht.
Gegen Filmreaktion. Sozialdemokratische Anträge im Reichstage.
Die Sozialdemokratie hat zum Reichshaushalt des Innern, der heute zur Berhandlung steht, folgende Anträge eingebracht:
Der Reichstag hält das Verbot des Films 3m Besten nichts Neues" fachlich für nicht begründet. Er erwartet von der Reichs regierung, daß diese alle Vorbereitungen trifft, um die Prüfung des Bildstreifens zu beschleunigen, wenn dieser durch den Hersteller erneut vorgelegt wird.
Ferner: der§ 2 des Lichtspielgesezes erhält folgende Faffung: Bildstreifen, gegen deren unbeschränkte Borführung Bersagungsgründe aus§ 1 vorliegen, sind zur Vorführung vor bestimmten Bersonentreisen oder unter beschränkenden Borführungsbedingungen zuzulaffen.
Im Gegensatz zu der leeren und wirtungslosen parlamentarischen Gefte der Kommunisten nügt also die sozialdemokratische Reichstagsfrattion zur Rettung des Remarque - Films alle überhaupt gegebenen Möglichkeiten aus.
Republikanische Einheitsfront.
Eine Dachorganisation aller republikanischen Organisationen Am Sonntag beschloß eine von 112 Delegierten verschiedener republikanischer Organisationen des Reiches besuchte und von dem Führer des Reichsbanners, Hörfing, geleitete Berliner Konferenz einmüfig, eine Dachorganisation zur Zusammenfaffung aller republikanischen Bünde und Organisationen zu schaffen. Der Republitanische Reichsbund wurde als Dachorganisation bestimmt und beauftragt, die Initiative zur Durchführung des Befchluffes zu ergreifen. Er wird bestrebt sein, die republikanischen Kräfte in Zukunft dort zusammenzufaffen, wo sie zu gemeinsamen Affionen geführt werden müffen.
if ur m 160 Personen ums Leben gelommen, darunter Wie amtlich gemeldet wird, find durch den lehten Wirbelvier Europäer . Zahlreiche Personen werden noch vermißt.
Gastod einer Familie.
Frau und 3 Kinder als Opfer einer Tragödie.is Hanau , 2. März. Die 30jährige Frau des Bersicherungsagenten Hensberger wurde heute früh mit ihren drei Kindern im Alter von 8,
5 und 4 Jahren im Bett fotaufgefunden. Der Ehemann gab noch Lebenszeichen von sich und fonnte später ins Leben zurüdgerufen werden. Man hatte die Betten in die Küche geftellt und den Gashahn aufgedreht. Die Ursache der entsetzlichen Familientragödie ist noch nicht geklärt.
-
12 Mufifer ertrunken.
Schweres Bootsunglück in Chile .
Santiago de Chile , 2. März. Im Zusammenhang mit dem Besuch des Prinzen von Wales und feines Bruders, des Prinzen Georg, hat sich ein schweres Unglüd ereignet. 3wölf Militärmusiter, die bei einem Abend effen aufgespielt hatten, find bei ihrer Rüdfahrt nach Baldiva während der Ueberfahrt über den Clanquihui- See ertrunken. Ihr Boof war von einem anderen Fahrzeug gerammt und zum Sentern gebracht worden. Sieben andere Insassen des Bootes konnten gerettet werden.
Nach dem Genuß von Eis find in Budapest Massenvergiftungen aufgetreten. In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag hat bie Rettungsgesellschaft in verschiedenen Gegenden der Stadt in zahi intervenieren müssen. Bis zum Sonntag ist die Zahl der Erkrankungen reichen Fällen von Ertranfungen unter Bergiftungserfcheirumgen auf 175 gestiegen. Die Polizei hat festgestellt, daß die Erkankungen auf den Genuß von Fruchteis, das alle Erkrankten in dem Cormien Warenhaus verzehrt hatten, zurückzuführen sind. Die meisten Erfrantten fonnten nach ärztlicher Behandlung aus dem Spital entlassen werden. Sechzig Berfonen liegen noch schwer. trant in den Spitälern. Sechs Patienten schweben in Lebensgefahr. Die Polizei hat den Direktor des Warenhauses verhaftet. In der Küche des Warenhauses fand man noch Reste des verdorbenen Fruchteises, die jetzt chemisch untersucht werden.
land retten, Handel und Bandel neu erblühen machen, die Land
Sturm aufdie Gemeinwirtschaft wirtschaft, der Induſtrie, dem Mittelstand, dem Arbeiter, den
Neue Angebote an Berlin - Die Stadt lehnt ab Der Verfuch der„ Sofina", die Mehrheit der Bewag" zu erwerben, ist nicht der einzige dieser Art. Bielmehr sind, wie eine zuverlässige korrespondenz zu melden weiß, auf das Bekanntwerden andere, und zwar fubftantiierte Angebote an die Stadt der Verhandlungen zwischen Berlin und der Preag" noch zahlreiche Berlin gelangt. Auf städtischer Seite ist man aber der Auffaffung, daß es, solange mit der Preag verhandelt werde, nicht möglich sei, sich mit diesen Offerten zu befaffen. Der Wunsch der Sofina ift es bekanntlich, 51 Proz. der Anteile der Bewag zu erwerben. Die Stadt Berlin denkt jedoch nicht daran, auf anderen Jntereffenten tonne fie fich nicht befaffen, wenigstens nicht das Angebot der Sofina einzugehen. Auch mit den Angeboten der ,, soweit diese eine Affienmajorität verlangen".
Mosleys neue Partei. Uebergang zur Scharfmacherfront.
London , 2. März.( Eigenbericht.) Sir Oswald Moslen hat seinen Austritt aus der Labour Party vollzogen und sich selbständig gemacht. Da er nicht der Führer der Labour Party sein konnte, hat dieser ehrgeizige Draufgänger Die neue Bartei" gegründet. Mit 400 Kandidaten will Mosley in den nächsten Wahlkampf ziehen. Da er
einer der reichflen Leute Englands
ist, so fehlte ihm auch nicht das zu diesem Rennen nötige Geld. Es fehlen ihm ebensowenig Bersprechungen, daß die neue Partet Eng
Großen und den kleinen helfen werde. Arbeitslosigkeit und Wirt schaftstrise sollen beseitigt, die Steuern niedriger und die Löhne höher werden. Dieses Sammelsurium von einem Programm stellt eine Baarung von Nationalismus und Kommunismus, Reattion und Liberalismus, eine politische Mischung von Demokratie und Diktatur dar.
Für die englische Arbeiterbewegung fann das Ausscheiden Mosleys und feiner Anhänger nur nüßlich sein, denn es befreit die Labour Party von fonfusen Elementen, die ihr in den letzten Monaten wie ein Bleigewicht an den Füßen hingen, und die lediglich Durcheinander und Schaden anrichteten.
fahrenen politischen Zustände in dem durch die wirtschaftliche Die neue Partei Mosleys ist ein Spiegelbild der völlig zer Krise erschütterten England. Mosleys Hoffnung auf Zuzug und Anhang beruht in der Hauptsache nicht einmal auf der Arbeiter partei. Er verspricht sich viel mehr von den Deferieuren aus den Reihen der Liberalen und der Konservativen. In beiden bürgerlichen Parteien tobt der Aufruhr, die Revolte gegen Baldwin ift in vollem Gange und die Ronservativen bestehen bereits aus zwei Parteien, die sich auch offiziell scheiden werden, wenn es den Zeitungstönigen nicht gelingen sollte, die Herrschaft an sich zu reißen.
Mosley wird von den fonservativen Schutzölnern und Beitungstönigen wie ein Schoßfinb verhätschelt; und wenn eines Tages diese Erzscharfmacher zu Mosley fommen werden, gleich Hugenberg zu Hitler , so wird Mosley in den Armen der Beaverbroot und Rothermere enden.