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Nr. 109 48. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Unvernunft im Stadtparlament.

Die Bewag soll bauen

aber ohne Geld!

In der gestrigen Sigung der Stadtverordneten ging es sehr ruhig zu. Bei den Radauparteien scheint sich die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, daß es wenig Sinn hat, noch klamaut in einem Parlament zu inszenieren, das durch die Berabschiedung des neuen Berlin­Gefehes bald arbeitsfähiger als bisher gemacht werden wird. Im Mittelpunkt der Beratungen stand das Bauprogramm der Ber­liner Städtischen Elektrizitätswerke A.-G.( Bewag), das einen Gesamtbedarf von rund 58,5 Millionen Mark ausmacht. In der Bersammlung fand sich eine große Mehrheit, die der Bewag be­ftätigte, daß im Interesse der Wirtschaftlichkeit der Gesellschaft und im Hinblick auf den dauernd wachsenden Stromverbrauch ein maß volles Bauprogramm durchgeführt werden muß. Aber im gleichen Atemzuge verweigerte eine andere Mehrheit der Bewag die Ermächtigung zur Aufnahme der notwendigen Gelder. Ein folcher Beschluß kann nur als unsinnig bezeichnet werden. Allein die Sozialdemokraten und die Vertreter der Staatspartei machten den Unfinn nicht mit, nachdem der sozialdemokratische Redner, Stadtverordneter 2mberg, die Notwendigkeit der Durchführung des Bauprogramms nachgewiesen hatte. Großes Jntereffe fand im Hause daneben noch die Beratung der Vorlage über die Kosten der Untergrundbahnbauten. Berichterstatter über das Ergeb­nis der Beratung im Haushaltsausschuß war der sozialdemokratische Stadtverordnete Schäfer.

Der Borsteher, Genosse a B, eröffnete die geftrige Sigung der Stadtverordneten mit einem Nachruf auf den dieser Tage ver­storbenen früheren Stadtverordneten Dr. Dove( Dem.). Ein Dringlichkeitsantrag der Wirtschaftspartei forderte die herab segung der Lustbarkeitssteuer um die Hälfte; murde ohne Debatte dem Haushaltsausschuß überwiesen. leber die

Koffen der Untergrundbahnbauten

-

er

und die Ermächtigung für diese Zwecke referierte Stadtv. Schäfer( Soz.). Der Haushaltsausschuß hat sich sehr eingehend mit der Vorlage beschäftigt. Die Kosten gliedern sich in die reinen Baukosten, die 287 Millionen Mari betragen, in die Kosten für die Grundstücke in Höhe von rund 25 Millionen Mart und in den Baukosten zinsenbienft, ber über 38 Milltonen art erfordert. Insgesamt erforderten die Untergrundbahnbauten also

einen Aufwand von 351 Millionen Mart. Davon find 126 Millionen Mart durch Anleihen gedeckt, während die restlichen 225 Millionen Mark noch durch Anleihen aufzubringen sind. Im Ausschuß war mit 11:11 Stimmen die vom Magistrat nachgesuchte Ermächtigung zur Aufnahme von Anleihen abgelehnt worden; im Blemim beantragte gestern die fozialdemp­fratische Graftion die Wiederherstellung der Vorlage. So murde denn auch beschlossen. Der Magistrat hat also die Ermächtigung befommen. Im weiteren Verlauf der Sigung wurde die Zustimmung zum

Bauprogramm der Städtischen Elektrizitätswerke für einen Nachtrag zum Jahr 1929, für 1980 und auch für das Jahr 1931 in Gesamthöhe von über 82 Weillionen Mart, wozu noch Kosten für Grundstücs, Werkzeug und Inventaranschaffungen mit fast einer halben Million Mart tommen, erteilt. Das Sentrum, die Deutschnationalen, kommunisten und Nationalsozialisten erklärten, der Borlage nicht zu­stimmen zu fönnen. Dabet spielte sich Stadtv. Steiniger( Dnat.) als der Hüter städtischen Wertbesitzes auf, indem er beklagte, daß alles darauf hindeute, daß sich das Privatkapital der städtischen Werte bemächtigen wolle. Er vergaß nur eines, daß nämlich während der Inflation die Deutschnationalen zuerst bereit waren, die Werke zu verschachern, als sich das Privatfapital darumi be­mühte. Damals wie ftets war es die Sozialdemokratie, die gegen die Rechte den städtischen Werkbesih schütte.

Stadtv. Amberg ( Soz.)

Die U- Bahnbauten

| Wahrheiten. Im Aufsichtsrat der Elektrizitätswerfe waren fich alle Barteien über das Bauprogramm einig, ja, den Kommunisten ging es sogar nicht weit genug. Die Notwendig feit des in der Borlage beschriebenen Bauprogramms haben im Aufsichtsrat alle anerkannt; das hindert allerdings Herrn Vorlage abzulehnen. Schwen von den Kommunisten nicht, jetzt hier im Plenum die Das liegt offenbar daran, daß man im Plenum nicht die Stadtverordneten reden läßt, die Aufsichts­räte sind, sondern die Parteipolitiker. Um den Elettrizi tätswerken das notwendige Bauprogramm zu sichern, hatten die Aufsichtsräte gefordert, daß die Werte von weiteren Abgaben an die Stadt verschont werden müssen. Allerdings sei zugegeben, daß im gegenwärtigen Augenblick das neue Westwert bei Siemensstadt wohl nicht gebaut werden würde; vor Jahren, als es in Angriff genommen wurde, war es dringend notwendig. Der Deutschnationale Steiniger hat im Haushaltsausschuß erklärt, daß man die Siedlungen, die besonders an das neue Westwert an­geschlossen werden sollen, ohne Strom laffen müsse, und er gab auf Befragen zu, daß

die Siedler dann eben bei der Petroleumlampe bleiben müßten. Das ist allerdings eine Politif, die die Sozialdemokraten nicht mit­machen könnten. Dem Zentrum blieb es vorbehalten, die Ein­stellung der Stromlieferung für die Reklame­beleuchtung zu fordern. Dabei ist jedem Kenner der Berhält nisse bekannt, daß gerade die Retlamebeleuchtung das beste Geschäft für die Elektrizitätswerte ist. Die Bemag auf dem höchsten Stand der Technik zu erhalten, sei die Absicht des Bauprogramms. Dieses oder ein noch größeres Pro gramm( so wie es die Kommunisten forderten), tönnte aber nicht durchgeführt werden, wenn nach dem Willen der Kommunisten die Strompreise um 50 Proz. ermäßigt würden. Herrn Steiniger erinnerte Amberg daran, daß er, Steiniger, es gewesen sei, der im Jahre 1923 die Straßenbahn verschenfen wollte. Aehn­lich verhielten sich die Deutschnationalen im Jahre 1924, als die städtischen Werte in Aktiengesellschaften umgewandelt wurden. Auch damals erklärte der deutschnationale Redner, daß man die Werte an das Privattapital abgeben müßte. Zum Glück ist die Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung unter Führung der Sozialdemokraten diesen Untenrufen nicht gefolgt; die Werte haben sich gut entwidelt und, ob­wohl sie jest unter der Mißgunit der Berhältniffe leiden, toerben fie fich auch weiter entwideln. Selbstverständlich werden die Sozialdemokraten dem Bauprogramm zustimmen.( Bravo bei ( Bravo bei den Soz.)

Die Abstimmung ergab, wie bereits erwähnt, die 3u. ftimmung der Versammlung zum Bauprogramm an sich. bgelehnt wurde die Ermächtigung an den Magiftrat, die restlichen Baukosten im Wege der Anleihen aufzubringen. Für die Ermächtigung stimmten nur Sozialdemokraten und Demo­traten, alle anderen Parteien dagegen. Man bewilligte also das Bauprogramm, versagte aber die Beschaffung der restlichen Mittel in Höhe von 62 Millionen Mart.

Die Bilanzen für die Städtische Oper AG., die Strandbad Wanniee G. m. b. H. und für das Städtische Wert in Buch murder gegen die Stimmen der Kommunisten genehmigt. Die Oper, fagte der Sommuniſt Steine, ſei ein Bergnügungsinstitut für die Bourgeoisie, im Strandbad Wannsee lajfe man linterſtügungs empfänger nicht ohne Eintrittsgeld hinein, beshalb lehne feine Bilanzen der Berliner Straßenbahnbetriebs G. m. Fration das alles ab. Zur Kenntnis genommen wurden die b. 5. der Erholungsbeimbetriebsgesellschaft, der Berliner Brennstoff- Gesellschaft und der Stadt­güter G. m. b. H.

Eine ganze Anzahl Anträge wurde dann noch erledigt. Neber einen Antrag der Deutschnationalen, Wirtschaftsbetriebe der Stadt aufzulösen, wurde die Debatte auf nächsten Donnerstag vertagt.

Die sozialdemokratische Frattion hatte folgenden Dringlichkeitsantrag eingebracht, der mit großer Mehrheit

sagte den Deutschnationalen und den Kommunisten einige bittere angenommen wurde:

Gerhart Herrmann Mostar

201

Schicksal Lim fanie

Es ist November geworden. Die Spargelstauden werden abgemäht, zu grauen, struntigen Haufen geschichtet und ver­brannt. Papendied nimmts diesmal besonders gründlich. Im Borjahr hat er gelacht über seinen rückständigen Nachbar Korn, als der die Kräuter anzündete. Zusammentragen und faulen lassen und in den Dünger tun, das ist das richtige. Aber Korn läßt den guten Dung in Qualm aufgehen." Und Bapendieds Spargelfraut war gefault. Und in den hohlen Stengeln hatten die Spargelkäfer warm und wohnlich über wintert. Papendieck war das Unglück vom Stubbenland ge­

worden.

Heuer aber will er das Bersäumte nachholen; zu spät, wie es feine Art ist. Er schichtet die Haufen schön locker, damit ja alles verbrenne, und entzündet einen jeden forgfältig, von mehreren Seiten zugleich; Korn freilich findet, daß er besser daran täte, die Landwirtschaftlichen Ratgeber" als Fidi buffe zu benutzen.

Aber seine Mühe wird auch ohnedtes belohnt; seine Feuer brennen alle auf, und sie brennen viel heller als die von Korns, die klein bleiben und qualmen. Es ist ja richtig, daß es mit diesen Feuern umgekehrt steht wie mit den Opferfeuern von Rain und Abel; das niedere, qualmende, stinkende von Korns ist Gott wohlgefällig, da es davon zeugt, daß kräftige Pflanzen mit noch inumer frischem Grün verbrennen; in­Deffen Papendieds Kraut verirodnet und vermellt ist.

Papendied kann das gar nicht begreifen. Wie ist er über sein Feld gegangen, Tag um Tag, und hat jede Pflanze angebettelt in feinen Gedanken um einen winzigen grünen Trieb, wie Rorns ihn überall fanden und grüßten als ein äußeres Zeichen, daß die Wurzel stärker gewesen war als die Käfer, als ein leises Versprechen, daß die Pflanze fraftvoll treiben wollte im nächsten Jahr. Aber wie wenige Stauden unter den Bapendiedschen haben neu gegrünt, obgleich Bapen dieck doch, mie er sich ausdrückt, immer engros gearbeitet hat,

mit Pflug und Mist und so, und Korns nur endetail mit den Händen.

Bapendied hat indessen keine Lust, darüber nachzudenken, marum faule und welke Sachen soviel hermachen, wenn sie verbrennen; er hat seinen Rüden mitgenommen, um ihn solche Gedanken verbellen zu lassen, wenn sie sich bemerkbar machen. Denn wirklich und wahrhaftig: Rolf bellt seit einiger Beit, wenn er auch noch nicht beißt und vor jedem drohend erhobenen Zeigefinger, por jeder unwillkürlichen Bewegung menschlicher Wesen in die dunkelste Ecke seiner Hütte triecht. Aber den Zeigefinger feines Herrn, den hält er doch schon aus, und Bapendieck ist sehr stolz auf diesen Erfolg, und jezt, da er von Feuer zu Feuer geht, umspringt ihn Rolf und bellt, daß es eine Freude ist; schnappt jogar manchmal spielerisch nach Papendiecks Hand. Und Friedrich Papendied ist ganz Der Mann, um solche Kleinigkeiten als ein gutes Omen und als Grund zu guter Laune zu werten; fann er einen feigen Hund zum Bellen bringen, so fann er auch wohl einen faulen Boden zwingen, Frucht zu tragen. Nur ein Kerl muß man fein zu sowas, ein Kerl wie Friedrich Bapendied!

Luise Korn weiß, daß sich Andreas durch diese Kraut­feuer gern an die Kartoffelfeuer in seiner Heimat erinnern läßt. Im Vorjahr hat er ihr davon erzählt:.. und dann haben wir Jungens Kartoffeln genommen, nicht zu große und nicht zu kleine, und haben sie in die Asche gelegt. Und wenn wir sie nach einer Viertelstunde herausgenommen haben, dann maren fie gar gebraten, und sie haben geschmeckt ganz wunderbar haben sie geschmeckt; so müssen die Kartoffeln ge­schmeckt haben, als sie noch wild wuchsen drüben in Amerika , und wir sind uns dann vorgekommen wie Indianer am Lager­feuer...

"

Sie hat sich das gemerkt. Und nun hat sie die größten von ihren Kartoffeln ausgewählt und in die Asche thres größten Feuers gelegt. Dann ist sie, scheinbar versehentlich, mit dem Fuß in die Asche getreten und hat erstaunt gesagt: Nanu, was ist denn das?" Ein ganzes Jahr lang hat sie fich auf dieses kindliche Spiel gefreut; es ist schlimm, wenn man nicht alt werden tann.

Andreas kann das aber auch nicht. Er hat sich mit ge­freuzten Beinen neben dem Feuer niedergelassen, hat neben sich aus Säden einen Siz geschichtet und Luisen darauf ge­drückt, und nun löst er sorgsam die schwarzfrustige Schale und heißt genießerisch in das zarte, brödlige Fleisch und tommt sich wie ein Indianer vor.

Freitag, 6. März 1931

Der Oberpräsident der Provinz Brandenburg und von Berlin hat mit Schreiben vom 2. März 1931 eine Nachprüfung der Be­foldungsordnung der Stadt Berlin angeordnet. Ein Gutachter ausschuß soll mit größter Beschleunigung zu den Beanstandungen Stellung nehmen. Bei der Durchführung der aufsichtsbehördlichen Maßnahmen würden erhebliche Gehaltstürzungen bei den Beamten und, da die Angestelltengehälter denen der Beamten angepaßt sind, auch der Angestellten eintreten. Mit Rücksicht darauf, daß die Besoldungsordnung unter eingehender Würdigung der vielseitigen und verantwortungsvollen Tätigkeit der Gemeinde­beamten durch übereinstimmenden Beschluß von Magistrat und Stadtverordnetenversammlung zustande gekommen ist, ersucht die Stadtverordnetenversammlung den Magistrat:

1. der Aufsichtsbehörde nochmals eindringlichst die Gründe vor Augen zu führen, die seinerzeit für die Gestaltung der Berliner Besoldungsordnung maßgebend waren; 2. mit allem Nachdruck einer Verschlechterung der Besoldungsordnung entgegenzutreten und dabei 3. die durch die 3% Jahre zurückliegende Eingruppierung erworbenen Rechte der Beamtenschaft zu schützen.

Bom Ringbahnzug zu Tode geschleift.

Auf der Ringbahn zwischen den Bahnhöfen Beuffelstraße und Jungfernheide ereignete fich gestern nachmittag ein entsetzlicher Unglücksfall. straße 52, der zusammen mit mehreren Kindern auf dem Bahnkörper Der zwölfjährige Schüler Heinrich Giese aus der Sickingen­spielte, wurde von einem vorüberfahrenden Ringbahnzug erfaßt. Das Kind wurde von dem Zug noch viele Meter mitgeschleift und dann den Bahndamm hinabgeschleudert. Passanten nahmen sich sofort des schwerverletzten Jungen an und brachten ihn in das Moabiten Krankenhaus.

Bei der Einlieferung war jedoch der Tod bereits eingetreten.

Dr. Friedrich Wolf in Berlin .

Der foeben haftentlassene Stuttgarter Arzt Dr. Friedrich Wolf tommt Sonnabend nach Berlin und wird por Aerzten und Ju­risten sowie Bressevertretern über seinen Prozeß und über die Ab­treibungsstrafe im allgemeinen sprechen. Die Diskussion wird im Plenarsaal des Herrenhauses, Leipziger Str. 5. Sonnabend, den 7. März, 19% Uhr, stattfinden. Eintritt nur gegen Borzeigen der Einladung oder eines Berufsausmetjes. Als Redner sind vorgesehen: Dr. Friedrich Wolf , Stuttgart ; Rechtsanwalt Dr. Apfel, Berlin ; Dr. Crebé, Celle - Berlin ; Geh. Rat Prof. Dr. Dührssen. Zur Dis. russion geladen sind: Sanitätsrat Dr. Bollmann, Prof. Dr. Grotjahn, Oberreichsanwalt Dr. Ebermeyer, Frau Dr. Schwörer­Jalkowski.

Eine öffentliche Kundgebung am Sonntag, dem 8. März, wo außer Dr. Friedrich Wolf namhafte Bertreter der Wissenschaft und Politik sprechen, findet 11 Uhr vormittags im Stella- Balast, Köpe= nider Straße, statt. Der Kampfausschuß" bittet zur Verbreiterung seiner Aftion um Spenden an die Deutsche Bank und Eisconto Geſellſmail, Berlin Stadtzentrate Abt. A( Boftfchecktonto Berlin 1002) für Konto August Brandt, ampfausschuß gegen§ 218 und für Berteidigung Dr. Friedrich Wolfs

Vereinfachte Zugabfertigung bei der S- Bahn.

Nachdem bereits seit Anfang Dezember auf der Berliner S- Bahn vor dem Abfahren der Züge nicht mehr zurückbleiben" gerufen und werktags bei den elektrischen Kurzzügen auf den Außenstreken die Triebwagenschaffner das Abfahrtszeichen geben, soll diese M.­nahme jetzt auch auf die Ring- und Stadtbahnhöfe ausgedehnt werden. Während die vereinfachte Abfertigung von Dienstag, dem 10. März ab in der Hauptsache auf die Ringbahnhöfe ausgedehnt wird, soll am Dienstag, dem 31. März, die Einführung auf den Bahnhöfen der Stadtbahn erfolgen.

In Luisens Seele hingegen erleuchten die Flammen ganz andere Ecken; Ecken, die sie nur selten in den groben Schuhen der Borte betritt, weil das so hallt in ihr und sie ängstigt; heute aber tann sie nicht anders: ,, Ach ja, mir müssen doch dem lieben Gott dankbar sein, daß er uns von den Käfern ge­rettet hat."

Anderas aber hat es jetzt mehr mit Winnetou und kann Luisens religiöse Seite überhaupt nicht leiden. Hör auf mit deinem lieben Gott! Eine Ungezieferspritze und Schweinfurter Grün mit Kalt, das hat uns gerettet!"

,, Ja", gibt Luise zu und stochert mit einem Zweig im Feuer ,,, die Sprize und das Gift und unser vieles Bücken und daß die Wurzeln noch Kraft genug hatten; sehr, sehr dankbar müffen wir dem lieben Gott jein.

Jezt wird er wütend. Dein lieber Gott läßt ja die Käfer erst wachsen, die Aester! Liebet eure Feinde, sagt er! Soll ich vielleicht die Käfer abfnutschen, he? Oder die Juden, die mich in diesen ganzen Mist hier reingebracht haben, he?"

,, Aber Andreas!" sagt Luise, die sich gerade umgedreht hat und Herrn Schmizer gesehen hat, der plöglich hinter ihnen steht.

,, Entschuldigen Sie bitte", sagt Siegfried Schmizer demütig ,,, ich kann nichts dafür, daß ich das gehört habe." Er wollte ganz was anderes, was richtigeres, was tapferes sagen; aber er fann es nicht.

Andreas wieder ärgert nun gerade das, daß Schmizer nichts anderes sagt. Er schweigt. Schmitzer entschuldigt fich meiter: Ich bin bloß übers Feld gegangen, weil die Feuer so schön aussehen. Und weil ich Ihnen erzählen wollte, daß er huſtet.

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,, Sie haben einen schlimmen Husten", sagt Luise. ,, Sie sollten Brusttee trinfen.

,, Da hilft kein Brusttee", meint Herr Schmizer leise. Nun fühlt sich Andreas wie mit Ruten geschlagen. Na, nichts für ungut. Hat ja nichts mit dem Bersönlichen zu tun. Das flingt albern; er fühlt es und spricht schnell weiter: Wenn Sie was zu erzählen haben, dann sehen Sie sich man erst. Wolln Sie ne Indianerfartoffel?"

"

Herr Schmißer pellt bankbar und sorgfältig an der Kar­toffel herum. Ja, gestern war nämlich die Frau Mellenthin aus Banzeniz bei mir, die damals Ihr Land kaufen wollte." Ja, fagi Andreas, froh, wieder grob sein zu können, damals, als Sie mich zum Judenfeind gemacht haben mit Ihrem dummen Rat." Fortfehung folgt.)