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BERLIN Sonnabend 7. März

1931

Der Abend

Erfdefattiglich außer Sonntags. Sugleich Abenbausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Expedition: Berlin SW68, Lindenstr.3 Fernsprecher: Donhoff 292-297

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Nr. 112

B 56

48. Jahrgang

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Fünf Todesurteile beantragt

Vor dem Ende des Moskau - Prozesses

Moskau , 7. März.

Der oberfte Staatsanwalt Krylenko beantragte am Freitag nach einer 5½stündigen Rede gegen die Angeklag ten, Groman, Scher, Jakubowitsch, Gins. burg und Suchanow die Todesstrafe. Gegen die übrigen neun Angeklagten beantragte er hohe Gefängnis­strafen. Die Strafanträge wurden von den zahlreichen Zuhörern mit Beifall aufgenommen.

Die Fällung des Urteils wird in der Nacht vom Sonn­tag zum Montag erwartet.

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Staatsanwalt Krylenko hielt nach Schluß der Beweisaufnahme" eine Anklagerede von über fünf Stunden Dauer. Er betonte, der

Eschweiler Unglücksreviere.

Zwei Bergleute durch Sprengschuß getötet, fünf verletzt. Eschweiler , 7. März.

Heute früh gegen 5 Uhr ereignete sich auf Grube Maria des Eschweiler Bergwerksvereins in Mariadorf ein jchiveres Grubenunglüd. Eine Bauarbeitergruppe von sieben Mann war beim Abteufen des Sourmondfchachtes mit dem Einsehen eines Ringes beschäftigt. Dabei schlug ein Arbeiter mit der Spitzhade in einen steden gebliebenen Sprengichu B. Der Schuß explodierte und zwei Arbeiter wurden, getötet. Die übrigen fünf wurden zum Teil fdyver verletzt ins Krankenhaus gebracht.

Brozeß liefere den Beweis dafür, daß die Menschewiki nach Unter brechung des offenen Kampfes gegen die Sowjetmacht zu den neuen Kampfmethoden bürgerlicher Gegenrevolution, zu Schädlingsarbeir und Interventionsvorbereitung zwed's Aufrichtung des Kapitalismus in der Sowjetunion übergegangen seien. Der von den Menschewifi mit der Industriepartei geschlossene Blod habe auf offene Dittatur der Bourgeoisie und auf den faschistischen Umfturz hingezielt. Die auf der Anklagebant fizenden verdienten Kämpfer der russischen Sozialdemokratie seien in vollstem Maße fähig, die Bedeutung der durch sie geführten gegenrevolutionären Arbeit zu beurteilen. Nach Berlesung eines Schreibens Vanderveldes an den Volks­tommiffarenrat der Sowjetunion im Namen der Zweiten Inter­nationale, das die Solidarität der zweiten Internationale mit der Tätigkeit der russischen Sozialdemokratie zum Aus brud bringt, erklärte Krylento, daß dieses Schreiben der beste Beweis dafür sei, daß die Berantwortung der verbrecherischen Tätigkeit der gegenrevolutionären Organisation der Menschewiten auch auf die 3weite Internationale fällt. In den Taten der Angeklagten unter­scheidet Krylento in der Hauptsache

fünf Berbrechen: Anstreben einer Wiederaufrichtung des Kapitalismus in der Sowjet­ union , Abschluß eines politischen Blods mit der gegen renolutionären Industriepartei und Empfang materieller Mittel von ihr zur Durchführung der verbrecherischen Tätigkeit, Desorganisation der wirtschaftlichen Pläne und Organisation des Hungers, Bor­bereitung einer Intervention und schließlich Berrat an den Interessen des Proletariats. Der Staatsanwalt betonte mit Nachdruck, alle Angeklagten hätten vollkommen bestätigt, daß sie derartige Ziele verfolgten und daß sie die von der Auslandsdelegation der Menschewiki erhaltenen Direktiven praktisch verwirklichten, und stellte fest, daß die Hauptwucht der Verantwortung für die Taten der Angeklagten

auf der Auslandsdelegation und der Zweiten Internationale Taste.

Berlin - Gesetz im Landtag

Letzte Aussprache vor der Entscheidung

Der Preußische Landtag begann heute vormittag mit| die Verhandlungen im Ausschuß einen eigenartigen Berlauf. Der der zweiten Lesung des Gesetzentwurfes über die bor. Ausschuß stellte sich weder auf den Boden des Regierungsentwurfes läufige Regelung verschiedener Punkte des Gemeinde- noch auf den der Anträge des Berichterstatters. Er beschloß eine verfassungsrechts für die Hauptstadt Berlin ". Novelle zum geltenden Gesetz von 1920. Diese sah die Magistratsverfassung vor, einen Magistrat aus nur be­foldeten Mitgliedern, dann neben Magistrat und Stadtverordneten­Stadtverordnetenvorstehers und die nichtöffentliche Tagung der verfanimlung die Einschaltung eines Ausschusses unter Vorsitz des Bezirksversammlungen unter Vorsitz der Bezirksbürgermeister. Echließlich wurde dann durch erneute Verhandlungen zwischent Regierung und Koalitionsparteien der

Abg. Hirsch( Spz.)

als Berichterstatter geht zunächst auf die Borgeschichte des Enimurfs ein. Gegen das ursprünglich im Mai 1930 von der Regierung eingebrachte Selbstverwaltungsgesetz hätten sich sehr starte Bedenken geltend gemacht. Einmal sei die Borwegnahme gewisser Regelungen nur für Berlin allein vor Berabschiedung des allge­meinen Selbstverwaltungsgejeges nicht zu empfehlen gewefen. Dann Oberbürgermeisters gewendet und schließlich auch gegen die habe man sich gegen die sogenannte Allmacht des geplante Vornahme von Neuwahlen der Stadtverordnetenver­fammlung.

Die Regierung hat diesen Bedenken Rechnung getragen. Im Jamuar d. J. hat im Ausschuß Innenminister Severing erklärt, daß er ein allgemeines Selbstverwaltungsgesetz in absehbarer Zeit nicht vorlegen könne. Dennoch sei die

schleunige Reform der Berliner Gemeindeverfassung geboten. Er erklärte sich aber bereit, den Abschluß des Entwurfes über Staats­aufsicht fallen zu lassen. Dagegen müsse er aber entscheidendes Ge­wicht auf die Beibehaltung des Einkammersystems legen. Als das wichtigste hatte die Regierung die Funktion des Gemeinde Regierung noch bereit, von Neuwahlen in dieser unruhigen und vorstandes als Exekutivorgan vorgesehen. Dann erklärte sich die nervösen Zeit abzusehen. Als Berichterstatter habe er sich diese Anregungen in Anträgen zu eigen gemacht. Dann aber nahmen

Bischöfe gegen Hitlerei.

Erflärung der Kölner Bischöfe gegen die Nazis.

Köln , 7. März.

T

der Kölner Kirchenprovinz eine Erklärung, in der es In der Kölnischen Volkszeitung" veröffentlichen die Bischöfe u. a. heißt: Die Erwartung, daß es den Führern der Hitler Bewegung bald gelingen werde, ihre Ziele und Grundsätze so zu entwickeln und so zu flären, daß sie zu begründeten Mißverständ nissen oder zu Bedenken bei gläubigen Katholiken feinen Anlaß mehr gäben, hätten fich nicht erfüllt, ebensowenig auch die Hoffnung, daß manches Beflagenswerte im Auftreten nationalsozialistischer Bertreter, nicht zuletzt in der Sprache ihrer Presseorgane, sich als vorübergehende Erscheinung erweisen würde. Auch die Stellung nahme der Erzbischöfe und Bischöfe Bayerns hätte die verantworte lichen Führer der Bewegung nicht dazu vermocht, die der katho lischen Glaubens- und Sittenlehre widersprechen den Kundgebungen aus ihren eigenen Reihen flar und eindeutig abzulehnen.

Deshalb rufen die Bischöfe der Kölner Kirchenprovinz die ihnen unterstellten Gläubigen mit aller Eindringlichkeit zu neuem ernſten Befinnen auf. Niemals dürfe man sich, auch nicht im Kampf gegen Unrecht, unwahrheit und Gewalttat, zu Formen der Ab­wehr hinreißen lassen, die mit den christlichen Sittengeboten nicht vereinbar seien.

Die Erklärung ist unterzeichnet von Kardinal Schulte und den Bischöfen von Münster , Osnabrüd, Trier und Limburg .

Hitler: Banden mißhandeln Priester.

& öln, 7. März.( Eigenbericht.)

Krylenko beschäftigte sich dann mit dem Block des Unionsbüros, der Industriepartei und der sogenannten werttätigen Bauernpartei und erklärte, daß die Schaffung dieses Blocks in einer Sonder­beratung unter dem Vorsiz Kalinnitoffs, eines Mitglieds des Zentralfomitees der Industriepartei, beschlossen wurde, in der auch Am Freitagabend wurde eine Zentrumsverfammlung die Rollen der drei gegenrevolutionären Gruppen genau verteilt im fatholischen Bereinshaus in Köln- Braunsfeld von National­wurden. Zwischen dem Unionsbüro und der Industriepartei wurde sozialisten überfallen. Ein tatholischer Geistlicher, ein Abtommen geschlossen, daß nach Auffassung der Menschewifi der über Sowjetftern und Hakenkreuz sprechen follte, und der Ber­nach dem Sturz der Sowjetmacht ein Minimum an politischen Frei- sammlungsleiter wurden erheblich verlegt Neun Berjamm­heiten garantieren sollte, und zwar sollten die Menschewili Milizfungsbefucher wurden leicht verletzt. In dem Saal ift tein Stuhl truppen bilben, die an dem Aufstand nicht teilnehmen, aber ihn ganz geblieben. Selbst ein Marienbild wurde vollkommen ermöglichen follten, und unmittelbar nach dem Aufstand sogenannte zerstört und auch die Kronleuchter mußten daran glauben. Ein bemokratische Freiheiten erhandeln. Ueberfallfommando fonnte leider nur noch einen der Bunschen feft. ( Weiteres fiche& Sette.)

nehmen

vorliegende Entwurf als Kompromiß gen der Städteordnung und des Gesetzes vom 27. April 1920 be gefunden. Daneben bleiben die in Betracht kommenden Bestimmun stehen. Der Magistrat soll nach dem neuen Gesetz aus dem Obera bürgermeister, zwei Bürgermeistern, neun be joldeten und sechs unbesoldeten Stadträten bestehen. Die Stellung des Oberbürgermeisters wird insofern wesentlich ver­stärtt, als ihm die gesamte Erefutive übertragen wird. In das Zweikammersystem der Magistratsverfassung wird neu der Stadt­gemeindeausschuß eingeschaltet, der aus 45 Stadtverordneten bestehen soll und unter Vorsiz des Oberbürgermeisters alle Vorlagen der laufenden Verwaltung beschließt. Dieser Stadtgemeindeausschuß tagt nicht öffentlich. Dadurch soll die Arbeitsfähigkeit der Stadtverordnetenversammlung gewährleistet werden. In der Ber Aber die Bezirksversammlungen follen fünftig nicht öffentlich und fassung der Bezirke soll es teine wesentlichen Neuerungen geben. unter dem Vorsiz des Bezirksbürgermeisters tagen. Als Bericht­erstatter empfiehlt Abg. Hirsch die Annahme des Entwurfes.

Die Debatte eröffnet

Abg. Dr. Lohmann( Soz.)

Die

Zehn Jahre sind für das Leben einer Verfassung eine kurze Zeit, Darum sind auch die Urteile über Wert oder Unwert des Groß­Berlin- Gesezes Dom April 1920 so verschieben. Unter normalen Verhältnissen wäre eine längere Bewährungsfrist nötig. Aber in Deffentlichkeit und der Presse eine Reform der Berliner Verwaltung den jetzigen außergewöhnlichen Zeiten hat der überwiegende Teil der bringend gefordert. Leerlauf der Verwaltung, unnüßes Hin und Her zwischen Wir kennen die Gründe der Berärgerung: den Bezirken und der Zentrale, Notwendigkeit vielfacher Beschlüsse selbst in einfachen Sachen.( Sehr wahr!) Magistratsverfaffung bringt an sich die Gefahr der Berlangsamung mit sich; die verwidelten Parteiverhältnisse Berlins haben die Schwierigkeiten noch erhöht. Die Beteiligung möglichst vieler Instanzen erschien den Verfassern des Groß- Berlin- Gesezes als beste Garantie einmütigen Zusammenwirtens; aber sie wurde erreicht auf Kosten der Schnelligkeit und Billigkeit der Verwaltung. Dazu tavi der ständige Mißbrauch des parlamentarischen Teils der Stadt­verwaltung, die Radauszenen, die Flut der Anträge, die unfrucht baren Diskussionen, mit denen' die Kommunissen begonnen und an die sich die Nationalsozialisten harmonisch angeschlossen haben.( Heiter­feit und Zustimmung.( Da sich die

Selbstverwaltung dieser Schädlinge nicht mehr erwehren tann, müssen wir ihr zu Hilfe kommen. Trotzdem sind wir noch heute der Meinung, daß sich der Gesetzgeber von 1920 seines. Werkes nicht zu schämen braucht: er hat den großen Schritt von der Wirtschaftseinheit Groß- Berlin zur tommunalen Berwaltungseit mit Mut und Folgerichtigkeit gewagt, und dieser Schritt ist nicht mehr zu widerrufen.( Sehr wahr! bei den Soz.) Biele Teile der Groß- Berlin- Verfassung sind besser als ihr Ruf. Aber der Versuch, die Magistratsverfassung auf diese Riefengemeinde zu übertragen, hat sich nicht bewährt. Die Kompetenzen find zu ungleich verteilt, und der Gedanke, an die Spize der Bezirke nicht Berwaltungen, sondern Körperschaften zu setzen, mar falsch.

Bei der Reform müssen mir die unliebsamen Borgänge der legten beiden Jahre, die aus Wahingitanan zu einer Welffenfation gestempelt morben find, nach Möglichkeit ausschalten. Wir haben uns deshalb auch gegenüber überftürzten grundlegenden Beränderungen der Ber