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Agel Sandström arbeitet in den Erzgruben von Gellivare. Er verdient monatlich 600 Kronen; davon läßt sich leben, gut leben mit Ideen und Nachspeise. Wenn er spazieren geht, trägt er Glacé handschuhe. Darunter aber find ganz gewöhnliche Schwielen. Arel ift Kommunist. In seinen Fre stunden schreibt er Artikel, zum Beis fpiel: Die Nationalfrage im Balkan und die Aufgaben des Proietariats." Diese Artikel schreibt er eigenhändig mit der Maschine ins Reine: er besitzt eine prächtige ,, Corona". Ich trant bei ihm Kaffee und unterhielt mich sogar mit ihm über die Unterschiedlichkeit vieler Dinge: über die der Parteifraktionen und über die der Automobil marten. Arel ist mit Argumenten der schwedischen Opposition nicht einverstanden. Was die Autos anbelangt, fo gefällt ihm ganz be sonders der„ Buid"-Wagen, den sich der Sekretär der tommu nistischen Zelle in Gellivare vor furzem angeschafft hat. Ich brauchte mich beim Zusammensein mit ihm nicht auf beredsames Lächeln zu beschränken: Arel spricht etwas Deutsch . Er ist ein netter Bursche steile Stirn, moßartig zottige Brauen, darunter aber offentundig findliche Augen. Er hat viel gelesen, hat seinen Kopf am rechten Fled, furzum, es verlohnt sich mit ihm zu reben. In Schweden gibt es viele Bergleute, sie alle tragen Handschuhe, fie alle find Automobilfenner, und sie alle halten geschlossen zum Rommunismus. Wenn ich jetzt von Apel sprede, so deshalb, weil sein Haus eine wahre Sehenswürdigkeit birgt: nicht einen elettrischen Herd damit ließe sich hier niemandem imponieren, nicht ein zwanzigbändiges Ronversationslegifon mit Goldprägung auch das wäre nichts Außergewöhnliches-, nein, etwas ganz anderes: eine russische Frau, eine mollige Njuscha, nirgends anders her als aus Tula , na, und für Gellivare ist das in der Tat ein Unifum.
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Das nahm seinen Anfang durch die unerschütterliche Ideologie.. Cine Delegation schwedischer Arbeiter fuhr nach der Sowjetunion . Arel befand sich plöglich in Rußland . Nicht eine Reise war das, sondern eine Bilgerfahrt. Baul Morand fah in Mostau die zer lumpten Belze der Jsmosisdifs und die das Fehlen seidener Strümpfe tompensierende erotische Leidenschaftlichkeit der halbasta. fchen Kommunistin. Die englischen Industriellen schielten arg wöhnisch nach den Maschinen der Vorkriegszeit, nach den Schlangen vor den Bäckerläden, nach den fiebernden Augen verwahrloster Kinder. Arel fah nur eins die Revolution. Er fannte von zu Hause her den Wohlstand, und das trug offenbar dazu bei, daß er Bettelarmut nicht verachtete. Begriff er doch gut, daß selbst Buid Autos noch nicht Glück bedeuten. Handschuhe und Schwielen er legte auf die Schwielen Wert. In Moskau ging dieser sonder fiche Bilger in enem furzen, ausländischen Mantel herum. Selbst zweifelhafte Burst schluckte er mit Begeisterung, ohne auch nur für einen Augenblick zu vergessen, daß es teine einfache Wurst, sondern ,, Sowjetwurst" war. So fchlucken Gläubige die Hoftie: Arel Landström empfing das Abendmahl unseres Stolzes und unseres Mißgesch des.
Dann fuhr er nach dem Süden, nach dem Donezbeden. Dort bekam er eine Lungenentzündung. Man brachte ihn in ein„ Er holungsheim". Er trant Milch und dachte nach über die Revolution. Die Milch brachte eine junge Pflegerin ins Zimmer. Arel mar achtundzwanzig Jahre alt. Er hatte Artikel geschrieben und nie an Frauen gedacht. In Gellivare hatte es nur Erzgruben und Autos gegeben. Hier erblidte er ein Mädchen. So warb eine Liebe ge boren, die lächerliche Liebe eines tolpatschigen Nordlanders, der nicht
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einmal fähig ist, sie zu befennen: fannte er doch nur zwei Worte Russisch Tschai “ und„ nitschewo". Die Hand der Bilegerin blieb mehrmals längere Zeit auf der Stirn des Kranten liegen. Ich weiß nicht genau, was dann alles geschah: ob sie sich füßten oder sich auf Seufzer beschränkten; wie dem auch sei, Arel reiste nach seiner Genesung heim, nach Gellivare.
Es war ein gewöhnlicher, lappländischer Winter. Am Himmel fladerte das Nordlicht. Die grellen Bogenlampen, der Schnee und Njufchas Augen ließen ihn häufig die Lider zukneifen. Er konnte und fonnte die junge Pflegerin nicht vergessen. Das war ja doch nicht einfach ein Mädel, nicht eine„ frefen" aus Lulea , die an nichts anderes denft als nur an eine gute Partie und an eine Wohnung mit Bequemlichkeit, nicht ein Filmstar aus Hollywood , der Sonnabends vor den Augen der Bergleute Glyzerintränen weint, weil Bater- Bankier sie verfluchte oder weil ihr Geliebter noch feine sichere Position" hat, nein, Njuscha war eine Ruffin. Wenn Arel selbst die Sowjetwurst vergötterte, so läßt sich leicht erraten, wie er über das Sowjetmädten dachte. Im April schrieb Arel an den Sowjetkonsul und im Mai befand er sich, nachdem er bei der Direktion einen zweiwöchigen Urlaub durchgesezt hatte, in dem ihm wohibefannten„ Erholungsheim" vor der leibhaftigen und nicht im geringsten veränderten Njuscha.
Die Freuden geteilter Liebe und die Formalitäten des Standesamtes bedürfen feiner Schilderung. Seitdem ist ein Jahr vergangen. Mich feiner Frau vorstellend, sagt Agel:
Wenn Sie wüßten, wie glücklich ich bin!... Ich bedauere nur eins: Njuscha hat bis jetzt noch nicht Schwedisch gelernt, das hindert fie baran, sich an unserer Arbeit zu beteiligen."
Njuscha tann in der Tat nur ein paar Worte Schwedisch, sie weiß, wie die Waren heißen, die sie im Konsumladen einkauft. Mit Apel spricht sie wie vor einem Jahr mittels Gesten und Lächeln. Ich war der erste Mensch, mit dem sie sich nach langem Schweigen fattreden tonnte. Nun ja, fie erleichterte ihre Seele.
Doch zunächst ein paar Worte über ihr Aeußeres. Sie ist eine üppige, russische Frau mit auffälligem Busen und den Augen einer getränkten Suh, die man beim Wiederfäuen gestört hat. Sie hat ein schönes Lächeln, aber eine unangenehme, zänfische Stimme. Solche Frauen gibt es bei uns in Rußland viele. Die flaffenbewußten find meist Straßenbahnschaffnerinnen, während die nicht flaffenbewußten auf der Straße mit Unterleibchen handeln. Uebrigens macht man aus ihnen gelegentlich Turgenjewsche Heldinnen.
Njuscha fragte mich zuerst mit einer gewiffen Aengstlichkeit: ,, Sind Sie also etwas bei der Partei?
Als sie zu hören bekam, daß ich parteilos bin, zudte fie ärgerlich die Achseln:
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,, Na, und die hier. Die sticht der Haber!" Arel stand lächelnd daneben. Er dachte sicherlich in diesem Augenblick daran, daß Njuscha seine Frau und zugleich die Seele der Revolution sei. Njuscha aber prahlte:
Ich weiß nicht, wie das dort bei Ihnen in Baris ift, ich meine, was die Kleiderstoffe anlangt, hier aber gibt es davon, soviel man will, sowohl tariert als auch gestreift. Dann mit den Kleidern, das ist hier sehr gut organisiert: man nimmt etwas aus dem Laden mit, trägt es eine Woche und bringt es dann wieder zurüd, und zwar ohne Umstände hab' es mir anders überlegt
und friegt das Geld bis auf die trone zurüd. Ueber den Haus halt find gar keine Worte zu verlieren: fogar eigene Wäscherei im Hause und arbeitet mit Elektrisch, man braucht nur einzuschalten, Ehrenwort.
Bom Anfang des Romanes" erzählte mir Arel. Njuscha schwieg sich darüber aus. Dafür schilderte sie begeistert, wenn auch ein wenig frivol, ihre Reise nach Schweden .
„ Wir setzten uns aljo in ein Schlafwagenabteil, da waren schon die Schlafpläge vorgerichtet und sogar- Sie verzeihen schon ein Nachttöpfchen, man brauchte also nicht erst weit zu gehen. Da begriff ich, was wahres Leben ist!"
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Sie wurde vor Verlegenheit rot. Sie lächelte ein liebes, herzliches Lächeln. Ich fragte sie nicht erst lange aus, woher sie sei: vielleicht sah ich sie schon einmal in Moskau oder in Rostow , und wenn sie es nicht war, so war es ihre Schwester.... Sostschenko ist ein sehr talentierter Schriftsteller, aber seine Helden hat er doch nicht erfunden, fie leben leibhaftig in tausend russischen Städten. Njuscha ist noch gar nicht so übel. Man könnte sie vielleicht aufrütteln: dann würde sie über Jessenins Gedichte gebeugt weinen und fich über ihr Los beklagen: der Mann ein Fremder ohne Sprache, ringsum Schweden , nichts als Schweden ....
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Den Mann liebt sie mit echter, aufrichtiger Liebe, zugleich aber haßt sie ihn. Sie fann ihm eins nicht verzeihen: diese Gleichgültigfeit gegen Sachen und Sächelchen, gegen elektrische Schalter und Schlafwagen, gegen Covercoat und Kaffee, gegen eine warme Wob nung und sattes Leben: ,, Diese Kerle sticht der Haber!..
Agel meint, sie sei eine Kommunistin, sie aber ist einfach die Njujcha aus Tula . Im Jahre neunzehn erschossen die Weißen ihren Bruder. Ihre Mutter starb am Typhus . Sie selber überstand den Typhus zweimal. Sie sah Tote auf der Straße, Hungersnot und geplatzte Bafferrohre. Sie heiratete nicht den schuftigen Bankier" Dom Plakat, sondern einen ganz gewöhnlichen Arbeiter. Sie bekam das wahre Leben" zu sehen. Sie fönnte vollkommen glücklich sein. Aber da tommen die Genossen und nehmen ihren Mann zu juscha beißt grollend die Lippen zusammen. einer Bersammlung mit.... Was kann da nicht alles passieren?...
Ihr Mann aber lächelt immerfort: er tann ja doch kein Russisch 3 wenig Zeit, würde es so gern lernen, um russische Zeitungen lefen zu können, und dann mit Njuscha.
Auf dem Tisch liegen zwei mächtig dide Wörterbücher: Schwe disch- Russisch, Russisch- Schwedisch. Wenn sie es gar nicht mehr aus halten, schlagen fie die Wörterbücher auf, doch da stehen so viele Wörter drin, ein Menschentag aber ist so furz!... Arel arbeitet in den Erzgruben. Sein Artikel ist noch nicht beendet.... Für Njuscha ist es Zeit, zum Einkaufen zu gehen.... Die Wörterbüdjer werden zugeschlagen.
Sie betrachten ihre Stummheit als einen Fluch. Njufcha weint und Arel runzelt die zottigen Brauen. Sie begreifen nicht, daß dies ihre einzige Rettung ist, jedenfalls ein vom Leben gewährter Aufschub. Wenn er wüßte, was sie denkt! Er würde natürlich weder die Toten auf den Straßen noch den Typhus noch ihre ganze fieberartige Kindheit, dies Hungerleben zwischen zwei Ge wehrfugeln verstehen. Er würde nur eins verstehen: Kleiderstoffe", Nachttöpfchen", grausamer Betrug. Er würde zum Witwer werden, inmitten des Schnees von Gellivare, verfolgt in der Nacht von einem vertrauenden Lächeln und von Kuhaugen voll uralten Staunens: warum gewannst du mich lieb, und warum hast du mich verstoßen?
( Ginaia berechtigte Ueberfekung nach dem Originalmanusfrist von Sans Rueff.)
Wirtschaftswoche
Montony, um D.- Sonnabend, den 14. Mövz
Während der Wirtschaftswoche finden in unseren Warenhäusern Oranienstraße 164-165 und Charlottenburg , Rosinenstraße 4, Vorführungen des bekannten Wel- BI- Ko- Kochtopfes und des Brat- und Backapparates Küchenwunder statt.
Glaswaren Bierbecher, Mattbd Senta Weinl... 0.16 Blerbecher, Goldrand Flora.. $ 0.20 Likörgläser, o. Fuß, glatt..6 Stück 0.70 Likörgläser, o. Fuß, Goldrand..... .... 0.20
Stangenvasen
Vasen, bunt
Preßglas
Teller, 20 cm, bunt und gold
Steingut
Tellar, tief und flach, glatt.. Taller, 19 cm
Teller, tief und flach, gerippt Teller, 19 cm, gerippt.
0.16
. 0.07 0.18 0.03
Wirtschaftsartikel
Brotschneidemasch., Runda. 9.50 7.00 5.50 Fleischmaschinen Relbemaschinen Mandelreiben
6.00 5.00 3.75
2.25 200 1.50
1.40 1.10 0.75
Satz Schüsseln, 6- teilig, weiß... 0.90 Gasplätten, m. Erhitz., Garn. 8.00 7 75 7.25 Satz Schüsseln, 7- teilig, weiß... 1.40 1.40 Wringmaschinen, o. Kugellag. 14 73 14.00 Milchtöpfe mit Schrift, 1% Liter... 0.85 Wringmaschinen, m. Kugellag 19 50 18.50 Platten, glatt. , 0.60 0.30 0.25 Wirtschaftswaagen.... ....... 5.50 3.50 2.75 Plättbretter 1.75 1.50 1.40 Platten, gerippt Aerme.bretter
Emaille
0.10 0.04 Schmortöpfe, grau........ 0.80 0.70 0.60 Schmortöpfe, blau.... 0.95 0.75 0.65 Kasserollen, kon. grau 0.75 0.60 0.48 0.80 0.65 0.55
Wulstwannen Drahtwannen
3 90 3.75 2.50 ... 195 1.05 0.85
Zinkwaren
... 19.75 17 25 15.00 .... 13 00 11 50 8.75 Zober, mit Fu3 u. Ventil 21.50 1600 14.00
Stahlwaren
Dessertbestecke
1.85 1.25 0.90
1.75 115 0.85
Obstmesser, 6 Stck. i. Kart. 5.25 3.50 2.45
Streuer, 2 Stück im Karton
Schalen.
0.35 0.55 0.45 0.40 0.18 0.90 .0.60 0.45 0.35
Compotteller
Kuchenteller
Butterdosen
0.90 0.78 0.22 0.20
Käseglocken
0.65
Kasserollen, kon. blau.
Porzellan
Wasserkessel, grau........ 2.20 1.93 1.75 Wasserkessel, blau........ 2.40 2.10 1.95
Eẞbestecke
Teller, 19 cm, bunt
0.22
Waschschüsseln, Porzellanform
2.50
6000
0.30
S. S. S.- Konsole
1.45
Teller, 19 cm, gold.
0.18
Konsole, mit Maß
0.90
Brotmesser
Teller, 19 cm, glatt weiß
0.12
Leitungsschoner
1.45
Tranchierbestecke
Tassen, Goldrand
$ 0.18
Waschschüsseln mit Selfnapf
0.90
Salatbestecke
Tassen, Goldrand gerippt
.. 0.20
Kaffeekannen, welẞ........ 1.80 1.55 1.35
Tassen, indisch blau
0.32
Elmer, grau
0.75 0,70
Kaffeekannen, weiß.
095 0.75 0.65
Eimer, blau
Zuckerdosen, Goldrand..... 0.70 0.50
Bazarwannen, grau
Milchtöpfe, bunt
.. 0.22 0.20 0.18
Bazarwannen, blau
1.10 0.90 1.30
Alpaka
1
Satz Schüsseln, 3- teilig, weiß.. 1.20 1.10 Satz Schüsseln, 5- teilig, bunt.
1.45
Eflöffel
Feston Goldrandgeschirr Porzellan
Platten, Saucieren, Assietten
1.10
4
Teller, tief und flach
Wasserkessel
Milchkannen, matt
2.85 2.70 2.45
Teller, 15 cm.
Teller, 19 cm
2 25 1.55 0.98
Aluminium
Schmortöpfe, Satz 5 Stück 16.50 9.75 7.75
1.15 0.85 0,70 1.85 1.50 1.40 0.95 0.85 350 2.25
.0.48 ..0.25
Konsole mit Maß
.0.35 S. S. S.- Gestell
KONSUM
K G B
S., Oranienstraße 164/165
4 75 3.75 2 75 0.95 0 75 0.50
Küchenmesser, rostfrei.. 0.65 0.40 0.35
Eẞbestecke, S- Klinge.... 2.25 1.60 1.35 Eßbestecke, rostfreie Klg. 3.25 2 70 1.85 Dessertbastecke, 195 135 1.20
Dessertbestecke, rostfrei. 2.75 2.10 1.50
Kaffeelöffel
0.75 0.55 0.35 ... 0 38 0.25 0.18
Blechwaren
Brotbüchsen, lackiert...
Brotkörbe, lackiert
2.85 2.25 1.90 0 45 0.40
Katiee- u. Zuckerbüchsen, lack. 0.55 0.45
WARENHÄUSER
N., Reinickendorfer Straße 21