Rede Molotoffs auf dem Rätekongreß.
Bor dem allrussischen Rätekongreß legte ,, Reichsfanzler" Molotom die Weltlage der Sowjetunion dar. Dabei beklagte er sich vor allem über die antibolfchemistische Haltung Frankreichs und sagte über die Beziehungen zu Deutschland , daß sie sich seit Mitte 1930 sehr gebessert hätten. Zur Abrüstungskonferenz führte er aus: Die Kriegsgefahr hat sich nach vierjähriger Tätigkeit der Abrüstungstommission perstärkt. Die Sowjetunion macht sich teinerlei Illusionen über Richtung und Arbeit der fünftigen Internationalen Abrüstungskonferenz. Die Erfahrungen der Washingtoner und der Londoner Konferenz zeigen, daß diese Konferenzen KriegsDorbereitungen nicht hinderlich sind. Die Sowjetunion
hält
ihre Teilnahme an der bevorstehenden Konferenz für möglich, falls diese tatsächlich die Abrüstung, oder zumindest einen Teilabbau der Rüstungen anstreben wird. Dabei wird die Sowjetunion nicht dulden, daß man ihr Beschlüsse aufoktroniere, die angenommen murden, ohne daß sie an ihrer Erörterung teilnahm.
Die Uebersicht der internationalen Lage abschließend, führte Molotow aus: Die grundlegende Lofung unserer Außenpolitik mar und bleibt die Festigung des Friedens. Unter dieser Losung ist die Sowjetmacht geboren und unter dieser Losung wird sie auch fernerhin tämpfen. Der Kampf für friedliche Entwicklungsbedingun gen in der Sowjetunion ist unlöslich verknüpft mit dem Kampfe um den Weltfrieden, mit der Befestigung der freundschaftlichen Beziehungen zu anderen Völkern. Unter den gegebenen Verhältnissen bedeutet der Kampf um den Frieden vor allem den Kampf gegen die Interventionsgefahr. Diejenigen, die es wagen soll. ten, den Frieden zu stören und die Sowjetunion anzugreifen, werden als erste darunter zu leiden haben."
Im einzelnen heißt es in der Rede:
Die Bürgerlichen versuchen mit allen Mitteln, die Sowjetregierung zu befämpfen durch Organisierung einer Wirtschafts= blockade fowie durch Gerüchte von einem russischen Dumping und on 3wangsarbeiten. Ueber die Abrüstungskonferenz mach fich Rußland feine Illusionen. Wenn der Völkerbund meint, fie fönnten die Sowjetunion hineinlegen und ihr Beschlüsse anbieten, die gegen fie gerichtet seien, so irrt er. Frankreich sei das Haupt des politischen Kampfes gegen die Sowjetunion .
Die Beziehungen zum Deutschen Reich
feien 1929/30 nicht die besten gewesen, da die deutsche Presse und die deutsche Deffentlichkeit an einem Feldzug gegen die Sowjetunion teilgenommen hätten. Ab 1930 hätten sich diese Beziehungen sehr gebessert. und heute stehe man vor einer Erweiterung ber deutsch - ruffischen Beziehungen. Er hoffe, daß die Reise der deutschen Industriellen diese Beziehungen weiter vertiefen merde Die deutsch - russische Freundschaft sei nicht nur im Interesse
der beiden Bölfer, sondern auch im Interesse des Friedens notwendig.
Die Beziehungen zu Italien feien sehr herzlich, obwohl beide Länder verschiedene foziale Systeme hätten. Die Sowjetunion stehe jetzt vor einem weiteren Ausbau ihrer Handelsbeziehungen zu Italien . Die Besprechungen des Außenkommissars mit dem italienischen Außenminister Grandi in Mailand hätten die politischen Beziehungen noch freundschaftlicher geftaltet als bisher. Molotow rühmde dann das foeben unterzeichnete Abkommen über eine Berständigung beim Bau von Striegsschiffen in Schwarzen Meer. Somietrußland habe alles unternommen, um ein freundchaftliches Verhältnis mit England zu unterhalten, und es sei nicht feine Schuld. wenn dieses freundschaftliche Berhälinis burch die englische Deffentlichkeit und Bresse gestört morden sei. Das engtische Parlament fei jetzt zu einem Schauplah politischer See gegen die Sowjetunion geworden. Die Sowjetregierung treibe feine entienglische Propaganda. Sie wolle, daß auá England feine Antitomjetpropaganda betreiben solle. Sie wolle in freundschaftlichen Beziehungen zum englischen Volk leben.
Das russische Angebot eines Nichfangriffspattes habe die franzöfifche Regierung abgelehnt.
Die Sowjetregierung wisse, daß der französischen Regierung Nahestehende sich die Aufgabe gestellt hätten, den Kampf gegen die Sowjetunion zu führen; ebenso habe die polnische Republik die russischen Vorschläge in der Borabrüstungskonferenz abgelehnt und auch andere Borschläge für die Abrüstung. Die polnische Regierung habe es noch nicht verstanden, gute Beziehungen zu dem somjetrussischen Staat anzufnüpfen.
Die Deffentlichkeit und die Regierung in Amerika führten einen starken Kampf gegen die Sowjetunion . Sie haßten nicht nur alles, was in Rußland geschehen sei, sondern auch was aus Rußland fomme. Wenn man versuche, die russische Einfuhr nach Amerifa zu
verbieten, so werde die Sowjetregierung gezwungen sein, Gegen
maßnahmen zu ergreifen.
Nach Ausführungen über das Verhältnis zu den baltischen Staaten ging Molotom auf die Beziehungen zum Vatikan ein: Diefer habe sich eingebildet, eine große politische Rolle spielen und den Kampf gegen die Sowjetunion übernehmen zu fönnen.
Alle Priester und Missionare, die im Dienste des Batikans ftänden, seien Agenten der Nachrichtendienste verschiedener Generalftäbe
und hätten das Ziel, einen Krieg mit Rußland herbeizu
führen. Bufällig fei der Sowjetregierung ein Dofu ment eines Vertreters des Batifans in Bien in die Hände gefallen, worin die Notwendigkeit der Einberufung eines antibolichemistischen Kon= gresies dargelegt werde, der einen Feldzug gegen die Sowjet union organisieren solle. Sowjetrußland fürchte den Feldzug des Batifans nicht und werde alles unternehmen, um auch diesen Plan zum Scheitern zu bringen.
Liebermann über Diamand. Erfte öffentliche Rede seit Brest - Litowff.
Warschau , 9. März.( Eigenbericht.)
Jin Berlauf einer Gedächtnisfeier für den unlängst verstorbenen polnischen Sozialistenführer Dr. Diamand nahm auch eines der Opfer von Brest - Litowst, Dr. Liebermann, der auf den Händen in den Saal getragen und mit Blumen über ichüttet wurde, zum ersten mal feit seiner Befreiung öffentlich das Wort
Liebermann charakterisierte in einer mit großem Beifall auf genommenen Rede das Leben des Verstorbenen, der seit seiner frühesten Jugend in den Reihen der sozialistischen Bewegung ge arbeitet habe. Kurz vor seinem Tode habe er unter Bezugnahme . auf die Pilsudsti- Diktatur einen Brief geschrieben, in dem es heiße, daß die Dittatur aus der polnischen Maffe caratterlofe Menschen gemacht und auch das Niveau der Gegner der Demo
Das unnachahmliche Goebbels Lächeln.
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GOEBBELS
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CHAPLIN
Chaplin imponiert uns Berlinern nicht. Wir sind ganz andere Grotesk Komifer gewöhnt!
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Henderson siegt über Chamberlain.
England der Generalatte beigetreten.
London , 9. März.( Eigenbericht.)
Mit einer großen Ovation empfangen, erhob sich am Montagnadymittag im Unterhaus Außenminister Henderson, um den Beitratt Großbritanniens und des britischen Reichs zu der Generalatte über die Schiedssprechung zu empfehlen, durch die alle Streitigkeiten zwischen den dem Völkerbund angeschlossenen Staaten von einem Schiedsgericht geregelt werden sollen.
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Mit Ernst und tief empfundenen Worten erklärte Henderson, England müsse der Welt mit gutem Beispiel und Ermunterung vorangehen. Durch den Beitritt zum Kellogg Batt habe England bereits grundsäglich die friedliche Austragung aller internationalen Streitigkeiten anerkannt, und es sei an der Zeit, das große Werk nunmehr zu vollenben. Vor allem aber gelte es, durch Annahme Der Regierungsvorlage jene Atmosphäre zu schaffen, die Vorauss fegung sei für den Erfolg der tommenden großen Abrüftungsonferenz mit aller Bucht wandte sich Außenminister Hender son dann gegen den fonservativen Ablehnungsantrag, in dem es heiße, ein internationales Schiedsgericht sei der Autorität des Bölferbundes abträglich. Acht Bölfer haben bereits angenome men," rief Henderson, die französische Kammer hat zuge. stimmt, für Italien persicherte mir in Rom Außenminister Grandi ebenfalls den Beitritt zum internationalen Schiedspaft. Die britische Reichstonferenz hat ihre Einwilligung gegeben und alle fonservativen Einwände sind nicht stichhaltig."
Verlegenheit bei den Konservativen, großer Beifall bei Liberalen und Arbeiterabgeordneten, als Henderson auf seinen Plak zurüdtehrt. Sir Austen Chamberlains Gegengründe maren mehr als dürftig und wurden sowohl von dem Liberalen Gir Herbert Samuel als auch von der Arbeiterabgeordneten Frau Manning leicht zerpflückt. Damit ist die Annahme der Vorlage und der Beitritt zur Generalatte gesichert.
Schließlich genehmigte das Unterhaus mit 231 gegen 139 Stimmen den Beitritt Englands zum internationalen Schiedspati. In der Debatte hatte auch der Sprecher der unabhängigen Arbeiter partei das große Friedenswert der Labourregierung ge rühmt, dem durch diesen Pakt ein neuer wichtiger Stein hinzugefügt fei.
fratie notgedrungen erniedrigt habe. Die polnischen Arbeiterstorbenen um die Hebung des Niveaus der Massen gerecht zu werden massen- so erflärte Liebermann- müßten dieser Sorge des Bertrachten. Stürmische Zustimmungsrufe wurden laut, als Liebermann dann noch die Worte Diamands zitierte:„ BrestCifowft werden wir niemals vergessen und niemals verzeihen!"
Geheimgehaltenes Attentat in Belgrad ? Enthüllungen der Tribuna".- Wurde Diftator Zivkowitsch schwer verletzt?
Rom , 9. März.( Eigenbericht.) Ueber ein Attentat auf den jugoslawischen Ministerpräsidenten General 3iptowitsch erhält die römische Tribuna" nähere Mitteilung von einer hochstehenden kroatischen Persönlichkeit, deren Namen fie verschweigen muß, deren Angaben aber als durch aus zuverlässig zu betrachten seien.
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Das Attentat auf den General- so meldet die Tribuna habe der Sohn des jüngst verstorbenen früheren Ministerpräsidenten Bufizewitsch verübt. Er habe sich in Belgrad zu General 3infomitsch begeben, habe ihm mehrere Revolverfugein in den Leib gejagt und den Schwerverletten für tot gehalten. Darauf habe der junge Mann Selbstmord begangen. Das Ganze sei geheim gehalten worden. Der König habe davon in Agram erfahren. Es sei durchaus richtig, daß der König seit langem in schwerem Gegensatz zu der militärischen Diktatur stehe und ihn nur deshalb nicht zu entfernen wage, weil Zivkowitsch gleichzeitig das allmächtige Haupt der Offiziersvereinigung Die weiße Hand" sei. Der König habe aber die Gelegenheit von Zivkowitschs schwerer Berwundung und langem Krankenlager dazu benutzt, das kabinett umzubilden, und zwar nach seinen eigenen Wünschen.
Snowden ernstlich erfrankt.
Der Zustand des Schazkanzlers Snowden, der seit Tagen an einer Grippe leidet, hat sich durch eine Entzündung innerer
Organe verschlimmert. Die Aerzte haben Snowden deshalb ge= zwungen, sich in den nächsten Wochen jeder dienstlichen Tätigkeit zu enthalten. Es ist infolgedessen unbestimmt, ob der Schazkanzler seine große Budgetrede wird halten können.
Um die Berlängerung der Schulpflicht.
Die Regierung Macdonald ließ durch den neuen Unterrichtsminister Lees Smith erklären, daß sie das vom Oberhaus abgelehnte Schulgefegim Unterhaus neu einbringen und dann unter die Parlamentsatte stellen werde. Dadurch wird das Gesetz, wenn die Regierung nicht gestürzt wird, nach zwei Jahren auto. motifs Rechtstraft erhalten.
40000 werden entlaffen.
Meu Delhi, 9. März.
Gandhi- Abkommens, wird weiter fortgesetzt. Am Sonntag murden Die Freilassung der indischen Gefangenen auf Grund des Irwin3000 politische Gefangene aus verschiedenen Gefängnissen entlassen, benen heute weitere 200 folgen sollen. Im ganzen dürften etwa 40 000 Gefangene auf Grund des Abkommens ihre Freiheit wieder erlangen.
Auf einer Bolksversammlung erflärte Gandhi, er werde auf der tommenden Tagung der Kongreßpartei in Karachi mit Nachdruc für die Ratifizierung des Abkommens mit Irwin eintreten. Sollten die Delegierten die Bestimmungen des Abkommens für unannehmbar halten, so stehe es ihnen frei, dem jezigen Arbeitsausschuß des Kongresses ihr Mißtrauen auszusprechen und einen neuen Ausschuß zur Verwirklichung ihrer Pläne zu wählen. Er gebe sich aber wird. Zum erstenmal seit acht Monaten sind am Montag die großen öffentlichen Verkaufsmärtte für ausländische Kleider wieder geöffnet worden.
Der Faschismus in Paris . Blum gegen die Kunfizenfur der Straße. Paris , 9. März.( Eigenbericht.) Der sozialistische Parteiführer Léon Blum hat ein Brotestschreiben an den Ministerpräsidenten Laval gerichtet, meil wegen des Terrors der nationalistischen Radaubanden das Dreyfus. Stud abgesetzt und das Auftreten Felig Weingartners als
Dirigent in Baris abgesagt worden ist. Blum bezeichnet dieſe beiden Ereignisse als unerträgliche Unterwerfung des repu
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blitanischen Staates gegenüber Reaktion und Faschismus. Die Abweisung Weingartners sei das schlimmste. Man begründe fie damit, daß Weingartner am Weltkriegsbeginn das Manifest ber 93 deutschen Intellektuellen gegen Greuelberichte und Kriegsschuldbezichtigung unterzeichnet habe. Selbst wenn man aber annehme, daß die Unterzeichner mit ihrer Unterschrift eine ungerechte Sache gededt hätten was voraussetze, daß Deutschland wirklich die Alleinschuld am Kriege trage dann sei ihnen wenigstens der gute Glaube zuzubilligen. Bei Kriegsbeginn habe niemand Schuld und Nichtschuld abschäzen können. Auch Frankreich habe schon ungerechte Kriege geführt. Jeder Friede aber sei eine Art gegens feitiger 2 mne stie. Wenn man ihn nicht so auffaffe, wenn man den Haß aufrechterhalten und die Revanche zu schüren suche, werde jede Versöhnung unter den Völkern unmöglich.
Sundert Arbeiter ins Krankenhaus geschafft. New York , 9. März. Jufolge Ausströmens von Gos ertranffen etwa hundert Arbeiter und Arbeiterinnen einer fileiderfabrik unter Ber. giftungserscheinungen Sie wurden ins Krankenhaus geDie spanischen Gemeinderatswahlen find auf ben 12. April feft. bracht. Fünfsig von ihnen liegen in bedentlichem Zustande gefeßt, die Parlamentswahlen sollen erft Mitte Juni fein
danieder.