Einzelbild herunterladen
 

Peter Panter : Lottchen beichtet

-

,, Es ist ein fremder Hauch auf mir? Was soll das heißen es ist ein fremder Hauch auf mir? Auf mir ist fein fremder Hauch. Gib mal' n Stuß auf Lottchen. In den ganzen vier Wochen, wo du in der Schweiz gewesen bist, hat mir feiner einen Kuß gegeben. Hier mar nichts. Nein hier war wirklich nichts! Was hast du gleich gemerkt? Du hast gar nichts gleich gemerkt.. ach, Daddy! Ich bin dir so treu wie du mir. Nein das heißt also, ich bin dir wirklich treu! Du verliebst dich ja schon in jeden Refrain, wenn ein Frauenname drin vorkommt... ich bin dir treu. Gott sei Dank! Hier war nichts!

...

na,

Nur ein paarmal im Theater. Nein, billige Plätze das eine Mal in der Loge... Woher weißt du denn das? Was? Wie? Wer hat dir das erzählt? Na ja... das waren Plätze durch Beziehungen... Natürlich war ich da mit einem Mann. Na, soll ich vielleicht mit einer Krankenschwester ins Theater.. lieber Daddy, das war ganz harmlos vollkommen harmlos. mach doch hier nicht in Kamorra oder Mafia oder was sie da in Korfila machen. In Sizilien meinetwegen in Sizilien . Jedenfalls war das harmlos. Was haben sie dir denn erzählt? Was? Hier war nichts.

-

-

Das war... das ist... du kennst den Mann nicht. Na, das werd' ich doch nicht machen wenn ich schon mit einem andern Mann ins Theater gehe, dann geh' ich doch nicht mit einem Mann, den du kennst. Bitte: ich hab' dich noch nie kompromittiert Männer sind dou) so duselig, die nehmen einem das übel, wenn man schon was macht, daß es dann ein Berufskollege ist. Und wenn's fein Berufskollege ist, dann heißt es gleich: Fräulein Julie man hat's wirklich nicht leicht! Also du kennst den Mann nicht! Du tennst ihn nicht. Ja er kennt dich. Na, sei doch froh, daß dich so viele Leute kennen biste doch berühmt. Das war jeden­falls ganz harmlps. Total. Nachher waren wir noch essen. Aber sonst war nichts.

-

Nichts.

-

-

-

Nichts war. Der Mann... der Mann sitzt eben ich hab' ihn auch im Auto mitgenommen, weil er so nett neben einem im Auto fit, eine glänzende Begleitdogge so, hat das die Reventlom auch gesagt? Na, ich nenne das auch so. Aber nur als Begleitdogge. Der Mann fah glänzend aus. Doch, das ist wahr. Einen wunderbaren Mund, so einen harten Mund mal' n Ruß auf Lottchen, er war dumm. Es war nichts.

-

gib

Direkt dumm war er eigentlich nicht. Das ist ja... ich habe mich gar nicht in ihn verliebt; du weißt ganz genau, daß ich mich bloß verliebe, wenn du dabei bist damit du auch eine Freude haft! Ein netter Mann aber ich will ja die Kerls gar nicht mehr. Ich nicht. Ich will das überhaupt alles nicht mehr. Daddy, so nett hat er ja gar nicht ausgesehen. Außerdem füßt er gut. Na fo es war jedenfalls weiter nichts.

Sag mal was glaubst du eigentlich von mir? Glaubst du

-

-

vielleicht von mir, was ich von dir glaube? Du das verbitt' ich mir! Ich bin treu. Daddy, der Mann... das war doch nur so eine Art Laune... Na ja, erst läßt du einen hier allein, und dann schreibst du nicht richtig und telephoniert hast du auch bloß einmal und wenn eine Frau allein ist, dann ist sie viel alleiner als ihr Männer. Ich brauche gewiß keinen Mann... ich nicht. Den hab' ich auch nicht gebraucht das soll er sich bloß nicht ein­bilden! Ich dachte nur: I, dachte ich, wie ich ihn so fah. Ich habe schon das erstemal gewußt, wie ich ihn sah war ja nichts.

-

aber es

Nach dem Theater. Denn noch zwei Wochen Lang. Nein. Ja. Nur Rosen und zweimal Konfett und den fleinen Löwen aus Speckstein. Nein. Ich ihm meinen Hausschlüssel? Bist wohl..! Ich hab' ihm meinen Hausschlüssel doch nicht gegeben! Ich werde doch einem fremden Mann meinen Hausschlüssel nicht geben...! Daddy, ich habe für den Mann gar nichts empfunden und er für mich auch nicht einen harten Mund hatte

-

fold

fühlte ich, wie der Bassist den Bariton anstieß. Ich hörte ihn grienen: Klageweib, vastehste!" sagte er. Das war der Dolchstoß.

Ich mußte mich am Geländer der Empore festhalten, dann heulte ich los. Die drei Kollegen sprangen für mich ein. Dennod) war es nicht unbemerkt geblieben. Der Krematoriumsvorstand fagte zu unserem Agenten, er täte gut daran, nicht Leute fingen zu lassen, Oben die Verwandte des Toten wären. Geheult würde unten. müsse Sache Sache bleiben. Jedesmal, wenn ich

Ich fühlte, es war um mich geschehen. meine Stimme zum Tremolo ansetzte, heulte es aus allen Eden: Klageweib, Klageweib, Klageweib!" Unaufhörlich hämmerte es ,, Klageweib".

Mir wurde gekündigt. Ja, ich sehe es selbst ein, es geht nicht mehr mit mir, ich bin zerstört. Heute fang ich zum letzten Male. Ich habe mir jetzt die Pulsadern öffnen müssen, und das Blut Klad- Klad fledert zur Ende. Es flecfert: Klageweib Ich will nicht verbrannt werden! An meiner Leiche soll niemand singen.

--

-

--

für mich auch nicht das weißt du doch Weil er eben solc Brahms und Feuerbach

-

-

und ganz schmale Lippen Weil er früher Seemann war. Was? Auf dem Wannsee ? Der Mann ist zur See gefahren quf einem riesigen Schiff, ich habe den Namen vergessen, und er tann alle Kommandos, und er hat einen harten Mund. Ganz schmale Lippen. Mensch, der zählt ja nicht. Küßt aber gut. Daddy, wenn ich mich nicht so runter gefühlt hätte, dann wäre das ja auch gar nicht passiert... Es ist ja auch eigentlich nichts passiert das zählt doch nicht. Was? In der Stadt. Nein nicht bei ihm wir haben zusammen in der Stadt gesessen. Er hat bezahlt na, hast du das geseh'n! Soll ich vielleicht meine Bekanntschaften finanzieren... na, das, ist doch! Es war über­haupt nichts.

-

-

-

Tätowiert! Der Mann ist doch nicht tätowiert! Der Mann hat eine ganz reine Haut, er haf... Keine Details! Keine Details! Entweder ich soll erzählen, oder ich soll nicht erzählen. Bon mir wirst du über den Mann kein Wort hören. Daddy, hör' doch wenn er nicht Seemannsmaat gewesen wäre, oder wie das heißt.. Und ich wer' dir überhaupt was sagen:

Erstens war überhaupt nichts, und zweitens kennst du den Mann nicht und drittens weil er Seemann war, und ich hab' ihm gar nichts geschenkt, udn überhaupt: wie Paul Graeh immer sagt: Raum hat man mal, dann ist man gleich Daddy! Daddy! Laß mal... was ist das hier? Was? Wie? Was ist das für ein Bild? Was ist das für eine Person? Wie? Was? Wo hast du die kennengelernt? Wie? In Luzern ? Was? Hast du mit der Frau Ausflüge gemacht? In der Schweiz machen sie immer Ausflüge. Erzähl' mir doch nichts... Was? Das war nichts? Das ist eben ganz mar andres. Na ja mir gefällt mand)- mal ein Mann. Aber ihr

Ihr werft euch eben meg!"

Alois Florath: Das Klageweib

Ich, Anton Pulte, geboren den 13. 5. 88 in Berlin , Sohn achte barer Eltern, Ranimerfänger eines ehemals regierenden Fürsten­hauses, zur Zeit wohnhaft in Steglitz , Rabautestr. 103, norn III. Etage links, flage hiermit den Herrn Emil Mener des gemeinen Meuchelmordes an, den er in zonischer Weise dn mir veriibt hat Ich war stets ein geachteter Staatsbürger und pünftlicher Steuerzahler. Als Sänger war ich berühmt Nie gab es einen Lenor, der ein so göttliches Tremolo, selbst in den höchsten Lagen, hatte. Ich war ein glückhaft Schiff, beladen mit einem ausfömm­lichen Einkommen, einer Frau, einem Sohn beide zogen es leider nach zwei Jahren harmonisch verlaufener Ehe vor, das Zeitliche zu segnen und einer nicht wertlosen Briefmarkensammlung.

-

Während des Krieges diente ich bis zur Rangstufe eines Ge freiten in einem preußischen Infanterieregiment. Es ist selbstver­ständlich, daß es mir hier gelang, das Wohlwollen meiner Herren Borgesetzten im reichsten Maße zu erringen. Ich hatte bald die Ehre, auf den Kasinoabenden der Herren Offiziere als heiterer Stimmungs­macher zu fungieren. Leider konnte ich mir als gemeiner Soldat nicht erlauben, die hohen Herren um Einstellung des Rauchens während meiner künstlerischen Borträge zu bitten. Auch tranfen mir die Herren zu häufig mit Kognak und diversen edlen Weinen zu. So tam es denn, daß ich nach drei Jahren schweren Frontdienstes meine göttliche Stimme verlor. Dennoch diente ich meinem Kaiser in Treue fest bis zum bitteren Ende.

Ich beteure, daß ich zu dem Verlust des Krieges in feiner Weise beigetragen habe. Dann wurde ich Bankbeamter. Hier lernte ich Spekulation Pennen. 1924 erkannte ich die Schmach dieses Gewerbes. Für den Rest meines Vermögens faufte ich mir einen Zigarrenladen mit Bettannahme. Ich lebte solide und züchtig, und es ruhte Gottes Segen auf meinem Geschäft. Dank der angeführten Solidität und Züchtigkeit bekam ich eines Tages meine Stimme zurück. Körper­liches Mißgeschic, ich war zu dick geworden, ließ es nicht zu, meinen Beruf als Heldentenor wieder aufzunehmen. Mein Glüd als Komiter zu versuchen, lehnte ich ab. Dafür hatte ich eine zu hohe Auffassung von der Kunst. Nach langem Suchen gelang es mir, eine Stellung als erster Tenor in dem Männerquartett Eintracht" zu finden. Das Männerquartett Eintracht" fang, bei feierlichen Ver­brennungen besserer Herrschaften in den hiesigen Krematorien tief­traurige Weisen. Mein Gehalt betrug 400 Mark den Monat. Dazu famen reiche Gratifikationen, die von wohlhabenden Leuten, die dank meines göttlichen Tremolos in besonders schöne Rührung ver­' fielen, zu spenden pflegten. Eine gute nachahmungswerte An­gelegenheit.

Den Zigarrenladen verkaufte ich mit Nuzen. Es tam mir einer Profanierung meiner hohen Kunst gleich, jetzt noch hinter einen: Ladentisch zu stehen und billige Tabake zu verkaufen. Die besseren Marten gingen in der Gegend ohnehin kaum. Uebrigens ließ das ouch meine Zeit nicht zu. Dauernd mußte ich wegen meines Gesangsengagements das Geschäft vorübergehend schließen, da blieben die Kunden weg. Wie angedeutet, verkaufte ich das Geschäft mit Nuzen.

Es war eine betrübliche Gewohnheit meiner Kollegen, nach jedem absolvierten Gesang die nächste Kneipe zu frequentieren, um dort Alkohol in verschiedenen Mengen zu sich zu nehmen. Seit ich meinen Laden verkauft hatte, wurde meine Entschuldigung, teine Zeit zu haben, nicht mehr berücksichtigt. Aus Angst, meine Stellung zu verlieren, ging ich stetig mit und trant mit Maßen. Später tam Kartenspiel und Würfeln dazu.

Aber ich war glücklich. Die Ausübung meiner heißgeliebten Kunst war mein Lebensinhalt. Ich sang mit jener Hingabe, die nur ernsten Künstlern eigen ist. Etwas, was ich weder bei dem zweiten Tenor, noch bei dem Bariton beobachten konnte. Von dem Bassisten ganz zu schweigen. Wie gesagt, trotz der vermaledeiten Trunkjucht meiner Kollegen, immer schade um das schöne Gefd, blieb ich ein

ernster Künstler, der immer nur das Edle im Auge behält. Da geschah es, daß ich jenen Menschen treffen mußte, der mein Leben zerstörte. Es war der anfangs erwähnte Meŋer. Meyer hatte ich im Felde unter dem Namen ,, Meyer 4" fennen gelernt, und zwar bezeichnenderweite in der Kantine unferes Regiments. Jetzt traf ich ihn in einer Kneipe wieder.

Wir tamen ins Gespräch. Er handle mit Korfen, Schwimm­gürteln und pharmazeutischen Artikeln. Es ginge ihm so. Nein, verheiratet sei er nicht. Was er an Liebe benötige, decke er im Freiverkehr. Was ich anfange.

Ich erzählte ihm, daß ich gottlob ganz meiner edlen Kunst lebe. Der gewöhnliche Mensch verstand scheinbar nicht, meine derzeitige Tätigkeit genügend zu würdigen. Ich erzählte nun von den er habenen Gefühlen, die ich jeweils bei den trauernden Hinterbliebenen auszulösen imftande sei. Wie die härtesten Männer zu schluchzen begännen, wenn ich zu tremulieren anhöbe. Ich war ganz im schwärmerischen Erzählen dahingeflossen, als sich der Meŋer spontan auf die Schenkel schlug und eine rohe Lache ausstieß: Joho, Sunny Boy", schrie er, sich biegend vor Lachen ,,, dann bist du also ein Klageweib geworden!"

Ich fuhr wie von einer Natter gebissen zusammen. ,, Was bin ich geworden?" ,, Ein Klageweib!" Ein Klageweib?" Na ja, du kennst doch die biblischen Klageweiber? Na, wenn da jemand pon den Kindern Israels in die Jagdgefilde des großen Mannitou abgesegelt ist, versammeln sich die ganzen alten Weiber der Nachbar­schaft in der Wohnung des Menschen, der sich nicht mehr dagegen mehren kann, und heben dort einen traurigen Sums an."

Ich schwieg. Es war mir, als stieße mich jemand sacht, aber unbedingt von einem schöngelegenen Felsen in eine stinkende Kloake. Aber die Geschichte mußt du doch kennen!"" Ja." Ich war blaß geworden, der falte Schweiß stand mir auf der Stirn. Herr Ober, bringen sie dem Herrn einen scharfen Schnaps." Meyer bestellte das lächelnd. Es famen zwei Schnäpse. Na, denn Prost, du altes Klageweib!"

Mitten im Schlud traf mich diesmal sein Klageweib". Da hielt's mich nicht. Ich brach zusammen. Ich weinte wie ein Kind. Meine Kollegen tamen herzu. Was los sei? Nun erzählte diese zynische Bestie noch mal die Geschichte von den alten jüdischen Klage­weibern. Ich dachte, meine Kollegen würden dem Rohling an die Kehle springen. Ja, ich wäre nicht erstaunt gewesen, wenn ihm einer das Messer in die Brust gestoßen hätte. Aber was taten die unflätigen Menschen? Sie wieherten vor Lachen. Sie grunzten fich aus, während ich heulte.

Ich schlich mich nach Hause. Ich wollte essen, aber nichts schmeckte mir. Dabei hatte ich faltes Eisbein. Ich legte mich ins Bett und weinte.

Nächsten Tages sangen wir wieder. Das Krematorium war voller Menschen. Es war ein ganz vornehmer Mann, der da ver­brannt werden sollte. Erst sprach der Superintendent viel über die Güte des Verblichenen. Ich hatte bisher nie zugehört, mas da unten geredet wurde. Nie hatte ich die schlechte Beleuchtung, die jedem Krematorium zu eigen scheint, empfunden. Man soll wohl nicht so tlar sehen, wenn sich der Mensch in den Ofen schleicht. Immer war ich nur darauf bedacht gemesen, auf meinen Gesang hin den ersten großen Seufzer zu hören. Als der zweite Redner die Verdienste des Toten pries, wurde mir ganz ohne ersichtlichen Grund bang. Der dritte Redner schien ein Freund des Toten. Alle hatten den Mann getannt. Und was hatte ich mit ihm zu tun? Ich bekam ja nur Geld für meine Traurigkeit.

,, Mensch, so fang doch endlich an", sagte der zweite Tenor ,,, wir wollen doch auch nach Hause." Ja, selbstverständlich." So fang ich denn.

Und es ging auch gut. Als ich mitten in der Litanei von Schubert an meiner schönsten Stelle zu tremulieren ansetzte und bei der unten trauernden Gemeinde die erste große Rührung begann, Johannes Brahms

und Anfelm Feuerbach, der große Komponist und der große Maler, weisen bei aller Gegensäglichkeit ihres Natu­rells in ihrer Kunst gewisse wesensverwandte Züge auf. Ueber die interessanten Beziehungender beiden zueinander berichtet ein Aufsatz von Dr. Konrad Huschte in der Monatsschrift ,, Die Kunst". Brahms lernte den großen Maler im Jahre 1867 Lei Klara Schumann in dem Baden- Badener Vorort Lichtentahl kennen und trat von da an mit einer feurigen Hingabe, die bei ihm selten war, für Feuerbach ein. Der Vermittler zwischen beiden war Augener, ein aufopfernder Freund Feuerbachs und großer Berehrer Brahms', der sich später glücklich pries, im Lichte dieses schönen Doppel Gestirns" fein Dasein verbracht zu haben. Brahms wußte den feder­gewandten Allgeyer zu bestimmen, einen großen Aufsatz über den gegen Gleichgültigkeit und Feindschaft schwer ringenden Künstler zu schreiben; weitere Aufsätze folgten, und aus ihnen entstand dann die Feuerbach- Biographie Allgeyers, die noch heute das grundlegende Werk über den Meister ist. Doch nicht nur seinen Biographen regre Brahms an, sondern er griff auch noch entschiedener in Feuerbachs Leben ein. Durch ihn wurde der einflußreiche Schöpfer des, Defter­reichischen Museums", Hofrat von Eitelberger, für Feuerbachs Kunst gewonnen und dazu gedrängt, für die Berufung des Künstlers nach Wien sich einzusehen. So erhielt denn, letzten Endes durch Brahms ' Eingreifen, der Maler den glänzenden Ruf als Professor nach Wien , über den er zunächst so glücklich war. Aber auch hier sollte die Tragit, die tief in seinem Wesen lag, sein Leben bald verdüstern. Brahms

, den Feuerbach in Wien sofort aufgesucht hatte, mallie sich von dem Freunde malen laffen, während er bis dahin hartnädig derartige Anträge abgelehnt hatte. Die Sitzungen begannen, und mehr als einmal fletterte Brahms die vielen Treppen zu Feuerbachs Atelier hinauf. Da erzählte ihm der Künstler, daß er zunächst seine zwei großen Werke, das Gastmahl des Plato" und die Ama­zonenschlacht", in Wien ausstellen wolle. Brahms , der sich selbst so langsam bei dem wankelmütigen Wiener Publikum durchgesetzt hatte, wußte genau, daß man diese Gemälde nicht verstehen und ablehnen werde, und riet ihm, die Gunst der Wiener zunächst durch weniger schwere Werke zu gewinnen. Mit dieser wohlgemeintea Warnung aber hatte er die empfindliche Künstlerseele Feuerbachs verlegt. Er war auf Tage verstimmt und schrieb an die Mutter empört: Brahms hat mir wieder einen Abend verdorben." Er ſtellte das Borträt beiseite und auch als dann die Beziehungen wieder freundschaftlich wurden, nahin er die Arbeit nicht auf, Sa ist nur eine Karikatur von Brahms von der Hand Feuerbachs ent­standen, aber auch sie ist verloren gegangen. Brahms hat es tief bereut, den Freund nicht zur Vollendung des Bildnisses gebracht zu haben; er hat seitdem nie mehr einem Maler, auch Lenbach nicht, gesessen.

Was er dem Rünstler prophezeit, traf ein. Feuerbachs Aus­stellung wurde mit Hohn und Spott aufgenommen, und feelisch wie förperlich gebrochen, flüchtete der Meister nach dem Süden. Brahms half, wo er fonnte, und kämpfte auch unermüdlich weiter gegen den stets wachsenden Trübsinn Feuerbachs. Ich suche ihn oft in seinem Hauje pergebens", schrieb er an Allgeyer. Soviel ich meiß, ver­bringt er viel Zeit in Wirtshäusern, wohin ich freilich nicht viel juchen gehen kann." Wenn er ihn traf, so brachte er ihn an den fröhlichen Stammtisch bei Gauje, wo Künstler, Gelehrte und Schrift steller verfehrten, und dort wurde Feuerbach noch manchmal froh, ließ sich besonders gern durch die Musik des Freundes die Schatten von der Seele verscheuchen. Als er einfam in Venedig gestorben war, hinderte Brahms seine ungeheure Erschütterung sogar daran, der Mutter ein Zeichen der Teilnahme zu senden. Aber im Ge­denken an den Freund schuf er nicht lange danach ein Meisterwerf, nämlich die Bertonung von Schillers Näni", deren Stil dem Geiste Feuerbachs so nahe verwandt ist. Ich habe in der letzten Zeit das Gedicht Nänie" für Chor und Orchester tomponieri" schrieb er an Henriette Feuerbach . ,, Gar oft mußte ich, wenn mir die schönen Worte durch den Sinn gingen Ihrer und Ihres Sohnes gedenken, und ich empfand unwillkürlich den Wunsch, meine Musik seinent Gedächtnis zu widmen. Damit dies ein äußeres Zeichen habe, er­laube ich mir die Frage, ob ich das Stüd, falls ich es veröffentliche, Ihnen zueignen darf. Es ist möglich, daß Sie das nicht wünschen, ja sogar nicht gerade gern an mich erinnert sind, denn u. a. haben Sie in einer Zeit, in der Ihnen gewiß viele Zeichen der Teilnahme wurden, von mir kein Wort gehört. Und doch werden wenige herz­licher Ihrer gedacht haben und gewiß wenige Ihren herrlichen Sohn ernstlicher verehren als ich." Frau Feuerbach nahm an und hörte in Berlin unter Joachim im Jahre 1886, als sie Brahms zum letzten­mal sah, die Nänie" erklingen, die ihrem großen Sohn geweiht war.

Können manche Nager willkürlich ihren Schwanz abstoßen? Daß Gartenschläfer, Hajelmäuse und andere Nager, menn fie am Schwanz ergriffen werden, diesen bisweilen scheinbar absichtlich ab­stoßen, ist Tatsache. H. Gögl hat nun die Beobachtung gem cht, daß es sich bei dieser Erscheinung nicht um eine willkürliche Schwanzablösung handelt, sondern daß vielmehr bei dem Garten­schläfer, der Hafelmaus und wahrscheinlich auch bei dem Sieben­schläfer in das Gewebe des Schwanzes Abschnitte von geringerer Widerstandskraft zwischengeschaltet sind, und zwar an vier bis sechs Stellen, die jeweils mindestens einen Zentimeter voneinander ent­fernt liegen. Durch diese Einrichtung erfolgt schon bei verhältnis­mäßig geringer Spannung eine passive Ablösung des Schwanzes.

Der Geschmadfinn der Schmetterlinge. Im Zoologischen In­stitut in München sind Untersuchungen über den Geschmacksinn der Schmetterlinge zum Abschluß gebracht worden. Dabei konnte ein­wandfrei nachgewiesen werden, daß der Geschmacksinn der Schmetter­linge in den Füßen liegt. Durch bloße. Berührung mit den Beinen. war es den Schmetterlingen möglich, den Gesdmad von Lösungen süßen oder bitteren Wassers zu unterscheiden. Diese Versuche be­stätigen die Theorie des englischen Zoologen Minnich, der schon vor einiger Beit die Behauptung aufgestellt hatte, daß auch vielfach in der zoologischen Welt die Beine Geschmadsorgane aufweisen.