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Nr. 117.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Viertel­jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. fret in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit illustr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mt. pro Quartal. Unter Kreuz­ band : Deutschland u. Desterreich­Ungarn 2 M., für das übrige Ausland 3 Mt. pr. Monat. Eingetr. tu der Post Beitungs- Preisliste für 1896 unter Nr. 7277.

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Vorwärts

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13. Jahrg.

Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf., für Vereins- und Versammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr nachmittags in ber Expedition abgegeben werden. Die Erpedition ist an Wochen= tagen bis 7 Uhr abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 1hr vormittags geöffnet.

Sernsprecher: Amt 1, Nr. 1508 Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin ".

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Das neue Buckerffeuer- Gesek. Nach langen Verhandlungen in der Kommission und hinter den Koulissen haben die Zuckerinteressenten ihre Beute in Sicherheit gebracht. Am Freitag wurde das neue Zuckersteuer- Gesetz mit 144 gegen 124 Stimmen im Reichs­tage angenommen.

Donnerstag, den 21. Mai 1896.

Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3.

nach den zwei Höchst produktionen der letzten drei Mecklenburg , Pommern und selbst Brandenburg wahrhaftig Jahre; sie streicht also für den expansionslustigen Osten nicht verdenken, wenn sie darum anfangs sich gegen jede nicht die für ihn günstigsten Ziffern weg, sondern schreibt Kontingentirung erklärten. Die Annahme des Antrages sie ihm gerade gut. Graf Carmer und Genossen hat nunmehr fast jede Gefahr Weiter war die Betriebssteuer in der alten Form für gründungsluftige Großgrundbesizer und Bauern ab­hauptsächlich ein Hemmschuh für die modernen Großbetriebe gewendet: Fabriken, die den Rübenlieferanten gehören, er= der jungen Zuckerdistrikte. Die Steuer sollte, in Stufen von halten schon im zweiten Jahre ihres Bestehens In letzter Stunde wurde sogar die Begrenzung der immer 5000 Doppelzentneru, jede mehrproduzirte Bucker- das halbe, im nächsten Jahre das ganze Kontingent. Giltigkeitsdauer bis 1903, also bis zum Ablauf der menge mit je 5 Pf. Mehrbelastung pro Doppelzentner treffen. Sie haben mithin höchstens ein Strafjahr durch­Handelsverträge, wieder aufgehoben. Daß aber dabei auch Die Zuckerfabriken sollten also Betriebsabgabe zahlen: für zumachen, um auch an die Prämienschüssel heranzukommen. nur ein Abgeordneter an ein langes Leben dieser monströsen jeden Zentner unter 5000 Doppelzentnern 5 Pf., von da Damit hat sich der Osten seine Entwickelungsfreiheit soweit Ausgeburt des industriell- agrarischen Scharfsinns geglaubt ab bis zu 10 000 Doppelzentnern für jeden Zentner Zucker als möglich gewahrt. Die Pläne der alten Zuckerdistrikte, haben sollte, erscheint uns sehr zweifelhaft. 10 Pf., vom zehntausendsten produzirten Zentner ab bis die neuentstehende Konkurrenz im Reime zu unterdrücken, Die Mehrheit im Reichstage stand fest, sowie man die zum fünfzehntausendsten für jeden neuen Zentner 15 Pf. sind zu Wasser geworden. jenigen Bestimmungen des Regierungsentwurfs aufhob oder Und so fort, sodaß eine Fabrit mit 200 000 Doppelzentnern Freilich war die mit der Produktionsvermehrung rasch bis zur Unkenntlichkeit und Bedeutungslosigkeit milderte, Jahreserzeugung zwar für ihre ersterzeugten Zentner auch nur steigende Betriebssteuer sowohl wie die Kontingentsfestsetzung die der Vergrößerung der alten und der Gründung neuer 5 Pf. Buschlag gezahlt hätte, für die zuletzt hergestellten unter Weglassung der Höchstproduktion, wie endlich auch Buckerfabriken im deutschen und deutsch - polnischen Ost en jedoch volle 2 M.! Auch dieser Pfeil galt dem Osten! er die schlechte Behandlung der neuen Fabriken ein Mittel, den Weg verlegen sollten. Diese Abschwächung ist in der war seinerzeit im Antrag Paasche sogar noch viel schärfer wenn auch ein plumpes, schreiend ungerechtes Mittel, gegen That in einer Weise eingetreten, daß die Polen und nach dieser Seite zugespitzt. Der schließlich als hohles das unheimlich rasche Anschwellen der Zucker diejenigen Deutschkonservativen, die während der Dekorationsstück angenommene, echt nationalliberal- ver- produktion. Schon im Caprivi'schen Entwurf von ersten Plenarverhandlungen und in der Kommission noch in waschene Bentrumsantrag( Pingen und Genossen) läßt 1891 begründete die Regierung die Herabsetzung und schließ­scharfer Opposition sich befanden, bei der letzten Entscheidung den Zuschlag nur um( nicht 5) Pf. nach je liche Aufhebung der Prämien mit der immer größer ein paar verneinende Stimmen lediglich zur Aufrecht 10 000( nicht 5000) Doppelzentnern steigen. Das war immer werdenden Gefahr der Ueberproduktion. Diesmal hieß es erhaltung des Scheines der Opposition abgaben. Von noch ein kleiner Nadelstich gegen die großen Etablissements in den Motiven: den 19 Polen blieben 16 der Abstimmung fern. Herr der neuen Zuckerprovinzen. Aber er war noch ungefähr v. Stauby hatte als Adjutanten nur den Grafen v. Schlieffen- licher als es selbst nach den mitgetheilten Ziffern scheint, weil Schlieffenberg neben sich; das ganze Fähnlein der der Antrag Bingen gleich mit 10 Bf. 10 Pf. Betriebs­dissentirenden Konservativen hatte es vorgezogen, zu steuer vom ersten Zentner an beginnt und bis zu 40 000 Hause oder doch im Foyer zu bleiben; zum theil schwenkte Doppelzentnern an diesem Satz festhält, um erst es sogar in die Reihen der Mehrheit ein. Vor den paar vielleicht noch nicht befriedigten Juteressenten und Landwirth schaftskammern kann man sich so darauf berufen, nicht für das Gesetz gewesen zu sein; vor dem eigenen parlamentarischen Gewissen hat man das beruhigende Bewußtsein, auch hier keinen Beutezug gegen die Taschen der Konsumenten verhindert zu haben.

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Die unverhältnißmäßig große Ausdehnung der Produktion, zu der sich die inländische Industrie bereits bisher tro niedriger Preise und geringer Staatsfubvention gedrängt gesehen hat, kann durch eine bloße Erhöhung der Aus­fuhrzuschüsse nur eine weitere Steigerung erfahren.. Erscheint daher eine Einschränkung der Rüben, beziehungsweise Zuckererzeugung mittelst gefeßlichen 3wanges schon gegenwärtig erstrebenswerth, so dürfte bei der geplanten Erhöhung der Prämien eine solche Maßregel völlig unabweisbar sein.

dann die schwache Staffelung eintreten zu lassen. Eine Fabrik mit 200 000 Doppelzentnern Produktion ist so im Durchschnitt nur um 23 Pfennige pro Zentner un günstiger gestellt wie die kleinste Rübenquetsche". Diese paar Pfennige heben den Vortheil des Großbetriebes Von diesem Kampfe gegen die Ueberproduktion ist in gegenüber dem kleinen inländischen Fabrikanten wahr dem neuen Gefeße nichts mehr übrig geblieben. Im Gegen­haftig nicht auf. Am allerwenigsten sind sie ein theil, indem schließlich jeder Fabrik ein gleicher Prozentsatz Die ursprüngliche Vorlage und ebenso schon ihr Grund, daran eine Erhöhung der Prämien von ihrer vorangegangenen Höch st produktion als liebesgaben­Vorläufer, der Antrag Paasche, der ja im Halberstädter 1,25 auf 2,50 M. pro Doppelzentner scheitern zu lassen! empfangendes Kontingent zugewiesen wird, wird Bezirk ausgebrütet worden ist wollte bekanntlich die Dann gab es für den Osten nur noch einen Stein des jede Fabrik zur Ueberproduktion gerade angespornt, altbestehenden, besonders also die kleinen und mittleren Anstoßes: die Errichtung neuer Fabriken war weil die rascheste Ausdehnung auch ein über­Fabriken der Zuckerdistrikte Mitteldeutschlands , mit derartigen ihm allzusehr erschwert. Besonders in den deutsch - polnischen durchschnittliches Wachsthum des Kontingents sichert. Steuervorrechten ausstatten, daß der Osten, in dem seit ein paar Provinzen wollte man nicht einsehen, warum man in Zukunft Bei 2,50 Mark Liebesgabe ist dieser Ausporn natür­Jahren Riesenbetrieb um Riesenbetrieb emporwächst, lieber die Schaaren billiger Arbeiter nicht an Ort und Stelle lich doppelt so start wie bei 1,25 M. Mit tausend Masten auf jede Erhöhung des Ausfuhrzuschusses verzichten wollte. ausbeuten dürfe, sondern sie weiter nach den alten Aus- segelte so die Regierung wieder einmal in einen Ozean voll Er fürchtete die höheren Prämien der Konkurrenten im beutungsstätten, nach Sachsen und Hannover ziehen lassen unreifer Pläne zur Einschränkung" der Zuckerproduktion Auslande viel weniger, wie die vorgeschlagenen abnormen solle. Der Regierungsentwurf versagte den neuen Fabriken hinein. Was sie auf gestrandetem Kahn heimbringt, ist Begünstigungen der Konkurrenten daheim. im ersten Jahre jedes Kontingent, im zweiten Jahre die genau das Gegentheil: wir haben in dem neuen Gesetz Die Regierung wollte das steuerbegünstigte Ron- Hälfte davon; erst im dritten Jahre ließ der Fiskus auch Prämien ausgeschrieben für die rascheſte Steigerung der tingent jeder Fabrik festsetzen nach ihrer Zucker- über diese Mißliebigen seinen Subventionsregen im vollen Produktion, die natürlich sehr bald wieder zu einer Kata­produktion während der letzten fünf Jahre, aber unter Strome herab fließen. Der Antrag Paasche schnitt so strophe und Krisis führen muß. Weglassung der höchsten Produktion. Damit war die gar für die ersten drei Jahre jedes Kontingent Auch sonst waren der Regierung immer mehr die Zügel Grundlage der Berechnung wesentlich geschmälert für alle ab und ließ die neugegründeten Fabriken für jeden erzeugten Fabriken, die eben erst ihren vollen Betrieb und damit Zentner Zucker die volle Ausfuhrvergütung( 4 Mart!) als ihre Höchstproduktion erreicht hatten. Die neue, nunmehr Betriebsabgabe zahlen! zum Gesetz erhobene Kontingentsregelung erfolgt gerade Man konnte es den Landwirthen in Posen, Ostpreußen , auf ihm die gelbe Butter, und der braune geriebene Pfeffer­kuchen; das Ganze ein Sinnbild der wiederkehrenden, Leben und Segen spendenden Sonne.

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Tene.

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auf diesem Gebiete entglitten, bis sie zuletzt nicht nur auf alle ihre erklärten Absichten, sondern auch auf ihre stillgehegten Wünsche bezüglich einer Steuer mehreinnahme verzichten mußte. Die alte Vorlage hätte der Regierung etwa

Aber Matz! Wie kannst D' nur das arme Ding so in Verlegenheit bringa! Siegst's doch, daß sie noch a Kind is?!" Der Bauer kniff die Augen zusammen. " Glaubt's schon, Margheth! Aber mit sechszehn Jahren weiß ma halt doch schon, daß a Bub'n auf der Welt giebt. Net wahr, Margheth?"

( Nachdruck verboten.) Noman von Nicolaus Krauß. Vom Dreikönigstag bis zu Maria Lichtmeß dauerte im Wenn der Flauger einen Laib Brot abschnitt, machte Flauger Hof nach altem Brauch die Kälberweis". Wenn er mit dem Messer einen Krager, der ein Kreuz vorstellen das Vieh versorgt war, gab's für den ganzen Tag teine follte, thatsächlich aber die Form eines Trudenfußes Arbeit mehr. Der Bauer hatte seine Schnizbank in die aufwies. Und dieses Zeichen prangte auf den Quertheilen Stube gezogen, besserte die Nechen aus, schnitte neue Stiele Die Bäuerin erhob sich und humpelte zu ihrem Manne seiner Bettstatt, auf allen Truhen, auf der alten Wiege, für die Schaufeln, Hacken und Harken, flickte aus steifem hinüber. die droben in der" Hummel" mälig verwurmte, auf den Schweinsleder" Häupter" für die Drischeln zu= Lump, dreckiger!.. Einihauen sollt ich Dir Eine... Brotteig wurde es gedrückt und auf die Butter, die aus sammen. Lene hatte vollauf Zeit, ihre Kleider aus Berdient hätt'st D' sie..." dem Butterfaß tam, die Fensterläden zeigten es in rother zubessern, aus der Leinwand, die sie zu Weihnacht Der Bauer that, als müßte er sich ihrer erwehren. und weißer Farbe, und am dreieckigen Hausgiebel war es von dem Bauer erhalten, fich neue Schürzen und" Na langsam Margheth, na langsam. Siahst, zuerst zu sehen, an der von einem gezogenen Birnbaum um- Hemden zu schneiden. Sie strickte neue Strümpfe und flickte rubft net, affa fagft,' s Bein thut Dir weh... Geh und sponnenen Walu". die alten. Wenn sie spinnen wollte, konnte sie es thun; set' Di wieder auf Dein' Ofenbant..." Und wie mit allem anderen, so hielt es der Bauer aber das fertige Garn gehörte ihr, für den gelieferten Lene stand dabei und sah zu, wie die beiden einander auch mit den Feiertagen und dem feiertäglichen Effen. Flachs mußte sie einige Docken Gespinnst abgeben. neckten. Sie machte ein ganz verlegenes Gesicht. War das Von den andern Klein- und Mittelbauern des Dorfes Der Flanger- Bauer gab sich in dieser Zeit ver- Scherz oder Ernst? Erst als die Alten aus vollem Halse hatten die meisten im Laufe der letzten Jahre das alte hältnißmäßiger Ruhe ganz anders als sonst. Er war lachten, wußte sie, wie sie daran war. Herkommen verlassen, die einen, weil ihnen Schulden das offener, gesprächiger geworden, behandelte Lene nicht wie Lene hatte noch nie an einen Tschamstara oder Lieb. Einhalten schwer machten, andere, weil sie in ihrer Knauferei einen Dienstboten, mehr wie ein eigenes Kind. Sie mußte haber gedacht. Ihre rauhe Jugend, deren Ideal sich in den Dienstboten die geringen und seltenen Genüsse nicht ihm von ihrem Vater erzählen, wie es ihr in der Schule einem Stück Brot verkörperte, und die Lehren der Tante, gönnten. Lene erhielt alles, wie es seit jeher Regel war. ergangen und im Wirthshaus zu Zettenberg. War er ganz die von den Männern stets mit erbarmungsloser Schroffheit Für sie hatte die Kirweih im Flauger Hof drei Feiertage, besonders gut aufgeräumt, dann schickte er sie nach einer sprachen, wirkten noch bei ihr nach. Verheirathet sein der Kuchen wurde ihr nicht vorgeschnitten, an jedem der Maß Bier. Lene erhielt einen Schluck davon und auch die und Mangel leiden und weinen müssen, war bei ihr eins. drei Tage gab's zweimal Fleisch und zwar zweierlei, und Bäuerin ihren Theil. Die alte Frau trant ihr Bier nie. Sie Die Erfahrungen, die sie im Wirthshaus zu Zettenberg mit am Dienstag sogar Fische. Sie konnte sich zu Allerheiligen goß es in einen Topf, warf ein Stück Zucker, brockte Brot den Gästen gemacht, konnten sie nicht weicher und freundlicher in Semmeln und und Milch ,, die der besten Milch die Schönheit hinein und löffelte es langsam aus und schmaßte dazu stimmen. Wie oft träumte sie noch von dem Unhold, dem eressen", und am Weihnachtsabend stellte der Bauer, ganz gewaltig mit den Lippen. Da mußte der Bauer lachen Hofbauer! Und wenn sie dann mit einem Schrei erwachte, nachdem der schwarzgefottene Fisch Fisch verzehrt war, und ganz plöglich fragte er die Lene: war sie jedesmal wie aus dem Wasser gezogen. Wen ihr Aepfel und Nüsse, Huzeln und Pflaumen Na, wie ist's denn, Moidl, hast schon an Tschamftara?" tanute sie denn von den jungen Burschen? All die freien und ein Glas süßen Kümmel auf den Tisch. Zu Weih- Das Mädchen wurde glühend roth und schaute den Sonntagsnachmittage hatte sie bisher im Schulhause bei nachten Lene auch zum ersten Male jenen Egerländer Dienstherrn mit hilflosen Augen an. Gleich mischte sich die ihrer Taute verbracht. Da tam öfters der Kaspar zu Hirfebrei, der glühendheiß aufgetragen wird, handhoch steht Bäuerin drein: Besuch. Er war jetzt Schulgehilfe droben irgendwo bei