Nr. 12548. Jahrgang
3. Beilage des Vorwärts
Neue Rußlanddelegation.
Die Delegierten sind hoch befriedigt.
Seit geraumer Zeit war es von den früher so beliebten Rußlanddelegationen still geworden. Man erinnert sich, daß die Sowjetregierung durch ihre Zweigniederlassungen im Ausland, die man Kommunistische Parteien nennt, von Zeit zu Zeit mit großem Tamtam sogenannte Arbeiterbelegationen ,, wählen" ließ. Diese Deiegationen wurden in Rußland herumgeführt, wo die Tradition der Potemkinschen Dörfer sich noch lebendig erhalten hat.
In ihre Heimat zurückgekehrt, hatten diese Delegationen begeisterte Berichte zu geben von dem, was man sie in Rußland hatte sehen lassen. Die plumpesten Schwindeleien tamen dabei vor. So wurden Delegationen in Gefängnisse geführt, wo man ihnen angeb fiche Sozialrevolutionäre vorführte, die mit ihrem Los sehr zufrieden waren und sich über nichts zu beklagen hatten.
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Inzwischen hat man in diesem Punkte auch in Sowjetrußland Fortschritte gemacht und produziert solche Sozialrevolutionäre" m öffentlicher Gerichtsverhandlung vor dem Mitrophon, wo sie„ Ge ständnisse" abzulegen haben.
Da sich bei solchen Arbeiterdelegationen Regiefehler nicht vermeiden ließen und es vorkam, daß der eine oder der andere ausgefiebte Delegierte doch nicht genau genug auf Herz und Nieren geprüft mar und darum in der Deffentlichkeit und in Arbeiterver jammlungen seine Eindrücke schilderte, die durchaus nicht auf den Ton der Begeisterung gestimmt waren, so hat man in Sowjetrußland fich umgestellt.
Eine neue Art von Arbeiterdelegation" murde erfunden, die, wie man hofft, auf die Arbeiterschaft einen größeren Eindruck machen wird. Es handelt sich um die bekannte Delegation deutscher Unternehmer. Die Brominen testen der Prominenten, die Borsig, Boensgen usw., wurden nach Moskau gebeten. An der Grenze murden sie von einem Mitglied der Sawjetregierung empfangen, in drei Salonwagen nach Mostau befördert, wo ein besonderes Hotel und eine be fondere Küche, selbstverständlich auch besondere Autos zu ihrer Verfügung standen. Die deutschen Unternehmer find mit den günstigsten Eindrücken aus Mostau zurückgekommen.
Wenn es
Vorgeschmack auf das dritte Reich.
Arbeitsbedingungen unter Franzen. In Braunschweig wird das Unternehmertum, seit dem dort die Nationalsozialisten regieren, von Tag zu Tag ,, arbeiterfreundlicher". So bringen es die Ziegeleibefizer von Braun schweig und Umgegend fertig, nicht mir die Löhne zu senken, sie wollen auch noch ihre Arbeiter 3 wangsweise tafernieren und aus dieser Kasernierung obendrein einen besonderen Pro fit herausschlagen.
Sie legen bei Neueinstellungen den Arbeitern einen Revers vor, worin fie pro Stunde 8 Pfennige als Boh nungsmiete verlangen. An sich wäre das, wenn eine mens henmürdige Wohnung in Frage fäme, nicht zu viel, allein die 8 Pfennige pro Stunde werden für Unterkunft in Saisonarbeiter baraden gefordert. Wie es in diesen Baraden aussieht, weiß jeder Ziegler zur Genüge.
8 Pfennig pro Stunde das macht, wenn wie z. B. bei dem Biegeleibesitzer Schröder in Querum ( bei Braunschweig ) acht Arbeiter eingestellt werden, in vier Wochen rund 122 Mark aus. Eine ganz nette Nebeneinnahme! Im Manteltarif, der für allgemein verbindlich erklärt ist und auch die Unterkunftsfrage regelt, steht nichts davon, daß die Ziegeleibefizer derartige Nebenverdienste von hrer Arbeiterschaft beziehen können. Schröder forderte fogar von den Arbeitern, die ihre eigene Wohnung befizen, das Weh nungsgeld von 8 Pfennig pro Stunde. Die Arbeiter sollen also für eine Unterkunft zahlen, die sie gar nicht benußen.
dann kann doch wohl kein Zweifel mehr daran bestehen, daß in Sowjetrußland das revolutionäre Proletariat herrscht und die Sozia lisierung ihre Triumphe feiert.
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In Wirklichkeit handelt es sich für die Sowjetregierung wie für die deutschen Unternehmer um ein nüchternes Geschäft. Ein Geschäft, bei dem beide auf ihre Kosten zu kommen hoffen. Sowjetrußland braucht zu seiner industriellen Ausrüstung Maschinen und moderne Produktionsanlagen. Das Geld dazu hat es nicht. Es will also diese Produktionsanlagen auf Pump geliefert bekommen, um sie dann mit den erzeugten Produkten zu zahlen. Ob dieses Geschäft schließlich zustandekommen wird, ist eine Frage, die hier nicht untersucht zu werden braucht. Wenn aber die Kommunisten mit dieser neuesten Rußlanddelegation politische Geschäfte zu machen versuchen, jo dürfte dieses Geschäft faum sehr ertragreich sein. Deutschland hat nach Rußland weit mehr Industrieprodukte geliefert, als noch der Zarismus herrschte.
Die ruinöse Wirtschaft des Sowjetsystems hat Rußland aus der Weltwirtschaft ausgeschaltet. Dies ist eine der Ursachen der Weltwirtschaftskrise. Das Sowjetsystem beseitigt also nicht die Arbeitslosigkeit, wie man den deutschen Arbeitern einzureden versucht, sondern hat sie zum Teil mit verursacht.
Die Sowjetregierung hat mohl zur Bedingung der ewentuellen Aufträge langfristige Kredite gestellt, es ist ihr aber nicht einge. fallen, etwa von den deutschen Unternehmern zu verlangen, fie müßten die Fünftage woche einführen und hohe Löhne zahlen. Es genügt vollkommen, wenn man weiß, daß die Sowjetbetriebe in Deutschland ständig Gäste bei den Arbeits. gerichten sind, um sich in dieser Beziehung ein Bild von den tatsächlichen Verhältnissen zu machen.
Die Aufträge werden im Gegenteil nur zu den billigsten Breisen vergeben und die deutschen Unternehmer haben selbstverständlich völlig freie hand, die Löhne dabei nach Möglichkeit zu drücken.
Im Stahlwert Hennigsdorf find unter Hinweis auf die niedrigen Preise mit Zustimmung des fommunistischen Betriebs ratsvorsitzenden die Löhne bei Ausführung eines Rußland- Auftrages um 15 Proz. gedrückt werden. Das gibt einen Vorgeschmack von den Ergebnissen der neuesten Rußlanddelegation.
von 3,50 M. und auf die 60stündige Arbeitswoche umgerechnet einen Wochenverdienst von 21 M. Bei diesem Lohn müssen die ostpreußischen Landarbeiter dann noch die Berpflichtung eingehen, ihre Frau auf Arbeit zu schicken bzw. 2 bis 3 Hof zuzahlen müssen. Es ist wirklich kein Zufall, wenn trog aller Siedgänger zu einem Lohn zu stellen, bei dem sie aus ihrer Tasche noch lungsbestrebungen die Landflucht aus Ostpreußen größer ist als vor dem Kriege. Die Erregung der ostpreußischen Landarbeiter ist außerordentlich groß. Das Wort hat jetzt der Schlichter.
Was wird in der Herrenkonfektion? Die Unternehmer wollen zurück zum Schwitzsystem. Mantelvertrag und Lohnabkommen sind bekanntlich vom Arbeit. geberverband der Herren- und Knabenkleiderfabrikanten zum 31. März gekündigt worden. Die Barteiverhandlungen find ergebnislos ver. laufen. Der Reichsarbeitsminister hat jezt Prof. Dr. Brahn als Schlichter bestellt für Verhandlungen, die vom 17. bis 19. März in Berlin anberaumt sind.
Der Reichstarifvertrag für die Herren- und Knabenkleiderfabri tation erfaßt durch die Allgemeinverbindlichkeitserklärung etwa 600 Firmen mit 46 000 Beschäftigten. Die Lohnverhältnisse in der Herrenfonfektion gehörten in der Vorkriegszeit zu den schlechtesten aller Berufszweige. Das Konfektionsarbeiterelend war sprichwörtlich. In der Nachkriegszeit war es dem Deutschen Bekleidungs. arbeiter Berband gelungen, durch Ausbau seiner Organi sation die Lohn- und Arbeitsbedingungen zu beffern und reichstarif. vertraglich festzulegen.
Allem Anschein nach genügt aber diese üble Nepperei den Braun fchweiger Ziegelfabrikanten noch nicht; denn sie schiden ihre Agenten ins Eichsfeld , damit sie dort für die Kampagne Wanderliche ziegler merben. Die Angeworbenen müssen sich unterschriftlich verpflichten, zu einem Stundenlohn von 50 Pfennig( bisher 71 bis 73 Pfennig) zu arbeiten. Die Opfer sucht man im Eichsfeld vor allem bei den christlich organisierten Zieglern, die man für fügsamer hält als die im Verband der Fabrikarbeiter organisierten Braunschweiger Ziegler.
Sonntag, 15. März 1931
Schlichtungsinstanzen, daß sie unter feinen Umständen auch nicht cinem Pfennig Lohnabbau zustimmen sollten.
Einstimmig wurde beschlossen:„ Die Funktionärversammlung der Fabrikarbeiter der Bahlstelle Berlin verlangt von der Verhand lungstommiffion, daß sie zu feinem Lohnabbau ihre Zustimmung gibt und jedes Mittel anwendet, um einen Lohnabbau zu verhindern."
Die Unternehmer fonnten sich nur schwer an die tarifvertrag Bindung gewöhnen. Durch die Krise und die starte Ueber. segung an Arbeitsfräften im Schneidergewerbe ist es den Unternehmern möglich gewesen, einen ungeheuren Lohn. druck auszuüben. Sie fordern nicht nur einen 15prozentigen Abbau der ohnehin niedrigen Löhne( der Spizenlohn für Schneider beträgt in der Städtegruppe I 1,02 m. und fintt bis 77 Pf. in der Städtegruppe V, je nach Qualitätsserie besteht noch eine Differenz bis zu 10 Broz. nach unten), sondern fie verlangen auch starken Abbau der Stüdzeiten, die als Affordbasis dienen. Die beabsichtigte Lohndrosselung würde das Herabdrüden auf die Borfriegselendslöhne bedeuten.
Chemiearbeiter gegen Lohnabbau!
Appell an die Unorganisierten.
Der Versammlungsleiter Genosse Schubert forderte am Schluß der außerordentlich start besuchten Versammlung die Funktionäre auf, in den Betrieben agitatorisch tätig zu sein und die Unorganisierten darüber aufzuflären, daß sie durch ihr Verhalten ein groß Teil Schuld an dem rigorosen Vorgehen der Unternehmer tragen.
In der ostpreußischen Landwirtschaft ist es zu einem Lohnfonflitt gefommen. Die Tariffommission des Deutschen 2andarbeiterverbandes hat angesichts der augenblicklichen Berhältnisse, wenn auch schweren Herzens, beschlossen, auf die Wiederholung der durchaus berechtigten Forderungen des Vorjahres zu verzichten und lediglich einen Ausgleich für den durch die Bearbeiter mit den Lohnabbauforderungen der Chemiegewaltigen. stimmungen des Brotgesezes verursachten Deputatausfall fowie eine geringe Erhöhung der Löhne der Hofgänger und der Frauen zu fordern. Der Lohn der Hofgänger soll um 2,50 m. pro Monat, der Lohn der Frauen um 20 Pf. pro Tag erhöht werden. Die Forderungen der Unternehmer sehen dagegen einen Abbau der Landarbeiterlöhne auf den Stand des Jahres 1927 vor. Das tommt einer Lohnreduzierung um etwa 15 Pro 3. gleich. Dabei ist in Betracht zu ziehen, daß die ostpreußischen Landarbeiter die am schlechtesten entlohnten Arbeiter in ganz Deutschland sind. Ein ostpreußischer Deputatarbeiter er hält im Augenblid einen Gesamtstundenlohn, Bar- und Deputatlohn zusammengerechnet, von rund 33,5 Pf. Auf den zehnstündigen Arbeitstag umgerechnet ergibt das einen Tagesverdienst
Unser Lager echter
PERSERTEPPICHE
Am Freitag befaßten fich die Berliner Funktionäre der Fabrit. Genosse Poch zeigte, daß die Lohnabbaupsychose der Unternehmer nicht dem Wiederaufstieg unserer Wirtschaft dient, sondern lediglich ein Ausfluß ihres Macht- und Profitstrebens iſt. Die Herren halten eben die Zeit für gekommen, angesichts. der schweren wirtschaftlichen Krise und der Uneinigkeit der Arbeiterschaft den Arbeitern den Daumen aufs Auge zu drücken. Als befonders verwerflich er= flärte Boch das Verlangen der Chemieschlotbarone, den Arbeitern der chemischen Industrie von ihrem ohnehin färglichen Lohn auch noch 10 Proz. abzuziehen., In der Diskussion tam die hellste Empörung der Berliner Chemiearbeiter aus dem Munde der Funktionäre über den schamlosen Antrag der Chemiegewaltigen, den Lohn um 10 Proz. abzubauen. Alle Redner ohne Ausnahme forderten von der Verhandlungskommission und von den tariflichen
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Protest gegen den Gehaltsabbau. Die städtischen Beamten und Angestellten wehren sich. beamten, des Gesamtverbandes, des Butab, des Deutschen WerkDie Borstände der Reichsgewerkschaft Deutscher Kommunalmeister- Berbandes, des 3d2. und des Allgemeinen Berbandes der Deutschen Bankangestellten traten heute zu einer Sizung zusammen, um erneut zu der durch das Beanstandungsschreiben des Oberpräsidenten geschaffenen Lage Stellung zu nehmen.
Uebereinstimmend kam zum Ausdruck, daß die Maßnahmen des Oberpräsidenten nicht in Einklang zu bringen sind mit§ 43 des Preußischen Besoldungsgefeßes. Dieser Standpunkt, der für die Gesamtbeurteilung von ausschlaggebender Bedeutung ist, soll den Mitgliedern des Beamtenausschusses des Preußischen Landtages und den beteiligten Ministerien nochmals in aller Eindringlichkeit vor Augen geführt werden.
Ueber die weiteren Maßnahmen wird in einer großen Kundgebung dieser Verbände in den nächsten Tagen in den Germaniafestfälen Beschluß gefaßt werden.
Achtung, Buchdrucker und Hilfsarbeiter!
Die Buchdruderei Germania ", Buttkamerstraße 19,
tft megen Lohndifferenzen für Verbandsgehilfen gesperrt. Die Firma Germania " ist
1. einem einstimmig gefaßten Schiedsspruch auf Anerkennung der Maßregelung nicht nachgefommen;
2. entläßt die Firma Mitglieder des Deutschen Buchdruckerverbandes zugunsten anders Organisierter;
3. setzt die Firma einseitig den Lohn der freigewerkschaftlich Organisierten herab.
Am 9. Januar wurden sieben freigewertschaftlich Organisierte entlassen und am 13. März weitere elf. Das übrige freigewerkschaftliche Personal hat darauf seine Kün digung eingereicht und verläßt den Betrieb am 20. März. Die Firma zieht Kräfte von außerhalb heran.
Die Gutenbergbündler, die ein Drittel des technischen
Personals bilden, sind in den Betrieben verblieben, obgleich sie Tariffontrahenten sind.
Der Gauvorstand des Verbandes der Deutschen Buckdrucker und Schriftgießer. Der Vorstand der graphischen Hilfsarbeiter.
Bergarbeiterkampf in England.
Am Montag Entscheidung.
tritt heute zu einer Sigung in Cardiff zusammen, um die für MonDer Ausschuß der Bergarbeitervereinigung in Südwales tag anberaumte Bertretertonferenz vorzubereiten. Lage ist äußerst ernst. Fast in allen Bezirken haben die Ge. mertschaften gegen die von dem Schiedsrichter vorgeschlagenen Lohnherabjegungen Stellung genommen und verlangen
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