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BERLIN Dienstag 17. März

1931

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags. Zugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Expedition: Berlin SW68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Donhoff 292-297

Spätausgabe des Vorwärts"

10 Pf.

Nr. 128

B 64

48. Jahrgang

Anzeigenpreis: Die einfpaltige Nonpareillegeile 80 Pf., Reklamezeile 5 M. Ermäßigun en'nach Tarif. Bosschecktonto: Vorwärts- Verlag G. m. b... Berlin Nr. 87 536. Der Verlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

Die Vorbereitung des Mordes

Geständnis des Dritten: Von, sinnloser Wut" feine Spur!

Hamburg , 17. März.

Großfeuer bei Zeiß 3fon

Schwerer Schaden in den Schönower Goerz- Werken/ Mehrere Verletzte

Die Goerzwerte, die dem bekannten 3eiß- Jfon Konzern

Die friminalpolizeiliche Vernehmung des dritten an der Er­mordung des tommunistischen Bürgerschaftsmitgliedes Henning be­teiligten Täters, Hödmeyer, hat folgendes Ergebnis gehabt: Hödmeyer gibt an, von Janjen furz hinter Ochsenwärder den Auf­frag erhalten zu haben, den Chauffeur zum Halten zu bringen. Das habe er mit vorgehaltener pistole gefan. Er hat gehört, daß Jansen oder Bammel die Kommunisten In den Goerz- Werken in Schönow , dicht vor den| 3ugwagen und schleifte ihn ungefähr 20 meter mit. Von den gefragt hat, ob einer von ihnen André wäre, und daß Henning Toren Berlins, brach heute mittag Feuer aus, das sich in drei auf dem Wagen befindlichen Personen wurden ein Mann sich darauf mit seinem richtigen Namen genannt habe. Hödmeyer kurzer Zeit zu einem Großfeuer entwickelte. Sämt getötet, zwei andere schwer verletzt. Das Gleis gibi weiter au, daß er die Absicht gehabt habe, die Akten- liche Löschzüge der Berliner westlichen Bezirke eilten auf Osnabrüd- Bremen war bis mittags gesperrt. Der Betrieb wird ein­fajche Hennings an sich zu bringen in der Annahme, die 5. Alarmstufe an die Brandstätte. gleifig aufrecht erhalten. Hilfszug Osnabrüd befindet sich an der Unfallstelle. dah in ihr wichtiges politisches Material enthalten sei. Er behauptet, nicht im Wagen geschoffen, sondern von draußen in den Wagen hineingeschossen zu haben. Hödmener hat sich nach der Tat von seinen Miltätern getrennt und ist zu Fuß nach Hamburg gegangen, wo er sich bis gestern mittag verborgen hielt. Nachdem die polizeilichen Bernehmungen jeht ab­geschlossen find, find die Täter dem Gericht zugeführt worden. Zu der geftrigen Mitteilung der hiesigen Gauleitung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, daß sie die Namen der drei Täter der Polizeibehörde am Sonntagnach­mittag aufgegeben habe, stellt die Polizeibehörde jest, daß diese mit teilung ihr nichts Neues bedeutete, da ihr bereits mehrere Stunden vor dem Unruf der Gauleitung der NSDAP . die Namen der Täter befannt gewesen sind und alle Schritte herbei. Inzwischen hatte das Feuer auf zwei angrenzende Hallen falte Wasser um sich auf den Eisschollen zu retten.

zur Festnahme eingeleitet waren.

Die Verantwortlichen.

Goebbels reizt zum Morde auf...

Die Mordtat seiner Hamburger Parteigenossen hat Goebbels im ,, Angriff" als Eifersuchtsalt hinstellen lassen. Im übrigen aber rückt die Hakenkreuzpresse in der Deffentlichkeit von den Mördern ab, während der Führer selbst den Verteidiger bestellt und die Kosten für diesen übernimmt.

Das Ableugnen der wirtlichen Verantwortlich. teit nußt jedoch herzlich wenig. Es sei hier wieder einmal erinnert an die Tatsache, daß in den Hakenkreuzversammlungen nicht nur die Fememörder als Helden gefeiert werden, sondern daß der Dr. Goebbels erst vor ganz furzer Zeit so unverblümt wie nur möglich Terrorafte einzelner geradezu ange­kündigt und im voraus entschuldigt hat. Wie erinnerlich, fand am 16. Januar dieses Jahres im Berliner Kriegervereinshaus eine Hafenfreuglerversammlung zu Ehren des Fememörders Fahlbusch statt, in der der unvermeidliche Goebbels eine feiner Brandreden hielt. Dabei leistete er sich folgende Wendungen:

Bielen geht der Umstellungsprozeß zu langfam: Sie möch ten ein Husarenstüd von uns. Wir werden uns aber nicht zu Unüberlegtheiten hinreißen lassen. Was wir tun tönnen, wird getan, um die Massen zurückzuhalten, aber über seine Kraft kann niemand. Die Spannung und Empörung in unseren Reihen ist bis zur Siedehize gestiegen. Die Zeit ist vorbei, wo man in Deutschland ungestraft über uns lügen tönnte. Heute fühlen sich davon Millionen Menschen betroffen.

Vielleicht befindet sich darunter einmal einer, der seine persönliche Ehre identifiziert mit der Ehre der Partei und sie in der Weise, wie es ihm seine Ehre gebietet ,, wiederherstellt". Ich fordere nicht dazu auf, aber was der einzelne tut, können wir nicht kontrollieren.

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Dampfer im Eis explodiert.

gehören, liegen etwa drei Kilometer östlich von Zehlendorf , unweit des Teltowfanals. In einem großen Gebäude der umfangreichen, sich über 100 Morgen erstreckenden Werte befindet sich das Lager für Beiß- Spiegellampen. Sturz nach 12 Uhr entstand in dem Raum 20 Mann ertrunken.- Ueberlebende treiben auf Eisschollen.

aus noch unbekannter Ursache inmitten der Arbeitszeit Feuer. Die Flammen fanden an Berpadungsmaterialien und zum Versand bereitstehenden Kisten reiche Nahrung und griffen mit rasender Schnelligzeit um sich.

Die Fabritfeuerwehr trat sofort in Tätigkeit, bei der schnellen Ausdehnung des Brandes konnte fie aber wenig ausrichten und die Berliner Behren mußten alarmiert werden. Unter Leitung des Branddirektors Bozdziech eilten sechs Züge zur Hilfeleistung übergegriffen. Die Belegschaft des gefährdeten Gebäudes, das bald stark verqualmt war, hatte sich rechtzeitig in Sicher. heit bringen können. Lediglich eine Person mußte durch die Rettungstrupps aus dem 3. Stodmert ins Freie geholt werden. Mehrere Wehrleute der Fabritfeuerwehr erlitten bei den ersten Löschversuchen leichte Verlegungen.

Mit 12 Schlauchleitungen wurde das Feuermeer bekämpft; gegen 13.15 Uhr war der Brandherd eingefreist. Die Film fabrikation der Werte war glücklicherweise nicht gefährdet. Der Schaden ist sehr hoch.

Der Tod am Bahnübergang. Laffwagenzug zertrümmert, 1 Zoter, 2 Schwerverletzte.

Diepholz , 17. März. Der Personenzug 71, Münster - Hamburg , fuhr heute morgen gegen 8 Uhr beim Uebergang der Provinziallandstraße Bremen- Osnabrüd bei Stemshorn ( Kreis Diepholz ) auf einen Caftfraftwagenzug auf. der gerade die Gleise kreuzfe. Der Schrankenwärter war vorher abgelöst worden und hatte die Schranke nicht gefchloffen. Die Cofomotive erfaßte den

Biedermännern Assistentendienste leistet, zeigt die völlige Ber­rohung des nationalen" Tons. in dieser Note zum Hamburger Mord:

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New York , 17. März.( Eigenbericht.)

In der Nähe von Horse Island, nahe der Küste Nen fundlands, ging der amerikanische Walfischfänger Biking" nach einer heftigen Explosion unter. Von der 140köpfigen Besagung wurden nach den bisher vor liegenden Meldungen mindestens 20 Personen ge tötet. Zahlreiche Ueberlebende stürzten sich in das eiss

Die Regierung entsandte sofort eine Hilfsexpedition mit An Bord des mehreren Aerzten zur Unglücksstelle. Schiffes befanden sich u. a. eine vierköpfige New- Yorker Filmexpedition und mehrere Passagiere.

Bei der Explosion geriet das Schiff in Brand, der an dem auf dem Dampfer befindlichen Robbenfett reichliche Nahrung fand. Bisher hat nur ein Teil der Mannschaft die Horse- Insel erreichen. tönnen. Ein anderer Teil befindet sich noch immer auf Eisschollen. Ein Hilfsdampfer mit Aerzten und Krankenpflegerinnen an Bord ist unterwegs, dürfte aber kaum vor 24 Stunden dort eintreffen. Der Dampfer Viking" war von der Paramount Film Company ge= chartert worden, um unter Leitung des Regisseurs Rissell einen Arttik- Film unter dem Titel ,, Der weiße Donner" zu drehen.

Die Ueberlebenden, die die Insel More Island erreichten, ver mochten infolge Erschöpfung feine zusammenhängende Aus tunft zu geben. Sie haben beim Schein des brennenden Schiffes 8 bis 10 Meilen von Eisscholle zu Eisscholle springend zurücklegen müssen. Man vermutet, daß dabei noch viele Personen ums Leben gekommen find. Ob die Schiffstatastrophe auf eine Pulver­oder Kesfelegplosion zurückzuführen ist, ist noch unbekannt.

Hermann Müllers Befinden.

Krantbeitszustand noch äußerst ernst.

Da es sich hier um Angehörige der nationalen Bewegung und Der Zustand Hermann Müllers ist nach wie vor als nicht etwa um Landesverräter, Sittlichkeitsverbrecher, Raubmörder, Millionenbetrüger oder ähnliche Borkämpfer für Demokratie, äußerst ernst zu bezeichnen, wenn auch gegenüber den ersten Freiheit und Gleichheit handelt,... so ist das Wutgeschrei Nachtffunden eine geringfügige Befferung wahrnehmbar der jüdischen Presse natürlich ungeheuer groß. ist. Der Kranfe ist bei Bewußtsein. Ein Kommuniqué der be­Diesem Erguß einer dreckigen ,, nationalen" Seele auch nur ein handelnden Aerzte wird vorläufig nicht veröffentlicht werden. Wort hinzuzufügen, würde die Wirkung abschwächen. Um 8 Uhr abends treten die Aerzte zu einer neuen Beratung zufammen.

Besprechungen im Minifterium.

Die Mordheße der Radifalen.

Die Beratung des Stellvertretenden Reichsjustizministers Joel mit den Referenten dieses Ministeriums am heutigen Vormittag über In der Abenbausgabe des Vorwärts", Nr. 28, vom 17. Januar, den gestrigen Reichstagsbeschluß bezog sich nur auf die rechtlichen haben wir dieser Schamlosigkeit die Sätze angefügt:

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Herr Goebbels ist trotz allem intelligent genug, um zu wissen, daß die von ihm gebrauchte Wendung ,, Ich fordere nicht dazu auf, aber was der einzelne tut, tönnen wir nicht fon­trollieren" eine offene Aufforderung zur blufigen Gewalt ist. Die Opfer, die daraufhin fallen, wird Goebbels auf jein Konto nehmen!

Jegt find wieder Opfer gefallen. Herr Goebbels und feinesgleichen möchten sich von der Berantwortung brücken. Aber es soll ihnen nicht gelingen: die Blutschuld von Hamburg

bleibt an ihnen haften!

Fragen. Der Reichstag hat eine Regierungsvorlage ge fordert und diese muß nun ausgearbeitet werden.

Es ist anzunehmen, daß die Konferenz der Innen minister am Mittwoch sich nicht nur mit der Bekämpfung der antireligiösen Agitation, sondern auch mit der Mordheße be­schäftigen wird.

Alfona, 17. März.( Eigenbericht.)

Seelennot der Erwerbslosen.

Sozialdemokratie fordert Hilfsmaßnahmen.

Im Reichstag begann heute mittag der vierte Tag der sozialpolitischen Debatte mit eindringlichen Hinweisen unserer Genoffin Klara Bohm- Schuch auf die Not der jugend­lichen Erwerbslosen, ihre materielle Not, ihre geistig- seelische Gebrüdtheit und ihre ungeheure Hoffnungslosigteit. Die Reichsregierung wird bringend aufgefordert, die Maßnahmen, die für diese jugendlichen Erwerbelofen im Einvernehmen mit den Umständen wegen Mangels an finanziellen Mitteln einzuschänken, sondern im Gegenteil müssen alle zuständigen Stellen trachten, diese Einrichtungen über die Altersklassen von 14 bis 21 Jahren hinaus

Der Bolizeipräsident von Altona - Bandsbed hat Bergemeindlichen Jugendämtern getroffen worden sind, unter feinen fammlungen und Demonstrationen der Nationalfozia liften und Kommunisten unter freiem Himmel sowie Umzüge

bis auf weiteres verboten. Das Verbot steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den nationalsozialistischen und kommunistischen

Die Deutsche Zeitung", bie bem Ehren- Morig und ähnlichen Bluttaten in Hamburg .

zu erweitern. Besonders muß auch auf die törperliche Kräfti­gung der jüngsten Erwerbslosen Bedacht genommen werden, zumal diefe jungen Menschen gleich aus der Schule in schwere