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Armin C. Wegner:
Auf der Sarazenenklinge
ennt ihr den Hamsin, den goldenen Büstenmind?
Glaubt nicht, daß er mit Feuer und Blut kommt, drohend wie ein Gewitter. Sein Leib ist mit Sonne gepanzert, sein Antlig eine strahlende Lüge. Der Himmel ist ein frühlingszartes Blau, das Meer wiegt lächelnd seine blütenweißen Schaumtronen und doch ist dies alles furchtbarer als die Hölle.
Das Thermometer zeigte zweiundfünfzig Grad im Schatten, als Leonore und ich mit unserer wüstengelben Ardiemaschine, dem ., weißen Fuchs", hinter Haifa das Ufer des Meeres erreichten. Am Bege stand ein junger christlicher Araber, der uns seine Dienste anbot, und ich nahm, Josef" zu unserer Hilfe hinten mit auf den Sitz unferes Motorrades, das wir von einem Teil des Gepads befreit hatten. Der heiße Wind leckte uns wie eine Flamme über das Geficht, der tödliche Wind, der irgendwo jenseits des Jordan aus den unendlichen Steppen des Hauran kommt und alle Dinge mit jeinem fanatischen Atem anbläft.
Die einzige Straße, die Haifa mit dem alten Akko der Kreuzritter verbindet, ist der Strand des Meeres selber. Wind und Sand haben sie gebildet. In weitgeschwungenem Bogen läuft sie um die strahlende Bucht herum, schmal wie die bligende Klinge eines Sarazenenfäbels, mit Haifas gelben Häusern, feinen sonnenglizernden Fenstern als diamantenbejeßten Griff und mit den weißen Meer
Die Sonne, schwach und müde geworden, stand schon tief über dem Meer. Vor uns, hinter dem blühenden Garten erhob die weiße Moschee Dschesar Paschas die filberne Nadel ihres Minaretts. Und wieder fahen wir dahinter mu ihrer wilden Kühnheit über dem Meere geschmungen, die strahlende Klinge der Brust, über die wir gefommen waren, im Abendlicht blizen.
Jest trat ein Mollah vor uns auf das Minareit der Moschee. Er hielt eine rote Fahne in der Hand, streckte sie nach Often, nach Westen, nach Norden, nach Süden aus und rief:
Herbei zum Gebete! Der Abend naht. Gott ist groß, Gott ist groß, und Muhammed ist der Gesandte Gottes. Herbei zum Gebete!" Es war das Zeichen, daß die Frauen und Kinder der Gläubigen in die Stadt zurückkehren sollten. Der Tag des Osterfestes der Christen war vorüber. Wieder fiel mein Blick hinter ihm auf die helle Klinge des Weges, die langsam zu erbleichen begann und mir schien, daß sie so scharf war wie das geschwungene, von der sinkenden Sonne wie mit Blutflecken bedeckte Messer eines Henters, das wir mit seiner perlenbesetzten Schönheit uns an den Hals gelegt haben, um uns felber zu würgen.
Schimpansen auch auf dem Reiteranege nicht erreicht werben fonnten. Allmählich lernten nun die Schimpansen ganz von selbst durch Auf einanderstellen von zwei Kisten oder gar pon dreien und schließlich von vier Kisten an die Lederbissen heranzukommen. Versuche mit cinem dreijährigen Anaben, die der amerikanische Professor Derkes anftellte, ergaben feinesmegs ein so günstiges Resultat, obwohl man das Kind mehr als ein dugendmal auf die richtige Lösung zu bringen versuchte, kam es doch niemals auf die Idee, die zwei Kisten, die es leicht handhaben fonnte, übereinander zu türmen, um so zu dem gewünschten Gegenstand zu gelangen. Bei anderen Kindern wieder um gelang das Experiment ohne jede Schwierigkeit.
Ohne Frage ist die Bermendung von vier Riften zur Erreichung eines bestimmten Gegenstandes ein Zeichen hoher Intelligenz. Eine andere Frage ist es aber, ob es sich hier um mehr instinktmäßige Handlungen oder um bewußte Ueberlegungen, um Erfenntnis des Susammenhanges von Mittel und 3wed, handelt. Ueber ein anderes interessantes Experiment von Wolfgang Köhler berichtet Professor Edgar James Swift, der Leiter der psychologischen Fakultät an der Washington- Universität in St. Louis . Röhler hängte eine Banane an die Dede eines Zimmer, dessen Lür auf den Korridor führte. In diesem Korridor stand eine Leiter, die man jedoch vom Experimentierzimmer aus nicht sehen konnte, aber vorher hatte man den Affen die Möglichkeit gegeben, auf dem Korridor auf der Leiter zu spielen. Der erste Bersuch, nun die Afsen zu bewegen, aus eigener Initiative die Leiter zu benutzen, schlug fehl. Die Schimpansen versuchten zwar, einer auf den anderen zu flettern, um die Frucht zu erreichen, aber feiner erinnerte sich der Leiter. Erst als man einen der gescheitesten von den Schimpansen wieder auf den Korridor geführt und an die Leiter gebracht hatte, die Bedeutung des Hilfsmittels
welgen Reljenklippen von Atto als Spiße, die fern in das schäumende Experimente mit Affen beiffer offenbar bee left hatte, burch Sprünge vom Rüden feiner
Schon nach wenigen Minuten schaufelte das flachgebaute Gestell unferes Beiwagens den Meeresfand auf. Tief santen die Räder in die in den Strand gegrabene Wagenspur. Jener peinliche Augenblic par gekommen, wo das Rad der Maschine ohnmächtig um sich selber rast. Hände und Spaten begannen ihre Tätigkeit, die auf gehäuften Sandmassen beiseite zu scharren. Wir nahmen Fafir", unseren Kinoapparat, heraus, um unseren Kampf mit dem Sande zu filmen.
Es war zwölf Uhr mittags.
Beonore stöhnte, ihr Gesicht glühte unter ihrem Tropenhut in einer beängstigenden Röte, als müßte sie jeden Augenblick.unter der Hizze zu Boden sinken. Die weiße Landschaft glänzte in der Sonne wie Schnee. Ein paar Palmen, trostlos und blätterarm, erhoben abseits wie eine Schar von Bettler ihre vertrüppelten Leiber über
ben Dünen.
Die Räder mahlten im Sand. Von Schweiß triefend, drängten die Arbeiter einer jüdischen Delfabrik am Strande zur Mittagspause, rissen ihre Kittel herab und stürzten sich besinnungslos ins Meer. Wir traten in die Trint stube eines fliegenden Händlers vor der Fabrik und ließen uns ein Glas mit Fruchtwasser reichen.
Als wir wieder auffaßen, waren Sattel und Bolster glühend geworden wie ein Plättbrett, daß wir vor Schmerzen hochfuhren. Kühlere Luft begann in der Bewegung unsere Stirnen zu streifen. Balb sprigte das Wasser, bald der Sand unter unseren Rädern auf. Das heiße Herz der Maschine unter mir tlopfte, der kochende Wind fuhr von oben gegen meine Bruft, nahm mir den Tropenhut vom Stopf und warf ihn ins Meer.
Hohe Intelligenz festgestellt
Die Frage der Intelligenz bei Menschen und Tieren der verschiedenartigen Stärfe und Qualität ist ein Problem, das die movor allem die Naturwissenschaftler be: dernen Wissenschaftler
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sonders starf beschäftigt. Die Versuche Wolfgang Köhlers, über die in den wissenschaftlichen Zeitschriften ausführlich berichtet wurde, haben ergeben, daß es unter den Affen genau wie unter den Men schen Intelligenzen verschiedenen Grades, Genies und Schwachfinnige gibt.
Wolfgang Köhler beobachtete einen Schimpansen bei folgender Tätigkeit. Als einmal eine Banane außerhalb des Käfigs lag und auch mit den vier Bambusrohren nicht erreicht werden konnte, die sich im Käfig befanden, nahm der eine der Schimpansen zwei Rohre und steckte das kleinere in das größere und mit diesem verlängerten Rohr konnte er sich in den Besitz der Banane setzen. Köhler wiederholte furze Zeit darauf die Versuche mit den Bambusrohren, aber der Affe blickte nur in die Deffnung des größeren und warf dann beide fort, ohne zu verfuchen, die beiden zusammenzusetzen. Das größere Bambusrohr war nämlich so abgeschnitten, daß es gerade mit einem Knoten endete, der das Einführen des dünneren Bambus rohres unmöglich machte.
Solche Beobachtungen sind, soweit sie von ernsthaften Bissen. fchaftlern gemacht werden, natürlich außerordentlich überraschend und verleiten dazu, weitgehende Schlüsse auf die Intelligenz biefer Tiere zu ziehen. Andererseits aber muß man sich darüber klar sein, daß solche Beobachtungen noch keineswegs einwandfreie Folgerungen zulassen, da die Bemeggründe, die wir dem Handeln der Tiere Wir fischten ihn wieder und begannen die Fahrt von neuem unterschieben, zwar unferer Art zu denten entspringen, aber des Unter mir dampften die Zylinder. Ich geriet in Gefahr, mir halb durchaus nicht mit den wirdlichen Gründen identisch sein müssen, án threm glühenden Eisen die nodten Baden oder die Füße zu die das Tier zu der Handlungsweise bewegende din do versengen, die nur in Halbschuhen stedten. Erstaunt fieht man in Besonders gefdridt und intelligent zeigten fid) nach Rohlers folchen Augenbliden, was ble dünne Metallfchale, die menschliche Bersuchen die Schimpansen auch bei der Berwendung anderen Mas Runft geformt hat, zu ertragen vermag, menn ble Blut ber Erterials zur Erlangung der gewünschten Nahrung. Es murden irgend ploftonen zunimmt, das Wert mit Sand verunreinigt ist, mit ran melche Lederbiffen so hoch im Käfig angebracht, daß fie von den sigem Del geschmiert, das man irgendwo in ber Bretterbude eines Arabers in diesem fremden Lande gekauft hat, während von außen ber glühende Ruß des Windes ihr neue Hige zuführt.
Sumeilen fiefen frische Wehen rotbraunen Sandes wie die rostigen Scharten auf einer Meffertlinge quer über unseren Weg. in das Meer. Einen Fußbreit zu weit linfs mußten wir in den vom Basser geloderten Meeresgrund einfinken, einen Fußbreit zu meit rechts uns im lofen Dünensand festfahren.
Schneller! Schneller!
Der Wagen schhug hoch, das Wasser rauschte, der Araber lachte, Leonore schrie auf vor Furcht.
Aber im gleichen Augenblick hatten wir den schmalen Lauf unferer Klinge wiedergewonnen, auf der mir mit verdoppelter Geschwindigkeit wie auf einer Rennbahu dahinsauften. Bir sehnten uns nach der Kühle der Stadt, jedes Langsamerfahren hieß Steden bleiben, eine neue Verlängerung der unerträglichen Qual unter diesem wilden brennenden Himmel.
Um zwei Uhr mittags vor den Mauern von Atto fanden wir die weiten Friedhöfe vor der Stadt von Scharen muhammedanischer Frauen und Kinder besetzt. Kopf an Kopf fauerten sie in ihren schwarzen Tüchern wie Scharen von Toten zwischen den weißen Steinen der Gräber.
Aber fein Geficht schien voll Trauer zu sein.
Man hatte Zeltwände und Leinentücher gegen die glühende Sonne von Grabstein zu Grabstein gespannt. Man schmauste, trant Zee: zwei Wächter gingen mit Knippeln umher, um die Neugierigen zu vertreiben, Karussellschaukeln, die Holzfästen mit Kindern bepackt, drehten sich schwindelnd in der Luft.
Musik erklang. Welches seltsame Volksfest wurde hier gefeiert? Als wir durch den gewundenen Gang des Stadttores in die
alte Festung einfuhren, fanden wir die Stadt leer pon Frauen. Nur Männer faßen plaudernd und Domino spielend, den langen Schlauch der Wasserpfeife im Mund, im Schatten der Platanen vor den überfüllten Kaffeehäusern.
Bor dem Schanktisch des ersten Limonadenverfäufers hielten wir an.
Große Eisblöcke schwammen in einem grünen See von Zitronensaft, der eine ganze Glastanne füllte. Man feierte das griechische Osterfest. An diesem Tage verlassen in Atto, dem feltsamen, dem dreitausendjährigen Affo, dieser fanatischsten Stadt der Kreuzfahrer und Sarazenen, der Stadt des Talmuds, Napoleons , Ibrahim Paschas und Behah Ullahs alle muhammedanischen Kinder und Frauen den Ort, um nach altem Gefeß für die Dauer eines Tages die Stadt allein den dreitausend Christen zu überlassen. Tief unter den Mauern der Festung nahmen die finsteren Räume eines vielbogigen Kellergewölbes uns und unsere ArdieMaschine auf. Eine Mannesbrust an Stärke übertreffend, erinnerten uns die Mauern daran, daß sie die Jahrhunderte überdauert hatten. Wir wußten nicht, wem ihre feuchte, nach der Glut des Sonnenhimmels faft eisige Stühle im Augenblid wohler tat, unserem von der Hitze pochenden Blut oder dem fiebernden Herzschlag unseres Motors, der sogleich in ihrem Schatten einschlief.
Dunkel Schlaf, Kühle.
Eine Stunde später standen wir draußen am Hafen auf den alten Mauern der Festung, um deren spize Felsenzunge in der Tiefe das Meer spült. Eine Schar von Gefangenen fam über die Zugbrüde herab. Ihre schmuzigen gelben Kleider waren mit dunklen Streifen gefleckt wie das gelbe Fell der Hyänen.
Die schmale Treppe hinauf, durch den Staubbunft der Jahr hunderte, tlommen wir auf die Spige bes Turmes.
nochmals vergeblich versucht Stameraden aus die Banane zu erreichen, verschwand er plößlich und kehrte mit der Leiter wieder, um auf diese Weise die Banane zu erlangen.
Dieses Experiment wurde später mit gleichem Erfolge in anderer Form wiederholt. Diese Verfuche Köhlers zeigten in der Tat Intelligenzhandlungen der Schimpansen, die schwerlich anders als durch forgfältige Ueberlegungen erklärt werden können. Erwin Dahl.
Der Zauberwald
Wer heute am frühen Morgen, als Dunkelheit und Licht sich noch stritten, ins Freie trat, fonnte aus manchen Anzeichen, die mur der in der Natur lebende Mensch zu deuten weiß, die Gewißheit entnehmen: Heute wird es ein strahlender Sonnenwintertag. Kein Sturm trübte den Aufenthalt im Freien, schneeweiß lagen Straßen und Felder, glatte Gefährlichkeit unter dem nächtlichen Neuschnee bergend. Und in wenigen Stunden offenbarte sich die Winterschönheit im Sonnenlicht: Die Stämme des Waldes leuchteten rot angetüncht, der Watteschnee auf den fleinen Tannen am Straßenhang lachte uns fröhlich an: faß zu: mirf uns deiner Liebsten ins Gesicht. Wie sie ist noch nicht aufgestanden. Mein.- Ach soAusgegangen. Das wird eine fröhliche Heimkehr sein. Und die Schneewichtlein hatten richtig prophezeit: gegen die dichte Baldmasse, hier und da weiß und rot gefprentelt, stand die Liebste und gab dem Zauberwald das volle Leben. Und die Schneebälle sauften hin und her. Aich, wie wenig gehört dazu, um glücklich und fröhlich zu sein... Leider nur auf eine turze Zeit mit der Sonne verschwindet auch das Leben und Stille herrscht wieder in der Natur.
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Paul Dobert.
Haus Sachs, der Schuhmacher und Toet bag, foll ein großer Ragenfreund gewesen sein. Er wurde auch von einem Seitgenden mit einer Stage auf dem Bult gemalt
In einem Bienenforb befinden fich im Sommer etma 40.000 bis 50 000 Bienen.
Aus den ersten Zeiten der freireligiösen Bewegung
bewegten Worten zu der Menge sprach.
In zwei offenen Wagen verließen die Northäuser am Nachh mittag wieder den Ort. Frohgelaunt über ihren sichtlichen Erfolg fuhren sie singend durch das Güricher Staditor. Dadurch erregten fie die Aufmerksamkeit der Freunde, aber auch der Widersacher. Aus den offenen Türen der Häuser liefen jung und alt herbei, um den beiden Wagen zu folgen. Lebhafte Huldigungen und bittende Zuruse bewogen Balzer, vor dem Kronprinzen" wieder haltzumachen Die Gelegenheit, hier für die Sache der Freiheit nochmals zu werben, erschien günstig. Bereits nach furzer Zeit war der Saal überfüllt.
Durch die Erfindung der Dampfmaschine und den Bau der Eisen-| Balzer unter freiem Himmel auf dem Markiplak in erregten unt bahnen erfuhr das Wirtschafts- und Verkehrsleben eine geradezu revolutionäre Umgestaltung. In dem nun beginnenden Zeitalter der Technik vermochte sich die Romantik in ihrer führenden Stellung nicht mehr zu behaupten. Rein Positives und Tatsächliches wurde Grundlage des menschlichen Denkens. Bon dieser neugeistigen Einstellung tonnte felbstverständlich auch der Kirchenglaube nicht unberührt bleiben. Wissenschaft und Kritik erschütterten auch innerhalb der evangelischen Landeskirche viele dogmatische Grundlagen, die bis dahin allgemein anerkannt wurden. Die Hauptführer dieser religiösen Bewegung waren Uhlich, Wislicenus und Balzer. Durch ihren Austritt aus der Landeskirche und durch Gründung ,, Freireligiöser Gemeinden" legten sie den Grundstein zu dem späteren Freidenfertum.
Der Freiheitswille auf firchlich- religiösem Gebiete wirkte sich auch im politischen Leben aus. So ist es nicht zufällig, daß die eben genannten Männer 1848 auch Führer der politischen Freiheitsbewegung wurden.
Eduard Balzer, am 24. Oftober 1814 zu Hohenleine ge=
boren, war seit 1842 Hospitalprediger in Delitzsch . Wegen seiner Be teiligung an der„ lichtfreundlichen Bewegung" wurde seine Wahl zum Prediger in Halle und später in Nordhausen nicht bestätigt. Er trat deshalb aus der Kirche aus und gründete am 5. Januar 1847 zu Nordhausen eine Freie Gemeinde", der er bis. 1881 vorstand.
Zeit und Ort waren seinem Wirken günstig. Auch in der näheren und weiteren Umgebung fand er begeisterte Anhänger. Besonders in dem füdharzer braunschweigischen Orte Zorge, wo sich staatliche, für die damalige Zeit umfangreiche Hütten- und Bergwerksbetriebe befanden und wo in der neugegründeten Maschinenfabrik auch der Lokomotivbau bereits in hoher Blüte stand, fielen die Gedanken Balzers auf fruchtbaren Boden. Zahlreiche Einwohner schlossen sich der Nordhäuser Gemeinde an. Sie ließen es sich nicht verdrießen, am Sonntag den weiten, beschwerlichen Weg nach Nord hausen zu unternehmen, um den Worten ihres Meisters zu lauschen. Einer der eifrigsten Anhänger und glühendsten Berehrer Balzers war der Zorger Lehrer Kantor Thorhauer. Er war ein reichbegabter, fortschrittlich gesinnter Mann und werigeschäßter Berater und Führer feiner Gemeinde. Auf seine Einladung erschien Balzer am Sonntag, dem 6. Auguft 1848, in 3orge, um hier öffentlich über die religiöse und politische Befreiung zu sprechen. Auf seiner Fahrt berührte er das im Kreise Hohenftein gelegene Städtchen Ellrich . Hier hatten seine Freunde im Gasthaus zum Kronprinz für die Zeit des Vormittagsgottesdienstes eine öffentliche politische Kundgebung vor bereitet, die ruhig und friedlich verlief.
An der nahen braunschweigischen Landesgrenze hatten sich in zwischen zahlreiche Borger Einwohner und die festlich geschmüdie Schuljugend gemeinsam mit dem Kantor Thorhauer eingefunden, um den gefeierten Gast zu empfangen. Unter Glockengeläute vollzog sich der Einzug in den Ort. Laut tönten Jubel und Begeisterung, als
Die kirchlichen und politischen Feinde Balzers waren inzwischen nicht untätig gewefen. Da sie sich vorwiegend aus den besigenden und einflußreichen Kreisen der Stadt rekrutierten, so war es ihnen nicht schwer, Elemente für sich zu gewinnen, die fähig und bereit waren, den Gegner durch rohe Gewalt aus dem Felde zu schlagen.
Einnige Freunde Balzers , die an der Saaltür Wache hielten, er fannten die Gefahr, und versuchten die anstürmenden verdächtigen Gefellen zurückzudrängen. Es mar vergeblich! Auf der Straße hatte
sich bereits ein blutiger Kampf entſponnen und auch im Saal jah Freunde Balzers , die unbewaffnet waren, wurden bald in die Flucht man schon erhobene Fäuste, in denen gezückte Meffer blinkten. Die geschlagen. Bis zum letzten Augenblick versuchte Balzer die Rasenden zur Vernunft zu bringen und das Unglück zu bannen. Es half ihm nichts! Wie wilde Tiere stürzten sich seine fanatischen Gegner über ihn her. Die wenigen städtischen Polizeibeamten standen dem Kampfe machtlos gegenüber. Durch Trommelschlag murde schnell die Bürgerwehr aufgeboten. Ihr gelang es, den Aufruhr einzubämmen und den aus vielen Wunden blutenden, fast bewußtlosen Balzer zu befreien und auf das Rathaus in Sicherheit zu bringen. Daß er bald wieder genas und feinen dauernden Schaden an seiner Gesundheit nahm, hatte er lediglich seiner starken Natur zu verdanken.
Die Haupträdelsführer wurden schnell ermittelt und bereits am nächsten Tage nach Nordhausen zur Untersuchungshaft abgeführt. Nun verbreitete fich Schrecken und Entfeßen im reaktionären Lager! Diejenigen, die versucht hatten, ernste Freiheitsbestrebungen wahrhafter Menschenfreunde erbarmungs- und rücksichtslos nieder. zuknüppeln, zitterten und barmten, als sie ihre persönliche Freiheit gefährdet sahen.,
Oberprediger Rebelung wandte sich an Balzer mit dem Ersuchen, er möge sich in feiner., pielvermögenden Stellung als Abgeordneter der Nationalversammlung" dafür verwenden, daß die verhafteten Ellricher Bürger ihre Freiheit wieder erlangten. Baltzer beantwortete dieses Schreiben nicht. Ueber die meisten Schuldigen wurden in erster und zweiter Instanz schwere Gefängnis- und Zuchthausstrafen verhärtgt. Berbüßt aber hatten sie sie nicht! Es erfolgte nicht nur die fönigliche Begnadigung, sondern auch der Erlaß fämtlicher Gerichtstoften! Der Borger Kantor Thorhauer, der Balzer mit Glockengeläut empfangen hatte, mußte seinen geliebten Wirkungs Preis verlassen er wurde strafverfekt!