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Beilage Donnerstag, 19. März 1931

Veranstaltungen für Erwerbslose

Von Senator Paul Neumann, Hamburg

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Im Februarheft der Sozialistischen Bildung" fordert der Sefretär des Reichsausschusses für sozialistische Bildungsarbeit, Richard Weimann, in einem Seelische Nothilfe für die Erwerbslosen " benannten Artikel umfassende Maßnahmen für die Erwerbslosen auch auf fulturellem Gebiete. Weimann betont

richtig, daß für den Arbeitslosen neben den materiellen Schwierig­feiten es besonders die seelische Bedrückung längerer Arbeitslosigkeit ist, die Gefahren für den Arbeitslosen selbst und Staat und Gesell schaft in sich birgt. Vor allem ist es die Hoffnungslosigkeit, die dem Erwerbslosen jeden Glauben an das Leben und die Menschheit zu rauben, die auch den Glauben an sich selbst zu töten vermag, die den Arbeitslosen vor sich selbst als überflüssig und als ein wert­loses, unnüßes Glied der menschlichen Gesellschaft erscheinen läßt.

biet Der Abend

fafchiffenfibeln

Blütenlese aus italienischen Schulbüchern

Der Duce liebt die Kinder und die Kinder lieben den Duce."

Hunderttausende von ABC- Schüßen werden in nächster Zeit diesen Saz zuerst mühsam zusammenstottern und später durch reichliche Saß zuerst mühsam zusammenstottern und später durch reichliche Wiederholung auswendig lernen. Es ist der erste Saß der neuen faschistischen Lesefibel, die in sämtlichen italienischen Gesell- Wiederholung Elementarschulen alle anderen Bücher ersetzen wird. Schon das Umschlagbildb zeigt zwei Balillas"( Mitglieder der faschistischen Kindergruppen), die den Arm zum römischen Gruß erheben. Das faschistische Rutenbündel und die italienische Flagge gehören zu den ersten Bildern, die die kleinen Leser des Buches zu sehen bekommen. Im übrigen wimmelt das ganze Buch von Fahnen, Rutenbündeln, Gewehren und Soldaten. Die Ulebungsfäße für Kinder, die noch nicht einmal alle Buchstaben des Alphabets fennen, sehen so aus: Für die italienischen Flieger cia, eia, alalà!"" Die Balillas grüßen die Fahne auf römische Art. Für Italien eia, eia, alalà!" Der Alpenjäger liebt seine Berge und fürchtet nie­manden." Unser Herrscher ist Viktor Emanuel . Es lebe der Rönig! Eslebe Mussolini ! Die Fahne flattert im schönen König! Es lebe Mussolini ! Die Fahne flattert im schönen Sonnenschein, wir wollen fie auf römische Art grüßen."

Dem entgegenzuwirken empfiehlt Weimann neben der Betäti­gung des Erwerbslosen als Funktionär in den Organisationen seine Erfassung durch Schulungs- und Ferienkurse und planmäßige Durch führung von tulturellen Veranstaltungen. Ohne staatliche Hilfe werden, so sagt Weimann, diese Veranstaltungen jedoch auf die Dauer nicht durchzuführen sein. Die Frage der seelischen Not für die Er­merbslosen sei so brennend geworden, daß die öffentlichen Stellen unbedingt irgendwie eingreifen müßten. Der Reichsausschuß hat ge­meinsam mit der Bildungszentrale des Allgemeinen Deutschen Ge­merkschaftsbundes eine Aftion eingeleitet, die dahin geht, die Reichs­regierung und den Reichstag zu veranlaffen, einen größeren Fonds bereitzustellen, um regelmäßig bildende Beranstaltungen für Er­merbslose durchzuführen. Diese Eingabe ging auch den Regierungen jämtlicher Länder zu, mit der Aufforderung, die Aktion zu unter­stützen und Mittel für die Erwerbslosenhilfe bereitzustellen. Be­sonders betont wird die Notwendigkeit von Maßnahmen zugunsten erwerbsloser Jugendlicher burch berufliche Bildungsmaßnahmen, Er weiterung der Berufsschulpflicht und Ermöglichung des Besuchs all­gemeiner Bildungsveranstaltungen, wie Volkshochschulfurse, Frei zeiten und ähnliche geschlossene Lehrgänge. Erfreulicherweise wird darüber hinausgehend ausgeführt, daß, so begrüßenswert die Maß­nahmen für die erwerbslose Jugend sind, die Not der Er wachsenen nicht übersehen werden dürfe, betrage doch der Anteil der jugendlichen Erwerbslosen bis zum 21. Lebensjahr nur etwa 10 Proz. der Erwerbslosen überhaupt. Für das große Heer der älteren Erwerbslosen aber sei bisher so gut wie nichts geschehen. Diese Aufgabe sei durch das Reich und die Länder zu erfüllen. In Frage fämen in erster Linie örtliche Veranstaltungen, an denen die erwerbslosen Maffen mit ihren Angehörigen teilnehmen fönnen, und zwar in erster Linie Darbietungen unterhaltender und künst­lerischer Art,

Den in der Eingabe an die Reichsregierung gemachten Aus­führungen wird jeder Sozial- und Kommunalpolitiker seine An­erfennung und Unterstützung nicht versagen. Die bisher von den Organisationen und staatlichen Stellen getroffenen Einrichtungen genügen bei weitem nicht, um dem dringenden Bedürfnis auch nur einigermaßen zu entsprechen. Zudem erftreden sich bisher diese Maß­nahmen vornehmlich auf die Erfassung der jugendlichen Erwerbs. loien. So begrüßenswert diese besondere Berücksichtigung der jugend lichen Erwerbslosen auch ist, so darf doch bei dem tatastrophalen Ausmaß der Erwerbslosigkeit der von ihr gleichermaßen arg be­drückte erwachsene Erwerbslose nicht vergessen werden. Nicht nur stellen die erwachsenen Erwerbslosen den weit größeren Anteil ant der Zahl der Erwerbslosen, fie bedrückt durchweg nicht nur die Eorge für die eigene Person, sondern in erhöhtem Maße die Sorge für ihnen anvertraute Familienangehörige, gerade unter ihnen führen die Auswirkungen oft monatelanger Untätigkeit und Ber­dienstlosigkeit im Familienleben und ihren Beziehungen zur Gesell­schaft zu verheerenden Folgen. Dem erwachsenen Erwerbs. lofen ist daher fünftig bei zu treffenden tuttu. rellen Beranstaltungen weitgehendere Beachtung 3u fchenten

Wenn die Kleinen alle Buchstaben lesen können, werden ihnen die Erlebnisse der beiden faschistischen Musterkinder Bruno und Mariolina vorgesetzt. Bruno und Mariolina haben keine andere Sehnsucht, als Mitglieder der faschistischen Kindergruppen zu mer­den. Bruno sagt zu seiner Mutter:

" Nächstes Jahr werde ich endlich acht Jahre alt. Dann fann ich die Balilla- Uniform tragen. Dauert es noch lange bis zum nächsten Jahre, Mama?"

Ein Jahr hat zwölf Monate, mein lieber Junge", erwidert die Heldenmutter, du kennst ja ihre Namen: Januar, Februar, März.

Die Familie Brunos und Mariolinas ist eine faschistische Muster< familie. Der Vater läuft ständig im schwarzen Hemd herum und hält Lobreben auf das faschistische Regime. Die Mutter sorgt dafür, daß ihr Sohn die Balilla- Uniform schon vor dem achten Geburtstag anziehen darf, und der Großvater fingt, wenn er nicht gerade seine Pfeife raucht, die Faschistenhymne Giovinezza, giovinezza!" ( Jugend, Jugend...")

Zu Weihnachten bekommt Bruno Bleisolbaten, feine Schwester Mariolina Puppen. Die Kinder streiten sich:

Ich verstehe nicht, weshalb die Mädchen so gern mit Puppen spielen. Wenn es noch Soldaten wären!" sagt verächtlich Bruno.

Ich verstehe nicht, weshalb die Jungen so gern mit Soldaten spielen. Wenn es noch Puppen wären!" lautet die prompte Retour tutsche der Schwester.

Aber die wadere Großmutter, die mindestens geistig auch ein schwarzes hemb trägt, weiß den Streit zu schlichten:

Kinder, zanft euch nicht, es geht alles, wie es gehen muß. Du, Heiner General fei nicht so stolz! Wenn die Mädchen nicht so sehr für die Puppen wären, dann hättest du nicht soviel Soldaten zum Kriegführen. Denn die Soldaten sind die Kinder der Puppen."

Shalausgabe des Vorwäre

Kanonenfuttertheorie und feruelle Aufklärung in einem Stüd. Kann man mehr verlangen?

Bruno führt in seiner freien Zeit immer Krieg. In Ermange­Jung eines Feindes verfolgt er die Haustage mit wütendem Geschrei.

Es

,, Borwärts, Soldaten! Marsch, marsch! lebe Italien ! Tod dem Feinde! Alalà, Alalà!" Zur Belohnung für seine Tapferteit darf er am 24. Mai, dem Tage der italienischen Kriegserklärung an Desterreich, die Balilla­Uniform anziehen. Seine Mutter weiß, was sie dem Duce schuldig ist und bringt rasch einen neuen Sohn zur Welt. Bruno hat nur eine Sorge:

Wenn das Brüderchen nun groß wird, dann wird es mir meine Balilla Uniform wegnehmen wollen." Aber der Großvater beruhigt den Entel: Keine Bange! Bis dahin bist du doch längst Avanguardista."

Verfasser des Buches ist eine Frau: Dronzina Quercia Tanzarella. Ein Name, den feiner fennt. Aber wir tennen die Verfasserin des Lehrbuches für die nächste Klasse. Sie heißt Grazia Deledda und hat vor einigen Jahren den Nobelpreis für Literatur erhalten! Und was fann man da alles finden:

Einer der faschistischen Musterknaben, die inzwischen alle Ba­fillas geworden sind, erzählt von einer Wallfahrt" nach dem Ge­burtshaus Mussolinis in Predappio:

Es ist eines der armseligen, aber malerischen Häuschen mit abgebröckelten Mauern, wie man sie in fleinen Dörfern überall sieht. Aber uns erscheinen die Stufen, die zum Eingang hinauf führen, wie die Stufen vor einer Kirche. Mit religiöser Andacht betreten wir das Zimmer, in dem Er geboren wurde. Als wir das Häuschen verlassen, ist uns, als ob wir bessere Menschen geworden find..."

Eine titschige und verlogene Beschreibung des Marsches nach Rom " füllt einen großen Teil des für achtjährige Kinder bestimmten Buches. Besonders schön ist folgende Stelle:

.. In der Nähe befand sich ein Haus, in dem tommu nistische Landarbeiter wohnten. Es waren sehr böse Menschen. Sie hatten teine Lust zum Arbeiten und sagten, die Besizer wollten sie nur ausbeuten. Dabei ist es doch somerft euch das gut, liebe Kinder!, daß der Besizer mehr arbeitet als alle, ohne daß er sich dessen rühmt."

In diesem Ton hat die unwürdige Nobelpreisträgerin ein ganzes Buch zusammengeschrieben, das mit einer Verherra lichung des Krieges endet.

Nicht viel anders sind die Bücher für die übrigen Klassen auss gefallen. Mit der rühmlichen Ausnahme eines Profeffors für Mathematit und Naturwissenschaften, der sich von jeder Entstellung ferngehalten hat, ist der gesamte Lehrstoff faschistisch verdreht und durchseucht

Man sieht, was der italienischen Jugend hier geboten wird, ist der Faschismus 100 Broz.: Gewalt und Krieg nicht als letzter Aus­weg, sondern als höchstes Prinzip eines Systems.

Heilerziehung

Das Problem des psychopathischen Kindes

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Walter Galdert.

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die sich in ihrem Wahnsystem wohl fühlen, sind ihre Störungen derart, daß sie im 3miespalt mit sich und der Umwelt leben. Sie haben oft eine ihrem Alter und ihrer Entwicklung entsprechende richtige Beziehung zur Realität und ihren Anforderungen, was bei Geiftestranten niemals der Fall ist. Die Geistestrankheit verändert völlig das Bilb der Persönlichkeit; die seelischen Störungen da­gegen der Psychopathen ergeben tein so auffallendes Bild, sondern äußern sich mehr als feine, taum merkliche Verschiebungen der seelischen Harmonie. Natürlich können die seelischen Störungen auch sehr ernster und tiefliegender Natur sein; sie sind jedoch fast immer sowohl in der Entstehung als auch in der Aus­wirtung von den Geistesstörungen wesensverschieden. Was für uns hier wichtig erscheint, ist für diesmal nicht, was man tun tann, um das Entstehen seelischer Störungen zu ver meiden; dafür lassen sich in diesem Rahmen faum wirksame Rezepte geben. Es handelt sich vielmehr darum, Eltern und Erziehern die Angst vor diesen Dingen zu nehmen und ihnen zu sagen, daß die seelischen Störungen der Psychopathen mit wenigen Ausnahmen heilbar sind. Die Methode der Heilung muß sich mur immer nach der Art der Schwierigkeit richten. Wenn man, anstatt sich mit der Folge oder Auswirkung der seelischen Störung zu beschäftigen, die Ursachen, die tief in der Seele wurzeln, auf­decken und beeinflussen wird, dann wird so manches den Eltern und der Gesellschaft verlorengegangene Kind wiedergewonnen werden. Um diese Erkenntnis führen heute die Vertreter der fortschrittlichen Pädagogik und Jugendwohlfahrt einen lebhaften Kampf. Der Sieg wird das gesamte Problem der Erziehung und Besserung schwer erziehbarer und straffälliger Jugendlicher seiner Lösung näher bringen. Es werden dann vielleicht noch so manche Vorurteile fallen müssen; wo aber das fritiklose Vorurteil fällt, fommt der Fortschritt. Die Eltern sind die ersten, dei verpflichtet sind, ihren Kindern zu helfen. Sie können um so eher, als sie meist auch selbst an der Entstehung der Schwierigkeiten mitbeteiligt sind.

Das Problem der Erziehung geistig zurüdgebliebener Kinder| hältnismäßig gering. Zum Unterschied von den Geistestranten, ist, wenn auch nicht leicht, so doch viel einfacher zu lösen als das In Hamburg haben wir in dieser Beziehung im vergangenen der Erziehung psychopathischer( im Gefühls- und Willens­Winterhalbjahr einige Erfahrungen sammeln können. Seit November leben gestörter) Kinder. Das liegt daran, daß alles Anormale in 1930 werden hier neben den von der Volkshochschule durch der Sphäre des Intelleftes viel leichter zu erkennen ist als in der geführten Erwerbslosenkursen und den durch das Amt undurchdringlichen Späre der Seele. Sogar die ganz ungebildete für Leibesübungen auf verschiedenen Sportplätzen der Stadt aber mit sogenanntem gesunden Menschenverstand ausgestattete geführten sportlichen Betätigungen auch fulturelle Mutter fann erkennen, ob ihr Kind für sein Alter intellektuell ent­Veranstaltungen allgemeinbildender und unter- sprechend entwickelt ist. Ganz anders dagegen verhält es sich bei haltender Art für Erwachsene getroffen. Die Ver- Störungen und Abnormitäten des Gefühls- und Willens anstaltungen erfreuen sich eines außerordentlichen Zuspruchs. Die lebens. Die seelischen Erkrankungen des Kindes in ihren mannig­größten Säle reichen nicht aus, um der Nachfrage auch nur einiger fachen Abstufungen und Nuancen fönnen von einem Laien kaum maßen zu genügen. Mit Abschluß des Winterhalbjahres wird vor­erfannt werden. Denn dazu gehört mehr als gesunder Menschen aussichtlich bei rund 65 Veranstaltungen außer Kinovor- verstand und allgemeine Bildung; dazu gehört fachliche stellungen eine Besucherzahl von etwa 80 000 Erwerbs Schulung und großes psychologisches Verständnis. losen zu verzeichnen sein. Es haben bisher stattgefunden, oder sind Was jedoch ganz allgemein auffällt und erkannt wird, das sind vorgesehen, volkstümliche und Sinfoniekonzerte, Aufführungen wert die Symptome oder Auswirkungen diefer seelischen Erkrankungen. voller hoch- und plattdeutscher Bühnenkunft, Märchenaufführungen Diese Symptome fönnen so sein, daß nur die Kinder selbst darunter für Kinder der Erwerbslosen, Chorkonzerte und Volksliederebende, leiden. Sie tönnen aber auch Formen annehmen, die für die Um­Rezitationsabende mit Bühnenfünstlern und Rezitatoren, tabaretti- welt unangenehm, ja untragbar werden, wenn sie gegen die stische Veranstaltungen und Darbietungen anerkannter Artisten. Für herrschende Sitte und Gesellschaftsordnung verstoßen. Denn viele die Ausführung haben sich mehrfach das Philharmonische Orchester, Formen der Verwahrlosung und des sogenannten Verbrechertums die Künstler und die Orchester der hiesigen Rundfunksendegesellschaft, sind nur Auswirkungen seelischer Disharmonie oder Ertantung. Es beliebte Bühnen- und Sprechkünstler, die Chöre des Deutschen hat lange gedauert, bis man aufhörte, alle diese Kinder für ihre Arbeiterfängerbundes, der Hamburger Lehrergesangverein, das Taten zu verurteilen und sie blindlings zu strafen. Heute setzt sich Stadttheater, das Ernst- Druder- Theater, die Niederdeutsche Bühne allmählich die Anschauung durch, daß es hier gilt, Kranke zu und die Gemeinnützige Schaubühne zur Verfügung gestellt. Mit heilen und nicht, Entgleiste zu strafen. Wenn es ihnen wurden Sonderveranstaltungen durchgeführt. Neuerdings stellt aber dem Heilpädagogen, dem Fürsorger und Jugendrichter selbst das Filmtheater der Kulturfilmgesellschaft Urania täglich eine An- verständlich ist, diesen Standpunkt zu vertreten und danach seine zahl von Blägen für Erwerbslose zur Verfügung. Sie alle fanden Erziehungs- und Besserungsmaßnahmen zu richten, so ist es den sich, als an sie der Ruf erging, auch den erwerbslosen Volksgenossen Eltern nicht immer klar, daß sie ihre mißratenen, ungezogenen und mit ihrer Kunst zu dienen, sofort bereit, uneigennützig, ja oft unter Derbrecherischen" Kinder in erster Linie als frank zu betrachten Aufwendung eigener Mittel, am gemeinsamen Wert mitzuarbeiten. haben. Manche Eltern werden sich sogar in diesem Punkte taum Auch die Saalbesitzer stellten ihre Räume gegen Erstattung der beeinflussen laffen, denn es ist ihnen, so seltsam es flingen mag, entstehenden Unkosten bereit. So war es möglich, mit sehr gelieber, ihr Kind sei ungezogen und mißraten, als nicht normal oder ringen Mitteln, die zum Teil noch aus Spenden ent­nommen werden konnten, ein wichtiges Wert anzugreifen und eine gute Idee in die Tat umzusetzen.

Der Anfang ist gemacht. Ueberall regen sich Kräfte, am weiteren Ausbau und an der Ausgestaltung des von sozialer Ver­antwortung und bem Willen zur attiven Solidarität getragenen neuen Zweiges fozialer Fürsorge mitzuarbeiten. Reich und Länder fönnen und dürfen nicht beiseite stehen. In dieser Zeit wirtschaft. lichen Tiefftandes, ber gar zu leicht bie in Jahrzehnten mühseligen Rampfes um Voltsbildung und Boltsfuftur errungenen Werte zum Opfer fallen tönnen, haben gerade fie als Sachwalter des Bolts. ftaates alles baran zu fegen, ber Serfezung und der Zerstörung michtigen Boltsgutes entgegen gu mirfen

seelisch trant. Das tommt aus einer sehr verbreiteten irrigen Meinung, daß Psychopathie nichts anderes bedeute als Ver­rüdtfein. Sie wollen lieber Schädlinge als Irre zu Kindern haben. Bei einem Schulschwänzer, einem Lügner, Ausrefßer und haben. Bei einem Schulfchwänzer, einem Lügner, Ausreißer und Dieb hat man doch wenigstens, folange er noch jung ist, Hoffnung, ihn erziehen und bessern zu tönnen. Aber einen arren, einen seelisch Kranten zu heilen, halten fie für taum möglich.

Wenn auch diese Anschauung heute teine allgemeine mehr it, fo ift es doch notwendig, alle benfenden Eltern und Erzieher barüber aufzutlären, daß die seelischen Störungen dieser Rinder felten als Geiftestrantheit zu bezeichnen sind. Der Prozentjag der mirklich Beiftestranten und daher schmer Heilbaren ist unter den schwierigen und vermahrioften Kindern vers

Es gibt heute in Deutschland viele Möglichkeiten, psychopathischen Kindern zu helfen. Außer den vielen privaten und den aus den verschiedensten Interessengemeinschaften hervorgegangenen Be­( Berband ber ratungsstellen für Heilerziehung. Krantentassen, Deutscher Verein für Betreuung jugendlicher Psychopathen, Psychoanalytisches Ambulatorium, Beratungsstelle des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht, Beratungsstelle des Bereins für Individualpsychologie usw.) hat heute fast jedes Sugenbamt eine Beratungsstelle für schwer erziehbare Kinder. In den Beratungsstellen arbeiten auf dem Gebiete der Heilerziehung erfahrene Fürsorger und Aerzte, auch sind den Beratungsstellen alle Mittel und Mege einer wirffamen Hülfe bekannt.

Dr. Maria Fassbender,