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Geschichte eines Kurswechsels.

Der einftmals republikanische Stahlhelm.

Der Amtliche Preußische Pressedienst schreibt: Der Preußische Ministerpräsident hatte im Landtagsausschuß darauf hingewiesen, daß der Stallhelm in seiner Erstlingszeit republikanisch gewesen sei und alle Frontsoldaten habe zusammenfassen wollen. Darob ent­rüftete Ableugnung bei rechtsrabifalen Zeitungen. Auf eine weitere Anfrage des Amtlichen Preußischen Pressedienstes, die auf die Er fundung der Meinung nicht nur dieser Blätter, sondern der aktiv legitimierten Stahlhelmbundesleitung hinausging, erfolgt nunmehr mit begrüßenswerter Klarheit die amtliche Antwort der Bundesleitung. Sie bejagt, wenn man den sachlichen Kern aus einigen ihn umhüllenden Unfreundlichkeiten und für die Agi­tation berechneten großen Worten herausschält: Der Stahlhelm sei vom ersten Tage an einer der schärfsten Kritiker dieser Republik gewesen; eine andersgeartete Republit, nämlich eine autoritäre und mehrhafte Republit altrömischen Stils, hätte er vielleicht anders gewertet, aber die hätten die Sozialdemo fraten verhindert. Börtlich wird weiter gesagt:

,, Der Stahlhelm hat sich niemals auf den Boden der republi­fanischen Staatsform gestellt und konnte das bei seiner Grün­dung schon deshalb nicht tun, weil damals im Dezember 1918 eine Staatsform überhaupt nicht vorhanden war, sondern ledig­lich ein Chaos."

Das erklärt also amtlich die Bundesleitung! Es scheint, daß das Chaos" damals nicht nur im Staate herrschte, sondern heute noch im Archiv der Stahlhelm- Bundesleitung. Sonst, müßten alle Magdeburger   Herren nämlich wiessen, daß dokumentarisches Material aus der Gründungszeit des Stahlhelm besagt, daß er als republikanische Frontsoldatenvereinigung gegründet worden ist. Um dem auf die Wahrung traditioneller Belange" so stolzen Stahlhelm dazu zu verhelfen, wenigstens seine eigene Tradition kennen zu lernen, für die er ein so furzes Ge­dächtnis und ein so schlechtes Archiv hat, veröffentlichen wir nach­folgend nur eines aus den Gründungsflugblättern des Magde­ burger   Stahlhelm in seinem marfantesten Teil, mit dem Hinzu fügen, daß nicht etwa mur Abschriften, sondern die Originale, zum Teil noch handschriftlich korrigiert von den Gründern, vor­handen sind.

, Wir stellen uns rüdhalflos auf den Boden der neuen Zeit für die Regierung und treten mit allen Kräften für sie ein! Wir befennen uns zur republikanischen Staatsform!

Wir lehnen jede Form der Klassenherrschaft oder Dittatur ab, denn sie vertieft die Spaltung der Nation, in der wir die Ursache alles Uebels sehen. Wir, die wir den Krieg jahrelang fennen lernten, wir ersehnen dauernden Frieden und verdammen und verwerfen jeden Böllerhaß. Aber wir glauben der Menschheit am besten dienen zu tönnen als treue Söhne unseres Boltes."

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Der Schwurzeuge.

Das Dresdener Naziblatt wurde wegen Ber dan herrlichung der Hamburger Morde verboten.

# 3mmer nur scharf hetzen-

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DeFreiheitskampf Hurra! Mord!

Hitler   schwört inLeipzig

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Hitler wird schon unsere Unschuld beschwören!"

Kirchen und Schuldebatte.

Reaktionärer Haß gegen Kultusminister Grimme.

Die Parlamente halten jetzt, um die Etatberatungen zu fördern, Dauersizungen ab. In einer solchen weit ausgedehnten Sigung des Landtages wurde am Donnerstag die Kirchendebatte beendet und das Volksschulwesen erörtert.

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Kirchenverträge der Kirche in feinem Puntte mehr geben, als die Verfassung ihnen ohnedies zugebilligt hat. Zu dem gleichen Resultat find wir auf etwas einfachere Methode schon früher gelangt.

In der Volksschuldebatte zeigte Genosse Doht- Bielefeld die Erschwerung der Boltsbildungsarbeit durch die Wirtschaftsnot in ganzem Umfange auf. Dabei unterstrich er mit rückhaltloser An­erkennung die Arbeit des Genossen Grimme als eines wahren Bolts­bildungsministers.

Wir glauben nicht, daß diese Stilprobe aus der Gründungszeit des Stahlhelm aus einem Werbeflugblatt, mit dem zur Gründung Aus der Aussprache über die kirchlichen Fragen ist eine Rede bes Stalhelm aufgefordert wurde, und das an die damals zurüd­strömenden Soldatenmassen verteilt worden ist, großer Kommentare des Berliner   Pfarrers Graue von der Staatspartei hervor. bedarf. Die Gründer des Stahlhelm hatten in der Tat damals zuheben, der der sozialdemokratischen Rednerin, der Genoffin Well Maren Berstand genug, zu erkennen, daß eine Wiedergeburt Deutsch   mann, ehrlich zugab, daß das evangelische Kirchenregi fands nach der grauenhaften Ausblutung und Auspoaperung durchment nach außen bin non deutschnationalem Bar. Die Aussprache drehte sich in der Hauptsache um den Lehrer. ben Krieg nur in der republikanischen Staatsform und durch ein teiregiment schwer zu unterscheiden ist Graue er abbau, das freiwillige neunte Schuljahr und den letzten Zensuren startes und ehrliches Bekenntnis zum Frieden möglich war. Sie boffi Besserung non regerer innerkirchlicher Arbeit derjenigen Soeziaß, der die Noten über Betragen und Aufmerksamkeit beseitigt. maren deshalb bie ersten, die sich auf den Boden der neuen Zeit" gialdemokraten, die der Kirche angehören. Er hob mit Recht hervor, Dabei überbatan sich Deutschnationale, Boilsparteller und Wirtschaftsv ftetten, und fie traten fogar rudhalilos für die Regierung ein, baß es gelungen ist, die Beiträge bes Staates für die Kirche um parbeiler im Haß gegen Fortschritt und Boltsbildung. Rur   teine ble Samals Anfang 1910 zein fosialistisch mer! Sie wesentliche Beträge zu fürzen. gebrauchten fogar das Wort von der Menschhett", bem man heute Bielleicht noch bemerkenswerter mat eine Brogranunrebe des Durchbrechung des Bildungsprivilegs, mur feine Aufstiegsmöglichkeit in Stahlhelmtreifen so gern einen pagififtisch- schwächlichen Beibgeordneten Riesch vom Christlich- Sozialen Bolts für Boltsschüler, mur feine moderne Bädagogit war der Rafram three gefchmad verleiht, nor allem aber menden fie fich scharf- berechtigt Dienst. Dieses neuentstandene, im Bandtag nach schmach vertretene charf- gegén Böllerhaß und werben für den Frieben. Wie man evangelische Sentrum teugnet nicht, das die evangelije trop biefer Beteuerung der Friebensliebe jegt nach Rire politis undfosial berfagi bat. Ja, die Männer träglich glauben machen mill, eine Republik altrömischen Stils ge- Dom Bolfsdienst geben fogar zu, daß Christentum und tapitalistische meint zu haben, bleibt unerfindlich. Denn selbst Schulfnaben wiffen, Wirtschaftsordnung nicht unbedingt wesensverbunden sein müffen. daß die römische Republit genau fo eroberungsfüchtig und im In dieser Zeit der Riesenmassenarbeitslosigkeit erscheint fogar ihnen perialistisch" war mie das römische Kaiserreich. die Wirtschaftsordnung mehr als Satans, denn als Gotteswert. Aber auf der anderen Seite find fie rein religiös orientiert und befämpfen die Sozialdemokratie megen ihrer Anerkennung der grundsäglichen Gleichberechtigung der Freidenfer,

Im Gründungsaufruf: Befenntnis zur Republik   und zum Bölferfrieden heute: Republithaß und Militarismus! Ist das tein Kurswechsel? Oder war etwa der Gründungs. aufruf nicht ehrlich gemeint?

Kleine Vorlagen im Reichsrat. Zuftimmung zu den letzten Reichstagsbeschlüffen.

Der Reichsrat erledigte am Donnerstagnachmittag eine große Anzahl einer Borlagen.

Eine Reihe von Gefeßentmürfen, die der Reichstag   soeben an genommen hat, perabfdhiebete ber Reichsrat endgültig, barunter bas Genfer Handelsabkommen und das Gesetz über die Ent. schädigung der gewerbsmäßigen Stellenvermittler. Zur Entschädigung dieser Bermittler genehmigte der Reichsrat gleichzeitig eine Ausführungsverordnung, monach bei der Entschädigung der orbentliche Rechtsmeg ausgefchloffen ist. Gleichzeitig wird bestimmt, welche Nachweise für die Entschädigung beizubringen sind.

Abwehr gegen Reattion. Die KPD. in Braunschweig   unterstützt die Sozialdemokratie

Braunschweig  , 19. März. Die Stadtverordnetenpersammlung trat gestern zum erstenmal nach den Kommunalwahlen vom 1. März zusammen. Stadtperorbs neter Böhme gab namens der Kommunisten die Erklärung ab, daß diese sich mit den Sozialbemotraten über eine Reihe von Buntten geeinigt hätten. Demgemäß würden fie dafür sorgen, daß fein Nationalsozialist in das Brä fidium fomnie, und daß die Mehrheit in den Ausschüssen von Kom. munisten und Sozialdemokraten belegt werde. Zum ersten Bor­figenben wurde der ſozialdemokratische Stadtverordnete Riefe wiedergemählt. Stellvertreter wurden der Kommunist Böhme und der Sozialdemokrat Barnete. Zu Stadträten wurban gewählt ein Bürgerlicher, zwei Nationalsozialisten, drei Sozial Demofraten, ein Kommunist. Auch im Aeltestenrat haben ent sprechend dem Wahlausgang vom 1. März Sozialdemokraten und Kommunisten die Mehrheit.

Minderheitenverfolgung. In der jegt rumänischen, bis 1918 ungarischen Stadt Größwardein wurden nachts bie Rebattionen zweier madjarischen Blätter vollständig bemoliert. Man vermutet als Täter rumänische Radaustudenten.

Der badische kommunistische Landtagsabgeordnete Bod ist in Basel   anläßlich der Märzfeter der Roten Hilfe, wo er referieren sollte, verhaftet und nach Baben zurüdgebracht worden.

Die neue Fluglinie Berlin- München- Rom werden Reichs­nextehrsminister n. Guérard und Ministerialbireftor Brandenburg im ersten Flugzeug dieser Strede eröffnen.

Endlich vertiefte sich noch der alte Graf von Bojabomsty in die Frage des Berhältnisses von Kirche und Staat. Er ging dabei von den sächsischen Kaisern aus, um für die Gegenwart zu dem Ergebnis zu gelangen, daß die unter Otto Braun   abgefchloffenen

Reben.

Am tollften trieb es dabei Herz Dr. Gdy mib häpte, bet mirtschaftsparteifiche Chefredakteur ber schwerindustriellen Deut­mirtschaftsparteiliche Chefredakteur der schwerindustriellen Deut­fchen Bergwertszeitung", bie belanntlich zum Tobe Der 300 Bergleute von Alsdorf   bie gemütpolle Bemerkung machte, bie zwölfprozentige Dividende sei dadurch nicht gefährdet. Dieser Mann, ein lebendes Beispiel dafür, wie in der heutigen Schulverfaffung völlig Unbegabte zu akademischen Graben gelangen, fuchte trampf­haft nach Schimpfworten gegen den Kultusminister Grimme. Bir möchten annehmen, daß er mit der Bezeichnung ,, tultureller General. fetretär der Sozialdemokratischen Partei" ihn zwar hat tränken wollen; aber mir bezweifeln, daß sich Grimme und die Sozial. demokratie dadurch besonders beleidigt fühlen.

Am Freitag Fortsetzung: Höheres Schulmesen und Universitäten.

Weingartner- Dreyfus vor der Kammer die Aufführung des Stüdes und das Auftreten Beingartners ein

Proteff gegen die Kapitulation der Regierung,

Paris  , 19. März.( Eigenbericht.)

zumenden Sie würde mit allen Mitteln für die Aufrecht­erhaltung der Ruhe im Theater und beim Konzert sorgen.

Der Abgeordnete Blanche hielt diese Erklärungen des Minister präsidenten für nicht ausreichend und verlangte bie( nfor= Canal trot tige Besprechung der vorliegenden Interpellation. biefem Antrage entgegen und forderte die Stammer auf, bie Inter  pellation vorläufig zu vertagen. Mit 321 gegen 256 Stimmen tam die Kammer dem Wunsche der Regierung nach

Am Schluffe der Sigung wurde beschlossen, den Antrag der fp­sialistischen Fraktion, den Finanzminister Flan bin vor den Unter. fuchungsausschuß ber Rammer zu ftellen, her zuständigen Rome miffion zu ilberweisen.

London  , 19. März.( Eigenbericht.)

In der Kammer fam es heute abend zu einer Debatte über den Fall Weingartner und bas Stid Die Affäre Dreyfus" aus Unlaß ber Festsetzung des Datums für die über beibe Angelegenheiten eingebrachten Interpellationen. Als erster Interpellant nahm der Abgeordnete der Unabhängigen Linfen Guernut das Wort, der der Regierung vormari, fie habe vor den Feinden der Ordnung, den Camelots bu Roi und den patristischen Jugendverbänden, tapituliert, indem sie das Auftreten Bein gartners und die weitere Aufführung der Affäre Drenfus" unter. fagt habe. Auch die Polizei fei leibar gegenüber diesen Horden Die Krise der Liberalen. ohnmätig. In ähnlichem Sinne äußerte sich der soziale Re­publitaner Blanche, der in dem Vorgehen der Nationalisten ein 3hr Ausgang iff für die Zukunft Macdonalds entscheidend. iederaufleben des falistisen Chauvinismus arblidt. Der Sozialist Cocqui wies por allem barauf hin, daß die Haltung der französischen   Regierung zu Rapreffalian gegen über im Ausland auftretenden franzöfifchen Künstlern führen tömte. Dann ergriff Herriot bas Bort, der die Abfegung des Stückes Die Affäre Dreyfus  " für als etwas unerhörtes in einem Lande bezeichnete, bas stets für die Gedankenfreiheit gefämpft habe. Auch die in bezug auf Weingartner getroffene Maßnahme sei unverantwortlich; sie entstelle das wahre Geficht der Nation und gebe Frankreich   in den Augen der ganzen Welt einen Anfchein von Lächerlichkeit, Ministerpräsident Laval bemerkte in 3mischenrufen, daß die Regierung niemals die Aufführung der Affäre Dreyfus  " noch das Auftreten Weingartners verboten habe, worauf Herriot   erwiderte, das sei vielleicht richtig, aber die Regierung habe erklärt, fie tönne teine Berantwortung für die Aufrechterhaltung der Ordnung übernehmen. Schließlich sprach der nationalistische Abgeordnete Taittinger  , der mit lächerlichen Ar. gumenten seine Haltung im Falle Weingartner zu rechtfertigen ver­gumenten seine Haltung im Falle Weingartner zu rechtfertigen ver fuchte.

Minifterpräsident Laval

antwortete dem Interpellanten, indem er erflärte, die Regierung habe dem Direktor des Theaters bzw. des Orchesters ,, nur" an geraten, auf die Aufführung des Studes ober bas Auf­treten Weingartners au verzichten, ba Unruhen zu befürchten feien. Gie babe fich jetzt eines befferen besonnen und nichts mehr gegen

Das gesamte politische Intereffe tonzentriert sich augenblidlich auf die ich mere rise, in der sich die liberale Bartei be findet. Die Entscheidung foll om tommenben Dienstag in ber liberalen Barlamentsfrattion fallen. Auch die liberale Breffe häft bas Ausscheiben der Simon- Gruppe für die einzig mög­fiche Lösung zur Wiederherstellung der liberalen Parteidisziplin. Sir John Simon fehlte am Mittwoch in der Fraktionsfigung. Die ont scheibenbe Frage ist ihm jedoch gestellt, und er wird am Dienstag ber Antwort nicht ausweichen tönnen. Blond George glaubt, mit der von der Rechtsgruppe gefäuberten liberalen Frattipn feine Po filit einig und geschlossen durchfeßen zu können,

Die Ergebnisse der letzten Unterhausitzungen haben gezeigt, daß bie jejige liberale Partei meder ein gegebenes Bersprechen einhalten, noch eine stetige Bolitie verfechten fann. Sie ist ein so unsicherer politischer Gattor geworden, daß vor allem die Arbeiter­regierung von ihr eine bestimmte Auskunft und die Klärung der politischen Lage verlangt. Es wird sich am Dienstag zeigen, ob es in Butunft eine gefchloffene liberale Frattion gibt oder brei liberale Splitter, von denen jeder Bolitit auf eigene Faust treibt. Da die Arbeiterregierung auf die liberale Unterstügung an­gewiesen ist, wird die Dienstagsigung dieser Partei zugleich ent= fheibenb fein für' bie fünftige englische   Politif.