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Rr. 135 48. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Reaktionäre Universitäten.

Demokratische Universitätspolitik im Landtag gefordert.

nicht nur den Museen. Angesichts der finanziellen Lage müsse man bei der Krolloper zu einer Vereinfachung kommen.

Abg. Frau Defterreicher( Goz.)

Im weiteren Verlaufe der 2. Lesung des Kulturetats| bildenden Künstler. Es gelte, der lebendigen Kunst zu dienen und im Landtag, über deren Anfang wir bereits im gestrigen ,, Abend" berichteten, erklärte beim Abschnitt höhere Schulen" Ministe rialdirektor Jahnke, das Ministerium bedaure, daß durch die Sparmaßnahmen die Lehrer mit Arbeit belastet worden sind. In dieser Hinsicht habe das Kultusministerium gegenüber dem Finanzminister einen schweren Stand gehabt. Die vom Finanz­minister geforderten Sparmaßnahmen hätten einen Fortfall von 2000 Lehrstellen bedeutet. Die Unterrichtsverwaltung habe aber das schlimmste verhütet. Auf eine fommunistische große Anfrage er­klärt der Redner, daß der Berliner   Studienrat Resch als Ober ſtudiendirektor nicht bestätigt worden ist, weil dieser zwar erklärt habe, daß er wohl seinen Pflichten als Direktor nachkommen werde, aber die Jugend der jetzigen Staatsform nicht näher bringen könne

Die Aussprache über den Abschnitt Universitäten er­öffnet

Abg. Dr. Hoffmann- Münster( Dnat.), der sich gegen die Aus­führungen des Ministers über randalierende Studenten wendet. Die vom Minister gebrauchten scharfen Ausdrücke seien, auch wenn man die Ausschreitungen nicht billigt, feineswegs geeignet, Vertrauen zum Staat zu wecken. Die Universitätsbehörden wären selbst stark genug, solche Vorkommnisse zu unterdrücken. Die Studenten wollten am Staate mitarbeiten, verlangen aber eine Regierung, die mirklich führt. An den Universitäten dürfe keine Massenbildung getrieben werden; sie sollen feine Boltshochschulen sein.

Abg. Dr. Nölting( Soz.):

Die Ueberfüllung der Hochschulen ist eine gesellschaftliche Er. scheinung, denn dem von der Proletarisierung bedrohten Mittel­stand ist die Universität ein Instrument der sozialen Selbstbehaup­tung. Die Existenzunsicherheit drängt die Söhne des Mittelstandes über die Brücke der akademischen Prüfung. Dieser Zustand ist nicht dadurch zu heilen, daß man die Brücke verengt, d. h. die Prüfungen mechanisch erschwert. Erst wenn wir einen Gesellschaftszustand haben, der jedem jungen Menschen ein Ziel und jedem alten Menschen einen Hafen gibt, wird die Ueberfüllung unserer Hochschulen nicht mehr vorhanden sein.( Sehr wahr! bei den S03.)

Das Begabtenabitur( Sulturegamen) ist stärker als bisher in den Dienst der Aufgabe zu stellen, hervorragend tüchtige Menschen aus der Volkstiefe zur Hochschule zu bringen. Wenn der Kultus= miniſter bei einem solchen Bestreben auf den auch heute wieder laut gewordenen Kastengeist und Herrendünkel der Deutschnationalen stößt, so tann ihm eine solche Feindschaft nur eine Ehre bedeuten. Um ungeeignete Elemente von den an sich schon überfüllten Hochschulen fernzuhalten, erscheint eine Eingangsprüfung wünschenswert, die vor einem Prüfungsfenat der Hochschule abzuhalten wäre. Grund­fählich wird den Fakultäten bei der Ernennung von Dozenten ein Vorschlagsrecht zugebilligt, dem das Berufungsrecht des Ministers gegenübersteht. Weil aber unsere Hochschulen traditionsbelastet und einseitig rechtsorientiert sind,

so ist es wünschenswert, daß ein energijcher Kurs im Sinne einer demokratischen Aufloderung der Universitäten gesteuert wird. Die Achtung vor der organischen Entwicklung" ist oft nur ein Dec­wort für reaktionäre Verfaltung. Neben der Forschungsleistung der Universität ist ihre erzieherische und bildnerische Aufgabe stärker als bisher zu betonen und auch bei den Berufungen zu berück­fichtigen.

Die Wiederherstellung der studentischen Selbstverwaltung, die heute auf dem Wege der Einzelverhandlung erstrebt wird, ist keines­wegs eine besonders vordringliche Aufgabe.

Unbedingt haben sich die Studenten auf den Boden der Ministerialverordnung vom Jahre 1927 zu stellen, die jeden rassischen Chauvinismus ausschließt.

( Sehr richtig! bei den Soz.) Der Schacher mit dem Ehrendoktor hat sich zu einem reinen Unwejen entwickelt. Bon 910 Aufsichtsrats= mitgliedern großer Attiengesellschaften sind 200, d. h. 22 Proz. Ehrendoktor, so daß man richtiger von einem Dottor hono raris causa statt honoris causa( ehrenhalber) sprechen sollte. ( Große Heiterfeit.)

Gegenüber der fortschreitenden Faschisierung der Hoch­ſchulen ist keine falsche Duldsamkeit am Blaze. Die staatliche Toleranz gegen Raufbolde vom Hakenkreuz schädigt den republifa nischen Staat und seine Zukunft. Wenn die Herren Studenten sich unbedingt den Schädel einhauen müssen, so soll ihnen der Land­wirtschaftsminister einen Naturschutzpark zur Verfügung stellen. ( Gelächter.) In den Hochschulen aber sollen nicht friedliche Wanderer auf den Pfaden der Wissenschaft von Wegelagerern überfallen werden, und Radau gehört nicht zum akademischen Studienplan. Die vom nationalsozialistischen Klamaut verhette Studentenschaft tommt dann am besten zur Ruhe, wenn der Minister feste Hand und feste Nerven Lehält.( Lebhafter Beifall bei den Soz. und in der Mitte.)

Abg. Dr. Lauscher( 3.) wendet sich ebenfalls gegen die natio­nalistischen Treibereien an den Universitäten. Die Ueberfüllung sei ein soziologisches Problem; deshalb müsse mehr Wert auf die Tüchtig. teitsausleje gelegt werden. Zu der Aristokratie der Bildung sei jeder auf Grund seiner Fähigkeit nach demokratischen Grundjäßen berufen.

Beim Abschnitt Kunst" fordert

Abg. Dr. Bohner( Staatsp.) Beobachtung der Notlage der

setzte sich sehr energisch dafür ein, daß die fächlichen Ausgaben für Stunstzwecke, soweit sie nicht der Arbeitsbeschaffung dienen, zugunsten der lebenden Künstler eingeschränkt werden sollen. In einer Zeit, wo 70 000 Musiker erwerbslos sind, wo 95 Proz. der bildenden Künstler hungern, müßten alle erreichbaren Mittel für die Linderung dieser Not Verwendung finden. In der Umgebung des Ministers seien die Referate für antife Kunst, Schlöster und Gärten verteilt, aber das Referat für modernebildende kunst, das durch den Direktor der Nationalgalerie besetzt ist, ruhe zur Zeit. Daran werde es liegen, daß dauernd die Mittel für alte Kunst bewilligt

Sonnabend, 21. März 1931

würden, während für die Mittel der lebenden Künstler keine Erhöhung durchzusetzen sei.

Bezüglich der Neueröffnung der Museen sei festzustellen, daß die Berliner   Kritik außerordentlich milde geurteilt hat, daß aber hier von verantwortlicher Stelle gesagt werden muß, und zwar um ferneres Unglück zu verhindern, daß die Aufstellung der Sammlung der Bildwerke der christlichen Epoche alles andere als vorbildlich ist. Drei töstliche Geschenke habe uns die Leitung der Nationalgalerie im letzten Jahr übermittelt: die Neuordnung der Werke des Kron­prinzenpalais, das Rauch- und das Schinkel- Museum. Für die volkstümliche Kunst, für Chorgesang, Sprechchöre und Tanz wird endlich die Einſegung von Mitteln gefordert, da diese proletarische Kunst den Beweis erbringt, daß die Sehnsucht der schaffenden Masse von einem ganz starken künstlerischen Wollen getragen ist und die proletarische Geselligkeit heute viel höher steht als zur Kaiserzeit. ( Lebhafter Beifall bei den Soz.)

Abg. Buchhorn( D. Vp.) kritisiert die Tätigkeit der Staats­theater, die Verträge mit dem früheren Intendanten Jeßner und dem Generalmusikdirektor Klemperer. In dieser Notzeit sei die Schauspielschule ein Lurus, und die Dichterakademie habe ihre Auf­gabe nicht erfüllt.

Hierauf wird die Weiterberatung auf Sonnabend 10 Uhr vertagt.

Die Realsteuern der Kleinen.

Finanzdebatte im Reichstag.

Nach der Erledigung des Wehretats bewilligte der Reichstag   am| beim Reichsfinanzhof müssen den Reichsgerichtsräten wieder gleich­gestrigen Freitag einige zurückgestellte Kapitel des Haushalts für das Reichsernährungsministerium. In der fortgesetzten Aussprache über das Reichsfinanzministerium bekämpfte

Abg. Dr. Schlittenbauer( Bayer. Bp.) die Steuererhöhungsan­träge der Sozialdemokraten. Auch Dr. Hilferding   hat als Finanz­minister betont, daß die Wirtschaft Ruhe und Stabilität braucht. Bir warnen den Minister, den Finanzausgleich durch Notverordnung zu regeln. Gestern hat in einer Besprechung der Reichsbankpräsident für die Hergabe von 185 Millionen Ueberbrückungstredit verlangt, daß die Krantentassengelder bei der Reichsbank an gelegt werden müssen.( Hört, hört!)

Abg. Dr. Föhn- Baden( 3.) spricht gegen Wirtschaftspessimismus und lehnt Steuererhöhungen ab.

Abg. Dr. Neubauer( Komm.) hält eine Rede gegen die Steuer­und Finanzpolitik aller anderen Parteien. Dem Zentrum wirst er deffen Gegnerschaft gegen den Millionärsteuerantrag vor, den Sozial­demokraten außerdem die Steigerung der Massensteuern zugunsten der Besitzsteuern, wobei er, einen scharfen Artikel Heinrich Ströbels aus dem Klassenkampf" als Beweis anführt.

Abg. Dr. Cremer( D. Bp.) behauptet gegen den Finanzminister, in der Beurteilung der Wirtschaftsaussichten recht behalten zu haben, während Dr. Baabe sich nicht als so guter Prophet erwiesen habe. Dann befürwortet der Redner die Schaffung einer Art Mittel­Regierungsrat" als Zwischengrad.

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Inzwischen ist der fällige Kommunistenantrag eingegangen, dem Finanzminister das Bertrauen des Reichstags zu entziehen. Bur Debatte stehen auch Anträge auf Aenderung der Umsatzsteuer sowie ein sozialdemokratischer Antrag betreffend die Gebäudesteuer.

Abg. Dr. Echte( Chrfoz.) wendet sich gegen die Demagogie, gegen die Steuerdrückeberger und gegen die Kapitalverschiebung ins Aus­land, wogegen man allerdings mit Gesetzen nicht genug ausrichten fönne. Man muß auf den Konjunkturumschwung hoffen, der das Geld wieder ins Inland bringt.

Abg. Dr. Fischer- Köln( Staatsp.) billigt die Erdlärung des Mi­nisters, daß ein Beamter der Finanzverwaltung fich nicht zur Hetze gegen die Republik   hinreißen lassen darf. Die richterlichen Beamten

Das Berleumderbuch vor Gericht.

Nostes Klage gegen die Verbreiter.

Hannover  , 20. März.

Vor dem hiesigen Erweiterten Schöffengericht hatte sich der ver­antwortliche Schriftleiter der hiesigen Niederdeutschen Zeitung", Siebold, wegen Beleidigung des Oberpräsidenten der Provinz Hannover  , Noste, zu verantworten. Siebold hatte den Abdruck von Kapiteln aus dem Buche Gefesselte Just i 3" vorgenommen. In einem dieser Kapitel war Noske   in seiner früheren Eigenschaft als Reichswehrminister beschuldigt worden, Bekannten wie Sklarz usw. durch Aufträge für das Schleifen von Festungen in der Nachkriegszeit Vorteile verschafft zu haben. Oberpräsident Nosfe hat in der Niederdeutschen Zeitung" diese Vorwürfe bereits berichtigt.

In der Verhandlung am Freitag erklärte zunächst der Angeklagte, daß er den wahrheitsbeweis nicht antreten tönne, da sich das Material" in den Händen des Verfassers des Buches befinde. Oberpräsident Noste war persönlich als Nebenfläger erschienen. Ehe er vernommen wurde, beantragte der Verteidiger Siebolds, die Bereidigung des Nebenklägers zunächst auszusetzen, da dieser in derselben Angelegenheit noch vor anderen Gerichten werde aussagen müssen. Das Gericht zog sich zur Beratung über diesen Antrag zurüd und beschloß, die Bereidigung vorzunehmen. Noste sagte dann aus, daß ihm Georg Stlarz bekannt und daß er auch mehrfach in seiner Wohnung gewesen sei, ohne daß jemals

gestellt worden. Wir verlangen Unabhängigkeit der Finanzgerichte. Von der Ermächtigung zur Steueramnestie follte der Minister nur Gebrauch machen, wenn der damit erstrebte wirtschaftliche Erfolg gesichert ist.

Wir erwarten baldige Vorlegung der Denkschrift über die Offen­legung der Steuerlisten. Wird durch solches Verfahren das Steuer­aufkommen wirksam erhöht, so können wir für seine Beibehaltung stimmen. Die Millionärsteuer ist unannehmbar.( Buruf von den Komm.: Wie steht es mit Ihren Aufsichtsratsposten?) Ich bin stolz darauf, mit das Vertrauen vieler Gesellschaften durch meine juristische Arbeit, nicht durch kapitalistische Betätigung erworben zu haben. Abg. Nolte( D. Hann.) tritt für die Senkung der Realsteuern ein. Abg. Köster( Wirtschp.): Der Privatmann richtet seine Ausgaben hier beschließt man die Ausgaben und nach seinen Einnahmen ficht nachher zu, wie man sie durch Steuern aufbringt. Aber die große Mehrheit unseres Volkes steht ohne alle Reserven da und darum müssen die Schäzungen auf Mehrerträge versagen. Geht doch auch der Konsum zurück, es wird z. B. weniger und billiger ge= raucht.

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Die Gemeindebiersteuer hat zu starkem Konsumrüdgang um 30 Prozent und darüber geführt. ( Buruf des Staatssekretärs: Die Wirtschaftskrise!) Nein, es kommt der Zeitpunkt, wo der Konsument sagt: Das zahle ich nicht für das Produkt! Und wer sich abends an die Tasse Tee gewöhnt hat, kehrt nicht so leicht zum Bier zurüd.( 3urufe links.) Die Abstinenten mögen das begrüßen, aber der Ertrag der Biersteuer wird um 100 Millionen hinter dem Voranschlag zurückbleiben. Die Schank­verzehrsteuer ist unmoralisch, sie verführt notleidende Gastwirte zum Betrug.

Abg. Kling- Schwaben  ( D. Bauernp.) befürwortet Steuererleich­terungen für die kleinen Landwirte.

Gegen 19 Uhr vertagt das Haus die Weiterberatung auf heute, Sonnabend 12 Uhr; außerdem Haushaltsgesetz und dritte Lesung des sozialdemokratischen Gesezentwurfs, wonach verbotene Filme in geschlossenen Gesellschaften ungehindert vorgeführt werden können.

über Geschäfte gesprochen worden sei. Aber auch wenn das der Fall gewesen wäre, hätte er nichts dabei finden können, denn noch jezt erschienen viele Fabrikanten und Vertreter bei ihm, um ihm ihre Erzeugnisse für Bedürfnisse der Provinz anzupreisen. In dem Falle Sflarz könne er jedoch mit aller Bestimmtheit erklären, mit Stlarz nicht über Geschäfte gesprochen zu haben; auch habe die Verwertung des Kriegsmaterials und die Schleifung der Festungen dem Wirtschaftsministerium obgelegen. Schon früher habe er sich gegen diese Unterstellungen gewehrt.

Das Gericht verurteilte den Redakteur des Hugenberg- Blattes 3u 3 wei Monaten Gefängnis.

Das Gericht fah als erwiesen an, daß der Angeklagte das Kapitel abgedruckt hat, obwohl er, wie aus der Art seines kommentars zu einer Berichtigung Nostes hervorging, von der unwahrheit der Behauptung überzeugt war.

Der Remarque  - Film in Athen   verboten. Die Athener   Polizei hat die Vorführung des Remarque- Films Im Westen nichts Neues" in Athen   untersagt. Das Verbot ist auf den Generalstab s= chei ber griechischen Armee zurückzuführen, der den Film für anti­militaristisch hält. Die Firma, die das Vorführungsrecht für den Film erworben hatte, wird gegen das Verbot Beschwerde ein­legen.

Landwirtschaftsminister Thaller- Wien iff zurüdgetreten, der bis­herige Bräsident der Bundesbahnen, Dr. Dollfus, zu seinem Nachfolger ernannt. Thaller, ein Tiroler Bauer, bereitet eine Aus­wanderungsaftion nach Paraguay   vor.

SALAMANDER SCHUHE  werden in der ganzen Welt getragen, aber nur in Deutschland   in unserer eigenen Fabrik hergestellt

ARKE

LAMAND