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Nr. 137 48. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Sonntag, 22. März 1931

to

Der

tagliche RAUBUBERFALL

Lehnerill

Auf die Mordserie zu Anfang des Jahres folgte die ununterbrochene Serie von Raubüberfällen im März. Es begann mit dem Geldraub aut dem Postamt N 54, der Täter, ein 24jähriger früherer Gymnasiast und Banklehrling, war in homosexuellen Lokalen verludert, schwer vorbestraft, eine ganze Reihe karitativer Organisationen hatte sich vergeblich um den Menschen bemüht. Fünfzehn Stunden später wurde im Hausflur der Neuköllner Filiale der Danat- Bank der Kassenbote Otto Sch. mit einer Eisenstange niedergeschlagen und um 10 000 Mark beraubt. Weitere achtundvierzig Stunden später wird das Postauto Müncheberg- Buckow auf einsamer Strecke angehalten und über­fallen. Der geistesgegenwärtige Chauffeur jagt die Räuber durch Pistolenschüsse in die Flucht. Dazwischen liegt eine ganze Kette von Raubüberfällen auf Frauen; erinnert sei an die Markthallenräuber, die nichts erbeuteten, aber verhaftet werden konnten. Ein Vorbestrafter und ein Erwerbsloser, der Vorbestrafte hatte den Erwerbslosen angelernt. Dann die Raubserie in Dahlem und darauf der noch in frischer Erinnerung stehende Raubüberfall auf den Kinobesitzer aus der Bornholmer Straße, bei dem 3600 Mark erbeutet wurden, mit beispielloser Frechheit von einer berüchtigten Räuberkolonne ausgeführt. Am gleichen Sonntag

noch der Raubüberfall in Mariendorf , wo die Räuber in die Wohnung eines Molkereibesitzers eindrangen. Und schließlich der ver wegene Ueberfall auf einen Taxichauffeur in der Weddingstraße. Der Täter: ein fünfzehnjähriger Schlosserlehrling! nach einer Flasche Schnaps? Und weiter: ist der

Die Gefahr des Versackens.

Es taucht die Frage aui: was führte die Räuber zu ihren folgenschweren Taten, der Hunger nach einem Bissen Brot oder die Sucht Arbeitsnachweis eigentlich der Ausgangspunkt dieser Räubereien?

mit so fonstanter Sicherheit jeden Tag diese Jugendlichen aus ihren rechtfchaffenen Proletarierquartieren zu den Kafchemmen? Woher haben die Destillen um den Aleranderplah ihre magische Kraft, das Berbrechertum unwiderstehlich anzuziehen? Ist der Schnaps hier hochprozentiger, die Beleuchtung aufreizender, oder ist es die ohren­betäubende Blechmusik? Nichts von alledem. Das Schicksal der Münzstraße ist vielmehr das Schicksal ihres Hinterlandes. Wir wollen die Akten der letzten reichsdeutschen Volkszählung aufschlagen, und zwar das Kapitel über die Siedlungs-, Wohnungs- und Be­völkerungsverhältnisse in der Dragoner, Grenadier, Linien, Rüder und Muladstraße. Ein Beispiel, das im Grunde genommen schon alles sagt, ein Beispiel, mie das polizei­liche Meldewesen von der Unterwelt umgangen wird: damals, zur Zeit der Volkszählung, wohnten nach den Atten der Sittenpolizei im Untersuchungsgebiet 113 eingeschriebene Prostituierte. Bon diesen 113 waren aber nur 58 in den Wohnungsbogen der Zählung wieder­zufinden, 55 hatten ihre Eristenz dem Staat gegenüber ausgelöscht. Oder etwas anderes: In einer Wohnung in der Dragonerstraße ( 2 Stuben, Kammer und Küche) wohnen 7 Personen. Davon ist das eine Zimmer an eine 24jährige Prostituierte abvermietet, die übrigen sechs Personen wohnen in Stube, Kammer und Küche; einen Abort gibt es in dieser Wohnung nicht. Diese 6 Personen find: die 47jährige verwitmete Mutter, ihre Tochter von 29 Jahren und deren gleichaltrigem Ehemann und drei ledigen, Söhnen im Alter von 18 bis 23 Jahren. In neun Haushaltungen, die Prostituierte beherbergten, wohnten Minderjährige unter 16 Jahren: 1 Fünfzehn jähriger, 1 Vierzehnjähriger, 1. Elfjähriger, 1 Zehnjähriger und 5 Kinder unter 6 Jahren. Wer hebt nun gegen diese Jugendlichen den ersten Stein auf? Auf je 1000 Berliner Einwohner fommen im gesamten Stadtgebiet 1,5 Prostituierte, in den sechs Alt Berliner im gesamten Stadtgebiet 1,5 Prostituierte, in den sechs Alt- Berliner Bezirken 2,7, aber im Scheunenviertel 13,8! Das ist der Fluch der bösen Tat, daß sie fortlaufend Böses muß gebären, in diesem Milien fönnen wahrlich feine Engel wachsen. Und zu den Absteigequartieren tommen die wilden Bennen. Armselige Kellerverließe, in einem

Zweifellos begünstigen Notzustände des gesellschaftlichen Lebens friminelle Straftaten; die Kurve der Wirtschaftskrise und die Kurve der Verbrechen haben eine auffallende Aehnlichkeit. Nur muß man sich davor hüten, diese Theorie nun mechanisch auf jeden Einzelfall anzuwenden. Denn sonst müßten im Grunde genommen die am härtesten betroffenen Opfer der jetzigen Krise, die erwerbslosen Familienväter in den vierziger Jahren, die schon zu alt sind für das laufende Band, das Hauptkontingent der Verbrecher stellen. Aber das ist keineswegs der Fall und überall wurde es uns bestätigt, unter den gefaßten Räubern wird schwerlich ein erwerbs­lofer Familienvater zu finden fein. Die Räuber Berlins find viel mehr durchweg jugendliche Burschen; 25 Jahre bilden nach oben die durchschnittliche Grenze ihres Lebensalters. Elemente, die, mögen fie alle eine Stempelfarte in der Tasche haben, weniger aus der Richtung des Arbeitsnachweises als aus der Richtung einer Fürsorge anstalt tommen. Man stelle sich doch unter einem Arbeitsnachweis nicht eine Art Wärmehalle vor, wo vollbärtige Bettler Schmalz stullen gegen Schmöker eintauschen. Arbeitsnachweise, heute meniger Institute zur Arbeitsvermittlung als zur Kontrolle für die Unter­ftügungszahlung, sind minutiös und präzise Apparate: Montag und Donnerstag von 8 bis 9 Uhr stempeln die Speditionsangestellten, Dienstag und Freitag von 9 bis 10 Uhr die Werkzeugmacher, Mitt­woch und Sonnabend von 10 bis 11 Uhr die Konditoren; wer eine halbe Stunde später tommt, muß beweisen, warum er als Erwerbs­loser von 10 bis 11 hr feine Zeit hatte. Kann er das nicht, dann gehen wegen dieser halben Stunde drei Tage Unterstüßung flöten. 457 000 Erwerbslose sind hier eingespannt in einen festen Orga­nismus, doch jetzt kommt das ,, Aber": zum ersten für die 26 Wochen regulärer Arbeitslosenunterstützung, zum zweiten für die 39 Wochen der Krisenunterstützung und dann kommt der schwankende Boden der städtischen Erwerbslosenhilfe. Wem diese nicht bewilligt roird, ver­jackt. Weiter stempeln gehen, hat feinen Sinn, Arbeit gibt es nicht. Und jetzt geht es los, das Herumlungern auf den Gassen, um oben nur nicht immer das Gerede über den unnützen Esser zu hören, dieses Bis- in- den- Tag- hinein- schlafen, das alle Willenstraft zerbricht, das Grübeln nach Geld, um mit der Braut einmal in den Kientopp gehen zu können. Wobei die Braut bei manchem wichtiger ist als das Brot. Dann ist der Boden reif, wenn irgendein Glockenfranz nach der mittäglichen Schlesischen" im Humboldthain flüstert: Also, hör' mal zu, mein Junge, denn sei pünktlich um neune an de Selter­bude. Aber hat de Schnauze!"

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Das ist übrigens die Regel: eine erfreulicherweise-- kleine Anzahl verjacter, halfloser Erwerbslofer fällt in die Hände ausge­tochter Verbrecher und wird Räuber. Die Markthallenräuber sind ein Schulbeispiel dafür, wie der 27jährige, vorbestrafte St. den 24jährigen, unbescholtenen Erwerbslosen Sch. verführte. Gäbe es Arbeit für alle, wären sie sich wohl nie begegnet.

Strandgut der Weltstadt.

Der Weg von bestimmten Bänkendes Humboldthains, wir fönnen ebenso gut Friedrichshain oder Tiergarten fagen, zum Strafgefängnis Plößensee schlägt einen großen Bogen. Ueber die Münzstraßen- Etappe. Diese Straße ist der Anfang vom Ende. Hier, in diesen Lokalen, setzten sich zwei Verbrecher mit zwei jungen, bisher unbestraften Erwerbslosen zusammen und heckten den Plan für den Neuköllner Bankraub aus. Auch in diesem Falle ver­sagt die Regel nicht: die Erwerbslosen, blutige Anfänger, figen hinter Schloß und Riegel, während sich die beiden anderen in ihre Schlupf­minkel vertrochen haben. Obendrein wurden die Erwerbslosen, wie üblich, um die Beute geprellt. Aber warum marschieren eigentlich

Jugendliche in einem Nachtlokal am ,, Alex".

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wohnten 12 Schlafgänger, davon zwei Ehepaare. Auf einem der Zählbogen stand folgender Bermert:

,, Da diese Wohnung infolge ihrer tiefen Lage sich zuni dauernden Aufenthalt von Menschen nicht eignet und dieselbe seit 1915 niemand mieten wollte, hat das Wohnungsamt genehmigt, daß dieselbe vorübergehend an Schlafstellensuchende abvermietet werden darf."

Man bedente, eine Wohnung, seit 1915 unvermietbar! Aber gerade recht für eine wilde Penne. Zu nächtlicher Stunde stehen dann die unglücklichen Bewohner dieser finsteren Gegend unter den blendenden Bogenlampen der Münzstraßen- Destillen, wie müde Motten ums Licht.

Seminar für Kriminalftudenten.

Aber die Münzstraße ist nur die eine Seite der ganzen Frage. Hier wird wohl besprochen, was und wer überfallen und ve raubt werden soll, doch die noch fehlende Technik des Raubüber­falls liefert prompt und in jeder nur gewünschten Ausführlichkeit der Zuhörer des Moabiter Kriminalgerichts. Diese Zuhörerräume, die sich bei jedem Gerichtssaal befinden, sind allen beteiligten Amts­ftellen, wir fönnen es ruhig sagen, ein Greuel. Wie oft ist der erbitterte Kampf zwischen der Staatsanwaltschaft und der Verteidi­gung um den Kopf eines Angeklagten dem Zuhörerraum nur Er­fat für eine Theatervorstellung, in der man mit Beifails- und Miß­fallensfundgebungen nicht fargt. Aber soll alles beijeite gelaisen verben; bank haben die Richter auch noch recht: Ja, ja, der Zu­hörerraum, wenn der bis auf den letzten Play besetzt ist, dann hat der Saal erst seinen Ozon". Und die Justizwachtmeister meinend Der Zuhörerraum, das ist ein wahres Kreuz. Da follen auf der Antlagebant fünf, oder auch mur drei Mann fitzen , die fangen mit einem Male an zu toben, und ehe man sich etwas versieht, sitzt der im Zuhörerraum lauernde Anhang der Angeklagten einem schon im Genid. Wer hat denn auch Zeit, nachts um 1 Uhr schon vor der Tür anzutreten, um einen Platz im Zuhörerraum zu ergattern, wie vor kurzem im Neumann- Prozeß. Doch nur die Kriminal­ftudenten."

Oho, Kriminalstudenten! Täglich gebrauchter Fachausdruck im Dienstbereich eines preußischen Justizwachtmeisters. Nur sind da­mit nicht gemeint die Jurastudenten der Berliner Universität, son­dern die alten Bekannten aus dem Scheunenviertel, die ohne Mantel und Kragen den eisernen Stamm aller Zuhörerräume bilden. Wer sich für die Technik des Ur­fundenfälschens interessiert, bitte Erdgeschoß: wie in einem frimi­nalistischen Seminar wird hier der Tatbestand von Kornphäen auf dem Gebiete der Scheckfälschung erörtert, einige bessere, gelungenere Varianten dichten sich die Kriminalfiudenien schon zu. Raufüber­fölle eine Treppe höher, in mitunter mehrtägiger Berhandlung wird hier jedes Detail der Räuberei peinlich genau erörtert. Man braucht nur gut aufzupassen, wie es gemacht wird, in den Verhandlung: pausen bietet sich dann genug Gelegenheit, in fachmännischer Dis­fussion zu klären, ob der Angeflagte ein Stümper oder ein Meister ist. Je nachdem tritt dann abends in einem Schlupfwinkel des Scheunenviertels der Kriegsrat zusammen und beschließt: ,, Da troz einwandfreier Ausführung der gewagten Tat der Angeklagte aus der heutigen Bormittagsverhandlung troß seines Leugnens und trotz seiner falschen Flebben überführt wurde, weil er nicht wußte, ob er noch eine Großmutter hat oder nicht, wird allen Mitgliedern der Bande aufgegeben, innerhalb dreier Tage sämtliche zu den neu gelieferten Flebben passenden Berwandten auswendig zu lernen, um bei einer eventuellen Verhaftung nicht schon vor dem Kriminal­tommiffar wie ein Affe dazustehen." Aber es hat feinen 3wet,

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