Dr.Klaus Bücher warten auf dich
Berger:
Zum Tag des Buches am 22. März
Der deutsche Buchtag ist eine junge Gründung. Erst seit der Inflation muß jeder und jede Einrichtung sich laut bemerkbar machen und Propaganda entwickeln, wenn sie nicht vergessen, über rannt werden und zugrunde gehen mill. Das Buch hatte Furcht vor Rundfunt und Film; seine Käufer wurden immer weniger, seine Leser schrumpften zusammen. Also gründete man den Tag des Buches, um für die echten Werte guter Lektüre zu werben. Rundfunk und Film aber haben sich nicht als Feinde des Buches erwiesen; man merkte erst allmählich, sie bieten nicht Bucherfag, sondern seine Ergänzung. Durch den Rundfunk ist das Buch nicht überholt, sondern er hat sich mit seiner weiten Verbreitung als sein bestes Werbemittel erwiesen. Nachdem das Radio aus einer technischen Sensation zu einer gewohnten Einrichtung geworden ist, hat auch das Buch wieder seine alte Geltung bekommen. He ute mirb mehr gelesen als jemals früher. Noch im legten Jahr ist sowohl die deutsche Buchproduktion wie die Zahl der verfauften Bücher gestiegen, von den geliehenen gar nicht zu reden. Und das trotz aller Wirtschaftskrise.
Das ist schwer erklärlich, wenn man sich flar macht, daß ein mittlerer Roman 5 bis 8 Mart Ladenpreis toftet und also einen vollen Tageslohn eines Arbeiters oder Angestellten verschlingt. Eine Statistit, die es darüber leider nicht gibt, würde allerdings beweisen, mie der Absatz gerade dieser Bücher rapide zurückgegangen ist. Wie kommt dann aber die hohe Zahl im ganzen heraus? Man muß, um das zu verstehen, einen Blick auf den Buchmarkt werfen, auf dem etwa nicht ein Preisabbau eingesetzt hat, sondern ein polltommener Umsturz der Grundlagen.
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Jeder Berleger konnte noch vor zwei Jahren beweisen, daß die tatsächlichen Herstellungskosten, die Bersandspesen und der Ber trich durch den Sortimenter, der allein 35 bis 40 Broz bekommt, eine Preissentung nicht zulassen. Das mag vom Produzenten aus richtig gewesen sein. Aber der Konsument ließ sich deshalb nicht abhaften, nach preiswerteren Büchern sich umzuschauen; er nahm fie, wo er sie fand. Gelegenheiten ergaben sich in diesen wirtschaftlich flauen Zeiten mehr als genug. Sogenannte Restauflagen überschwemmten den Markt: tadellose Exemplare, die aus irgendwelchen äußeren Gründe nicht etmo, weil sie minderwertig waren liegen geblieben, zurückgekommen oder leicht geftaubt maren 3. B. die Romane Heinrich Manns oder Hamsuns maren in einen anderen Berlag übergegangen; der alte verschleuderte die noch vorbandenen Bücher zu einem Viertel des Preises. Ale Berlage räumten ihre Vorräte auf, die schon oft mehrere Jahre unproduktiv dalagen; ein Teil des Bertes in bar mar mehr als die ganze Summe auf dem Lager, im wahrsten Sinn: in Papier . Der feste Laden prets gilt zwar als unerschütterliches Heiligtum und wird auch heute noch so angesehen; aber die Zahl der Ausnahmen, der geschleuderten Bücher, wird immer größer, von Monat zu Monat. Selbst die eingeführtesten Buchhandlungen tun es heute schon ganz ohne Scham, nicht bloß die Bücherfarren und Winkelgeschäfte.
| Durchschnitt auf 3 Mart. Ist auch die Auswahl dadurch nicht mehr beliebig groß, so reicht sie doch aus und mächst ständig, so daß trog
der Krise hier noch Zunahmen von Jahr zu Jahr gebucht werden. Nun hat sich auch der reguläre Buchhandel auf die Konsumenteninteressen umgestellt, und siehe da es geht. Selbst so bewährte und traditionsstarke Berlage wie Fischer, Insel, Rowohlt, Zsolnay bringen heute ihre Standardbücher" zu Einheitspreisen ( 2,50, 2,85, 3,75 Mark) heraus. Es sind nun nicht etwa die bekannten Reihen", die Auswahlstücke oder fürzere Romane in einfacher Aufmachung zur besseren Werbung darbieten( wie die Inselbücherei, Müllers 2- Mark- Bände, Fischer oder Ullstein- Romane), sondern hochwertige und zeitgemäße Literatur, 300, 400, 600 Seiten auf tadellosem Bapier, in Ganzleinen gebunden. Ich möchte nur die Autoren Upton Sinclair , Gorki, Zola, Heinrich Mann , Thomas Mann , Hamsum, Wassermann, Leonhard Frank , Dostojewski , Stefan 3meig, Sinclair Lewis und von den jüngsten Ernst Gläser nennen, mindestens 200 einwandfreie Werte jeder Richtung, aus denen man sich auch ohne großen Geldjack eine Eigenbücherei zusammentragen tann. Selbst eine Literaturgeschichte der Gegenwart hat es bei diesem Einheitspreis in drei Monaten auf eine Auflage von 40 000 Erem plaren gebracht. Wie man hört, sind die Buchhändler mit der neuen Preislösung zwar nicht zufrieden etmas muß man schon stöhnen, aber immerhin nicht so unzufrieden, mie sie es früher gewesen wären. Soviel ist sicher: das Einheitspreisbuch hat sich durchgesetzt und wird immer mehr die hohen Ladenpreise von früher erschüttern. Freilich hat es nicht mur seine Grenzen, sondern auch jeine Gefahren. Die Werke der Jungen, die erst fämpfen und sich durchsetzen wollen, die noch kein festes Publikum und sicheren Abfayz haben, geraten ins Hintertreffen. Sie werden nie in den 2,85- Mart Rahmen hineingehen. Und doch haben sie gerade materielle und ideelle Stügung am nötigsten. Je mehr sie vom freien Buchmarkt abgeschnitten werden, muß man andere Wege einschlagen, um sie zu fördern. Die so geringen literarischen Preise und Stiftungen reichen nicht aus, und die staatliche Dichterakademie öffnet mur den ganz Prominenten ihre Tore.
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Trotz aller Wirtschaftskrise, trotz materieller Not und noch weithin unerschwinglichen Bücherpreisen ist das Buch nicht umzubringen. Im Gegenteil, es gedeiht und steigt und breitet sich aus gerade wegen der Wirtschaftstrise und wegen der materiellen Not. In den öffentlichen Büchereien Lesen 50 Proz. und mehr Erwerbslose! Es würden vermutlich schon 80 und 90 Broz sein, wenn sie Aufnahme fänden. Aber gerade die Volksbüchereien sind im Augenblick vom nagenden Abbauwurm und dem Ersparungsgebot am schmersten bedroht. Schon ist die Mehrzahl für die Annahme neuer Leser gesperrt, schon laffen einige Bezirke ganze 3weigstellen eingehen, um die Kosten für das Personal an anderer Stelle zu verwerten. Materielle Erwerbslosenhilfe ist wichtig, aber geistige und seelische Erwerbss losenhilfe ist ebenso dringend! Bücher haben sich als geistiges Brot erwiesen und behauptet. Nie ist soviel gelesen worden mie heute. Das einzige Gute an unserer Krise, daß sie den Menschen Zeit gibt, um sich auch außermateriellen Dingen mehr zu widmen. 3eigt ihnen Wege, um ihre unfreiwillige Freizeit mugvoller auszufüllen. Erhaltet die Büchereien und baut sie aus!
Einen anderen Weg haben die Buchgemeinschaften eingeschlagen, auch sie ein Kind der Nachkriegszeit. Sie können mit einem festen Abnehmerkreis rechnen und dazu die 40 Praz. für den Zwischenhändler einsparen. Rationalisierung der Produktion und zugleich der Konsumtion also Berwirklichung des Sozialismus im fleinen ist ihr Brinzip. Das Ergebnis ist die Berbilligung des Buches um mehr als die Hälfte; es stellt sich bei ihnen heute im| jetzt tut etwas für seine Freunde!
Das ist die beste Parole für den diesjährigen Buchtag! Das Buch hat sich seiner echten und eingebildeten Feinde selbst erwehrt,
Was ist Sheftel? Ein Paar entzündete Augen über einen Haufen stinkender Felle. Shettel? Ist es ein alter Pelzhändler over eine biblische Verwünschung? Es genügt, einen furzen Blick auf ihn zu werfen...
Aus feinen Augen fließen unaufhörlich Tränen. Aber er weint nicht aus Kummer oder aus Schrecken, er meint ganz einfach, weil er furchtbare Triefaugen hat. Sheftel ist ebenso arm mie häßlich. Und außerdem ist er einsam. Der Tod ist bekanntlich ein ziemlich gedankenloser Herr. Er hat Sheftel vollkommen vergessen. Und so fitt Sheftel noch da, sortiert seine Felle und denkt...
Die Tage gehen am Fenster vorüber mie flüchtige Passanten. Die Uniformen, Fahnen, Geldscheine wechseln unaufhörlich. Aber nicht daran denkt Sheftel... Er denkt auch nicht an Gott, obwohl er ein frommer Jude ist, der alle Fasttage hält und jeden Freitagabend auf seinem ärmlichen Tisch die Sabbatkerzen anzündet. Er Denft an viel einfachere Dinge: Im Winter überlegt er, daß die Tage eigentlich zu furz, und im Sommer, daß sie zu lang find. Der alte Pelzhändler ist etwas kindisch geworden.
Bon Zeit zu Zeit besucht ihn sein Neffe Motika. Motika hat Augen wie glühende Kohlen und ein Parteibuch in der Tasche. Motika macht sich gern über seinen Onkel lustig. Sag mal, Onkelchen, warum ist es erlaubt, am Sonnabend eine Laus zu töten, und verboten, einen Floh zu töten? Warum?"
"
Sheftel schweigt und betrachtet mit trauriger Miene einen dunklen Pelz. Er ist kein schriftkundiger Rabbiner, sondern mur ein alter Belzhändler, und noch dazu einer der elendsten. Aber Motita läßt ihn nicht zufrieden. Dein Gott ist eine schlechte Maschine, die zu nichts taugt, und es ist Zeit, ihn zum Fenster hinauszuwerfen wie eine alte Petroleumlampe!"
Sheftel fieht Motita an, er versucht sogar, ein Lächeln anzus deuten. Und Tränen, die Tränen, die nichts zu bedeuten haben, Laufen aus seinen tranfen Augen. Dann sagt er ganz leise:
,, Sag, Motifa, warum tränist du mich? Es ist sehr gut möglich, daß dein neuer Gott eine viel bessere Erfindung ist. Aber ich bin zu alt und zu dumm, um deine Zeitungen zu lesen. Immerhin, du bist ein guter Junge, also wird auch dein Gott gut sein. Also Laß mich zufrieden, ich bitte dich! Es ist zu spät für mich, euch nach zulaufen. Außerdem könnte ich nicht leben ohne Gott . Sag mir doch, mit wem sollte ich mich unterhalten? mit deinen Zeitungen? Oder mit meinem blutigen Kürschnermesser? Oder vielleicht mit meiner nerfluchten Einsamteit?"
Motita fann Sheftels Gesimmmg nicht ändern. Er bemüht sich auch nicht besonders barum. Sjat er nicht michtigere Aufgaben? Er erneuert boch bas Weltall. Shettal seinerseits fährt fort, feine Felle zu ordnen und Gebete zu murmeln.
Die Tage gehen am Fenster vorbei mie flüchtige Baffanten. Und eines Tages tommt ein Tag des Zornes, an dem selbst der Wind heftiger meht als sonst. Am frühen Morgen schon hört man Ein paar ein herzzerreißendes Räderfnirschen von Leitermagen. Beherzte schleichen sich an den Barrikaden entlang. Sie veriejen die großmütigen Proflamationen der weißen Sieger.
Shettel hört fie nicht an. Er irrt unfätig umher. Niemand fommit jetzt zu ihm, um Bestellungen zu machen. In diesem Moment ht er da und dentt: das ist der Herbst, die Tage werben fürzer...
Sheftel ist frant und ganz stumpfsinnig. Er fragt sich gar nicht erst, warum die Leute sich so aufregen, warum die Leiterwagen schon zu so früher Stunde solchen Lärm machen, und warum die Mutter Motikas so herzzerbrechend meint. Er denkt nur an den Tod, an diesen verrückten Alten. Er hat Kreuzschmerzen und seine Augen sind ganz verklebt.
leber den engen Hof fällt die Nacht.
In diesem Moment unterbricht ein Geräusch wie das Stampfen vieler Füße die Stille.
Die meißen Sieger bringen in das erste beste Haus ein, fie durchstöbern Schränke und Koffer, ohne auf die verängstigten Hausbewohner besonders zu achten. Wenn sie wieder auf die Straße hinaustreten, lächeln sie verwirrt und ein wenig mißtrauisch, ungefähr wie nach einer Märchenvorstellung. Und aus den Bateten, die sie mitnehmen, sehen Stoffe in allen Farben, Basen aus un echtem Silber, Stiefelschäfte hervor.
Sie dringen in das zweite Haus ein, in das dritte... Schließlich werden die tapferen Sieger von Langweile überwältigt. Mit grämlichen Gesichtern wenden sie sich ab von den Stoffen und unechten Silbervasen. Nichts kann sie mehr zerstreuen und erfreuen. Ihre Herzen entbrennen wie die großen Feuer in der nächtlichen Steppe. Sie rächen sich an den verschüchterten Leuten, die wimmernd davonlaufen und sich verstecken, der eine in der Rumpelkammer, der andere im Keller. Sie rächen sich für ihr eigenes Unglück und für ihre Isolierung. Sie rächen fich für irgend ein geplündertes Gut, für irgendeinen hingemordeten Freund... Und die Leute?
Die Leute schreien. Sie fönnen nicht anders. Wenn ein Un glücklicher schreit, so schreien alle mit. Der Schrei verbreitet sich wie durch Ansteckung über die ganze Wohnung, über die Etage. Nicht mehr der einzelne, das ganze Haus schreit, das hohe dunkle Gebäude, das von der Finsternis und von dem Lärm der Sieger erfüllt ist. Zuerst bringt dieser Schrei fogar, die Sieger aus der Fassung. Von wem erwarten diese Dummtöpfe von Juden noch Hilfe?
Aber fie gewöhnen sich schnell daran. Bald sind ihnen die Schreie schon so vertraut wie der Kanonendonner, wie die Rauch fahnen, wie die Flüche, die Läuse, die Traurigkeit...
Als sic, sich vor Verachtung schüttelnd, wieder auf die Straße treten, wird das Haus still. Das ganze Haus schweigt, das Haus mit all seinen Juwelieren, Bettlern, mit den meißbärtigen Rabbinern und den higigen jungen Leuten, die gestern noch mit aller Straft in den Volksversammlungen schrien.
Shettel hemohnt die oberste Etage eines Arbeiterhauses. Es liegt weit ab, am anderen Ende des Fluffes. Und die Sieger tommen erst zu ihm, als schon der Morgen anbricht. In ben unteren Etagen beginnen sie schon zu schreien. Nebenan heult Fouder, der Uhr macher. Er bemeint das Unglüd seiner vierzig Jahre und bie Uhren seiner Kunden.
Sheftel steht neben seiner Lampe und betet.
Plöglich stürzt einer der Sieger zu ihm herein. Ein großer Dummtopf mit zwei Kreuzen auf der Brust. Als Sheftel das blinkende Bajonett fieht, fährt er zurück. Der andere lacht: ,, Du haft Angst, Erbärmlicher!"
Er fennt Sheftel nicht, und darum glaubt er, daß Sheftel ihn mirtlich fürchtet, daß Sheftel wie all die anderen um sein Leben heusen wird, wimmernd von seinen Kindern oder Enkelkindern erzählen und die nach Teer stinkenden Stiefel tüssen wird.
Er soll sich quälen, der Hund! Bielleicht war es sein Sohn, der damals das kleine Gut, fern von hier im Land der Sonne und des, goldenen Weizens, verbrannt hat! In den Augen des Sirgers leuchtet eine unbestimmte Freude auf. Shektel weicht immer weiter
zurüd.
Du willst weglaufen, du Hund, was?"
Sheftel hat nur einen Gedanken. Zum Fenster zu kommen. Er denkt kaum daran, zu entfliehen. Vor wem sollte er denn fliehen? Vor dem Tod? Ist denn der Tod bitterer als dieses einfame 2fter zwischen alten Fellen und Mäufen? Nein, der Tod ist leicht und gut. Aber kann ein alter Jude sterben, ohne sich vorher Leben beschmutzte Hand bieten? Seit seiner Krankheit beugt fich die Hände gewaschen zu haben? Kann er seinem Gott diese vom Sheftel den strengen Regeln seiner Religion und jetzt eben fällt ihm dieses letzte Gebot ein.
die Scheiben. Einige schmutziggraue Wolken haben den Himmel Die schwachen Lichter der Morgendämmerung schimmern durch bedeckt. An den Fensterscheiben sieht man einige Tropfen, die verdächtig grau aussehen wie alles in dieser Stunde.
Sheftel nähert sich den feuchten Fensterscheiben: er will seine letzte Pflicht erfüllen. Der Bandit bricht in schallendes Gelächter Fenster hinausstrecken und um Hilfe rufen. Als ob ihm jemand aus. Ohne Zweifel will dieser alte Dummkopf seinen Kopf zum helfen fönnte! Auch da unten gibt es nichts als Banditen, Leichen, Edutthaufen, Daunen aus aufgerissenen Betten und zertrümmerte Scheiben: die Ergebnisse der ersten Nacht.
Am Fenster angelangt, preßt Sheftel seine Handflächen an die nasse Scheibe. Er reibt die Hände aneinander. Er lächelt. Er hat erfüllt, was seine strenge Religion ihm vorschreibt. Er wird mit sauberen Händen vor seinem Gott erscheinen. Und mit sanfter Stimme sagt er leise:
Jeßt, nachdem ich mir die Hände gewaschen habe, fönnt ihr mich töten!"
Da verzerrt sich das Gesicht des Siegers in einem plöglichen Mutausbruch. Kanaillen! Nicht einmal zu sterben verstehen sie!" Und mit voller Wucht schlägt er den Greis mit dem Gewehrfolben über den Schädel. Sheftel fällt, ohne ein Wort zu sagen, trachend um wie ein schwerer Stuhl. Aber die Wut des Mörders ist noch nicht verraucht. Sein Gewehr beiseite werfend, stürzt er fich auf den Alten, der unbeweglich auf der Erde liegt. Sein Kamerad, der in der Ede sitzt, gähnt und dreht sich gemütsruhig und faut eine Zigarette.
lachte.
Der Mörder hockt noch immer neben dem Toten am Boden. ,, Dieser verfluchte alte Teufel er rieb sich die Hände und warum, warum bloß?... das will ich wissen... das ist ekelhajt... das macht mich verrückt..." Sein Kamerad schweigt. Er gähnt nur heftig und selbstvergessen wie ein Hund.
Der Sieger wirft einen irren Blick auf den gähnenden Kameraden und den toten Alten und läuft, einen dumpfen Ton aus ftoßend, aus dem Zimmer, die Treppe hinunter, die endlos lange, menschenleere Straße hinab....
( Gekürzte, Uebertragung von Leni. Rhan.)
Krokodilstränen. Infolge der sprichwörtlich gewordenen Redensart von den Krokodilstränen taucht immer wieder die Frage auf, ob diese Tiere wirklich meinen tönnen. Der englische Zoologe Boulenger beantwortet diese Frage dahin, daß die Krokodile, mite alle Echsenarien, sehr entwickelte Tränendrüfen haben, die aber natürlich nicht dazu so stark entwickelt sind, um ihren Gefühlen Ausdruck zu geben, sondern um den Augapfel zu reinigen, der in dem schlammigen Wasser vielfach mit Schmuh in Berührung kommt, der ohne Entfernung den Augen schaden würde. Die Augen des Krafodils tränen daher häufig, und wenn man ein solches Tier betrachtet, wie es mit seinen hochgeklappten Augendeckeln die verstümmelten Teile irgendeines unglücklichen Opfers verfchlingt, dann fann man sich wirklich keine beffere Verkörperung einer wehmütigen Heuchelei vorstellen.
Die Maschine singt.
Wenn wir abends von den Hämmern der Fabriken heimwärts gehn und im ersten Dämmern Sternbild neben Sternbild sehn fühlen wir ein Rütteln, Herzens dumpfern Schlag, und der Fäuste heimlich Schütteln: Wann kommt der Tag? Wann? Der Tag, der uns befreit von der Sehnsucht, von dem Brennen: daß wir nach der Arbeitszeit Erd' und Himmel atmen können. Selbst Maschinen, an Maschinen müssen fremdes Glück wir schweißen, an den Rädern, an den Riemen, an den Feuern, an den Eisen.
Liegen nachts wir auf dem Lager, öffnet sich die Türe sacht, ausgezehrt und grau und hager schleicht die Angst sich durch die Nacht. In den Halbschlaf flüstern Sorgen, Ahnung von der Zukunft Leid. Drohend wächst die Furcht vor morgen, vor der Arbeitslosigkeit...
Bleibt für uns kein Ausweg offen? Bleibt uns nichts als unser Schrei? Nichts als Lieder? Nichts als Hoffen? Wann? Wann wird die Menschheit frei? An den Rädern, an den Riemen,
wo der Funke sprüht,
hört ihn, hört den ungestümen Rhythmus im Maschinenlied: ,, Arbeiter! Wir maschinen find ever!
Die uns bedienen
in Wind und Feuer, mollen wir lehren, wollen wir nährenUnser Segen soll euch gehören." Jwan Heilbmt.