Der Abend
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Nr. 138 B 69 48. Jahrgang
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Recht des Oberbürgermeisters
Wichtige Regierungserklärung im Preußischen Landtag
3m Preußischen Landtag begann heute mittag die drifte Lesung des Gefehentwurfes über die vorläufige Regelung ver. schiedener Punkte des Gemeindeverfassungsrechtes für die Hauptstadt Berlin . Dazu haben die Rechtsparteien noch verschiedene Alenderungsanträge gestellt. So joll der Magiffrat nach einem Antrag der Bolkspartei nicht aus dem Oberbürgermeister, zwei Bürgermeistern, neun hauptamtlichen Stadträten usw. beffehen, fonderri aus dem Oberbürgermeister, einem ersten und einem zweiten Bürgermeister, 10 hauptamtlichen Stadträten usw.
Abg. Dr. v. Kries( Dnat.) hält das Gesetz in der jetzigen Fassung der Borlage nicht für glücklich, insbesondere sei feine flare : Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Zentrale und den Bezirken gegeben. In den Bezirken müßte die Magistratsper
Hermann Müllers Aufbahrung
Besichtigung am Dienstag freigegeben.
Um den Parteigenoffen die Möglichkeit zu geben, ein letztes Mal die Züge des toten Führers Hermann Müller zu sehen, beabfichtigt der Parteivorstand, den Raum, in dem der Sarg aufgebahrt iff, am Dienstag der Besichtigung freizugeben.
Zutritt haben alle Mitglieder der Sozialdemokralischen Partei und der freien Gewerkschaften, die fich als folche ausweisen. Besichtigungszeit von 10 Uhr vormittags bis 21 Uhr abends.
Boraussichtlich wird der Raum auch am Mittwoch zur Besichtigung freigegeben werden, doch wird darüber erst in der Mitt, modhausgabe des ,, Borwärts" näheres mitgeteilt werden fönnen.
Bereits am Sonntag und am Montag haben Tausende von Parteifreunden den Raum betreten, dessen endgültige Ausschmüdung jedoch erst heute abend beendet sein wird.
faffung wieder hergestellt werden. Der Antrag der Volkspartei sei eine Ler Scholtz. Seine Freunde würden dem Entwurf nicht zustimmen, aber seiner Berabschiedung auch feine Schwierigkeiten machen.
Abg. Schüling( 3.) wendet sich gegen den Absagebrief des Präsidenten des Deutschen Städtetages, Dr. Mulert, mit dem dieser seine Oberbürgermeisterkandidatur zurückzieht und in dem er sehr heftig die beabsichtigte Reform der Stadtverwaltung fritisiert. Vor drei Wochen wäre die Aktion Dr. Mulerts wirtungsvoller gewesen.
Ministerialdirektor Dr. v. Leyden gibt im Auftrage des Innenministers folgende Erklärung ab: Einem Wunsche des Abg. Dr. Lohmann bei der zweiten Lesung des Entwurfs entsprechend gebe ich über Inhalt und Be deutung des§ 22 der Novelle folgende Erklärung ab:
Das Recht des Oberbürgermeisters, die Bezirksämter mit weisungen zu versehen, besteht auf den Verwaltungsgebieten, die durch die Satzung den Verwaltungsbezirken übertragen sind, nur insoweit, als der Magiftrat nach Anhörung des Stadtgemeindeausschusses zur Einheitlichkeit der Berwaltung Grundsäge aufgestellt hat.
Hiernach beschränkt sich die Befugnis des Oberbürgermeisters darauf, dafür zu sorgen, daß die Grundsätze, die von dem Magistrat aufgestellt, sind, eingehalten und befolgt werden.
Die Abstimmung über die Vorlage findet am Mittwoch,
dem 25. März, 14 Uhr, statt.
Brotpreis wird aufgebaut.
Der Preisabbau ist vergessen.
Totennache an der Bahre Hermann Müllers
Die Zollunion mit Desterreich
Beginn der diplomatischen Aussprache.
Amtlich wird mitgetilt: Die Vertreter Frankreichs , Italiens und der Tschechoslowakei haben dem Außenminister Schober zur Kenntnis gebracht, daß der Abschluß einer Zollunion mit dem Deutschen Reich gegen das Genfer Protokoll vom Jahre 1922 verstoßen würde. Der Bizekanzler hat die Gesandten entsprechend aufgeklärt. Wie der Morgen" berichtet, hat Dr. Schober ihnen gesagt, daß eine Berlekung des Genfer Protokolls nicht vorliege, da beiden Staaten sowohl die politische als auch die wirtschaftliche Souveränität volltommen gewahrt bleibe. Es handle sich auch nicht um ein Abtommen, sondern um einen Plan, an dem teilzunehmen jedem anderen Staate ebenfalls freistehe.
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Sozialdemokratische Beurteilung.
Die Arbeiter- Zeitung " skizziert in ihrem Leitartikel die geschicht liche Entwicklung der Bemühungen zu einer engeren wirtschaftlichen Verbindung der beiden Staaten. Der schon im Februar 1919 geschlossene Vertrag, demzufolge Deutschland und Desterreich ein gemeinsames Zollgebiet bilden sollten, ist damals durch den Einspruch der Siegermächte umgestoßen worden. Das nunmehr verkündete Ziel, einen Regionalvertrag abzuschließen, ist bescheidener gesteckt. Durch den Abbau der Verkehrserschwerung zwischen den beiden Ländern könnte die wirtschaftliche Lage DesterKöln, 23. März.( Eigenbericht.) reichs verbessert und in manchen Produktionszweigen die Die Kölner Bäderinnung erhöht von heute Arbeitslosigkeit bedeutend gemilbert merden. Das ab den Brotpreis um 2 Pfennig pro Kilo. Das hat Mißtrauen, welches dem Plan im Ausland entgegengebracht wird, die Wirtschaftsgemeinschaft der Kölner Gewerkschaften, darf nicht übersehen werden. Es wäre allerdings am leichtesten in der die freien und christlichen Gewerkschaften gewesen, diesen Plan im Rahmen einer allgemeinen Bervertreten sind, veranlaßt, an den Reichskanzler Brüständigung zwischen Deutschland und Frankreich durchzusetzen. ning einen telegraphischen Protest zu richten. Sie sehe in der Brotpreiserhöhung eine Folge der übertriebenen Schutzollpolitik des Reichsministers Schiele und verlange, daß den Interessen der Verbraucher durch die Reichspolitik mehr als bisher Rechnung getragen wird.
Paris , 23. März.( Eigenbericht.) Obgleich der genaue Wortlaut des österreich - deutschen Abtommens noch nicht bekannt ist, protestiert die französische Bresse
bereits in allen Tonarten gegen diesen Plan, der eine Verlegung des Vertrages von Versailles und von St. Germain sowie des Genfer Protokolls vom 4. Oktober 1922 sei.
Bertinar verlangt im ,, Echo de Paris" einen gut dirigierten wirtschaftlichen und finanziellen Druck der früheren Alliierten auf Wien und Berlin , um das Wert Schobers und Curtius zu ver nichten. Das Journal" bezeichnet es als Ironie, daß
die von der Europa- Union lancierte Idee regionaler Zollabfommen gerade von Deutschland und Desterreich in die Tat umgesetzt wird.
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Das Blatt spricht von Wiederherstellung des Pangermanismus", der mit der Zollunion anfange und mit dem von Deutschland beherrschten Mitteleuropa enden werde. In Matin" erklärt Sauermein, es fei sicher, daß Deutschland politischer Hintergedanken verdächtigt werden würde, weil bei der gegenwärtigen Krise ein solches Abkommen weder Deutschland noch Desterreich wirtschaftliche Borteile bringen könne. Der Petit Parifien" meint, es handle fich angesichts des Mißverhältnisses zwischen der Größe und der wirtschaftlichen Organisation beider Länder wahrscheinlich um den Beginn einer wirtschaftlichen Aufsaugung Desterreichs durch Deutschland , der bald die politische Aufsaugung folgen könnte. Das radikale ,, Deuvre" erklärt, Mitteleuropa dürfe nicht der Kern u einem neuen Europa sein und spricht seine Verwunderung darüber aus, daß sich
der englische Gesandfe in Wien der Profeftdemarche Frankreichs , Italiens und der Tschechoslowakei nicht angeschloffen
hat. Am vernünftigsten urteilt das Gewertschaftsorgan Fragen auf, man fönne diese aber vorläufig noch nicht beantworten, Peuple: Das Abkommen werfe zwar zahlreiche beunruhigende ohne fich in abenteuerliche Betrachtungen einzulassen. Berschiedene Blätter berichten, daß Briand sich über diese Frage mit den Außenministern unterhalten werde, die zu der am Dienstag beginnenden Tagung des Organisationsausschusses der Europaunion in Paris eintreffen.