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BERLIN  Montag 23. März 1931

Der Abend

Erscheint t& glich außer Sonntags.

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Nr. 138 B 69 48. Jahrgang

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Recht des Oberbürgermeisters

Wichtige Regierungserklärung im Preußischen Landtag

3m Preußischen Landtag begann heute mittag die drifte Lesung des Gefehentwurfes über die vorläufige Regelung ver. schiedener Punkte des Gemeindeverfassungsrechtes für die Hauptstadt Berlin  . Dazu haben die Rechtsparteien noch verschiedene Alenderungsanträge gestellt. So joll der Magiffrat nach einem Antrag der Bolkspartei nicht aus dem Oberbürgermeister, zwei Bürgermeistern, neun hauptamtlichen Stadträten usw. beffehen, fon­derri aus dem Oberbürgermeister, einem ersten und einem zweiten Bürgermeister, 10 hauptamtlichen Stadträten usw.

Abg. Dr. v. Kries( Dnat.) hält das Gesetz in der jetzigen Fassung der Borlage nicht für glücklich, insbesondere sei feine flare : Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Zentrale und den Bezirken gegeben. In den Bezirken müßte die Magistratsper­

Hermann Müllers Aufbahrung

Besichtigung am Dienstag freigegeben.

Um den Parteigenoffen die Möglichkeit zu geben, ein letztes Mal die Züge des toten Führers Hermann Müller   zu sehen, beab­fichtigt der Parteivorstand, den Raum, in dem der Sarg aufgebahrt iff, am Dienstag der Besichtigung freizugeben.

Zutritt haben alle Mitglieder der Sozialdemokra­lischen Partei und der freien Gewerkschaften, die fich als folche ausweisen. Besichtigungszeit von 10 Uhr vormittags bis 21 Uhr abends.

Boraussichtlich wird der Raum auch am Mittwoch zur Besichtigung freigegeben werden, doch wird darüber erst in der Mitt, modhausgabe des ,, Borwärts" näheres mitgeteilt werden fönnen.

Bereits am Sonntag und am Montag haben Tausende von Parteifreunden den Raum betreten, dessen endgültige Ausschmüdung jedoch erst heute abend beendet sein wird.

faffung wieder hergestellt werden. Der Antrag der Volkspartei sei eine Ler Scholtz. Seine Freunde würden dem Entwurf nicht zustimmen, aber seiner Berabschiedung auch feine Schwierigkeiten machen.

Abg. Schüling( 3.) wendet sich gegen den Absagebrief des Prä­sidenten des Deutschen Städtetages, Dr. Mulert, mit dem dieser seine Oberbürgermeisterkandidatur zurückzieht und in dem er sehr heftig die beabsichtigte Reform der Stadtverwaltung fritisiert. Vor drei Wochen wäre die Aktion Dr. Mulerts wirtungsvoller gewesen.

Ministerialdirektor Dr. v. Leyden gibt im Auftrage des Innenministers folgende Erklärung ab: Einem Wunsche des Abg. Dr. Lohmann bei der zweiten Lesung des Entwurfs entsprechend gebe ich über Inhalt und Be deutung des§ 22 der Novelle folgende Erklärung ab:

Das Recht des Oberbürgermeisters, die Bezirks­ämter mit weisungen zu versehen, besteht auf den Ver­waltungsgebieten, die durch die Satzung den Verwaltungsbezirken übertragen sind, nur insoweit, als der Magiftrat nach An­hörung des Stadtgemeindeausschusses zur Einheitlichkeit der Berwaltung Grundsäge aufgestellt hat.

Hiernach beschränkt sich die Befugnis des Ober­bürgermeisters darauf, dafür zu sorgen, daß die Grund­sätze, die von dem Magistrat aufgestellt, sind, einge­halten und befolgt werden.

Die Abstimmung über die Vorlage findet am Mittwoch,

dem 25. März, 14 Uhr, statt.

Brotpreis wird aufgebaut.

Der Preisabbau ist vergessen.

Totennache an der Bahre Hermann Müllers

Die Zollunion mit Desterreich

Beginn der diplomatischen Aussprache.

Wien  , 23. März.( Eigenbericht.)

Amtlich wird mitgetilt: Die Vertreter Frankreichs  , Italiens   und der Tschechoslowakei   haben dem Außenminister Schober zur Kennt­nis gebracht, daß der Abschluß einer Zollunion mit dem Deutschen Reich gegen das Genfer Protokoll vom Jahre 1922 verstoßen würde. Der Bizekanzler hat die Gesandten entsprechend aufgeklärt. Wie der Morgen" berichtet, hat Dr. Schober ihnen gesagt, daß eine Berlekung des Genfer   Protokolls nicht vorliege, da beiden Staaten sowohl die politische als auch die wirtschaftliche Souveränität voll­tommen gewahrt bleibe. Es handle sich auch nicht um ein Ab­tommen, sondern um einen Plan, an dem teilzunehmen jedem anderen Staate ebenfalls freistehe.

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Sozialdemokratische Beurteilung.

Die Arbeiter- Zeitung  " skizziert in ihrem Leitartikel die geschicht liche Entwicklung der Bemühungen zu einer engeren wirtschaftlichen Verbindung der beiden Staaten. Der schon im Februar 1919 geschlossene Vertrag, demzufolge Deutschland   und Desterreich ein gemeinsames Zollgebiet bilden sollten, ist damals durch den Ein­spruch der Siegermächte umgestoßen worden. Das nunmehr verkündete Ziel, einen Regionalvertrag abzuschließen, ist bescheidener gesteckt. Durch den Abbau der Verkehrserschwerung zwischen den beiden Ländern könnte die wirtschaftliche Lage Dester­Köln, 23. März.( Eigenbericht.) reichs verbessert und in manchen Produktionszweigen die Die Kölner   Bäderinnung erhöht von heute Arbeitslosigkeit bedeutend gemilbert merden. Das ab den Brotpreis um 2 Pfennig pro Kilo. Das hat Mißtrauen, welches dem Plan im Ausland entgegengebracht wird, die Wirtschaftsgemeinschaft der Kölner   Gewerkschaften, darf nicht übersehen werden. Es wäre allerdings am leichtesten in der die freien und christlichen Gewerkschaften gewesen, diesen Plan im Rahmen einer allgemeinen Ber­vertreten sind, veranlaßt, an den Reichskanzler Brüständigung zwischen Deutschland   und Frankreich   durchzusetzen. ning einen telegraphischen Protest zu richten. Sie sehe in der Brotpreiserhöhung eine Folge der übertriebenen Schutzollpolitik des Reichs­ministers Schiele und verlange, daß den Interessen der Verbraucher durch die Reichspolitik mehr als bisher Rechnung getragen wird.

Der Widerstand Frankreichs  .

Paris  , 23. März.( Eigenbericht.) Obgleich der genaue Wortlaut des österreich  - deutschen   Ab­tommens noch nicht bekannt ist, protestiert die französische   Bresse  

bereits in allen Tonarten gegen diesen Plan, der eine Verlegung des Vertrages von Versailles   und von St. Germain sowie des Genfer Protokolls vom 4. Oktober 1922 sei.

Bertinar verlangt im ,, Echo de Paris" einen gut dirigierten wirtschaftlichen und finanziellen Druck der früheren Alliierten auf Wien   und Berlin  , um das Wert Schobers und Curtius zu ver nichten. Das Journal" bezeichnet es als Ironie, daß

die von der Europa- Union lancierte Idee regionaler Zoll­abfommen gerade von Deutschland   und Desterreich in die Tat umgesetzt wird.

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Das Blatt spricht von Wiederherstellung des Pangermanismus", der mit der Zollunion anfange und mit dem von Deutschland   be­herrschten Mitteleuropa   enden werde. In Matin" erklärt Sauer­mein, es fei sicher, daß Deutschland   politischer Hintergedanken verdächtigt werden würde, weil bei der gegenwärtigen Krise ein solches Abkommen weder Deutschland   noch Desterreich wirtschaftliche Borteile bringen könne. Der Petit Parifien" meint, es handle fich angesichts des Mißverhältnisses zwischen der Größe und der wirtschaftlichen Organisation beider Länder wahrscheinlich um den Beginn einer wirtschaftlichen Aufsaugung Desterreichs durch Deutschland  , der bald die politische Aufsaugung folgen könnte. Das radikale ,, Deuvre" erklärt, Mitteleuropa   dürfe nicht der Kern u einem neuen Europa   sein und spricht seine Verwunderung darüber aus, daß sich

der englische Gesandfe in Wien   der Profeftdemarche Frankreichs  , Italiens   und der Tschechoslowakei   nicht angeschloffen

hat. Am vernünftigsten urteilt das Gewertschaftsorgan Fragen auf, man fönne diese aber vorläufig noch nicht beantworten, Peuple: Das Abkommen werfe zwar zahlreiche beunruhigende ohne fich in abenteuerliche Betrachtungen einzulassen. Ber­schiedene Blätter berichten, daß Briand sich über diese Frage mit den Außenministern unterhalten werde, die zu der am Dienstag beginnenden Tagung des Organisationsausschusses der Europaunion in Paris   eintreffen.