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48.Jahrgang

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Vorwärts

Berliner Bolesblatt

Dienstag

31. März 1931

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Antwort an Hitler- Hugenberg.

Eine Erklärung der Reichsregierung.

Der Erklärung der sogenannten ,, nationalen Opposition", Reichsverfassung deutlich hervor. Im ersten Absatz wird bestimmt, die vom Reichspräsidenten im Kommandoton die fofortige daß der Reichstag in jedem Jahre am ersten Mittwoch des November Wiederaufhebung der Notverordnung gegen das Rowdytum zusammentritt. Der Präsident des Reichstags muß ihn früher ein. in der Politik forderte, setzt die Reichsregierung die folgende berufen, wenn es der Reichspräsident oder mindestens ein Drittel in der Politik forderte, segt die Reichsregierung die folgende der Mitglieder verlangen. In dem zweiten Absatz des Ar Erklärung entgegen: titels 24 heißt es jedoch: ,, Der Reichstag bestimmt den Schluß der Tagung und den Tag des Wiederzufammentritts." Aus dieser Fassung geht flar hervor, daß das Recht der Minderheit mur dann in Frage fommt, wenn der Reichstag geschlossen war. Ist jedoch lediglich eine Bertagung eingetreten, wie das jetzt der Fall ist,

,, Vertreter der Rechtsopposition haben auf einer Tagung am 29. März in Nürnberg eine Entschließung gefaßt, die sich mit falscher Begründung gegen die Verordnung des Herrn Reichspräsidenten zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 28. März 1931

wendet.

Die Verordnung des Herrn Reichspräsidenten richtet sich nicht gegen das Boltsbegehren des Stahlhelms. Wie schon anläßlich der Konferenz der Innenminister der Länder vom 18. März 1931 er­örtert worden ist, soll sie der legitimen Werbung des Stahlhelms für sein Boltsbegehren feinen Abbruch tun. In einer vor dem Erlaß der Verordnung liegenden Besprechung mit dem für ihre Ausführung in Preußen zuständigen Herrn preußischen Minister des Innern ist festgestellt worden, daß hierüber volles Einvernehmen zwischen dem Reichsinnenministerium und dem preußischen Mini­sterium des Innern besteht.

Die erwähnte Konferenz der Innenminister hat einmütig auf die Notwendigkeit hingewiesen, im Interesse des Staates und der Stultur der von der rechts und der tintsradikalen Opposition geschürten Verhegung deutscher Volks­genoffen gegeneinander mit scharfen rechtlichen Baffen entgegen­zutreten, dieser Verhegung, die den Nährboden bildet für die zahl reichen politischen Morde und Ausschreitungen, die bas deutsche Bolk in den letzten Monaten zu beklagen hatte. Dabei find in einer ganzen Reihe von Einzelheiten besondere Länderwünsche berücksichtigt worden.

Die Behauptung des Nürnberger Beschlusses der Rechtsopps­fition, die Reichsregierung habe im letzten Jahre keinerlei Aufbau­arbeit geleistet, richtet sich felbft und ist ebenso falsch wie die der völligen Abhängigkeit der Regierung Brüning von der Sozial

demokratie.

Der Herr Reichspräsident, der übrigens ständig Ber treter der Rechtsopposition persönlich angehört hat und über ihre Auffassung unterrichtet ist, hat die Notverordnung in vollster Renntnis ihrer einzelnen Bestimmungen, ihrer Handhabung und ihrer Wirkung erlassen. Die Forderung der Aufhebung der Verordnung stellt daher einen per sönlichen Angriff gegen den Herrn Reichspräsidenten dar.

Es ist tief bedauerlich und bedarf der schärfsten Abwehr, daß nunmehr von deutschnationaler Seite versucht wird, durch Ent­ftellungen und durch die Verbreitung unwahrer Behauptungen im Bolte das Bertrauen in die Person und in die Ueberparteilichkeit des Herrn Reichspräsidenten zu untergraben." Die rechtsradikale und die linksradikale Presse tobt ge­meinsam, am lautesten das Organ des Herrn Hitler . Es behauptet, die Notverordnung übersteige alles bis her Dagemejene an politischer Entrechtung der Deutschen ". Das ist sehr schön gesagt von einer Partei, deren Ziel und Programm die politische Entrechtung der Deutschen ist! Hat man bei Hitler vergeffen, welcher Grab von politischer Freiheit in den Glanzzeiten der Aera Kahr Hitler in Bayern bestanden hat von der Unterdrückung der verfassungstreuen Presse und der Versammlungsfreiheit über den Angriff auf das Koalitionsrecht bis zur amtlichen Begünstigung des Mordes? Der Reichstagsabgeordnete Dr. Hoegner hat am 20. März im Vorwärts" ein Bild von dem Treiben des bayerischen Faschismus entrollt, das den Abwehrwillen jedes freiheitsliebenden Deutschen hervor rufen muß!

Zu den politischen Rechten, die Hitler den Deutschen be­scheren will, gehört in erster Linie das Köpferollen. Wer anderer Meinung ist Kopf ab!

Wie steht es mit der Aera Frid in Thüringen - ist das der Inbegriff der politischen Freiheit?

Wir haben feine Lust, uns von Hugenberg, Hitler und Co. die Freiheit" des Dritten Reiches bescheren zu lassen, dessen Wesen wir zur Genüge fennen, noch viel weniger die Frei­heit, unsere Köpfe in den Sand rollen zu lassen. Die lärmende Entrüstung der Diktaturmütigen, die sich über Diftatur be­schweren, läßt uns falt. Wir wissen, daß die Freiheit, die fie meinen, die Freiheit zur Knechtung des Volkes ist!

Es steht diesen Leuten gut an, über politische Entrechtung zu schreien!

Einberufung des Reichstags?

Rechtsradikale und Kommunisten fordern die Einberufung des Reichstags, damit er die Notverordnung aufhebe. Diesem Berlangen fann jedoch nur entsprochen werden, wenn die Mehrheit des Reichstages die Einberufung wünscht. Das geht aus Artikel 24 der

Am Donnerstag, dem 2. April, nachmittags 5 Uhr pünktlich, findet auf dem Zentralfriedhof in Frie­ drichsfelde die feierliche Beisetzung der Asche unseres Genossen

statt.

-

Hermann Müller Hermann Müller

wird zur letzten Ruhe be­Hermann Müller wird zur letzten Ruhe be­stattet auf dem Rundell, wo die alten Vorkämpfer der Sozialdemokratie: Wilhelm Liebknecht , Paul Singer , Hugo Haase , Molkenbuhr u. a. ruhen. Genosse Hans Vogel , M. d. R. und Mitglied des Parteivorstandes, wird die Gedenkrede halten.

Die Kreise Friedrichshain und Lichtenberg stellen die Fahnendelegationen und beteiligen sich an der Feier. Der Bezirksvorstand.

dann entscheidet gemäß Absatz 2 des Artikels 24 die Mehrheit des Reichstags. Sie hat als den Tag des Wiederzufammentritts ben 13. Oktober bestimmt, dabei aber ausdrücklich betont, daß eine Mehr­heit jederzeit eine frühere Einberufung des Reichstags beschließen

fann.

Da die Sozialdemokratie, ohne daß sie mit allen Bestimmungen der Notverordnung übereinstimmt, es ablehnen muß, Nazis, Deutsch nationalen und Kommunisten in die Hände zu arbeiten, so wird voraussichtlich diese Mehrheit nicht zustande tommen.

Zwei Ausführungsverordnungen.

Der Reichsminister des Innern hat zu der Rotverordnung des Reichspräsidenten gegen das politische Rowdytum unter dem 30. März zwei Ausführungsverordnungen erlassen, von denen die eine das Verfahren der Ausführung regelt und die zweite jene leitenden Beamten bestimmt, die unter den besonderen Schutz der Berordnung gestellt werden. Es find: der Reichspräsident, der Reichstanzler, sämtliche Reichsminister und die Staatssekretäre des Reiches. Die Ausführungsbestimmungen werden am Dienstag im Reichsanzeiger veröffentlicht und treten damit in Kraft. Die preußische Staatsregierung wird außer dem Ministerpräsi denten, den Staatsministern und Staatssekretären auch die Ober­präsidenten, die Regierungspräsidenten und Polizeipräsidenten unter den besonderen Schutz der Verordnung stellen.

B.

Recht und Psychologie.

Einige Bemerkungen zum Streit um die Zollunion.

Von Rudolf Breitscheid .

Der französische Außenminister hat mit seiner Rede vor. dem Senat in Deutschland und Desterreich berechtigtes Aufsehen und Unwillen erregt, aber es ist ihm trotzdem nicht gelungen, die Nationalisten in seinem Lande zufrieden­zustellen. Die Blätter der Rechten werfen ihm Infonsequenz und Schwäche vor und drohen ihm mit dem Sturz, wenn das Projekt der deutsch - österreichischen Zollunion in der Kammer

Briand hätte die Wirkung seiner Worte voraussehen können. Wenn er mit Nachdruck erklärte, daß Deutschland und Desterreich dem Recht und den Verträgen zuwider­handelten, dann führte er damit den Nationalisten Wasser auf die Mühle und berechtigte sie zu ihrer Forderung nach einem entfchiedeneren und rücksichtsloseren Eingreifen. Es wäre ein Gebot politischer Klugheit gewesen, daß der Minister nicht Stimmungen Rechnung getragen, sondern den Versuch gemacht hätte, auch die Rechtsauffaffungen, die in Berlin und Wien herrschen, gebührend zu würdigen. Ein Beispiel geben ihm in dieser Beziehung die Londoner Times", die objektiv das französischen und tschechoslowakischen Kritiker ins Treffen Für und Wider abwägen und den Beweisgründen, die die führen, die deutsch - österreichischen Argumente gegenüberstellen.

In der Tat liegen die Dinge so, daß die Gegner des Unionsplanes feinen Anhängern und Befürwortern zu mi mindesten den guten Glauben zuerkennen müßten, vertragliche Verpflichtungen nicht zu verletzen. Nur eine ge­waltsame Auslegung der Friedensverträge von Versailles und Saint Germain und des Genfer Protokolls von 1922, das der Gewährung einer Bölkerbundsanleihe an Desterreich zugrunde liegt, fann zu dem Ergebnis gelangen, daß der Schritt, den die beiden in Frage fommenden Regierungen unternommen haben, gegen diese Abkommen verstoße. Weder die wirtschaft­liche noch gar die politische Unabhängigkeit Desterreichs ist durch einen Plan bedroht, der den beiden Zollverwaltungen ihre Selbständigkeit beläßt, der auf ein gemeinsames Zoll­parlament verzichtet und der im übrigen nach Ablauf von drei Jahren gekündigt werden kann. Und was die Behauptung angeht, Desterreich verlege die in seinen Handelsverträgen vor. gesehene Meistbegünstigungsklausel, so können einmal die Handelsverträge gekündigt werden, und zum andern ist es herrschende internationale Auffaffung, daß auch in den Fällen, wo eine entsprechende Feststellung in den Verträgen nicht er folgt ist, die aus der Meistbegünstigungsklausel fließenden Rechte entfallen, wenn einer der Partner eine Zollunion mit einem Dritten eingeht.

Der Minister Curtius wird in der Rede, die er am Dienstag vor dem Reichsrat hält, diese begründeten Rechtsauffaffungen eingehender erläutern, und er wird die Gelegenheit wohl auch benutzen, um auf die englische Forde rung nach einer Einschaltung des Völkerbundrates näher ein­zugehen. In dieser Beziehung scheinen zwischen Berlin und London gewisse Unflarheiten und Mißverständnisse obzu­walten. Sie beruhen offenbar auf der Form, in der das durch den englischen Botschafter übermittelte Ersuchen von den deutschen maßgebenden Stellen beantwortet ist. Man hat sich Der betreffende Teil der Verordnung bestimmt: Deffentliche hier auf den Standpunkt gestellt, daß es den interessierten politische Bersammlungen sowie alle Versammlungen und Aufzüge Mächten ja freistehe, die Angelegenheit in Genf zur Sprache zu bringen, daß aber Deutschland nicht ausdrücklich seine Zu unter freiem Himmel... tönnen verboten werden, wenn nach den zu bringen, daß aber Deutschland nicht ausdrücklich seine Zu­Umständen zu besorgen ist, daß Organe, Einrichtungen, Bestimmung zu einem solchen Schritt geben könne, weil es damit hörden oder leitende Beamte des Staates be schimpft oder böswillig verächtlich gemacht werden..."

Der Fall Braunschweig .

Franzen fämpit um Zeitgewinn. Nach Wochen hat das braunschweigische Staatsministerium auf die Anfrage des Reichsinnenministers wegen der llebergriffe Franzens geantwortet. Aber wie! Das Schreiben lautet:

,, Auf das gefl. Schreiben vom 25. v. M.( Nr. Ia 2039/24. 2.) bitte ich vor weiterem um eine gefl. Mitteilung, welche Zeitungs meldungen Anlaß zu Ihrer Anfrage gegeben haben. Zu diesem 3wed erlaube ich mir, einen Teil der hiesigen Zeitungen, in denen über den nationalsozialistischen Gautag in Brunschweig am 21. und 22. Februar d. J. berichtet wird, zur gefl. Kenntnisnahme zu über­senden.

In der beigefügten braunschweigischen Staatszeitung vom 25. Februar d. 3., Nr. 47 Beilage befindet sich übrigens eine von dem Herrn braunschweigischen Staatsminister des Innern ver­anlaßte Erklärung des braunschweigischen Staatsminifteriums, welche unzutreffende Gerüchte richtiggestellt hat."

Man drückt sich um redliche Auskunft, um Zeit zu gewinnen.

die Zweifel an der Zulässigkeit seines Borgehens als berechtigt anerkennen würde. Rechtlich ist auch dieses Verhalten ficher einwandfrei. Immerhin aber läßt sich die Frage auf­werfen, ob es auch zwed mäßig gewesen ist. Wenn man mit gutem Grunde von der Unantastbarkeit seiner Stellung überzeugt ist, dann fann man, ohne sich etwas zu vergeben, in ihre juristische Nachprüfung einwilligen. Das um so mehr, als man um diese Prüfung doch nicht herum­fommt. Wozu auch nur den Eindrud erweden, als wider­strebe man einer Untersuchung, die man nicht zu fürchten hat. In der Politik ist das Recht sehr viel, aber es ist nicht alles. Psychologisches Empfinden muß die Betomung des Rechts­standpunktes wirksam ergänzen.

Und damit kommen wir zu dem Punkt, an dem eine Rritik an der deutsch - österreichischen Attion ganz allgemein anfeßen kann. Nicht sowohl an ihrem Ziel, als an ihrer Vor­bereitung und Einleitung. Es gibt feinen Menschen in Deutsch­ land , der die Zollunion mit Desterreich nicht wünschte. Nicht nur, weil uns allen jede irgendwie geartete Annäherung an den Bruderstaat millkommen ist, sondern auch, weil jede mit ber Niederlegung von Zollgrenzen verbundene wirtschaftspoli­