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Nr. 1 59* 48. Jahrgang

6. Beilage des Vorwärts

Sonntag, 5. April 1931

<K. Schifchko

ffiei den Terwahrloften

..Komm mit auf die Strafte, ich gäbe dir etwas zu sagend Scher dich zum Teufel", entgegnete Filka, ein Junge von vier- zehn Jahren." Der Siebzehnjährige steckte eine Tafel Schokolade in Filkas 5 and. Er hatte sie vor wenigen Augenblicken aus dem Markte ge> stöhlen. So komm doch!" Den Filka packte die Neugier. Er lieft den Tee stehen und den Blinden, den er durch die Straften geleitet hatte, und verlieft mit dem anderen die Teestube. Zwei junge Burschen gesellten sich zu Ainelka. Schlieftt Bekanntschaft", sagte Amelka.Die» ist Paschka Kamel und das Stepka der Schüdelspalter Wie heiftt du?" Ich heifte Filka." Gut So sollst du Stepka der Führer heiften. Komm mit zu uns. Bei uns läftt sich's leben" Breitschultrig, doch mager, steckte Amelka in einem zerrissenen, settgetränkten Altväterrock, dessen Rücken bi» zum Kragen aus- geschlitzt, besten Aennel zersetzt waren Ausgetrennt baumelten die Schäfte An seinen nackten Füßen klebte vertrockneter Straften- Ichmutz. Seinen Kops bedeckte eine altersgrüne Mönchskappe. Sie hatte ihm bei den Kameraden den NamenAmelka der Mönch- eingetragen. Sein Gesicht sah schmutzig gelb und kränklich aus. Der Mund war breit mit dicken Lippen, die Augen klein, ebenfalls gelblich. Paschka Kamel war klein und bucklig. Sein Lumpenzeug de- stand aus lauter Löchern, hie und da zugeflickt. Seine von Unge- ziefer wimmelnden Haare hingen in die Schläfen, das dreieckige Gesicht zeigte einen greisenhaften Ausdruck, böse und zynisch blickten die Augen. Dieser Paschka mißfiel dem Filka. Dagegen machte der dritte Verwahrloste einen guten Eindruck auf ihn Er glich einem rotbäckigen Mädchen. Sein Gesicht war weniger schmutzig als das der anderen. Seltsam genug war er angetan: die Brust nackt ohne Hemd, zerlumpte Kniehosen, die Hände vergraben in einem Frauen» mufs mit hervorquellendem Futter, aus dem Kopfe ein Altweiber- Hütchen. Du mußt dich von seiner Weibermaskerade nicht irreführen lasten", sagte Amelka. Er hat seiner Mutter Znit der Axt den Schädel eingeschlagen. Er heißt darum auch Stepka derSchädelspalter". Das lügst du", schrie Stepka beleidigt und drehte der Gesell- schast den Rücken zu. Filka betrachtete den schmutzstarrenden Rücken des Unglücklichen mit dem unförmigen Höcker und lachte. Ein unanständige» Wort war darauf eintätowiert.Die Marke da hat er von uns", sagte Paschka Kamel. Stepka der Schädelspalter spie aus and rief, ohne sich umzu- drehen:.Kanaillen l" Hauen wir ab." Und Amelka packte den Filka am Arm.Also, kommst du mit?" Für immer?" ..Na klar. Wenn du erst eine Woche bei un« gehaust hast, bist du nicht mehr loszuwerden." Mit einem plötzlichen Fachausdruck und einem Augenzwinkern wie« Amelka aus«ine vorübergehende Dame: Flink, macht euch dran!" Paschka Kamel stürzte vor, stieß die Dam« mit dem Ellbogen heftig in den Rücken. Der Stoß drückte ihr den Hut auf die Augen. Für Sekundenpause stand sie verwirrt, dann kreischte sie: .Lu Hilfe, zu Hilfe!" Rette dich. Filka. die Polizei!" rief Amelka.Lauf hinter mir her!" So rasch er konnte, flitzte Filka hinter den Verwahrlosten her. *** Die drei entführten Filka an das sandige Ufer eine» großen Flustes. Vornübergesunken stand auf dem Sande inmitten de» Schilfrohr» eine große Hütte, gestützt auf dicken Pfühlen. Hier hausten an die hundert Kinder. In der Mitte der Hütte hatten sie

aus dem Sandboden einen Lehmosen aufgeführt. Als Rauchabzug diente ein Loch in der Wand. Nur keine Bange!" sagte Amelka zu dem Neuen.Hier bin ich Herr! He, ihr! Hier habt ihr einen Neuen! Er heißtFilka sei Führer". Wer ihn anrempelt, kriegt eins in die Fresse. Der läßt nicht mit sich spähen. Trag ihn ein, Kraß, und händige ihm seine Marke aus. Hier ist unsere Wandzeitung", sagte Amelka und wies auf einen großen Bogen an der Wand, bedekt mit kleinen

Olterhotfrtmjl Osierbolfchaft; Auferstehen! Hoffnung, die die welk umspannt, Zieht im ersten Arühliagsweheu Durch da» qualgeprüste Land. Deckte auch die braunen Schollen Weiß des Winter» Le'chentuch, Spürst du jetzt den kräflevollen Dust im herben Erdgeruch. Spürst des Leben» Urgewalten, Das die Sternenwell bewegt, Das im ewigen Gestalte« Sich im Neiusteu hälmchea regt. Da» den Tod hat überwunden Und da« Illarlerkreuz zerbricht; Leben, das nicht zeitgebunden, flammt auch in dein Angesicht. Sieh, e» fästt von dir ein böser Sterbetraum wie Schatten ab. Mensch, du selbst bist dein Erlöser! Schreite aus dem Duldergrab. Otto Meter.

Schristzügen und Zeichnungen. Da sind Verse. Die Wandzeitung stammt nicht von un». Sie ist in einer Lederfabrik gestohlen." Filka wandte sich um Hinter seinem Rücken wollten Paschka und Stepka vor Lachen bersten. Eine Schar schmutziger und zer» lumpter Knaben und Mädchen umstanden sie Auch einige Jugend- liche waren dabei. Filka lächelte aus Höflichkett und um von Nacken- ltößen verschont zu bleiben. Einer mit einem geschwollenen Kopfe wies aus Filka. Beim Satan! Neue Schuhe! Ist der vornehm!" Karaft!" rief Amelka. Karaß! ftaraft! Der Ehef ruft dich!" Ejn hinkender Zunge kam gelaufen. Ohne Hosen, in einem neuen, über und über besudelten Frauenhemd. Hinter der Schnur, die an Stelle eines Gürtels seine Taille umspannte, steckte ein hölzerner Dolch. Auf dem Kopfe saß eine zerrissen« Fellmütze. Hast du dem Burschen die Marke gegeben?" Ja." So trag seine Stiefel ein, Hemd und Mütze. Brauchst nicht zu fürchten, die Stiefel kommen nicht weg. Unsere Vorratskammer ist gut organisiert Mit solchen Stiefeln und in einem nagelneuen Hemd kannst du unmöglich auf dem Markt arbeiten. Für» erste gehst du barfuß. Sobald es kühl wird, bekommst du Schuhe Du darfst dir beileibe nicht die Fratze waschen, auch nicht den Kopf bürsten. Da» ist eine Erfindung der Bourgeois. Das Wasser ist dem Menschen zum Trinken gegeben."« Splitternackt setzte sich Filka auf» Stroh. Karaß warf ihin elende Lumpen zu, trug Hemd und Stiefel fort. Filka kleidete sich an. Da» ging denn doch zu weit. Das war einfach Gewalthabereil Filka zitterten die Hände. Er verspürte große Lust loszuheulen.

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Ich komme frierend nach Haus. Draußen regnet es, und meine Schuhe sind kaputt, mein Mantel sieht nur noch von weitem wie «in Mantel aus. Das Zimmer ist kalt. Wir haben es am Morgen mit allen Zeitungen, Manuskripten und Entwürfen geheizt. Das biftchen Wärme ist längst aus dem Schornstein hinaus. Mein Freund sitzt am Tisch und mall. Er hat eine Decke um die Beine gewickelt und will wissen, ob ich«in paar Zigaretten mitgebracht habe. Zigaretten! Da» Wort enthält allen Luxus und alle Herr­lichkeiten der Welt. Ich antworte nicht einmal auf seine Frag«. Er arbeitet weiter und pfeift vor sich hin. Wir haben un- nichts zu erzählen. Es geht abwärt» mit uns, jeden Tag sinken wir ein Stückchen tiefer, wir wundern uns, daß wir nach immer nicht ganz unten angekommen sind. Wir werden unsere Arbeiten nicht tos. Es bleibt uns nichts weller übrig, als weiter zu machen und auf das Glück zu warten. Die Klingel schrillt. Was! Jetzt um diese Zeit der Gerichtsvollzieher! E» läutet Sturm. Ich öffne zögernd. Eine Dame steht vor der Tür. Pelzmantel. Hut. Handschuhe. Da« ist mein erster Eindruck. Ich kenne sie nicht. Ein diskretes Parfüm streichelt meine Nerven. Sie will meinen Freund sprechen. Wir gehen ins Zimmer. Ich erfal/re, daß sie meinen Freund von früher her kennt. Sie ist die Frau eines Industriellem Die beiden scheinen sich früher mal geliebt zu haben. Ich werde nicht recht draus klug. Sie benimmt sich, als ob sie schon oft bei uns geschlafen hätte. Wir rauchen ihre Zigaretten. Sie atmet den Nauch tief ein und ftöftt ihn beim Sprechen wieder aus. Sie sieht sich dt« Bilder meines Freundes an und lobt sie. Wa» soll sie auch sonst dazu sagen! Sie merkt aber, daß sich mein Freund verändert hat. Seine Arbellen passen nicht mehr an die Wand eine» Eßzimmers. Im Gegensatz zu seinen früheren Arfxiten sind seine Bilder jetzt unruhig, sie klagen an. Und sie gehört zu der angeklagten Gesellschaftsklasse. Ich komme nur überflüssig vor, ich weift rächt, was ist tun soll. Es ist alles so merkwürdig. Ich verstehe da» Verhältnis nicht. Wir reden von Büchern, Zellschristen und Ausstellungen. Kommen uns aber nicht näher. Ich erfinde eine Verabredung, um fortzukommen, und laste die beiden allein.

Ehm kommt erst spät in der Nacht nach Hau». Er stellt eine Flasche Wein aus den Tisch und die Rest» eine» fabelhasten Estens, auch Zigarren und Zigaretten. Guten Appetit, sagt er. Ich esse und trinke. Die Zigaretten sind gut. Er schweigt. Ick) bin neugierig, aber ich mag nicht fragen. Ehm hat jetzt inimer Geld. Wir haben ein warmes Zimmer und reichlich zu essen. Ick) fange an, mich wohl zu fühlen und kann wieder arbeiten. Die Frau ist nicht wieder- gekommen. Aber sie ist noch da, sie sieht im Hintergrund. Ich spüre sie.' Ehm ist oft nicht zu Hau». Er verrät nicht», ober ich weift, daft er bei ihr ist Er matt sie und porträtiert Leute aus ihren Kreisen. Wir sprechen nicht darüber. Ehm ist still und ver- bittert. Wir haben Geld, die Leute zahlen gut. Ich schaue mir manchmal Ehms revolutionäre Bilder an. Proletariergesichter. Ar- beitslose, hungernd« Massen. Ein revolutionärer Schrei steckt in den Arbellen, ein Schrei nach Freiheit und Sattsem. Sein letztes Bild zeigte Arbeiter auf der Barrikade. Es war noch nieht fertig. Er rührte es nicht mehr an. Er malte jetzt ihren Mann, den Berg- werksdirektor, einen Herrn mit einem prominenten Bauch. So kriegten auch wir von der feiten Dividende etwas ob und Ehm glänzte auf den Gesellschaften der Frau Direktor. Cr hotte sich oerkauft. Wir litten keine Not mehr. Aber wir hatten auch an nichts richtige Freude. Wir würden uns wohl trennen müsten. Es war alles so anders geworden. Die fünfhundert Särge der er- schlagennen Bergarbeiter standen zwischen uns. Entweder für die Frau Direktor oder für die Toten und die, die noch sterben werden bei der Arbeit! Ehm muhte sich entscheiden. Und er entschied sich mll aller Heftigkeit Er malte die Henker in Slbendcmzügen. er über- steigerte ihre Schuld und schickte dergnädigen Frau" das Blatt Er hatte sich frei gemocht und auf seinen Platz zurückgefunden. Die Dame in Pelz lieft sich nicht wieder bei uns sehen. Vielleicht hat st« ihn geliebt, wer weift. Er hat nie davon gesprochen. Wir sitzen jetzt wieder im kalten Zimmer und sehnen uns nach einer Zigarette. Wir haben den Kampf wieder aufgenommen. Wir demonstrieren mit den Arbeitelosen. Sie sind mißtrauisch gegen unsLiteraten", ober ihre Sache ist auch die unsere.

Mit Beschützermiene schlug ihm Amelka aus die Schulter. Du bist nun gut ausgestattet. Das da ist ein warmes Gewand. Man sollte fast meinen, seine Gnaden vor dem Kriege. Das gilt übrigens bei uns als vornehm. Host du den Fragebogen ausgefüllt? Gib her, Karaß!" Karaß brachte einen Bleististrest und ein vorgedrucktes For­mular, das übersät war mit Fettflecken. Füll das da aus!" Filka nahm alles äußerst ernst Die Hüttenordnung schien streng Es galt sich zu fügen. Sorgfältig füllte er aus. Zweimal brach der Bleistift ab. Was soll ich da hinschreiben?" Amelka unterwies ihn. Bei der FrageBeruf" wurde Filka nachdenklich. Schon wollte er schreiben: ehemals Blindenführer bei dem Bürger Reseda, als ihm Amelka zuflüsterte: SchreibDieb". Ich habe noch nie gestohlen." Filka zitterte vor Erregung. So schreib... angehender Dieb." Getragen dröhnten sieben Schläge gegen eine Eisenplatte. Es schlägt sieben Uhr. Es ist Zeit zu Abend zu essen." Filka spähte umher, lieber dem Herd hing an einer Schnur em Marktgong. Ein kleines Mädchen von zigeunerhastem Aussehen hatte darauf die Stunden abgeläutet Das ist Nadja die Bäckertn", sagte Amelka.Die Hütten- zemetnschast stand vor dem Ruin. Da haben wir fünf Säcke Mehl gestohlen. Mit zwei großen Barten haben wir sie uns nachts m aller Sttlle geholt Nun haben wir Brot die Fülle Es war eine schwierige Angelegenheit. Aber wer arbettet, braucht nicht zu hungern." rUebertTaaen ett» dem ZwMtchen von Sasid« Rvseatdal.)

sl Trance: Was Meihl übrig? Man hat, obwohl die ganze Wett voll ist von den erstaunlichen Ueberresten vergangener Schöpfungen, eigentlich noch nie daran gedacht, was denn vor unserer gegenwärtigen Welt, die doch ebenso sicher von einer fernen Zukunft durchforscht werden wird wie jede Vergangenheit von uns, eines Tages alsVersteinerung" übrig- bleiben wird. Wird eine späte Zukunft, etwa eine Zeit, die zur Gegenwart so ferne steht wie diese zur Braunkohlenzeit wisien, daft inzwischen der Erde etwas widerfahren ist, was vordem nie da war, nämlich die Eroberung und Umgestaltung durch ein einziges Geschöpf? Oder wird alles, was der Mensch geleistet hat, sich in unkenntlichen Staub und Rost auflösen und seineWelt" nicht mehr hinterlassen al« noch jedeWell" vordem? Jedenfalls wird man auch in fernster Zukunft aus der dunklen Erde ebenso bleiche Zähne graben und rotbraune morsche Knochen. die an der Luft zu Staub zerfallen, wie wir auf diese Weise Zeugen ättester Vergangenheiten für unser Wisien retteten Im rein Natürlichen wird sich also offenbar gar nichts ändern. Das ewige Gleichmaft der Dinge wird weitergehen, Sonne wird scheinen, Wolken werden ziehen, das Meer wird rauschen und schäumen, Leben wird aufsprießen, sich des Daseins freuen und dahinsinken auch in Tagen, in denen unsere Gegenwaa noch aus Versteinerungen besteht Wa» wird aber au» den Kulturwerten werden, den großen Lauwerten, den Kunsterzeugnisien, den eisernen Maschinen, de» Gegenständen au» Glas, Porzellan, den geschliffenen Steinen, dem Edelmetall, aus den tausend und abertausend in sinnvolle Forme» geprägten Geräten und Zeugen unserer Zivilisation? Da ist denn zunächst kein Zweifel, daß die Leistungen, worauf wir eigentlich am meisten stolz sind, Apparate, Kunstwerke und die auf Papier gedruckten Erzeugnisse des Menschengeistes, am raschesten vergehen. Papier , Stoffe, Holz, Gummi, auch Eisen, überhaupt alle nicht edlen Metalle, werden niemalsfossil " sein. Auch Bauten, soweit sie aus Mauerwerk bestehen, haben keine weitreichende Dauer. Wohl sind heute ägyptische Tempel und die ebenso allen Bauten von Ur und Babylonien teilweise noch gut erhalten, aber was find fünf-, oder wenn es hoch kommt siebentausend Jahre gegen die Zeiten, die bei Fossilien In Betracht zu ziehen sind! Kein Zweifel daher: bis wieder ein neue» Erdzeitalter über die alte Erdkugel hin die Lose von Glück und Unheil verteilt wird nichts von menschlichen Kunst- und Bauwerken der Segenwart mehr er- halten sein können. Di« Steine werden zerbröckelt sein, selbst der behauen« Marmor wieder zusammenbacken, zerrieben worden, zur Unkenntlichkeit zusammengedrückt in neuem Gestein, alle» Eisen in Rost zerfallen, wieder«ingegangen in die Erde, au» der es hervor» kam. Rur eins wird ebenso unveränderlich wie die kleinen Kiesel- algen der Steinkohle und ältesten Schiefer das Wirken des Menschen- geiste» auch allerfernsten Zeiten künden: Gla», Porzellan. Edelsteine! Melancholisch und doch wieder großartig der Gedanke: Alles. alles wird vergehen, nur ein großer Berg von Scherben wird übrigbleiben. Daran allein wird man eines Tage« noch erkennen, daß es Menschen gegeben hat Und wenn soviel Zeit hinabtropft in da» Meer der Ewigkeit, al» vergangen ist bisher seit den Tagen der ersten Schöpfung. Gläser und Edelsteine, ihr wunderbarer Schliff, ihre prachtvollen Farben künden doch: ein intelligente» Wesen ist einmal dagewesen. Wenn man heute in Glasbildern, in farbigen Mosaiken au« Glasfluß eine Chronik der Well in die Erde versenkte, etwa im erdbebenfreien Gebiet de» europäischen Norden», könnte man dadurch gleichsam bis an«Ende der Welt" allen künftigen Zeiten da» Wissen von heute übermitteln, und es ist nur ein einziges Naturerelgnls denkbar, das auch diese Spur auslöschen könnte: ein Neuerglühen der Erdrinde, sei es aus innen heraus oder durch elnen Sternzusammenstoß. Beides ist aber eine zwar denkbare, aber kaum wahrscheinliche Möglichkeit Und vielleicht würden sogar dann in dem schrecklichen Augen- blick, in dein selbst Glasflüsse neuerdings schmelzen müßten, ge- schliffene Smaragde und Diamant« noch widerstehen und ihre Form behalten können als die letzten und beständigsten Zeugen menschlichen Schaffens. Man hat es sich oft schon ausgemalt daß in einer fernen ftem- den Zukunft auch die heute noch so lebensfrische Erde erloschen, kalt und tot gleich dem Mond«, wie«in ungeheurer Sarg ihrer Ver- gangenhell durch das Weltall schweben wird Es mag uns ein stolzes Gefühl sein, daß sie auch dann Runen tragen wird, die Msnschenleben künden und einer ungeahnten Verwirklichung des prophetischen Wortes unseres Dichters, das da auf einmal für die ganze Menschheft gilt: Es kann die Spur von deinen Erdentagen Nicht in Aeonen untergehen"