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1931
Der Abend
Erscheinttäglich anser Sonntags. Sugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Expedition: Berlin SW68, Lindenstr.3 Fernsprecher: Donhoff 292-297
Spätausgabe des„ Vorwärts
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10 Pf.
Nr. 161. B 81 48. Jahrgang
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Condon, 7. April.
Henderson als Präsident?
Der diplomatische Korrespondent des Daily Herald schreibt: Auf dem Konfinent gewinnt die Anficht immer mehr Boden, daß Lon don der geeignette Platz für den Zusammentritt der algemeinen Abrüftungskonferenz im nächsten Jahre sein würde. Niemand glaubt recht daran, daß Genf imftande ist, 3000 bis 4000 Delegierte, Setretäre, Sachverständige und Pressevertreter unterzubringen. Auch gegen Barcelona und Biarritz und die übrigen Städte, die fich angeboten haben, bestehen offenbar Bedenken. Man ist der Meinung, daß nur eine große Stadt die Konferenz beherbergen tann, und von allen großen Städten dürfte London am besten geeignet fein.
Offenheit über alle Rüstungen!
Genf , 7. April. ( Eigenbericht.) In einem Brief pomi 27. März hat die deutsche Regierung beim Generalsekretär des Böfferbundes den Antrag gestellt, die Frage der Aufstellung und Beantwortung eines vollständigen Fragebogens über den Stand der Rüstungen in allen Staaten auf die Tagesord nung der Ratstagung im Mai zu setzen.
Bekanntlich hat der Rat im Januar beschlossen, der Abrüstungs konferenz das nötige Material über die bestehenden Rüstungen u. a. auch durch eine Umfrage zu verschaffen, die allen Regierungen zugesandt werden sollte. England hat inzwischen bereits vorge schlagen, für diese Befragung einfach die Tabellen zu verwenden, die dem Entwurf der Abrüstungskonvention angeheftet sind. Die deutsche Regierung stimmt mit Englands Meinung dahin überein, daß ein
Macdonalds Einladung an Brüning
Die Einladung Hendersons an Brüning und Curtius, Anfang Mai nach London 3u tommen, hat hier großes Aufsehen erregt und wird in der Preffe im allgemeinen als unpassend bezeichnet.
wo treffen, miteinander ein Glas Tee trinken und dabei über allerhand interessante Dinge sprechen. Solche Zusammenfünfte müßten eigentlich etwas Selbstverständliches sein, auch dann, wen was wir im deutsch - englischen Fall nicht annehmen wollen starfe fachliche Meinungsverschiedenheiten vorhanden sind.
Als die Nachricht von der Einladung nach Chequers bekannt wurde, wird sich jeder Freund der deutsch - französischen Verständi gung gefragt haben, warum nicht eine ähnliche Einladung nach jener Teil der Pariser Presse, der jetzt die englische Einladung so ungünstig beurteilt. Aus ihm spricht eine Stimmung der ver. niffenen Gehässigkeit, die sich von der großzügig ge faffenen Art der englischen Arbeiterregierung auf das peinlichste abhebt.
Das nationalistische Journal" erklärt, Henderson wolle auch in der Angelegenheit des deutsch - österreichischen 3ollabkommens die | Schiedsrichterrolle übernehmen, wozu er aber nicht geeignet fei, da es ihm an Unparteilichteit fehle. Der konflift fönne nur| Frankreich möglich sein soll. Die Antwort auf diese Frage gibt in Genf in Anwesenheit der Hauptbeteiligten, nämlich der Staaten der Kleinen Entente , geregelt werden. Auch das raditale„ Deuvre" hält den gegenwärtigen 3eitpunkt zu schlecht gewählt, da Brüning und Curtius in London den Eindrud erhalten fönnten, daß England fich in Genf dem deutsch - österreichischen Plan nicht entschieden widersehen werde. Ihre Unnachgiebigkeit würde also dadurch nur gestärkt werden. Wie das Blatt ferner mitteilt, foll Briand eine an ihn ergangene ähnliche Einladung abgelehnt haben, weil er eine solche Zusammenkunft wenige Tage vor der Genfer Ratstagung, auf der die deutsch - österreichische Zollvereinbarung erörtert werden soll, für unopportun hält. Als wahren Grund für die Einladung fieht die franzöfifche Preffe den Wunsch Henderfons an, sich für die bevorstehende Abrüftungskonferenz den Vorsitz zu sichern.
Man fann gewiß über die Bedeutung des österreichisch- Deutfchen 3ollunionsplanes verschiedener Meinung sein, man fann auch finden, daß seine Borbereitung fein diplomatisches Meisterwerf war - aber die dadurch entstandenen Schwierigkeiten sind nicht so groß. daß man sie nicht durch ruhige Ueberlegung und ein bißchen gegen feitiges Wohlwollen beseitigen könnte. Die Aufgeregten von Paris täten gut, etwas weniger Eifer und schlechte Laune zu zeigen!
für alle gleicher Fragebogen verwendet werden solle, da allein reir, fchon seit längerer Zeit in Musſicht genommen. Weit bem öfter: Forderungen der Mieter.
Tabellen, die nach den gleichen Prinzipien aufgestellt feien, der Konferenz einen Bergleich des Rüstungsstandes der verschiedenen Staaten und eine Berechnung des inneren Verhältnisses der Rüftungsausgaben zu den Budgets gestatten können. Darüber hin aus will aber Deutschland , daß alle Staaten zu den gleichen Angaben verpflichtet würden und so die Fragebogen auch über die Budgetausgaben hinaus sämtliche vorhandenen Rüstun= gen, das lagernde Material und die ausgebildeten Reserven enthalten sollen. Aus diesem letzteren Grunde vor allem wird die erneute Beschlußfassung durch die 63. Ratstagung beantragt.
Tragödie auf der Landstraße.
Zwei Todesopfer.
Nürnberg , 7. April. Am Abend des zweiten Offerfeiertages hörten auf der Landstraße zwischen Nürnberg und dem Vorort Leyh Radfahrer plöhlich Schüffe fallen und fanden kurz darauf zwei Personen, einen Mann und eine Frau, auf der Straße in ihrem Blute. Ein Schuß von rüdwärts in den Kopf hatte den Tod der Frau zur Folge, während sich ihr Begleiter durch einen Schuß in den Mund getötet hatte. Man fand auch die Waffe, einen alten Trommel. revolver, in der Hand des Mannes. Ueber die Beweggründe und Einzelheiten der Tat müssen erst die polizeilichen Recherchen Aufschluß geben.
Fünf Menschen ermordet.
Grauenhafte Bluttat in der Osternacht.
Belgrad , 7. April. Ein fünffacher grauenhaffer Mord ist in der Nacht auf Ostersonntag in Kamnica bei Marburg in Slowenien verübt worden. Der wohlhabende Bauer Alois Dobaj bewahrte eine größere Summe Geldes in seinem Hause auf, von deren Borhandenfein ein unbe annter Verbrecher offenbar gewußt hat, der in die Wohnung eindrang, zunächst den schlafenden Bauern mit einer Hade erschlug und weiter die fiebzigjährige Schwester des Bauern, fowie zwei erwachsene Töchter und einen Knaben ermordete. Er ergriff mit dem geraubten Gelde die Flucht. Im Hose stieß er mit dem gerade heimkehrenden Sohn des Bauern zusammen, den er gleichfalls bedrohte. Der Mörder fonnte unerkannt entkommen.
Der Besuch von Brüning und Curtius bei Macdonald reichisch- deutschen hatte Einladung nicht geringste zu tun, sie war schon erfolgt, noch ehe von der Zollunion die Rede war. Sie danach zurückzuziehen, wäre eine Lächerlichkeit gewesen: Minister sind doch nicht kleine Kinder, die man durch das Bersprechen eine Reise belohnt, aber mit Zuhausebleiben bestraft, wenn sie unartig gewesen sind.
Wie die feinen Kinder benehmen sich jedoch diejenigen fran. zösischen Journalisten, die jetzt ein Wehgezeter erheben, weil Macdonald die beiden Deutschen eingeladen hat. Wollte man sie als be: rufene Bertreter des französischen Geistes betrachten, so würde dieser Geist durch ihr Verhalten weder an Sympathie noch an Achtung gewinnen. Unter vernünftigen Menschen kann man doch wahrhaftig nichts dabei finden, wenn sich Minister verschiedener Länder irgend
ZW.
Blinder Gehorsam
Adolf I
wird jetzt durch besondere Einrichtungen in der GA. wieder hergestellt
Preußische Mietertagung in Magdeburg .
Der Landesverband Preußen im Reichsbund Deutscher tentagung ab. Landesverbandsvorsitzender Dzient hielt einen Mieter hielt am Sonntag in Magdeburg eine Delegier Bortrag über die mieterpolitische Lage und die Forderungen der Mieterschaft. Er gab in großen Zügen einen Rückblick auf die Entstehungsgeschichte des Mieterschutzes seit dem Jahre 1914 und wies darauf hin, daß der Schutz der Wohnung von der Militärregierung des Krieges als Notwendigkeit erkannt war. Diese urfprüngliche Forderung der Regierung fand Berankerung in den Mieterschutzgesetzen von 1922/23, und es blieb den nachfolgenden Regierungen des Reiches und der Länder vorbehalten, diesen Schutz mehr und mehr abzubauen, bis durch die Notverordnung vom 1. Des zember 1930 seine kümmerlichen Reste fast gänzlich ver nichtet wurden. Der Referent ging im einzelnen auf die Bera schlechterung der Notverordnung ein und forderte ein soziales Miet und Wohnrecht als Dauerrecht für alle Zukunft.
Der Mietertag nahm eine Reihe von Entschließungen an. Unter anderem wird ein Mietsen tungsgesetz gefordert:
Für das Gebiet des preußischen Staates ist die Lösung der Frage der Mietfenfung besonders dringlich, weil dem Hausbesiz durch den für die Hauszinssteuer in Preußen geltenden Ber anlagungsmodus alljährlich mehrere hundert Millionen Mart 3wischengewinne zugeführt werden, die der Staat im Interesse der steuerlichen Gerechtigkeit zur Mietsentung verwenden müßte. Die Versammelten richten an die preußische Staatsregierung und an die Parteien des Landtags das dringende Ersuchen, durch entsprechende Beschlüsse und durch geeignete Maßnahmen gegenüber der Reichsregierung die baldige Durchführung der Mietsen tung zu unterstützen."
Weiter wendet sich der Mietertag gegen die Loderung des Mieterschutzes und erhebt die Forderung, daß den Mietern durch das fünftige soziale Miet- und Wohnrecht nicht nur ein Kündigungsschuß gewährt wird, sondern darüber hinaus auch ein Schutz vor übermäßiger Steigerung der Miete.
Die Hauszinssteuer, so wird ferner gefordert, soll nur zu Zweden des Wohnungsbaues vermendet werden. Die Einfommensgrenzen für die Anträge auf Stundung und Erlas der Hauszinssteuer soll heraufgesetzt werden, um der wirtfchaftlichen Not der Mieterschaft mehr als bisher gerecht zas werden.
Neben der erhöhten Miete leiden die Neubaumieter erheblich, darunter, daß ihnen vielfach auch bei Neubauten, die mit Hilfe von Mitteln aus der Hauszinssteuer errichtet worden sind, erhebliche Beträge in Form von Baufostenzuschüssen, Mieter darlehen, Kautionen u. dgl. abgenommen werden, deren Rüd zahlung in feiner Weise gesichert ist. Diese Beträge