Beilage
Dienstag, 7. April 1931
asporash mop Der Abend
Eheberatung in der Biedermeierzeit
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Biedermeierzeit Eheberatung: ja, gab es so etwas in der| lei spätere Störungen besonders während der Entwicklung Zeit des romantisch geschwollenen Spießbürgertums, als den Frauen- der Kinder auf Früheindrüde zurück, denen die Eltern forgfältige leib der gebauschte Reifrock, bis zum Boden hinabreichend, umschloß, Beachtung schenken sollen. Im Sinne moderner Jugendaufklärung das Antlig der Ehefrau die züchtig unter dem Kinn gebundene wird die Pflicht der Eltern betont, mit den Kindern während der Haube, unter der zu beiden Seiten der Stirn je drei festgedrehte Entwidlungsjahre alle Segualerscheinungen zu besprechen. Niemand Korfzieherlöckchen hervorhingen? Und doch vor mir liegt ein soll unwissend in die Ehe gehen. Ganz modern ist auch der Rat, Büchelchen:" Die Geheimnisse der Ehe" oder„ Ein Ge- die Kinder zu beschäftigen, doch nicht mit einer Tätigkeit, die„ rein schent für Verlobte und Neuverehelichte", ein„ wohlgeprüfter und mechanische Arbeit" ift. Ebenso modern das Abraten von auf Erfahrung begründeter Ratgeber für beide Geschlechter vor und Leibesstrafen. Uebrigens warnt er davor, die natürlichen nach der Verheiratung". Der Verfasser ist ein Arzt, Dr. Fried förperlichen Reize fünstlich steigern zu wollen, und nennt als solche rich Wilhelm Wedeler, und das Büchlein erlebte seine Kunst, daß das Weib künstliche Lilien und Roſen auf die Wangen
fünfte Auflage im Jahre 1846 zu Sondershausen .
Acht Kapitel hat es, und erst im achten fommt der Verfasser zu dem, was er die eigentlichen wahren Geheimnisse in der Ehe" nennt, das sind die, bei denen das geschlechtliche Zusammenleben von Mann und Frau nach verschiedenen Seiten hin erörtert wird. In den ersten sechs Kapiteln werden mehr allgemeine Betrachtungen angestellt über geistige und sinnliche Natur der Liebe, Beschwerden und Sorgen des Ehestandes, Mittel fie auszugleichen. Im siebenten spricht der Verfasser über Kindererziehung. Als Zwed seines Buches gibt er an die Klippen, an welchen das cheliche Glück so oft scheitert" zu Zeiten erkennen zu lassen, also vorbeugende Fürsorge Immer wieder stellt er die Grundlagen der Ehe, Geistiges und Sinnliches in ihrer Wechselwirkung einander gegenüber. Das Geistige soll überwiegen, das Sinnliche nicht zu gering geachtet werden. Man soll sich nicht schämen, von dem zu sprechen, was doch alle wissen und tun. Reinheit, Enthaltsamkeit bis zur Ehe fordert er von Frau und Mann, also gleiche Moral für beide Geschlechter. Sonst freilich wertet er die Frau nicht ganz dem Manne gleich ein. Dem Manne gebührt die Oberherrschaft, weil er durch Einsichten, Kenntnisse und Erfahrungen und überhaupt durch seine Geistesstärke der schwächeren Frau überlegen ist". Später wird zugegeben, daß auch der Verstand der Frau dem des Monnes überlegen sein kann. Dann soll sie ihn bescheiden leiten" und durch liebevolle Borstellungen überzeugen".
Dr. Wedeler ist Gegner der Frühheiraten. Er tadelt, wenn der Jüngling an Ehe denkt ehe er„ Beruf und Bart" hat, und tadelt das unerfahrene Mädchen, das sich ihm in finnlicher Aufregung", oft nur um einen Mann zu bekommen" in die Arme wirft. Doch wieder schildert er als schönste Gabe der Natur den sinn lichen Reiz, der die Liebe wedt. Körperlichen Reiz nennt er „ den höchsten Triumph, den die Natur feiert". Für die Jungfrau scheint ihm da maßgebend( das wird sehr ausführlich bei den eigentlichen Geheimnissen der Ehe" geschildert) das weiche Lockenhaar", der zum Kusse einladende Mund", der sanft gewölbte, sich elastisch hebende Busen" und Aehnliches mehr. Für den Mann ist Ideal der starfe und robuste Bau jeiner Blieber
zaubert".
Alle diese Fragen spielen auch heute gelegentlich herein in die Praris der Eheberatungsstellen. Was bei diesen wesentlich im Bordergrunde steht, die gesundheitliche Eignung für die Ehe, das fordert ganz grundsäglich Wedeler in dem genannten achten
Shadausgabe der Vorwärt
Kapitel, in dessen leztem, wieder dem achten Abschnitt. Schwind sucht Lungenfucht heißt sie hier, Bluterkrankheit, Epilepsie, Wahnsinn, Geschlechtsfrankheiten, als„ Luftfeuche" bezeichnet, stehen der Eheschließung im Wege, ebenso wegen Gefährdung des gefunden Eheteils wie der zu erwartenden Kinder, auch im Intereffe der menschlichen Gesellschaft". Voraus gehen diesem Abschnitt Hinweise darauf, wie man gesunde und wohlgeftaltete Kinder zeugen kann.
Für den eigentlichen Gheverkehr werden grundsätzliche Regelt aufgestellt. Man soll ihn nicht übertreiben, ein Teil ihn nicht von andern fordern, wenn dieser nicht dafür gestimmt ist, soll ihn abends vornehmen, am besten, wenn man sich vorher ein wenig ausgeruh hat, schwächliche Männer tun gut, sich dann nach der„ wonnigen Ermattung" am nächsten Morgen durch ein kräftiges Frühstück zu stärken. Hierfür empfiehlt er den Genuß von gutem Fleisch und Geflügel, rohe oder weiche Eier und fräftiges Bier. Frauen während der Schwangerschaft sollen hauptsächlich Pflanzenkost nehmen. zu viele Frauen sterben im Wochenbett. Frauen aus dem Volt bringen oft gesündere Kinder hervor als die anderer Stände. Dies eine Blütenlese aus den in schwungvoll dichterischer Sprache gehaltenen Darlegungen des Eheberaters von 1846, die er, wie er sagt, aus dem Leben gegriffen hat.
Hehe: Die verfluchte American bar
,, Damn those bars!" stotterte ein bezechter Engländer, aus einer| der braune, der schwarze Mann mit dem weißen gemein hat, wo Berliner Schente torfeind und auf eine Straßenbank hinfintend, immer er sich mit ihm gemein machen darf. Man tommt mit einem wo der Englisch Plappernde ein längeres Gespräch mit sich selbst führte, das in zusammenhängendem Deutsch wiedergegeben nicht ohne allgemeines Interesse ist.
Warum hat man sie in Amerita abgeschafft, die ,, Amerian bar"?( sagte er). Weil sie fluchwürdig ist, scheußlich. Und jetzt sproßt sie überall auf und verseucht die Weit, diese aus Amerika verbannte und auf dem europäischen Kontinent mit viel zu viel Respett genannte, im Grunde alles eher als fashionable tohol- Schnelltonsum- Anstalt.
An allen transtontinentalen Knotenpunkten, in allen inter nationalen Hafenplätzen steht sie: ein und dieselbe Thele, und vor ihr stehen Männerrudel im Altcholtaumel. Sie ist das Wirts haus der Welt geworden, die amerikanische Bar, die Normalstehtneipe, ohne Tisch, ohne Stuhl, ohne irgendeinen anderen Komfort als Altohol. Die Welt steht an der Theke. Einer neben dem anderen, einer wie der andere, alle lassen sie sich im Stehen Getränke reichen, dies oder das, irgend was: Alkohol.
So standen sie in der Union , so stehen sie in allen Solonialländern, in den Tropen, in Senegal , auf Neu- Guinea , in Indien und Zentralamerika ...( so stehen sie auch schon immer häufiger in Europa , im amerikanisierten Berlin zumal), alle so unterschiedlich auf Altchol reagierenden Völker: an der Thefe der 3wed. Es ist interessant, daß sich hier avia an anderen Stellen Becb mäßigteit über die die Münze rollt, über die die Getränke achtungen finden, die sich mit den neuzeitlichen Forschungen Freudsießen und der Psychoanalytiker berühren, die sinnlichen Triebe und Reiss mittel bringt der Mensch mit auf die Welt, schon die Kinder beiderlei Geschlechts sind durch Berührungen bestrebt, sich wollüftige Empfindungen zu schaffen. Ebenso führt Wedeler wie Freud aller
Kurt Schmeltzer:
Franzchen, Deutsche, Italiener , Ungarn neben: Eng ländern und Amerikanern.
Die Theke hat dem Trinker jeden letzten Rest von Bolfsjitte, von Zurückhaltung, von innerer Fröhlichkeit genommen. An der Thefe gibt es nur Barjitten: Unfitten, die der gelbe,
Diepenbrinks von unten
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Sie waren schon da, als wir einzogen, nämlich in der Parterrewohnung, zu der der kleine Vorgarten gehört. Wir hatten die Wohnung über ihnen gemietet. R. Piepenbrink steht an dem glänzend blanken Türschild, und, wenigstens die Frau fieht auch so aus. Es sind nette Leute, wir grüßten uns freundlich, wenn wir uns auf der Treppe trafen, sprachen auch schon mal ein paar Worte über das Wetter und die Hausangelegenheiten, ihre Kinder benahmen sich wohlerzogenfreilich die offensichtlichen Bemühungen der Frau Piepenbrink, diese lockeren Flurbezichungen in direkt freundschaftlichen Verkehr ausarten zu lassen, übersahen wir geflissentlich. Man sollte das nicht übelnehmen, denn wir haben da unsere Erfahrungen, deren letzte Konsequenz Wohnungstausch heißt. Aber Biepenbrints nahmen leider übel.
Man merkte das zuerst an den Kindern. Sie streckten uns ja nicht geradezu die Zunge heraus, wenn fie uns sahen, aber man fonnte doch an ihrem Gebaren erkennen, daß etwa diese Unterhaltung in der Wohnung unter uns geführt worden war:
Papa Piepenbrint: ,, Was sind das schon für Leute, da über uns! Schriftsteller? Tagediebe und Hungerleider! Schlafen bis zum Mittag und brennen die halbe Nacht das teure Elektrische. Hinterher können sie die Rechnung nicht bezahlen und der Kaffierer muß halb Duẞend mal kommen. Was das allein die Rechnung verteuert. Und ich fresse einen Besen, wenn die Frau, mit der er da zusammen haust, seine richtige Frau ist."
Mama Piepenbrint: ,, Na, und dann das Bolt, mit denen sie verkehren! Die richtigen Schlawiner! Hast du dir die Fenster
scheiben mal angesehen? Mindestens sechs Wochen find die nicht
geputzt. Und den Müll trägt der Mann runter. Ich danke. Sowas ist dann Dichter!"
Biepenbrinks haben eben Ideale. Das mertte ich schon, als sie einen 3 merg in ihrem Vorgärtchen aufstellten. einen Zwerg mit roter Hose, blauer Jade, grüner Zipfelmüße und weißem Umhängebart. Dazu muß man wissen, daß Herr Piepenbrint Generaldirettor eines Versicherungsunternehmens ist. Im Büro hat er also nur Zahlen und Abschlüsse und solche Sachen im Kopf, aber zu Hause ist er Mensch, mehr, ist geradezu Romantifer. Ferner find Piepenbrinks musikalisch. Sie sind es vermittels eines Klaviers, das in ihrem Zimmer, unter dem, das Elisabeth mein Arbeitszimmer nennt, feinen Plaz hat.
Irmgard Biepenbrint, schägungsmeise zwölfjährig, lernt noch Klavier spielen. Sie hat jedoch keine feftliegenden Uebungszeiten, sondern überrascht mich willkürlich mit ihren Darbietungen. Meistens beginnt sie mit: D Donna Klara, ich hab dich tanzen gesehn..., wozu sie auch manchmal singt. Ich ziehe es vor, wenn sie dazu singt, denn dann bleibt sie in einem passablen Tempo, während sie ohne Gesang, da sie das Stück schon sehr gut fann, leicht in Raserei verfällt. Dann kommen einige andere Tänze, die ich durch fie fennengelernt habe. Darunter ist einer mit mit einer tniff ligen Stelle, die sie vermutlich nie lernen wird. Sie spielt den An
9115W 10
fang nach ihrer Art ziemlich hastig, dann kommt die Stelle, die nicht geht, wird zirka sechsmal probiert, bis sie zufällig glückt, dann im Zusammenhang nochmal vorgenommen, wobei sie wieder daneben gelingt, aber jest refolut übergangen, worauf der Schluß gleichfalls in dem übersteigerten Anfangstempo zurüdgelegt wird.
In der traulichen Weihnachtszeit übte sie seit Anfang November täglich ein Potpourri von Weihnachtsliedern. Im Laufe der Zeit gelangen ihr die recht gut, und da die Mama und die jüngere Schwester meistens dazu fangen, tlappte es auch mit dem Tempo. Run tommt ja aber leider ,, Schlaf in himmlischer Ruh" vor, und die himmlische Ruh war ihr Verhängnis. Die friegte sie in den ganzen acht Wochen nicht weg, und als dann der Weihnachtsbaum brannte und Papa Piepenbrint seinen Baß in den Familiengejang mischte, wurde sie wieder ihr Unglüd. Dreimal probierte Irmgard die schlimme Stelle und dreimal mißlang sie, so daß sie weinend vom Klavier aufstand, und Papa Piepenbrink die Situation mit Schwung und viel Pedal retten mußte. sid
Papa Piepenbrint spielt nämlich auch Klavier. 3war nicht oft, aber manchmal in der Abendstunde framt er ein Heft Armeemärsche in erleichterter Ausgabe hervor und bringt sie zu Gehör. Dazu paßt ja Schwung und viel Pedal ausgezeichnet. Aber dem Zusammensteller des Heftes ist ein Unglüd passiert, er hat nämlich den Hohenfriedberger nicht erleichtert, und Papa Piepenbrink muß sich verzweifelt damit plagen. Während er die anderen hinlegt, daß sich dazu marschierende Infanterie die Stiefel von den Knochen schleudern würde, bringt er den Hohenfriedberger wie eine
zeitlupe. Aber dann kommt Gott sei Dant der Petersburger wieder erleichtert und bei„ Denkst du denn, du Berliner Pflanze" fingen alle freudig mit, und Mama Piepenbrint wird so angeregt, daß sie
nun auch ihrerseits....
Also Mama Biepenbrink fann nicht nach Noten, aber nach dem Gehör. Sie hat Bruchstücke von der„ Uhr" von Loewe noch im Gedächtnis, an denen versucht sie sich. Den Tert tann sie auch nicht mehr, da behilft sie sich leicht mit La- la- la. Und wenn die Harmonien nicht recht flappen wollen, genügt ihr ein Finger und zur Verstärkung zieht sie einen zweiten im Baß heran, der die Oftave spielen muß. Aber dazwischen weiß sie geschickt Triller und Schleifen, sogar Läufe, anzubringen. Leider, wie gesagt, fann fie es nicht zu Ende. Sie schließt darum mit einem besonders schönen Triller und nimmt sich„ Auch ich war ein Jüngling mit locigem Haar" vor. Aber auch der bleibt zum Torso verurteilt, zmar einem schönen Torso mit Trillern und Schleifen, und es folgen Reminiſzen. zen von„ Vater, Mutter, Brüder, Schwestern hab ich auf der Welt nicht mehr“.
Ich pflege, wenn Piepenbrints ihre musikalischen Unterhaltungen beginnen, meine Schreiberei beiseite und mich auf die Chaiselongue zu legen, nachdem ich das Licht ausgefnipft habe. Ich muß geftehen, ich höre ihnen gerne zu...!
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Bechfumpan oder findet einen oder freundet sich an: Theken| betanntschaften. Das sind nicht Stammtischfreunde. Es wird bald Kehraus gemacht mit angestammten Traditionen: Stammgläfer, Stammgarten, Stammfigen, aftes Gerümpel, man geht an verschlingt eins, zwei, drei, die Theke und bestellt Lagen, Lagen mit, trinkt runter. So it's in der ganzen Welt, bald wird's in Europa ebenso sein. Die stillen Wintel verschwinden, das bißchen Beschaulichkeit, der innere Anschluß. Die Frage ist nur: gehört er mit oder nicht mit zur Lage. Die Theke mird Symbol leicht sich konstituierender, auflösender und retonstituierender, vehementer Zechständchen. Massenfonsum Rowdykonsum. An der Altoholschnellkonsum die Theke schüßenden Messingstange stehen zechend, rauchend, streitend, fluchend, spudend, Männer. Draußen in der Welt nur Männer.
Die Thefe fordert leichtsinnige Geselligkeit, zerstört Ge mütlichkeit, Sitte, Anstand. Gingen Frauen in die American bars von Amerifa, wie sie heute in die speat- easis gehen? Niemals! Nicht einmal Barmaids gab es, so wüst ging es in den American bars her, daß man Frauen ausschloß, und dann die Bars schloß. Heute sind sie fashionabel.
Die europäische Bar ist eine Animiertneipe, eine Eroti. fierung des Wirtshauses.. Stehen Australierinnen, Kanadierinnen, Südafrikanerinnen an der Theke, die überall und als einzige Gaststätte in diesen Ländern zu finden ist? Niemals! Es sind Schantstätten, wie es die amerikanischen waren. Die e dyte ,, American bar" ist ohne Musit, ohne Frauen, ohne Essen, ist nur dem Alkoholgenuß gewidmet. Der Anglosachse mischt vieles zudem Alkoholgenuß gewidmet. sammen, aber niemals Alkohol und Erotik. Der Engländer vermaledeit die American bar. Sie hat das heimelig ausgestattete englische Gasthaus, das„ pule", verdrängt: dieses unmöblierte Trink institut American bar" besteht aus nichts anderem als leicht unter Basser segbaren Fließen, Kacheln( oder Marmorplatten)... und einer formidablen vieredigen Thefe, eine Art Trint- Feste im Zentrum. Um so mehr Gäste gehen in ein Lokal, als man Möbel hinausräumt. Rafcher wird getrunken und am unbekömmlichsten ist Altohol in Stehen genossen. Aber die Theke triumphiert. Die Thefe wandelt Osteria und Bodega, Weinstube und Bierbude zu einer uniformierten Alkoholfonsumanstalt um.
Die verfluchte Thefe ist auf bestem Wege, die Welt zu monopolisieren, zu egalisieren und komplett zu veralkoholifieren. Damn the bars!
Jwan Heilbut:
An der Ecke Dönhoffplats
Was es an dieser Ede nicht alles zu sehen gibt!
Hinter der Riesenscheibe des Warenhauses stehen weißbekittelte junge Mädchen an den Maschinen. Wickeln sic Zigaretten?. Nein, fie wickeln Eierchen ein, Schokoladeneier chen. Nackt, braun und gerillt liegt das Ei auf der mechanisch bewegten Scheibe in seiner kleinen Höhlung ein Hebel schießt vor, kleidet es ein, ein anderer gibt dem Ei eins auf's Köpfchen, ein dritter schlägt ihm facht noch eins auf den niedlichen Deez und durch's Loch der Scheibe purzelt das Ei fertig in einen Behälter. Mit jedem Stoß der sekundlich rüdenden Scheibe ein Ei.
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An der Maschine daneben geht ein noch größeres Wunder vor sich. Ein Schokoladenblod, unbekleidet, wird von Aner Mädchenhand in die Maschine gelegt und seinem Schicksal überlassen. Das vollendet sich rasch. Zwei Schritte entfernt von diesem ersten nimmt einige Sekunden später das zweite junge Mädchen eine überaus affurate Packung aus der Maschine heraus. In wenigen
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Augenblicken hat die Maschine den negerbraunen Urzustand des Blods mit europäischer Zivilisation umkleidet. Fragt mich nicht, wie es geschah. Die Missionare( das Packpapier) lagen in Stapeln auf der Lauer, und als der kakaodunkle Bursch, von der Maschine gestoßen, auf sie herein- und herunterfiel, da falteten sie sofort und sie schlossen ihn ungeheuerlich fig die Flügel über seinem Leib ein, die Enden der Flügel schoben sich fest ineinander. So ging es einem nach dem anderen. Es gab fein Entrinnen. Ein Meiner Fall in die Tiefe. und er lag verpackt. Die jungen Mädchen an den Maschinen scheinen guter Dinge und unbefangen, obgleich sie ahnen müssen, daß das Publikum, das sich vor der Scheibe drängt, ganz gewiß etwas sehr Berlinisches äußert- etwas Bergleichendes in bezug auf die Süßigkeit von Schokolade und Maschinenbedienerin. Unwillkürlich suchen die Blicke der Zuschauer weiter hinten fie erwarten, dort die Fabritation
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der Schokolade selber zu finden. Warum denn nicht noch eine Eleine Schokoladenfabrik im Hintergrund? Unmöglich wäre es, nach dem Gebotenen zu schließen, nicht...
Flantiert wird dies Schaufenster, das der Technik alle Ehre macht, von zwei Blinden . Der eine spielt unaufhörlich auf seinem Flötchen dudelnde Läufe; neben ihm, unglücklich wie er selbst. eine graue Frau. Der Alte auf der anderen Seite aber ruft ununterbrochen in die Straße hinaus: Gruß an den