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ßigcntwtmavovbebalt auf einer Itecbmmg In der neuesten Zeit hat sich im Wirtschaftsleben die Uebung herausgebildet, die vor der oder bei Uebersendung der Ware er> teilte Rechnung mit der Klausel zu versehen„die Ware bleibt bis zur völligen Begleichung Eigentum der Lieferfirma, auch bei Weiterveräußerung". Welche Bedeutung kommt diesem auf eine Rechnung gesetzten Eigentums- Vorbehalt zu, wenn vorher ein Kaufvertrag abgeschlossen wurde, in dem von einem Eigentumsoorbehalt nicht die Rede war? Das Landgericht Karlsruhe — Entscheidung vom 3. Dezember 1929,— und das Kammergericht— Entscheidung vom 14. April 1929 — haben zu dieser Frage Stellung genommen. Beide Gerichte sind zu einem entgegengesetzten Ergebnrs gekommen. Während jenes dem Bermerk des Eigentumsoorbehalts auf einer Rechnung kein« Bedeutung zuerkennt, erblickt dieses in einer solchen Rechnung, die zugleich mit der War« übersandt wird, den Willen des Verkäufers, das Eigentum nicht zu übertragen, auch wenn vertraglich ein Eigen- tumsoorbehalt nicht vereinbart war. Dem Erkenntnis des Kammergerichts muß in der Begründung und zum mindesten auch im rechtlichen Ergebnis beigetreten werden: es hat auch im Schrifttum seinen Beifall gefunden. Die Frage, ob jener Vermerk auch vom Standpunkt des Verkäufers aus zweckmäßig und vom Standpunkt des gesamten Wirtschaftslebens aus als wünschenswert anzusehen ist, muß von der Frage der Wirksamkeit des Vorbehalts scharf getrennt werden. Im Rahmen des genannten Streitfalles interessiert mehr, ob der Lieferant noch mindestens bedingter Eigentümer geblieben ist. Dies aber ist zu bejahen. Das Landgericht Karlsruhe und die Gegner der Entscheidung des Kammergerichts scheiden nicht genügend zwischen dem Kauf als solchen und der sachenrechtlichen Einigung, durch die der Ver- käufer sein Eigentum der gekauften Ware auf den Käufer über- trägt. Nur jener Kaufvertrag ist zweiseitig verpflichtend und das Maß der beiderseitigen Verpflichtungen kann allerdings nach der in Deutschland allgemein anerkannten und zweifellos richtigen Ansicht nicht durch einseitige Erklärung der einen Partei— Insbesondere des Verkäufers auf der Faktura — festgesetzt oder nachträglich ge- ändert werden. Aber eine ganz andere Frage ist die, ob der Verkäufer seinen durch die Uebersendung von Ware und Faktura erklärten Ueber- eignungswillen nicht durch den in Rede stehenden einseitigen Ver» merk beschränken kann. Das ist zweifellos zu bejahen: denn die Uebersendung ist ein Akt, dessen Wirksamkeit lediglich von dem Willen desjenigen abhängt, der Eigentum überträgt. Fehlt dieser Uebereignungswille, so ist das Eigentum überhaupt nicht, wird er von einer Bedingung abhängig gemacht, so ist es nur unter einer Bedingung übergegangen. Allerdings hat der Verkäufer dadurch seine Vertragspflicht aus Z 433 BGB. nicht erfüllt und der Käufer 'kann dann die entsprechenden Konsequenzen ableiten: aber er kann nicht unter Zurückweisung der ihm angesonnenen Bedingung das Eigentum nun unbedingt erwerben. Voraussetzung ist dabei allerdings, daß der Verkäufer den der Uebereignung beigefügten Eigentumsvorbehalt dem Käufer i n aller Form erklärt hat. und daß die Erklärung dem Käufer zugegangen ist. Mit dem Kammergericht ist der Fakturaoermerk als eine durchaus genügende Erklärung anzusehen. Wenn auch die Faktura für den Empfänger nicht bindend ist, so folgt daraus doch nichts für ihre vollständige Belanglosigkeit. Sie hat vielmehr, wenn sie der übersandten Ware beiliegt, eine erhebliche Bedeutung für die Frage, in welchem Sinne und welchem Zweck die Zusendung erfolgt ist. Es entspricht der Verkehrssitte, daß der Empfänger sie darauf- hin durchsieht und ihren Inhalt als ihm gegenüber erklärt behan- delt. In den Machtbereich des Empfängers gelangt ist die Erklärung jedenfalls auch dann, wenn der Geschäftsinhaber oder ein leitender Angestellter des Unternehmens die Faktura nicht zu Gesicht be- kommen hat. Ob der einseitige Eigentumsvorbehalt sich in Liefe- rungsbedingungen befindet oder in«inem Vermerk auf der Fat» iura zum Ausdruck gelangt, kann nach dem oben Ausgeführten keinen Unterschied machen. Der einseitige Eigentumsoorbehalt auf der Faktura hindert also den Eigentumsübergang auf den Erwerber und begründet das Recht des Verkäufers, im Falle des Kon» kurses des Käufers eine vor der Konkurseröffnung dem Käu- fer als Grundschuldner gelieferte Ware auszusondern. Die Beurteilung der hier gestellten Frage ändert sich wenigstens jn gewissem Sinne, wenn der Kauf noch nicht früher geschlosien war. sondern durch die Uebersendung der Ware im Sinne einer Annahme- erklärung des Verkäufers erst geschlossen werden soll. Dann bewirkt der in der Faktura beigefügte Eigentumsvorbehalt, daß die Annahme des Angebotes nicht so, wie es vom Käufer gestellt war, er- folgt ist. Mit Recht legt das Kammergericht dar, daß hier eine Ab- lehnung der auf Abschluß ohne Eigentumsvorbehalt gerichteten Offerte des Käufers in Verbindung mit einem neuen Angebot des Verkäufers— auf Kauf unter jenem Vorbehalt— anzunehmen sei. Auch hierin muß dem Kammergericht beigetreten werden, daß im Schweigen des Käufers nach Lage des Falls eine Annahm« dieses Gegenangebotes zu finden s«. Mlagistrstsrat Dr. zur. W. Krotosdiiner, Fr ü h l i n g", er hat V e r s e zu verkaufen, und wer ihn steht, wird nicht auf den Gedanken kommen, zu lachen. Ein Groll gegen die Umstände, die diesen Mann zwingen, diesen am allerwenigsten ver- langten Artikel— Verse— hier feilzuhalten, steigt in dem Passanten hoch. Cr hält dem Mann den Kaufpreis von einem Sechser hin, aber der Mann ist ja blind— man zwängt ihm die Münze in die alterssteife Hand hinein, man will sich, wegen dieses elenden Sechsers geniert, eilig drücken. Aber der Verseverkäufer hält dich mit der Geste des vorgestreckten Kopfes flehentlich fest. „Aber lesen Sc o o ch", sagte er,„ick habe mir Mühe je- jeben." Er ist ein Schriftsteller, er hat Ehrgeiz und Selbstbewußtsein wie alle seiner Gattung. Aber ein banges Ahnen verrät ihm. daß sein Gedicht, dieser Zettel, klein wie ein kleines Programm, nach wenigen Schritten zerknüllt auf das Pflaster der Leipziger Straße fällt, achtlos hingeworfen, ungelesen. Dieser kleine Vorgang aber machte ihn zum Bettler. Er hätte den Sechser um nichts bekommen. Ich weiß nicht... wenn ich mir sein Gedicht betrachte, finde Ich. trotzdem, dieser Mann wird unterbezahlt. Er wird unter- bezahlt. Er ist ein Schriftsteller. Dielleicht ist er mehr noch,«in Dichter. Wenn es zum Dichten genügt, ehrlich zu sagen, was ehrlich gefühlt ist— ja, so i st er einer. Er sagt: „Es(das Blümchen) neigt sein Köpfchen nach der Sonn« Lauf. wenn diese fern im Osten steiget auf." Hat der Mann in seinem Osten denn je die Sonne aussteigen sehen? Und der Schlußvers heißt: „Als Trost sich ein Zitat von meinen Lippen preßt: dlemo ante mortem beatus äicen-ius est." Lilly Post. Pücklerstraß« 43
Hecblsiäbigbeil Minderjähriger. Ein junger Mann von großem Wuchs und breiter Statur läßt in einem photographischen Atelier«in größeres Bild von sich an- fertigen und erklärt dabei, er wolle es seinem Vater zum Geburtstag schenken, es solle eine Ueberraschung sein. Bei dem Aeußeren des Bestellers kam der Photograph gar nicht auf den Gedanken, daß diofer etwa das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet Hab«, und nahm ohne weiteres an, daß ein so gewandter Herr auch„geschäftsfähig" im Sinn« des Gesetzes fei. Da der Name des Vaters dem Photographen bekannt war und in der Geschäftswelt einen guten Klang hatte, liefert« er das Bitd ohne Vorauszahlung und sandte erst dann dem jungen Mann seine Rechnung. Dieser erklärt« nunmehr, daß er erst 29 Jahre all sei, und daß sein Vater die Bestellung nicht genehmigt habe. Die Rechtslage des Photographen war damit eine äußerst un- günstige: er hatte mit einem Minderjährigen ein Geschäft ob- geschlossen, das mangels der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters — hier des Vaters— ungültig war. Er konnte auch gegen den Minderjährigen kein« selbständig« Klag« erheben, da«in Minder- jähriger nicht rechtsfähig ist, also auch nicht verklagt werben kann: er konnte die Klage nur richten:„gegen den Minderjährigen N. N., vertreten durch seinen Vater---" Da der Photograph aber schon durch den Sohn erfahren hatte, daß der Dater mit dem Rechtsgeschäft nicht einverstanden gewesen war, und mit Sicher- heit vorauszusehen war, daß er dies im Prozeß einwenden würde, unterließ er die Klage, die auf alle Fälle abgewiesen worden wäre, und sparte so wenigstens das Geld für eine erfolglos« Klage. Minderjährig ist, wer das 21. Lebensjahr noch nicht voll- endet hat. Ein Minderjähriger kann selbständig ein wirksames Rechtsgeschäft nicht abschließen, er bedarf dazu der Genehmigung
seines gesetzlichen Vertreter,;«e» kann der Vater, in anderen Fällen die Mutter oder auch der Vormund sein. Wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, kann durch Beschluß des Vormundschaftsgerichts für volljährig erklärt werden: durch die Volljährigkettserklärung erlangt er die rechtliche Stellung eines Voll- jährigen. Es rst im Geschäftsleben natürlich von größter Wichtigkeit, sich über die Rechtsfähigkeit desjenigen, mit dem man ein Rechtsgeschäft abschließt, zu vergewissern: denn wer mit einem Minderjährigen ein Geschäft abschließt, hat kein Rechtsmittel, sich vor Schaden zu schützen. Allerdings gibt es auch Fälle, m denen«in Minderjähriger Ver- träge wirksam abschließen kann. Zum Beispiel, wenn chn der gesetz- liche Vertreter ermächtigt in Dienst oder in Arbeit zu treten, so ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt ge- schästssähig, welche die Eingehung oder Aufhebung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses der gestatteten Art betreffen. Ja selbst die für einen einzelnen Fall erteilte Ermächtigung gilt im Zweifel als allgemeine Ermächtigung zur Eingehung von Verhältnissen der- selben Art. Eine wettere Bestimmung des Gesetzes betrifft die Auf- sichtspflicht über Minderjährig«, die der gesetzliche Vertreter auszuüben hat: sie kommt haupssächlich wohl bei Kindern oder geistig Zurückgebliebenen in Frag«, die für ihre Taten nicht verantworttich zu machen sind. Das Gesetz bestimmt: wer nicht dos siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich: und weiter: wer das siebente aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für solchen Schaden dann nicht verantwortlich, wenn ihm die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht fehlt. In solchen Fällen wird zu prüfen sein, ob der zur Aufsicht Verpslichtet« dieser Pflicht genügt hat: ist die, der Fall, so tritt eine Ersatz Pflicht seiner- seits nicht ein, ebensowenig, wenn der Schaden auch bei gehöriger Aussichtssührung entstanden sein würde. Margarethe Falkenfeld.
eBuch
ttlaria Marlweis: Schwindel Der Zusammenbruch der bürgerlichen Welt ist so oft In Romanen gestaltet worden, daß ein Schriststeller neues zu diesem Thema kaum mehr sagen kann. Marta Karl weis gibt in ihrem Buch „Schwindel"(S. Fischer Verlag) denn auch keine soziologischen Offenbarungen. Sie zeigt, daß die wirtschaftlich« Unterminierung den Untergang des Bürgertums zum Abschluß bringt: dem einzelnen bleibt nur die Wahl zwischen Vernichtung oder Rettung in, Prole- tariat, und viele fürchten solche Rettung mehr als den völligen Untergang. Diese Tatsache haben bereits andere Schriftsteller aus- führlich ausgezeigt und begründet. Aber ich kenne kein Buch, in dem der Vorgang der Auflösung so unheimlich deutlich wird, in'dem der Zerfall nicht nur in seinen Symptomen, sondern unmittelbar der Erkenntnis so nahe gebracht wird. Die große Familie, von der das Buch erzählt, ist eine Sammlung typsscher Vertreter des Bürgertums. Das elende Haus, mit dem diese Menschen von ihren eigenen Familienangehörigen angeschmiert worden sind, dessen miserablen Zustand sie kennen und fürchten, und um das doch immer wieder Haß und Gier und Neid und Streit entbrennt, könnte man fast symbolisch nehmen.
Aber alles Typische, alles Symbolhafte steht in diesem Roman hinter erschütternder Lebendigkeit— soweit man bei dieser Bürger- samilie vom.Leben" reden kann. Wie Schauspieler einer Schmiere führen sie mit verstaubten Atrappen, zwischen schlechten Kulissen, einen Lebensersatz, weil sie zur tätigen Teilnahme am wirklichen Leben weder Kraft noch Mut haben. Sie betrügen ein bißchen, ver- kümmern und sterben, werden verrückt. Von den wenigen, die«in glückliches Geschick früh aus diesem Kreise herauslöst, berichtet das Buch nicht weiter. Wer es ist doch einige- wirkliches Leben noch vorhanden, angefressen zwar, schwer bedroht, doch im Kern gesund. Ein Mädchen erzwingt sich ihr eigenes Schicksal. Der Weg von der Familie in die Arme eines genialen, ober lebensunjähigen Mannes scheint kein Ausstieg. Er ist es trotzdem: denn er rettet sie vor dem Untergang mit der Familie, und er führt sie endlich hinein in die Welt der Wirklichkeit. Phantastisch drängt sich gegen den Schluß des Buches die an ihrer seelsschen Verkümmerung allmählich irrsinnig gewordene Schwester in den Vordergrund, die noch einmal de» ganzen Willen zum Schwindel, den fanatischen Glauben an seine Notwendigkeit, seine Zweckmäßigkeit mit der unheimlichen Gewalt einer Geistestranken entwickelt. Der Stil des Buches entspricht dem Ausbau de« Stoffes. Der Leser wird vorwärtsgepeitscht.von keiner Reflexion, von keiner reflektierenden Wendung aufgehallen. Wie die Gestaltung des Inhaltes genügt auch die Sprache nicht immer höchsten tünsllerischen Anforderungen. Aber alles ist unmittelbarer Ausdruck, klar, scharf geformt: es zwingt zum Miterleben. Trude El Schulz.
WAS DER TAG BRINGT
ERZÄHLT VON YORICK
Die Wette Sie waren Polen , all« beide, und sie hießen, wie sich das für zwei Polen gehört, die in der Stadt Pari» ihre östlich« Heimat vertreten: Wenzeslaus und Stanislaus. Wirklich! Außerdem waren sie Freunde und außerdem hatten sie Geld. Was tun Leute, die befreundet sind und zuviel Geld haben? Sie wetten miteinander. Irgendeine möglichst blödsinnige Wette. Im Fall Stanislaus und Wenzeslaus ging es um einen Wettlauf auf den Montmartreberg. Und zwar ohne Strümpfe und, um die Sache schwierig zu machen, mit— Bohnen in den Schuhen. Weil der Austrag der Wette am hellen Tag« einiges unliebsam« Aufsehen erregt hätte, wählten Stanis- und Wenzeslaus die Nacht. Und so sahen denn zwei im Montmartreviertel stationierte Schutz- leute, wie zwei Männer den Montmartrehügel erNommen. Der«ine ächzend und hinkend, der andere aber leichtfüßig wie ein Reh. In- folgedessen war der letzt« lange vor dem ersten oben. Und als der Hinkend« endlich ebenfalls angelangt war, gab es zuerst einen Wort- Wechsel und dann eine wüste Prügelei. Hier griffen die Hüter der Ordnung ein. Sie ermittelten die Ge- schichte der Wette und ihren Austrag, und sie ermittelten auch den Grund für den Sieg Wenzes- und den Zorn Stanislaus'. Beide hatten vorschriftsgemäß Bohnen in chr« Schuhe getan. Beide Bohnen von gleicher Größe und gleicher Anzahl. Nur hatte Wenzeslaus die seinen vorher— gekocht! Der Held und die Behörde Daß einer ins Feld zog und eine Frau zurückließ, die er erst vor zwei Wochen geheiratet hatte: daß dann nach einem Jahre die amtliche Nachricht an die Frau gelangt«, daß ihr Mann gefallen sei— das kam in den Iahren de» Wellkrieges häufig, viel zu häufig vor. Auch daß die Witwe, nachdem Trauer und Trauerjahr vorüber waren, sich von neuem verheiratete, wie es Frau Szabo aus dem ungarischen Orte Kolozsoar tat, ist ein durchaus häufiger Fall: kom- pliziert wurde er nur dadurch, daß ihr erster Mann Mann, Alexander Szabo, gar nicht tot war, sondern von den Russen gefangen. Er hat keine Möglichkeit, sich mit der Heimat in briefliche Verbindung zu setzen; weih also von der Totmeldung und von de? zweiten Heirat seiner Frau nichts. Erst im Jahre 1923 kommt er in die Heimat zurück und erfähtt all das... Auch dies noch ist Heimkehrerschicksal, das nicht nur einmal ge- schah. Wie aber Alexander Szabo es meisterte, indem er ihm nach- gab, wie er nicht an den vier Iahren Krieg, sondern an den sieben Iahren zwischen 1923 und 1930 zum Helden wurde, zum Helden im seelischen und somit wahrhastigen Sinn«: da« ist wohl einmalig! Denn Alexander Szabo ging nicht hin, um sein« Frau zu fragen:„Der andere oder ich!", ging nicht hin, um die Ehe ungültig erklären zu lassen, die sein« oder die des andern. Er liebte seine Frau, liebt« sie mit jener tiefen und rechten Liebe, die auch auf den Besitz der Geliebten verzichten kann, die sich im Brücke-Sein zu ihrem Glück zu bescheiden weiß. Und so ging er nicht zu seiner Frau,
sondern sorgte, daß sie von seiner Wiederkehr nichts erfuhr. Ließ sich aber unterrichten von allem, was sie lebt«, wußte, daß ihre Ehe glück- lich war. erfuhr im Lause der Jahre von der Geburt dreier Kinder. Und erfuhr also auch vor einigen Monaten, daß der zweite Mann seiner Frau geostrben war. Er schrieb ihr sofort: die Bahn war für ihn frei. Und er gedachte sie bald zu heiraten. Sie willigte gern ein; si« hatte ihn wohl immer geliebt. Dos Heldenstück eill« mit Riesenschritten seinem Happy end zu. Es wäre schon zu Ende— aber auf seinem Weg« saß— die Behörde. Nämlich für die Behörde ist Alexander Szabo tot. Um zu ver- meiden, daß sein« Frau durch sein Wiederauftauchen beunruhigt wurde, hatte er sich bisher nickst amtlich zurückgemeldet. Das rächte sich nun. Die Beamten weigern sich, ihn jetzt noch anzuerkennen. Ungezählt« Papiere, Dokumente, Akten muß er beschaffen, ungezählte Papier«, Dokumente, Akten müssen geändert oder neu gefertigt werden. Und wenn es ihm gelingt, den widerspenstigen Amts- schimmel in Trab zu setzen— dann, das ist zu hoffen, wird er wenigstens noch bei Lebzeiten sein« Witwe heiraten können! Die Fahne O Wunschttaum jede» Militaristen vom romantischen Schlage: eine feindliche Fahne zu erobern! O unerfüllbarer Wunschttaum, unerfüllbar wenigstens tn diesem letzten Krieg«: Fahnen hatten sich als für den Schützengvabenkrieg nicht so recht geeignet erwiesen, und die Beut« an wehendem Tuch war also selbst bei den größten Siegen recht bescheiden. Einem braven sächsischen Soldaten, einem simplen Muskoten aber glückte es, gleich im Anfang, anno 14, als man Fahnen noch >chätzte und mit sich führt«— in dem Oertchen Säryles-Mezieres, dicht bei Et. Ouentin, fand er ein« Fahne— fand sogar ersichtlicher- weift eine prachtvolle Regimentsstandarte! Er meldete seinen Fund nickst: es gelang ihm sogar, ihn in die Heimat zu schicken: da hing die Fahne nun in stolz geschwungenen Falten über dem Kanapee, und als der Sachse heimkam, saß er Abend für Abend unter seiner Trophäe— bis er kürzlich starb. Die Witwe legte wohl nicht soviel Wert auf die französische Fahne, oder si« brauchtt Geld: jedenfalls verkaufte sie die Fahne einem Bekannten für fünfzig Mark. Der aber hatte seinerseits wieder«inen Reflektanten, einen Leipziger, von dem er wußte, daß er solche Dinge sammelt«. Der Sammler besah die Fahne, schmunzelte und bezahlte sie— allerdings auch nur mit fünfzig Mark. Und dann setzte er sich hin und schrieb einen Brief nach Söryles- M�ziires, in der Landessprache, denn er konnte, al» erster deutscher Besitzer der Fahne, französisch. Aus Frankreich kam ein Brief zurück. der enthielt fünfzig Mark, und dann wurde die Fahne verpackt und nach Söryles-Mezieres befördert. Und in Säryles-Mözieres fand am Sonntag nach der Ankunft der Standarte ein großes Volksfest statt. Man hatte auch Grund dazu. Denn die— F eaerwehr hatte ihr« Fahne wieder!