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Protest gegen Ausnahmerecht.

Tagung der Berliner Freidenferfunktionäre.

Im Klubhaus in der Ohmstarße tagte gestern eine Konferenz. des sozialdemokratischen Funktionäre des Deutschen Freibenter. Berbandes, Bezirk Groß- Berlin, die außerordentlich stark be­jucht war,

Das Referat hielt Genosse Mar Sievers über das Thema Ausnahmegesetz gegen Freidenfer". Er legt dar: Goethe hat ein mal über die Gesinnungsschnüffelei der Kirche gesagt: es ist die ganze Kirchengeschichte Mischmasch vom Irrtum und von Gewalt. Das Wort des Dichters wird wieder einmal durch die Ereignisse der legten Monate bestätigt, die wir in unserer legten Bersammlung im vorigen Jahre voraussahen. In Bayern unterbindet die Kirche die weltlichen Fortbildungsschulen, in Braunschweig merden alle weltlichen Schulen unterbrüdt, in Thüringen ist der Kirchenaustritt erschwert, in Preußen ist die weltliche Lehrer­akademie nicht eingeführt, und Lehrer, die Dissidenten sind, warten vergeblich auf Anstellung. Bisher ist cin Bertrag Preußens mit der evangelischen Kirche zwar nicht ges fchloffen, und auch das badische Kontordat steht noch aus, dafür aber erlebieit wir die Notverordnung vom 28. März. Hier wird politisches Rowdytum mit der Freidenter­bewegung geradezu gleichgestellt, und weil sich die Berordnung Scheinbar gegen das überhandnehmende politische Rowdytum wendet, wird sie von manchen als rettende Tat angesehen. Aber die Arbeiterschaft hat von Ausnahmegejegen noch nie. mals einen Vorteil gehabt. Heute schon werden in Braun­ schweig sozialdemokratische Versammlungen verboten, und Polizei­beamte fönnen Rundgebungen der Freidenfer überwachen und auf­lösen, weil der§ 1 der Berordnung doppelzüngig und tautschufartig ist, Berschwommen angedeutete Bollmachten ermöglichen reaktio. nären Behörden Maßnahmen, die sogar zu einem Berbot der Freidenfergruppen führen können und eine höchst bedenk­liche Rechts unsicherheit schaffen. Was ist eine Verächtlich machung? Schon die Behauptung, daß es feinen Gott und feine Unsterblichkeit gebe, fann als solche aufgefaßt werden. Wir find der Willkür der Kriminalbeamten ausgesetzt.

Wie kam es zu der Notverordnung? Wir verfennen nicht, baß die Kommunisten ihre Bottlojenpropaganda in pöbelhafter Weise geführt haben.

Die blöden und geistlosen Methoden der Kommunisten schaden den Freidenkern mehr als der Kirche.

Aber um derartige Ausschreitungen zu unterdrücken, hätten die be­stehenden Geseze vollauf genügt. Die Notverordnung ist ein Schlag der kirchlichen Kreise gegen den meltanschaulichen Gegner, die Freidenkerbewegung. Es geht nicht an, politisches Rowdytum und Freidenker in einen Topf zu werfen, und es ist sehr bedenklich, daß auch unsere Landtagsfraktion in Preußen einem An­trag ihre Zustimmung gab, durch die das Staatsministerium ersucht wird, gegen Organisationen, die unter Berächtlichmachung der Re­ligion die organisierte Kirchenaustrittsbewegung fördern", einzu fdreiten.

Man fann sagen, daß seit Monaten gegen die Freidenfer eine Hehe geführt wird, um unsere Bemegung lahmzulegen. Die Initia tive zu meinem Artikel im ,, Borwärts" am Ostersonntag ist nicht von mir, sondern vom Genossen Stampfer ausgegangen. Wenn aber Stampfer in seinem Kommentar ausgeführt hat, daß bei einer An­wendung der Notverordnung gegen die maßnollen und besonnenen Bestrebungen des Deutschen Freidenfer Berbandes die fozialdemo: tratische Reichstagsfrattion die Pflicht habe, thre af hebung herbeizuführen, so wollen wir diese Anfündigung auf nehmen und dafür sorgen, daß an ihr festgehalten wird. Wir stehen in einer scharfen Abwehrstellung. Durch ver ſtärkte Attivität und durch Stritit eventuell auch an fozialbemotra tischen Ministern und Abgeordneten werden wir dafür sorgen, daß die Freidenkerbewegung feinen Schaden leidet. Die

evangelische Kirche ist die Bundesgenoffin des Faschismus. Ein Vertrag mit ihr tommt einer Unterstützung des Faschismus gleich. Deshalb bekämpfen mir einen solchen Bertrag. Unsere Lage ist nicht leicht. Wohl wissen wir, daß die Kirche die Freidenfer­bemegung nicht entzmeischlagen fann. Anhänger einer entschieden freiheitlichen Stulturpolitit, hüten wir das Errungene, um es meiter auszubauen! Wir denken dabei an das Wort, daß es viele Wege vom Recht zur Gewalt, aber feinen Weg von der Gewalt 3um Recht gibt, und daß man deshalb den Anfängen mehren muß." Anhaltender Beifall.)

Nach einer lebhaften Diskussion wurden zwei Entschließun­gen angenommen, von denen die eine vor allem betont, daß die Ber sammlung von der sozialdemokratischen Fraktion des Preußischen Landtags verlangt, dem Vertrag mit der reaktionären evangelischen Kiraje die Zustimmung zu verjagen. Die zweite Resolution stellt den Kulturfampfbestimmungen der Notverordnung des Reichspräsidenten vom 28. März 1931 die schärffte 2b mehr entgegen. Die Ber­ liner Freidenfer verpflichten sich, jetzt erst recht den Kampf für die Verbreitung der freigeistigen Weltanschauung und die Agitation für den Kirchenaustritt mit verstärfter Attivität aufzunehmen.

Spanische Prozesse. Majestätsbeleidigung und Hochverrat.

San Sebastian , 7. April.

Der Text einer Rede, die Professor Unamuno am Dfter janntag halten wollte, murde beschlagnahmt. Unamuno wird sich mahrscheinlich megen Majestätsbeleidigung zu antworten haben.

ver­

Das von Kriegsgericht im ameiten Jaca Brozeß gefällte Urteil, das gegen fünf Offiziere auf Gefängnisstrafen und gegen die übrigen Angeklagten auf Arreftstrafen erkannte, ist vom General tapitän bestätigt worden.

Der Wojewode lernt um.

Graczynski predigt Frieden.

Kaffowih, 7. April.

Dem Borstand des Aufständischenverbandes antwortete Boje­mode Graczynski auf Osterwünsche u. a., daß er eine friedliche und harmonische Zusammenarbeit aller ftaatstreuen Elemente an­strebe und die gesamte polnische Boltsgemeinschaft auf den Boden eines staatsbejahenden Programms zusammenschließen möchte. Er richte an alle ohne Unterschied diesen Appell und fordere besonders auf. dazu beizutragen, daß das gegenseitige Bertrauen in allen Schichten der Bevölkerung wächfe. Er gebe als Ehren­vorsitzender des Aufständischenverbandes diese Richtlinien für die

meitere Arbeit

Misto Die Belehnung.

Göring

Hitler ernennt den Hauptmann Göring zum Gauführer der östlichen Provinzen.

Hitler

Hitler: Nimm hin mein Schwert, ziehe aus und vernichte die Meuterer!" Göring : Die Novembermeuterer, hoher Ofaf?" Hitler : Unsinn, die Meuterer in der GA.!"

Ein Warschauer Sensationsprozeß

Der Bombenanschlag auf die Sowjetgesandtschaft.

Im April o. 3. wurde ein Bombenattentat auf das Gebäude. der Sowjetvertretung in Warschau noch rechtzeitig entdeckt und danach Rußland abgeschoben. Es dauerte nicht lange und sie durch. vereitelt. Russische Emigranten in Bolen mußten auf Ber langen der russischen Regierung Verfolgungen und Berhaftungen über sich ergehen lassen. Der Attentäter wurde in Jugoslawien verhaftet und an Bolen ausgeliefert. Am 9. April steht er vor dem Warschauer Gericht. Der Angeklagte hat mit Enthüllungen gedroht, worauf die Somjetregierung erflären ließ sie verzichte darauf, als Nebentläger aufzutreten, da man einen Tendenzprozeß gegen die Sowjetunion " führen wolle.

Die Höllenmaschine im Rauchfang.

Am 26. April v. J. entdeckte der Portier des Hauses Nr. 17 in der Boznanstiftraße eine Höllenmaschine. Die Polizei entfernte aus dem Rauchfang mit größter Barficht die verdächtige Holztifte; fie enthielt einen Ihrmechanismus und Kilogramm Jagdpulver. Bon der Höllenmaschine führten Drähte zu bem Gebäube ber Sowjetgesandtschaft. Bon bent Täter keine Spur. Nur ein An­haltspunkt fand fid): Ein Brett, mie man es in Buchbindereien benutzt. Das Brett stammte aus der Buchbinderei von Rudolf Stahlbach in der Nähe des Sowjetgebäudes. Ein 11nbefannter. hatte am 18. April um Nachtquartier gebeten und es erhalten. Am nächsten Morgen brachte er einen großen Knäuel Draht mit, wickelte ihn um das Buchbinderbrett, verabschiedete sich und kam nicht wieder. Einem arbeitslosen Chauffeur, der ihm beim Auf­mideln des Drahtes behilflich war, fchrieb er auf eine Bostkarte eine Empfehlung an den Verband der Chauffeure in Grodno ( Weißrußland ). Damit war ein weiterer Fingerzeig gegeben.

Die Vorbereitungen zum Attentat. Der Attentäter mußte der aus Czernowiz( jetzt Rumänien ) gebürtige Jan Poljansti sein. Er lebte seit einiger Zeit in Grodno und ernährte sich durch deutsche Privatstunden. Am 7. April löfte er ganz unerwartet seinen Haushalt auf, brachte Frau und Tochter bei Bekannten unter und fuhr nach Warschau . Bon hier aus schrieb er seiner Frau, daß er Kurse besuche und sich wohl fühle. Die Polizei machte den Laden ausfindig, wo Poljanski den Draht gekauft, die Uhrmacherwerkstatt, in der er das Gehwert er worben und den Tischler, bei dem er die Holzkiste bestellt hatte. Sein Schüler hatte im Laufe der Jahre 1929/30 ihm nach und nach das Pulver besorgt: Poljanski brauchte es angeblich zur Betäu­bung von Fischen. Mit allem Notwendigen ausgerüstet, war er nach Warschau gereist, um einige Tage später, versehen mit einem jugoslawischen Visum, die Stadt zu verlassen.

3m Dienste der Sowjets..

Die Eheleute Poljanski wurden von den polnischen Behörden maren wieder in Polen . Wie sie in Rußland unbehelligt ge­blieben und neuerdings illegal die Grenze zu überschreiten gewußt, fonnte nicht geflärt werden. Jedenfalls wohnten fie von nun an ungestört in Grodno . Geheimnisvolle Dinge scheinen zwei Grodnoer Gerichtsurteile gegen fie zu verraten: eins wegen Land­streicherei und ein anderes wegen Spionage. Etwa im Inter­effe Sowjetrußlands? Anfang April erhielt Boljanski von der Grodnoer Verwaltung einen Auslandspaß, angeblich für Kurzwede.

Das Geheimnis der Höllenmaschine.

Boljansti bestreitet, irgendwelche Komplicen gehabt zu haben. Er behauptet zu der Tat durch seinen a ß gegen das Sowjet­regime, getrieben zu fein. Da es teine Organisation gabe, die sich mit terroristischen Atten gegen die Bolschewisten befaffe, habe er befchloffent, auf eigene Faust zu handeln. Er hobe die Abficht gehabt, den Sowjets durch das nicht zur Bollendung gebrachte Atten­gehabt, den Sowjets durch das nicht zur Bollendung gebrachte Atten tat eine ernste Warnung zuteil werden zu lassen. Die An flageschrift läßt durchblicken, daß die Rolle der Sowjetbehörden in dieser Sache nicht ganz durchsichtig sei. Ob Boljanski aus ehrlicher Ueberzeugung eines politischen Wirrtopfes oder als 2od= piel gehandelt hat, wird erst der Prozeß ergeben.

Hakenkreuz in USA . Ganz wie daheim in Deutschland .

New York , 7. April( Eigenbericht).

Die im benachbarten Newart erscheinende New Jersey Freie Beitung", ein bürgerliches, parteipolitisch unbeschriebenes Blaft, hatte eine Meldung verbreitet, wonach die Kaffeler Leitung ihre S2. angewiesen haben sollte, sich nicht mehr wie bisher mit Lot­schlägern, Schlagringen und anderen Waffen auszurüsten. Die Mel­bung ftügte sich auf eine Notiz im ,, Böltischen Beobachter" und war dementsprechend gekennzeichnet. Die New- Yorter Ortsgruppe der NSDAP ." verlangte eine Berichtigung mit der Begründung, die, Nachricht rufe den Eindruck hervor, daß die SA. früher be­waffnet gewesen wären!!!

Da die Aufforderung zur Richtigstellung erfolglos blieb, wurden die Buben frech und schrieben an die Redaktion einen Brief, in dem es heißt: ,, Gleichzeitig bitten wir um Nachricht, ob. Sie irgendwelche. Schritte unternommen haben, diesen Artikel. zu dementieren, mie Sie es zu tun hätten, wenn Sie Wert auf den Ruf einer an­ftändigen Zeitung legen. Sollte Ihnen ein Widerruf... nicht an­genehm sein, mas mir schließlich verstehen tönnen, so müßten mir 1923 unterhielt Poljansti in Wien enge Berbindung mit der Sie bitten, dies uns zu überlassen, indem mir Ihnen eine Abhand­Sowjetvertretung und wurde von dieser nach Moskau ablomman- lung zusenden, welche Sie als Leitartikel in Ihrem Blatte zu ver­Wir würden dies als Gemighnung hin­biert, dort sollte er eine Stellung erhalten. Einige Monate später öffentlichen hätten. murde er bei unbefugtem Grenzübertritt verhaftet. Das nehmen..." Somjetregime habe ihm nicht gepaßt, erflärte er in der Unter­fuchung. Man fand bei ihm eine von der Wiener Sowjetvertretung ausgestellte Bescheinung, baß er als russischer Bürger im Russenlager unmeit Wien untergebracht gemefen fei; auch ein anderes Ausweispapier, von der Sowjetvertretung ausge­ftellt, morin es hieß, er sei Hauptmann der österreichischen Artillerie gewesen und am 2. Dezember 1923 zur Verfügung des Zentralfomitees der russischen Kommunistischen Partei ab­fommandiert. Die bei der Frau des Angeklagten Anna Poljanski gefundenen Papiere befagten, daß sie als Mitglied der fommu­nistischen Organisation in Graz zur Verfügung der österreichischen Seftion des Komintern nach Mostau abfommandiert sei und seit Januar 1924 der Russischen Kommunistischen Partei angehöre.

Theater Die Tribüne".

Kelemen: Das Märchen von der Fledermaus".

Eine luftige Anetdote mit starf erotischem Atzent und vielen Bointen, von dem ungarischen Autor geschickt und bühnenwirksam aufgebaut. Georg Alexander belebt den Bühnenult mit seiner befannten harmanten und jungenhaften Liebenswürdigkeit. Dgr.

Selbstverständlich hat das Blatt diese Unverschämtheit bloß niedriger gehängt; aber nur zu leicht werden solche Ausschreitungen wie dieser Brief dem Deutschtum überhaupt zur Laft gelegt.

König Georg wieder schwer frant. Besorgniffe in unterrichteten Kreisen.

London , 7. April. ( Eigenbericht.) Der englische König ist seit einigen Tagen an hoch gradiger Bronchitis erfranft. In der Preffe werden be ruhigende Bulletins veröffentlicht, die aber eigentümlicherweise Don feinem Arzt unterzeichnet sind. Wie wir erfahren, herrscht in eingeweihten Streifen große Besorgnis um das Befinden des Königs, da sein Herz sehr schwach ist. Der in Schottland auf Ofterurlaub befindliche Ministerpräsident Macdonald fteht in ständiger Berbindung mit den behandelnden Aerzten.

Breffereferent zum Landrat ernannt. Dr. Dito Stegemann, Re­gierungsrat im preußischen Handelsministerium und langjähriger Bressereferent des Handelsministeriums, wurde zum Landrat bes Kreises Osterholz- Scharnbed im Regierungsbezirk Stade ( Hannover )

ernannt.