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BERLIN Donnerstag 9. April

1931

Der Abend

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Die neuen Männer Berlins

Einigung im Rathaus: Sahm, Lange, Elsas, Asch

Heute vormittag hat sich im Wahlausschuß ber Stadt­Derordnetenversammlung die völlige Einigung über die Neubefeßung der freien Stellen im Berliner Magistrat und der Wahl des Oberbürgermeisters nollzogen. Die Wahl am 14. April ist nunmehr völlig gesichert. Oberbürgermeister von Berlin wird der frühere Danziger Senatspräsident Dr. Heinrich Sahm . Die beiden Bürgermeister­poften werden von dem Sozialdemokraten Lange als langjähriger Stadtfyndikus von Berlin und als stellvertretender Kämmerer ganz besonders um Berlins Finanzwirtschaft verdient, und dem stellvertretenden Geschäftsführer des Deutschen Städtetages Dr. Elsas besetzt. Dr. Elias gehört der Staatspartei an. Berlins Stadtfämmerer wird der jetzige sozialdemokratische Frankfurter Käm­merer Bruno Asch , dessen Berufung er wird der ,, beste Kämmerer Deutschlands " genannt für Berlin ein besonderer Ge winn sein dürfte.

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Die deutsch nationale rattion wartete in fegter Stunde noch mit einem eigenen Oberbürgermeisterkandidaten auf, deffen Name jedoch sowohl in der Preffe wie auch in den Berhan tungen schamhaft verschwiegen wurde. In der Sigung des Wahl ausschusses zeigten die Vertreter der deutschnationalen Fraktion ein drolliges Versteckspiel. Auch hier wollten sie den Namen ihres Kandidaten nicht nennen; von den Sozialdemokraten wurde ihnen jedoch zugerufen: Das wird Euch herr Steinhoff übel nehmen!" Die Kommunisten hatten selbstverständlich auch thren eigenen Mann für den Oberbürgermeisterposten. Seine Kan didatur war natürlich nicht ernst gemeint und wurde auch von feiner anderen Fraktion ernst genommen.

In der heutigen Stadtverordnetenversammlung, die um 16% Uhr beginnt, wird die Wahl des Stadtgemeinde ausschusses, der sich aus 45 Stadtverordneten zu­fammensetzt, vorgenommen werden. Nach der öffentlichen Sitzung wird über das Ergebnis der Berhandlungen im Wahlausschuß in geheimer Sigung Bericht erstattet werden. Die Wahl der neuen Männer selbst wird, wie schon oben gesagt, erst am 14. April ſtatt finden. An der jetzt feststehenden Kombination wird sich jedoch nichts mehr ändern, da die Zustimmung der einzelnen Kandidaten bereits vorliegt.

Die neuen Männer. Kämmerer,

Der bisherige stellvertretende stellvertretende Kämmerer, Stadtfyndikus Lange ist 52 Jahre alt. Er wurde am 11. februar 1879 geboren und hat lange Jahre hindurch als Stadtrat in Neu­tölln fommunalpolitisch erfolgreich gearbeitet. Bei der Neugestal­tung Berlins 1920 fam er als Stadtfyndikus in das Rathaus Sein großes finanzpolitisches Können und seine guten Kenntnisse der Berliner Verwaltung fießen ihn, als der frühere Kämmerer, der gleichfalls den Namen Lange trug, das Rathaus verließ, zum stell­vertretenden Kämmerer besonders geeignet erscheinen.

Der zukünftige Stadtfämmerer von Berlin , Bruno Asch. derzeitiger Stadtfämmerer von Frankfurt am Main , ist ein Mann von 41 Jahren. Am 23. Juli 1890 in Wollstein in Bosen geboren, besuchte er das Königstädtische Realgymnasium in Berlin , widmete sich zunächst dem kaufmännischen Beruf und betätigte sich später als finanz-, wirtschafts- und fommunalpolitischer Schriftsteller. Seine eindringlichen, von großer Sachkenntnis zeugenden Schriften über fommunalpolitische Probleme erregten allseitiges Aufsehen, so daß er 1920 Stadtrat in Höchst am Main und 1923 dortselbst Bürger­meister wurde. Jm Ottober 1925 erfolgte seine Ernennung zum Stadttämmerer von Frankfurt am Main . Bruno Asch ist lang­jähriges Mitglied der Sozialdemokratischen Bartei und wurde von dieser in den Kommunallandtag in Nassau und in den Provinzial­landtag von Hessen- Nassau gewählt.

Dr. Frih Elsas wurde als Sohn eines württembergischen Textilindustriellen am 11. Juli 1890 in Cannstatt geboren, studierte in München , Berlin und Tübingen Rechts- und Staatswissen­fchaften, begann seine juristische Laufbahn im Jahre 1914 bei der Handelstammer in Stuttgart und ging 1915 zur Stuttgarter Kom munalverwaltung über, wo er in den Jahren 1915 bis 1919 als Direktor des Städtischen Lebensmittelamtes tätig wir. Seine bald darauf erfolgte Wahl zum städtischen Rechtsrat brachte ihn mit allen 3weigen der Rommunalverwaltung in Berbindung. 1924 wurde er als Mitglied der Demofratischen Partei in den Württembergischen Landtag gewählt, legte aber 1926 sein Mandat nieder und nahm eine Stellung als Vizepräsident und geschäfts­führendes Borstandsmitglied des Deutschen und Preußischen Städte­tages an. Dr. Elfas ist literarisch mit einer Reihe von lesenswerten Arbeiten über Wirtschafts, Sozial- und Kommunalpolitik hervor. getreten.

Rückgang der Arbeitslosigkeit

Zum erstenmal auch in der Krisenfürsorge.

beendet werden.

Nach den genauen amtlichen Zahlen beträgt die Zahl der dürften sie zu einer Einigung führen, burch die die Teilstreits Hauptunterstüßungsempfänger in der Arbeitslosenversicherung am 31. März d. 3. 2315 554, die der Krisenunterstüßten 923 359. Das bedeutet einen Rüdgang in der zweiten Märzhälfte um 211 000 b3 w. 26.000.

Zum ersten mal feit längerer Zeit ist ein stärkerer Rüdgang auch in der Krifenunterstüßung zu ver­zeichnen. Dies ist jedoch nicht auf Beendigung der Unterstützung zurückzuführen, was eine entsprechende Mehrbelastung der gemeind­lichen Wohlfahrtspflege bedeuten würde. Infolge der Osterpause liegen die genauen Zahlen der Wohlfahrtsämter noch nicht vor, der Deutsche Städtetag aber gibt auf Grund der Nachrichten der Ge­meinden den Zuwachs bei der Wohlfahrt wesentlich niedriger an. Befferung des Wetters und dadurch ermöglichte Wiederaufnahme Der Rüdgang der Arbeitslojigfeit ist nicht nur auf die von Außenarbeiten zurüdzuführen, etwa ein Drittel der Mehrbe­schäftigung fällt auf andere Berufe, jo hat die feit Mitte Februar vorhandene Befferung des Befchäftigungsgrades in einigen Jndustrien angehalten, so in der Kleider- und Wäschekonfektion, der Maßschneiderei, dem Tabafgewerbe, der Spinnstofferzeugung, der Seeschiffahrt und auch der Umzugstermin hat Beschäftigung gebracht.

Der Lohnstreit im Baugewerbe. Rachverhandlungen im Reichsarbeitsministerium. Im Reichsarbeitsministerium sind die Nachverhandlun gen im Bange über die Berbindlichkeitserklärung des nom zentralen Schiedsgericht gefällten Schiedsspruches. Der Schieds­spruch sieht eine Kürzung der Berliner Bauarbeiterlöhne um worden. Der Verband der Baugeschäfte hat dem Schiedsspruch 7,8 Broz. vor und ist von den Berliner Bauarbeitern abgelehnt zugestimmt und dessen Verbindlichkeitserklärung beantragt. Ueber zugestimmt und dessen Verbindlichkeitserklärung beantragt. Ueber das Ergebnis der Berhandlungen ist noch nichts bekannt, doch

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Die Streitbewegung hat durch den Streikbeschluß der Affordmaurer eine Berstärkung erfahren, ist jedoch nicht von erheb= licher Bedeutung.

Erst durch das Vorgehen der Unternehmer, den Arbeitern Reverse vorzulegen, anstatt die Berhandlungen abzuwarten, hat der Streit seit dem 8. April einen größeren Umfang angenommen, doc) wird er nicht von langer Dauer sein.

Anfang mit Fälschung.

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Wie wird das Ende sein?

Zur Einleitung der Propaganda für das Anti­preußen Boltsbegehren läßt die Stahlhelmgesell­schaft als Flugblatt Nr. 1" einen Wisch verbreiten, der von einem sicheren Dr. Hans Hübotter verantwortlich gezeichnet ist. Dieses Flugblatt beginnt die Reinigungskampagne mit einer ungewöhnlich frechen Fälschung. An der Spiße bringt es folgenden nachgeahmten Aufruf:

An alle!

Das deutsche Volk hat auf der ganzen Linie gefiegt. Der Kapitalismus gehört in Zukunft einer überwundenen Zeit an. Jeder Werktätige erhält gerechte Entlohnung. Die Republik garantiert jedem Arbeit und Brot. In der Republik ist fein Play für Korruption.

Ein allgemeiner wirtschaftlicher und politischer Aufschwung wird die Folge sein.

Durch diese Revolution tritt unser Volk in den Zustand einer wahren Freiheit, Schönheit und Würde."

( Aus dem Aufruf der Volksbeauftragten vom 9. November 1918.)

Dieser Aufruf ist, wie schon zu wiederholten Malen öffentlich festgestellt wurde, schamlos dreist er­funden. Schon ein Blick auf das Datum hätte die Stahl­helm- Schreiberlinge davon überzeugen fönnen. Denn am 9. November 1918 gab es überhaupt noch feine Boltsbeauftragten, infolgedessen auch keine Aufrufe von ihnen! Erst im Februar dieses Jahres hat das Reichs­innenministerium auf eine Anfrage geantwortet:

,, Unter Rüdleitung der anliegenden Nr. 215 des Striegauer Anzeigers" vom 13./14. September 1930 beehre ich mich mitzuteilen, daß nach den vorgenommenen Feststellungen weder im Reichs­ministerium des Innern noch im Reichsarchiv ein Originalmanu­stript zu dem angeblichen Aufruf der Bolksbeauftragten vorhan­den ist.

Ferner erlaube ich mir noch folgendes zu bemerken: Unmög­lich fann dieser Aufruf im damaligen Reichsamt des Innern oder einer anderen Zentralbehörde des Reichs auf Beranlassung des die Regierung führenden Rats der Boltsbeauftragten( Ebert, Haase, Scheidemann , Landsberg , Dittmann, Barth) entstanden sein. Diesen Rat der Volksbeauftragten gab es am 9. November noch nicht. Der erste von ihm bekanntgewordene Aufruf datiert vom 12. November 1918 und hat ganz anderen Inhalt( 3. vgl. Reichsgesetzblatt S. 1303). Die Aufrufe, welche am 9. November erlassen und in den beim Reichsarchiv gesammelten Zeitungen aus jener Zeit ab gedruckt sind, stammen von Prinz Mar von Baden ( Thronverzicht), Ebert( llebernahme der Reichskanzlergeschäfte und Antritt der neuen Regierung), von der Sozialdemokratischen Partei ( Erfüllung ihrer Forderungen), vom Arbeiter und Soldatenrat ( Generalftreff). Schließlich gibt es noch einen von Ebert, Scheide­ mann und Landsberg unterzeichneten Aufruf:., Bolfsgenossen!" Die Form des Aufrufes und die Anrede An alle!"- läßt vermuten, daß er den Aufrufen, welche die bolichewiftischen Machthaber nach der fiegreichen zweiten ruffifchen Revolution im November 1917 erlaffen haben, nachgeahmt ist. Er stellt eine un­gewöhnlich plumpe Fälschung dar. gez. Wirth."

Diese Erklärung des Reichsinnenministers ist Ende Februar fast durch die ganze Presse gegangen. Nur in die