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Morgenausgabe

Tr. 166 A 84

48.Jahrgang

Böchentlich 85 Bt., monatlich 3,60 R. im voraus zahlbar, Bostbezug 4,32 m. einschließlich 60 Bf. Postzeitungs- und 72 Bf. Bostbestellgebühren. Auslands abonnement 6,- M. pro Monat; für Länder mit ermäßigtem Drudfachen porto 5,- M

Der Borparts" erscheint wochentag -lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin  und im Handel mit dem Titel Der Abend" Illustrierte Beilage Bolt und Zeit" Ferner Frauenstimme", Technik", Blick in die Bücherwelt", Jugend- Borwärts" u. Stadtbeilage

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Freitag

10. April 1931

Groß- Berlin 10 Pf.

Auswärts 15 Pf.

Die einipalt. Nonpareillezeile 80 Pt. Reflamezeile 5,- Rin.., Kleine An zeigen" das fettgedruckte Bort 25 Pf. ( zulässig zwei fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 12 Pf Rabatt It. Tarif. Stellengesuche das erste Wort 15 Pf., jebes meitere Wort 10 Pf. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Zeile 60 Bf. Familien­anzeigen Zeile 40 Bf Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochen täglich von 8 bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

Rentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

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Hitlers frankhafter Charakter.

Stennes legt los!- Führertränen und Barrikaden.

Göring   denunziert!

Stennes wollte den Marsch nach Rom  ". Der neue Ofaf für Ober Ost Göring gibt jezt in furzen Abständen ununterbrochen Erklärungen von

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geputscht und alles wieder in vollster, bester und schönster Ordnung sei. So empfing er im Lauf des gestrigen Tages Bertreter der nationalen Verbände", um ihnen folgendes auseinanderzusetzen:

Stennes hat sein Bort wahr gemacht und am Donners| Aeußerungen des Parteiführers fein frummer Hund mehr ein Stüd sich, in denen er versichert, daß der Stennes- Butsch aus­tag zum erstenmal die angekündigte Halbwochen| Brot nehmen. zeitung Arbeiter, Bauern, Soldaten" er= scheinen lassen. Die erste Ausgabe enthält eine ganze Reihe interessanter Dinge. So werden in einem längeren Artikel ,, Abrechnung" die Ursachen des Konflikts untersucht. In dem Artikel heißt es u. a.:

,, Wie konnte es zu der heutigen Lage fommen? Das liegt in der Entwicklung begründet, die die NSDAP  . insbesondere in den legten anderhalb Jahren ging und die ein einziger, immer wieder auftauchender Berstoß gegen den§ 2 der Satzungen war. Dort heißt es: ,, Das Programm ist unabänderlich." Als die national­sozialistische Reichstagsfraktion den Antrag einbrachte, daß der Zins­fuß durch Gesetz auf 5 Proz. herabzudrücken sei, wurde es auch dem unbefangensten Parteigenossen zum ersten Male klar, daß das alte Broaramm welches doch Brechung der Zinstnerftschaft und Ab­schaffung des arbeits- und mühelosen Einkommens fordert

feit Hitlers großfapitalistischen Frühstücksbekanntschaften mit Herrn von Stauß und anderen

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feine Gültigkeit mehr besaß. Oder gilt Herabsetzung des Zinsfußes bei Hitler als Vernichtung des kapitalistischen   Systems? Und vor allem den alten Sozialisten in der Partei wurde beim Bau des Braunen Palais", bei der Art der Verwendung der für die Angriff" Gründung gesammelten Gelder flar, daß der alte national: fozialistische Saz Gemeinnug geht vor Eigennug" für die hohen Parteifunttionäre schon längst nicht mehr gültig sei. Hitler   schrieb in richtiger Erkenntnis vorhandener Lallachen in feinen Buchen and Bull dei. vorhandener Tatsachen in seinem Buch, Mein Kampf  ". daß der Bert der zahlenmäßigen Stärfe feiner Partei gleich Rull sei. Dennoch wurden alle eintomintenden Geider, die in die mit lionen gingen, für 3wede der Propaganda und Agitation lionen gingen, für Zwecke der Propaganda und Agitation verbraucht. Erst im September 1930 segte die Berliner   SAL

gegen den Willen des erschrocken unter Tränen nachgebenden Führers

durch, daß wenigstens ein Bruchteil der Beiträge für den Ausbau der SA.  - Organisationen zur Verfügung gestellt wurde. Die SA.   lief nicht nur, zum größten Teil er­werbslos, mit zerrissenen Stiefelfohlen in den Dienst, während man in München   Repräsentationsgebäude antaufte, sondern sie wurde auch in immer fortschreitendem Maße von den politischen Leitern in die Rolle einer Klebetolonne herabgewürdigt In großen Sportpalastversammlungen trieb man die Stimmung bis zur Siedehtze empor und schuf die Bereit schaft zum Barrikadenkampf für die deutsche Revolution, um anschließend bekanntzugeben, daß jeder Verstoß gegen die Notverordnung mit Ausschluß aus der Partei bestraft würde Derselbe Gegensatz zwischen Worten und Taten zeigte sich auch an anderer Stelle Lest einmal nach, ihr Nationalsozialisten, wie Hitler   in seinem Buch und in Artileln gegen die Verbindung mit schleimigen, bürgerbreilichen Elementen wettert. Von der Deutschen Volkspartei der Herren Stresemann und Curtius tonnte nach den

Bis es jenem dann gefiel, Herrn Frid nach Weimar   zu diri­gieren und mit Hilfe der schwerindustriellen und großfapitalistischen Boltspartei die kopf­sfeuer, diesen Hohn auf jede foziale Gerechtigkeit, einzu­führen! Und als Herr Frid durch einen Parlaments­beschluß gestürzt wurde, jagte er da mit Hilfe des§ 48 die Quaffelbude auseinander oder behauptete sich der Herr Polizei­minister mit Hilfe seiner Schupo folange, bis er dann, wie einst Jeigner in Sachsen  , der Reichsexekutive wich?

So hätte der einfachite SA.  - Munn gehandelt! Dies wäre die Art eines Revolutionärs gewesen! Frid aber fuhr auf direkten Befehl des selbst anwesenden Adolf Hitler   nach München  , ohne auch nur den Verfuch zum Widerstand zu machen.

Politisch seien überhaupt Unruhen nicht zu verzeichnen gewesen, es habe sich immer nur um die SA. gehandelt. Die Ober­führer der Gaustürme in Mecklenburg  , Pommern, Schlesien  , Bran denburg und Ostmark, die intime Freunde von Stennes seien, seien mit Stennes aus der Partei ausgeschieden. Im übrigen sei nur eine ganz geringe Anzahl von Ausschlüssen in diesem Gebiet erfolgt. Es handele sich im ganzen um etwa 20 Mann. Nur in Berlin  sei die von Stennes   verursachte Bewegung gegen Hitler etwas stärker gewesen, und zwar infolge der falschen Informationen, die der Angriff" unter dem Druck von Stennes verbreitet habe. In Berlin   feien ungefähr 200 SA.  - Leute in ihrer Haltung schwankend geworden. Die Spannung zwischen Stennes und der Partei­leitung bestehe schon seit langem, da Stennes nicht damit einverstanden gewesen sei, daß die poli­tische Parteileitung die Legalität beschworen habe.

Stennes habe von einem Marsch nach Rom   à la Mussolini und ähnlichen Maßnahmen geträumt,

Einst hieß es in Mein Kampf  " von Hitler  , daß die erste Auf­gabe der SA. die Propaganda sei, und wir alle wußten, dies ist nicht die letzte und höchste Aufgabe. Oft genug war uns ja das legte Ziel gewiesen das ohne Köpferollen"( Hitler  ) oder Blutopfer" ( Goebbels  ) nicht erreicht werden konnte Bis dann wie eine Bombe der Erlaß Nr 1 des Herrn Röhm einschlug, in dem die SA. als eine Propagandatruppe" bezeichnet wird; da wußten wir alle, wohin der Weg ging, und daß man uns abschütteln wollte. Seit Jahr und Tag fämpfte Stennes dafür, das der S2. die Ent mit denen sich die politische Parteileitung nicht habe einverstanden widlungsmöglichkeiten zur Erfüllung ihrer legten und höchsten, nicht erklären fönnen. Die Notverordnung der Reichsregierung jei nun nur ihrer ersten Ziele gegeben würde Doch das wollte Herr Röhm für die Partei der Anlaß gewesen, tatkräftig gegen alle Elemente nicht, der sich bei Olaf- Oft zur Orientierung über die für die SA. vorzugehen, die eine Gefahr für die ganze Bewegung gegebenen Notwendigkeiten" anfagte, dann Hauptmann Stennes erst bedeuteten. Wie Göring   ferner erklärte, habe sich bei der Konferenz eine Stunde vor Abgang femes Münchener   Zuges in den Bahnder Jménminister Severing gegen ein Berbot der SA. aus­hofswartejaal bestellte, im übrigen aber zwei Tage und gesprochen, weil er die Ansicht vertrete, daß die SA. doch bald zu zwei Nächte bei dem seit Jahren als homofeguell in der illegalen Handlungen schreiten würde und weil er dann noch ganz refie angeprangerten Herrn Röhrbein, wahr anders nicht nur gegen die SA.  , sondern auch gegen die ganze scheinlich zu Orientierungszweden, verbrachte, nationalsozialistische Bewegung hätte vorgehen können. Um diefer dessen Intimus" Karl Ernst   nunmehr Gausturmadjutant ge- Gefahr für die ganze Bewegung zu entgehen, habe sich die Partei­worden ist!" leitung genötigt gesehen, alles zu tun, um je de illegale Hand­lung von Angehörigen der Partei, also auch der SA  , zu ver meiden. Es sei nicht beabsichtigt, gegen Stennes von Partei wegen irgend etwas zu unternehmen, und man gebe sich der Hoff­nung hin, daß auch von dieser Seite jeßt Ruhe gehalten werde. Nach diesem Reinigungsprozeß stehe die Partei geschlossener dem je da, und vor allem habe sie bewiesen, daß sie die Legalität, die sie einmal beschworen habe, auch halte.

An einer anderen Stelle des Blattes findet man folgen­den auf Adolf Hitler   gemünzten Kernsatz:

,, Es wäre ein Unglüd, wenn das Schicksal des deutschen   Bolles jemals in die Hände eines folchen frankhaften Charakters gelegt werden würde."

Deutschland   hat eben seit Rapp und Ludendorff  mit all seinen Diktatoren Unglück. Oder eigentlich Glück, denn diese heroischen Gestalten von gestern verschwinden am Mor gen darauf als lächerliche Figuren.

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Daß Stennes der nach seiner Ermittierung in der Matthäikirchstraße sein Hauptlager im Pazenhofer". Ede Potsdamer Straße   und Karlsbad   ausgeschlagen hat den Kampf für seinen echten revolutionären Nationalsozialismus fortseßen will, beweist er nicht nur durch die Herausgabe seines Blattes, sondern auch durch Anfündigung einer regen Bersammlungstätigkeit. Freitag ist SA.  - Appell in Wilmers dorf und am übernächsten Sonntag eine öffentliche Maffen fundgebung" im Sportpalast.

Der Kampf im Baugewerbe.

Die Verhandlungen in Berlin  .

Gestern fanden vor dem Schlichter die Nachverhandlun­gen statt über den Antrag des Berbandes der Baugeschäfte von Groß- Berlin, den Schiedsspruch des Zentralschiedsgerichts für ver­bindlich zu erklären. Die Berhandlungen, begannen am Nach­mittag und dauerten bis 10 Uhr abends an. Der Schlichter ver tagte hierauf die Verhandlungen auf Sonnabend vormittag, um, wenn irgend möglich, eine Einigung zwischen den Parteien herbei. zuführen.

Abwehrstreif in Rheinland- Westfalen  .

Bochum  , 9. April( Eigenbericht). Der freigewerkschaftliche Deutsche   Baugewerksbund sowie der chriftliche Bauarbeiterverband haben am Donnerstag für Rhein­ land   und Westfalen den Streit proklamiert. Von dem Streit werden etwa 12 000 Bauarbeiter betroffen. Seine Ursache ist in der Ablehnung des Schiedsspruches durch die Bauunternehmer zu suchen. Sie erklärten sich statt zur Zahlung der im Schieds­spruch festgelegten Stundenlöhne in Höhe von 1,15 Mk. lediglich zur Zahlung eines Stundenlohnes von 1,05 mt. bereit.

Befferung des Arbeitsmarktes.

224000 Arbeitslose weniger.

Wie wir in unserer gestrigen Abendausgabe bereits mitgeteilt haben, ist sowohl die Zahl der Hauptunterstüßungsempfänger in der Arbeitslosenversicherung wie auch der Unterstüßten aus der Krisen fürsorge in der zweiten Märzhälfte um 211 000 b3m. 26 000 zurüd gegangen. Die Zahl der Arbeitslosen selbst ist im gleichen Zeit raum von rund 980 000 auf 4 756 000, also um 224 000 zurüdgegangen. Wenn die Reichsanstalt auch berichtet, daß der Rüd. gang der Arbeitslosigkeit nicht nur auf die Wiederaufnahme von Außenarbeiten infolge des Eintretens des milderen Wetters zurüd zuführen ist, sondern daß eine Besserung des Beschäftigungsgrades auch in anderen Industrien festgestellt wurde, fo läßt sich heute mit Bestimmtheit noch nicht sagen, ob und wie weit es sich dabei um einen Wiederaufstieg der Konjunktur handelt, oder ob dieser stärkere Rückgang der Arbeitslosigkeit auf die sich mehr und mehr durch fetzende Arbeitszeitver fürzung zurückzuführen ist. Immer hin muß festgestellt werden, daß eine Arbeitslosenzahl von 4 756 000 Ende März ungeheuer hoch ist und noch um 1% Millionen höher ist, als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Die Durch führung der 40- Stunden- Woche bleibt also die dringendste Aufgabe.

Man muß es den Hakenkreuzlern zugestehen, was sie machen, das machen sie gründlich. So did sie noch vor ein paar Monaten ihren alles zerschmetternden Revolutionaris­mus aufgetragen haben, so schreiend plakatieren sie ihre neue lammfromme und gesetzestreue Gesinnung. Wahrhaftig:

Jetzt sind sie streng legal und gern erbötig,

Das Hemd zu wechseln, ja die Haut, wenn nötig. Von dem lichten Hintergrund dieser neugewonnenen Staatsgesinnung hebt sich der schwarze Schatten des Hoch­verräters und Putschisten Stennes um so schärfer ab. Ja, vielleicht würde man es gar nicht so ungern sehen, wenn sich der Reichsanwalt dieses Mannes ein wenig annähme, dann hätte man eine Sorge weniger!

Was aber Herrn Göring betrifft, so muß man bedauern, daß die Republik   feinen Orden besißt, den sie ihm für ihre Rettung verleihen könnte.

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Ernst gesprochen, Hitler und die Seinen haben nicht das allergeringste Recht, den Stennes und Otto Straßer   Bor­würfe zu machen. Denn das Gesicht, das diese zur Schau tragen und der Ton, den sie anschlagen, das ist das Gesicht und der Ton des Adolf Hitler   von gestern und wer weiß vielleicht auch das Ge cht und der Ton des Adolf Hitler   von übermorgen. Denn das ist das Peinlichste an den National­sozialisten und darin zeigen sie wieder eine verblüffende Aehnlichkeit mit den Kommunisten, daß man nie genau weiß, was bei ihnen Ernst und was bloß Theater ist. Fana­tiker stellt man sich gemeinhin als Menschen vor, die bis zur Tollfühnheit wahrheitsliebend sind. Im Gegensatz dazu ist das Charakteristikum unserer Rechts- und Linksradikalen von heute eine Verstellungssucht und Verlogenheit ohne­gleichen. Wenn 3. B. sich die Kommunisten für die ,, natio­nale Befreiung des deutschen Voltes" begeistern fönnen, warum sollen dann nicht die Nationalsozialisten gelegentlich auch ,, legal" sein können?

War es aber ein Schritt zur Legalität, als Hitler   seine Mannen aus dem Reichstag herauskommandierte? Auch hier zeigen Stennes und seine Leute nur eine Folge­richtigkeit im politischen Denken, die Hitler  , Goebbels   und Konsorten vermissen lassen. Der Auszug aus dem Parlament