Beilage
Freitag, 10. April 1931
oilo vob
vob stibibco Der Abend
Wie wir wurden...
Eine Arbeitersänger- Rückschau Gauleiter Paul Schneider Bentralorganisation,
Der Deutsche Arbeiter Sänger Bund feiert vom 3. bis 10. Mai das 40jährige Bestehen des Gaues Berlin . Wir entnehmen die nachfolgenden Ausführungen der Festschrift des Bundes.
Die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands hatte auf dem Einigungsfongreß in Gotha ( 22. bis 27. Mai 1875) den lähmenden Zwiespalt in ihren Reihen überwunden. Die bisher getrennten Richtungen der Lasalleaner und Eisenacher hatten sich zur einheitlichen deutschen Sozialdemokratie vereinigt, die Arbeiterpartei war umringt von Feinden, schon wandelten die Schatten des Sozialistengefezes über die politische Bühne; da traten in Berlin eine Anzahl fleiner Arbeitergesangvereine zusammen und gründeten am 20. Februar 1876 den„ Berliner Arbeiter Sänger
Bund".
Die Gründer waren fünf von verschiedenen Handwerkergruppen gebildete Vereine:„ Liederhain", Gesangverein der Zigarrenmacher ,, Laffallia", Verein der Zimmerer ,, Bruderfette", Verein der Maurer, die Gesangsabteilung des Tischlervereins„ Brüderlichkeit" und der aus verschiedenen Berufen zusammengefeßte Verein„ Becherklang". Später traten hinzu noch die Vereine Liberté"," Borwärts", die ,, Suppertsche Liedertafel",„ Rote Fahne“,„ Teutonia" und der „ Karthaussche Gesangverein" Elf Bereine mit etwa 150 aktiven Sängern bildeten somit den Grundstock zu einer Bewegung, die dem Erwachen der Arbeiter im sozialen Kampflied Ausdruck und Beschwingung verleihen wollte. Wenig ist über diesen Wegbereiter aft Material vorhanden, es war ihm auch nur ein
furzes Bestehen beschieden, im Oftober 1878 wurde er bereits
auf Grund des Sozialistengesetzes aufgelöst.
Das letztere mag wohl für das erste eine Erklärung bilden, mußie doch in der Zeit der Verfolgung aller freiheitlichen Regungen, wie fie die zwölf Jahre des Bestehens dieses Gesetzes mit sich brachten, clles nur irgendwie Verfängliche den Spürnasen der politischen Bolizei entzogen werden. Wir fennen wohl noch die Namen der Bundesfunktionäre, von denen einer, der Tischler Frizz Kortum, heute noch lebt, wissen, daß als Bundesdirigent der Gesanglehrer und Komponist Chr. Blaufus fungierte, und kennen die Bundeslieder der fleinen Schar. 3 mei Stiftungsfeste fonnten gefeiert werden, das dritte, das bezeichnenderweise in Luckenwalde (!) vor sich gehen sollte, kam nicht zustande, die föniglich preußische Berliner Polizei war auf dem Posten und ,.rettete" das bedrohte Vaterland. Betrachten wir uns Titel und Inhalt der Lieder des Bundes, jo ermessen wir auch den Begriff feiner„ Staatsgefährlichkeit". Bundeslied": Damit es besser werde.Mahnruf: Mann der Arbeit, aufgemacht“;„ Ein Hoch dem sozialen Bund, der Freiheit, Gleichheit schaffen foll", das waren Bissen, die das reaffionäre Preußen unmöglich verdauen fonnte. So fand der junge Bund ein frühes Ende, nicht so die Idee und die Vereine, wie es sich analog der Gesamtbewegung der Arbeiterklasse, nach zwölf Jahren flar erweisen sollte.
1801
-
4
1900
am
Im Oktober 1890 wurde die deutsche Arbeiterschaft vom Sozialistengesetz erlöst. Es hatte sich als Ziel die Unterdrückung der Sozialdemokratie gestellt, ermies sich aber letzten Endes als ein Teil der Kraft ,,, die stets das Böse will und stets das Gute schafft". Als der Berliner Arbeiter- Sänger- Bund 1878 aufgelöst wurde, hatten ihm, wie wir berichteten, nur elf Vereine angehört. Daß der Arbeitergesang inzwischen start an Boden gewonnen hatte, zeigte sich bei den ersten Bersuchen, die inzwischen entstandenen Bereine wiederum zu einem Bunde zusammenzuführen. Einer Einladung an etwa 90 Vereine zu einer Aussprache hierüber leisteten 45 Vereine Folge. Friz Kortum mar es, der die Einladungen zeichnete. So fanden sich etwa 100 Vertreter am Sonntag, dem 14. September, im Restaurant Möwes, Fichteftraße 29, zusammen. Alle sprachen sich begeistert für die Gründung eines Arbeitersängerbundes aus. Es wurde eine Kommission ge wählt, die die Sagungen vorbereiten und die Gründungsversammlung einberufen sollte. Diese Versammlung fand denn auch 19. Ottober 1890 in Mais Festsälen in der Beuthstraße statt. 74 Vereine waren bei derselben vertreten. Hier wurde unter großer Begeisterung der Arbeiter Sänger Bund Berlin und Umgegend aus der Taufe gehoben. Zur Verwaltung des Bundes wurde neben dem Vorstand ein Ausschuß" gebildet, in dem jeder Verein mit einem Delegierten vertreten war. Die Anforderungen des Bundes an die Vereine waren recht bescheiden, ein Einschreibegeld von 2 Mart, ein vierteljährlicher Beitrag von 1 Mart wurde festgesetzt. Der Bund nahm dann schnell zu, in der 1. Generalversammlung nach Jahresfrist konnte der Bundesvorsitzende Adolf Neumann berichten, daß sich 139 Bereine in der kurzen Zeit dem Bund angeschlossen hatten. Es waren gewiß unter ihnen die meisten mit bescheidenen Mitgliederzahlen, immerhin hatte sich das Kampf. lied trotz der jahrelangen Unterdrückung träftig durchgesetzt. Dem Borstand, der in seiner Gesamtheit zehn Jahre den jungen Bund leitete, gehörten neben Adolf Neumann †, Robert Meyer, Alex Kaiser, Otto Rasche †, Adolf Hübner und Frizz Kortum an.
"
Der neue Bund stellte sich in seinem Wesen.
flar an die Seite der kämpfenden Arbeiterschaft. So mußten die angeschlossenen Vereine sich verpflichten, ihre lebungen und Veranstaltungen nur in Lokalen abzuhalten, in deren die Arbeiterblätter auslagen und die der Arbeiterschaft auch für politische Versammlungen zur Verfügung standen. Um beides mußte zu jener Zeit und lange noch nachher zäh gerungen werden. Mancher Verein, dessen Mitglieder nicht die genügende Ueberzeugungstreue hatten, wurde abgelehnt oder ausgeschlossen. Von den Mitgliedern wurde verlangt, daß fie politisch und gemertschaftlich organisiert waren. Dieses und die attive Teilnahme der Sänger an den März und den Maifeiern der politisch ermachten Arbeiterschaft mar Beraniaffung, daß die Polizei den Bund bald als„ staatsfeindlich" bespielte und belästigte. Den Vereinen wurden alle möglichen Schwierigkeiten bereitet, die Birte wurden indirekt gezwungen, ihre Räume den Arbeitersängern zu vermeigern und schließlich wurde der Bund unter bas Bereinsgefeh mit seinen Beschränkungen gestellt.
Die Entwicklung des Bundes fonnte diese Nadelstichpolitik nicht wesentlich hindern. Zählte der Bund 1890 47 Bereine mit 900 Mit gliedern, jo toun
am Schluß des ersten Jahrzehnts 192 Bereine mit 4715 Mitgliedern
verzeichnen. Auch innerlich festigte er sich mehr und mehr; die von ihm veranstalteten Sängerfeste in Friedrichshagen , Beißensee, Schönholz, Pichelsdorf usw. wiesen stets einen Massenbesuch auf. Ein wesentliches Bindemittel bildeten hierbei die vom Bund regelmäßig eingeführten Bundesübungsstunden und die Herausgabe von Bundesliedern. Außer den älteren, von dem aufgelösten Bund übernommenen Liedern, veröffentlichte er bis zum Jahre 1892 etwa 14 Lieder, zu denen noch einige Grablieder famen. Viele davon sind heute verklungen, einzelne noch heute befannt und im Gebrauch. Die Herausgabe wurde eingestellt, als im Jahre 1892, angeregt durch den ,, Dresdener Arbeiterjängerbund" und von Berlin aus träftig gefördert, die Lindergemeinschaft der Arbeiter- Sängervereinigungen Deutschlands " ins Leben trat. Weihnachten 1892 fand in Berlin ein erster Delegiertentag aller Arbeiterfängerbünde Deutschlands " statt. Es war der erste Schritt zur Zentralisation der über ganz Deutschland verzweigten Arbeiterfänger. Der Berliner Bund unterbreitete ein Programm zur Schaffung eines Gelbstverlages der Arbeiterfängerbünde. Fortan bezogen die Arbeiter sängerbünde die Bundeslieder zum Selbstkostenpreis aus dem gemeinsamen Verlag. Als dessen Sitz wurde Berlin bestimmt. Otto Rasche war 15 Jahre lang mit Alex Kaiser in selbstloser Weise um die Entwicklung der Liedergemeinschaft bemüht. Archivar und Kassierer die Geschäfte bis zur leberleitung derselben Rasche starb 1907 an der Proletarierkrankheit, Kaiser führte als
1901
-
1910
Das zweite Jahrzehnt ist gekennzeichnet durch eine weniger in der Zahl als in der gefangstechnisch und geistig fulturell sich zeigenden Entwicklung des Bundes. Bis 1905 war die Zahl der Bereine auf 194 gestiegen, die Zahl der fingenden Mitglieder auf 5341. In diesen Zahlen zeigen sich schon die Entwicklungslinien aus der Unzahl der kleinen Bereine zu größeren, leistungsfähigeren Chören. Es war nicht leicht, alle die Hemmungen zu überwinden, die aus den verschiedensten Regungen alter Gewohnheiten und fünstlerischer Bedürfnislosigkeit entstanden. Berschiedentlich wurden die Aufnahmebedingungen für Vereine verschärft, eine größere Mitgliederzahl vorgeschrieben, die Aufnahme von einer gewissen gesanglichen Leistungsfähigkeit abhängig gemacht. Die zur Ausgabe gelangenden Lieder
Shadausgabe des onoare
wurden gesanglich schwieriger und verlangten an sich stärkere Chorförper. Es gelang auch, gute Chormeister zu gewinnen, die die Ansprüche der Sänger und der Zuhörer zu steigern wußten. Einen starken Antrieb fand die Idee des Zusammenschlusses der fleinen Chöre durch die 1908 erfolgte Gründung einer fest en des jetzigen ,, Deutschen Arbeiter Sänger Bundes". Von nun an wurde durch die Gauleitung in Berlin energisch die Verschmelzung kleiner Vereine betrieben, so daß 1910 die Anzahl der Vereine nur 149 betrug, während die Zahl der aktiven Mitglieder auf 5855 gestiegen war. Bon den tatkräftigen Mitarbeitern dieser Zeit seien genannt August Seifritt, 1. Kassierer von 1900 bis 1914, Julius Meyer und Paul Kupfer t, Vorsitzende, und der langjährige beliebte Bundesdirigent Richard Blobel. Nach dem Beschlusse der, ersten Bundestagung in Köln , demzufolge die Einteilung in Gaue an die Stelle der bisherigen Einzelbünde trat, erfolgte 1909 die Umbenennung des Berliner Arbeitersängerbundes zum„ Gau. Berlin und Umgegend".
Die durch die Umstellung und den propagierten Zusammenschluß der Chöre sich durchsetzende
Steigerung der gefanglichen Leiffungen zeigte sich vor allem in der Bewertung der Stiftungsfeste des Bundes, die alljährlich in der Brauerei Friedrichshain stattfanden, stets von Tausenden besucht waren und nun mehr und mehr zu einem Wettbewerb fortgeschrittener Chöre unter Mitwirkung guter Künstler umgestellt wurden. Auch die Sängerfeste zeigten diesen Umschwung, indem dem gesanglichen Teil gegen früher viel mehr Beachtung im Rahmen des Dargebotenen zugewiesen wurde. Große Chöre und Chorgruppen traten neben den Massenchören auf und veränderten so in fulturfortschrittlichem Sinne ihren Zwed und Sinn. Auch trat mit dem letzten Jahre des Zeitabschnittes mit dem Eintritt des Berliner Volfschores" ein Moment in die
Bewegung, die in späteren Jahren große Veränderungen in der Gesangsliteratur und in der Zusammensetzung der Mitglieder herbeiführte. Bis auf einige fleine gemischte Chöre waren in den ersten beiden Jahrzehnten die Frauen in der Bewegung fast unvertreten, famen als Gesangsförper faum in Betracht. Die Gründung des Berliner Volfschores, der sich seinerzeit die ausschließliche Aufgabe stellte, durch die Arbeiterschaft selbst die Aufführung der großen Plassischen Chorwerte mit Orchester, wie Dratorien, Sinfonien und dergleichen herbeizuführen, hat in dieser Beziehung bahnbrechend gewirkt. Es war indirekt mit der Anstoß der in den nächstfolgenden Jahren der Gauieitung Veranlassung gab, die Gründung von Frauenchören in die Hand zu nehmen. Sie wurden die Vorläufer der nunmehr in reicher Zahl im Bund vertretenen gemischten Volfschöre, ohne die heute die kulturelle Betätigung des Bundes faum denkbar ist. ( Ein zweiter Aufsatz, der die Entwicklung bis zur Jezztzeit fortführt, folgt.)
Spanisches Straßenleben
Notizen aus dem Süden Von Rudolf Schneider
>
fächer zu verkaufen haben, fommen nicht weniger auf ihre Kosten, da das Fächern" anscheinend zu den Lebensgewohnheiten der Spanier gehört..
Ein Haupimerkmal des Südens ist es, daß sich Handel und| Fäßchen oder Tonfrügen herumtragen und das Glas zu 5 Centimos Wandel, bedingt durch das warme Klima, in einem uns unbekannteh verfaufen. Die Händler, die fleine, einfache, buntbemalte Papier Maße auf den Straßen und Plägen abspieien. Da arbeitet. der Handwerker in aller Deffentlichkeit vor seinem Hause, ader er hat, wenn er es doch im Innern tut, Türen und Fenster seiner Werkstatt| so weit geöffnet, daß ihn jedermann bei seiner Beschäftigung be obachten famm. Da stehen vor den Restaurants und Cafés die Stühle und Tische auf dem Fußweg, zuweilen noch einen Teil der Straße mit einnehmend, und unbekümmert um den vorüberbrausenden Verkehr, um den Lärm und Trubel, den Blicken aller Borbeigehenden ausgefekt, fizzen die Gäste bei ihrem Eisgetränt.
Den Hauptanteil an der Belebung des Straßenbildes aber hat der Straßenhandel in Spanien . Ein Straßenhandel, der fast alle Verkaufsgegenstände und alle Tageszeiten umfaßt, der sich überall durch sein lautes Auftreten bemerkbar macht.
Bereits am frühen Morgen geht es los. Da werden große Biegenherden von den umliegenden Dörfern in die Stadt getrieben. Mit prallem Euter trotten die Tiere, dicht aneinander gedrängt, durch die Straßen. Einige Hirten halten die Herde zu fammen und lassen immer und immer wieder ihren schrillen Schrei ertönen: ,, Leche ! Leche!"( Milch.) Darauf öffnen sich die Türen der Häuser und heraus kommen die Hausfrauen, mit einem Topf in der Hand, um ihre Milch zu kaufen. Ein Hirte greift irgendeine 3iege heraus, hält sie fest, stellt den Topf auf die Erde, und
melft.
Um dieselbe Zeit eima zieht einem mitunter ein eigenartiger, angenehmer Duft in die Naje. Man denkt unwillkürlich an unsere Jahrmärkte, wo es in der Nähe der Krabbelchenbuden" genau so riecht. Man geht dem Duft nach und gelangt dabei an ein Haus, vor dem schon eine Reihe Frauen und Kinder anstehen. Es ist eine sogenannte bunueleria, eine Pfanntuchenbäderei, mo m einem Refsel kochenden Olivenöls Brezeln und allerlei Kringel aus Hefeteig gebacken werden, die von den Spaniern sehr gern zum Frühstück gekauft werden.
Währenddessen sind die Tageszeitungen erschienen, und ein ganzes Heer von Zeitungshändlern rennt schreiend, die Schlagzeilen laut ausrufend, durch die Straßen. Da in Spanien die Zeitungen nicht im Abonnement, sondern mur im Straßenhandel und in Beitungsfiosken verkauft werden, gilt der Grundsatz: Je mehr Geschrei, desto größer der Umjay!
Wenn sich die Bevölkerung bei Einbruch der Dunkelheit in den Lotalen oder auf den ,, ramblas", den städtischen Promenaden, einfindet, um bei fröhlichem Geplauder die Kühle des Abends zu genießen, dann sieht und hört man überall Händler, die allerhand Ledereien, Nüsse, Gebäck, sowie gebratene Fife, ge= fottene, rotleuchtende Krebse, Muscheln, außerdem Blumen und allerlei Spielereien feilbieten und auch den besten Absatz finden. Erst spät in der Nacht, wenn sich die Straßen leeren, verschwinden die legten schreienden Straßenhändler.
Neben den Händlern trifft man eine ganze Reihe anderer Be= rufe", die ihr Tätigkeitsgebiet ins Freie verlegt haben. Da sind die Drehorgelspieler, die ihren Leierkasten auf einen Karren geladen haben, den ein flappriges Ejelchen zieht. Vor den Restaurants mird halt gemacht. Da die Spanier große Musikfreunde sind und nicht sehr hohe Ansprüche stellen, wird meist reichlich gegeben. Und da sind die Stiefel puger. Kaum hat sich ein Gast in oder vor einem Lokal niedergelassen, so stürzt es auch schon mit der Frage, die fast nie verneint wird: ,, Darf ich die Schuhe puzen?" auf ihn zu. Genügend Beschäftigung gibt es für die Stiefelpuzer immer. Denn die Straßen sind meist schmuzig und staubig, und der Spanier legt großen Wert auf saubere Schuhe.
Eine andere Gilde sind die Verkäufer von Lotterie Tosen. Die Lotterie unterliegt in Spanien einem Staatsmonopol und ist, wie bei, uns in mehrere Klassen eingeteilt. Eine spanische Eigentümlichkeit ist es, daß die Lose, in möglichst eine Anteile zerlegt, fast ausschließlich durch Händler vertrieben werden. Diese Hausierer, vor deren Aufdringlichkeit man sich faum retten kann, stehen mit ihren Losserien an jeder Ecke und kommen in jede Wirt
Unterdessen find die Geschäfte geöffnet worden, der Straßen verfehr nimmt zu, und damit tritt auch eine große Schar Straßen händler auf den Plan. Rufend, schreiend, flingelnd und trompetend ziehen sie durch die Straßen und preisen ihre Waren an. Fische, Früchte und Gemüse werden vor allem in den Vormittagsstunden ausgeboten. Daneben zieht mit einem Karren der Kohlenschaft. Ueberall wird man von ihnen angehalten, überall hört man händler herum und verkauft Kohle und Holzkohle kilomeise.
Häufig fann man beobachten, wie Frauen, die in höheren Stockwerfen wohnen, ihre Einkäufe machen: sie verständigen sich vom Balkon ihrer Wohnung aus mit dem unten stehenden Händler über den Preis und lassen dann einen Korb, in dem das Geld liegt, an einer Schnur hinunter. Der Händler nimmt das Geld aus dem Korb und legt dafür die Bare hinein.
Gegen Mittag nimmt der Berkehr merkbar ab, um mährend der glutheißen Mittagsstunden fast ganz zu ruhen. Die Geschäfte werden zumeist geschlossen. Wer es nicht unbedingt nötig hat, jest sich nicht den brennenden Strahlen der Sonne aus. Erst am Spätnachmittag belebt sich wieder das Straßenbild, und am Abend erreicht der Berkehr den Höhepunkt.
Am Nachmittag ist es vor allem die Legion der Speiseeis perfäufer, die Bombengeschäfte machen. Aber auch den Ruf: Agua! Agua fresca!"( 28affer, frisches Basser!) hört man häufig durch die Straßen flingen. Das find die Wasserhändler, die Trintwaijer, dus ojt jeltene und daher sehr begehrte Raß, in fleinen
fie ihre Lose laut anpreisen, und jeder behauptet, daß sich gerade unter seinen Losen der Hauptgeminn befindet.
Am häufigsten anzutreffen sind jedoch die Bettler! Es ist geradezu unglaublich, in welcher Menge diese erbarmungswürdigen Menschen die meisten Städte bevölkern. Auf Schrit und Tritt wird man von den meist in elende Lumpen gehüllten Gestalten um ein ,, limosna ", ein Amosen, angefleht. Bor Kirchen, Theatern, Museen und sonstigen öffentlichen Gebäuden, überall dort, wo viele Leute zusammenfommen, da liegen oder hoden jie oft zu Duzenden, eine mahre Landplage bildend. Erschredend groß ist dabei die Zahl der Berfrüppelten und Berstümmelten. Sie zeigen ihre Wunden oder Gebrechen vor, um dadurch das Mitleid der Borübergehenden zu weden und sie zu einer Spende zu bewegen. Auch viele Blinde befinden sich unter ihnen.
Diese Bettler sind das betrüblichste Bild in dem sonst so farbenfrohen, heiteren und lärmenden Treiben Spaniens . Mit auer Deutfichfeit führen sie einem vor Augen, daß an der sozialen Ordnung aidat alles ftimunt.