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Morgenausgabe

Rr. 172

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48.Jahrgang

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Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Dienstag

14. Apríl 1931

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Entscheidungskampf in Spanien

Die Wahlfieger fordern Abdankung- Alfons widersetzt sich.

Madrid , 13. April.

Verschiedene republikanische und sozia­listische Persönlichkeiten hielten heute nach­

Arbeiterführer warni den König.

Der Havas- Bertreter in Madrid hat von dem Generalsekretär

Wird Alfons abdanken?

mittag in der Wohnung Acala Zamoras eine Ver- des spanischen allgemeinen Arbeiterverbandes, Lar­sammlung ab. Nach Schluß derselben wurde eine Erco Caballero, der zugleich Bizepräsident der spanischen so- Friedliche Umwälzung oder blutiger Bürgerkrieg?

klärung veröffentlicht, in der es heißt:

Die Abstimmung in der spanischen Hauptstadt und in den städtischen Hauptzentren hat die Bedeutung eines für die Monarchie ungünstigen, für die Republik günstigen Plebiszits. Sie trägt gleichzeitig die

Merkmale eines

Schuldspruchs gegen den höchsten Träger der Regierungsgewalt. Wir fordern sämtliche zivilen und militärischen

Institutionen des Staatsdienstes auf, die Entscheidung

des Volkes zu respektieren.

Wenn die Machthaber nicht den Wünschen des Landes nachkommen sollten, würden wir vor der Nation und der internationalen öffentlichen Meinung die Verant­wortung für das, was unvermeidlich eintreten wird, ab­lehnen.

Im Namen Spaniens , das wir vertreten, da wir die Mehrheit befihen, erklären wir öffentlich, daß wir

energisch vorgehen werden, um dem Wunsche der Nation durch Errichtung der Republik in Spanien

Benugtuung zu geben.

Diese Erklärung ist unterzeichnet von Acala 3a­mora, Fernando de Los Rio, Casares , Mi­ucl Maura, Largo Caballero , Albornoz, Perroug und Azana .

Alfons will seinen Thron verteidigen.

Paris , 13. April. ( Eigenbericht.) Wie am Abend au Madrid gemeldet wird, hat könig Alfons zu verstehen gegeben, daß er trotz des für die Mon­archie ungünstigen Ergebnisses der Gemeindewahlen nicht die geringste Absicht habe, abzudanken, sondern daß er seinen Thron bis zum äußersten verteidigen wolle.

In gewissen Kreisen wird sogar versichert, daß der König eine neue Diftatur errichten wolle, zu deren Führer der frühere

Innenminister Primo de Riveras, General Anido, berufen werden soll. Man zweifelt aber noch daran, daß General Unido diesen Posten annehmen werde, falls er ihm angeboten wird. Der Kriegsminiffer, General Berenguer, hat Journalisten gegenüber erklärt, daß nach seiner Ansicht das durch die Gemeinde­wahlen aufgeworfene politische Problem nur durch die fofortige wahl eines verfaffungsmäßigen Parlaments gelöst werden könnte.

Gegenfäße im Kabinett.

Madrid , 13. April. Der Ministerrat hat vier Stunden über die durch das Ergebnis der Gemeindewahlen geschaffene Lage beraten, ohne zu einer Entscheidung gelangen zu können, da sich die Auffaffungen der Liberalen und der konservativen scharf gegen überstanden.

Zweidrittelmehrheit für die Republif. .Paris , 13. April. Im Laufe des Abends find noch die Ergebnisse aus folgenden spanischen Provinzhauptstädten eingetroffen: Bilbao : 17 Mon­archisten, 29 sozialistische Republikaner. Valencia : 8 Mon­archisten, 16 sozialistische Republifaner, Palma auf Mayorka : 31 Monarchiffen, 8 sozialistische Republikaner. In der Provinz Ba­lencia haben die Gemeindewahlen eine erdrückende anti­dynastische Mehrheit ergeben.

Nach den bisher bekannten Ergebnissen find 1026 Republi­faner gegenüber 575 Monarchisten gewählt worden.

zialistischen Partei ist, folgende Erklärung erhalten: Die

Mit einer solchen überwältigenden Mehrheit, monarchistischen Parteien find in ganz Spanien ge- wie sie aus den spanischen Wahlurnen am Sonntag hervor­schlagen worden. Angesichts dieser Niederlage kann der König gegangen ist, hatten die in einer antimonarchistischen Wahl­die Regierungsgewalt teiner der verschiedenen monarchistischen front vereinigten Sozialisten und bürgerlichen Republikaner Gruppen übertragen, ebensowenig aber auch den Konstitutiona listen, denn auch diese haben sich für die Republik entschieden. Die offenbar selbst nicht gerechnet. Wohl dachte man, daß in den meisten Großstädten die Opposition starke Erfolge würde Diftatur ist gleichfalls unmöglich; denn sie würde zur Rebuchen fönnen, daß sie aber mit ganz wenigen Ausnahmen in volution führen, und sie zu bekämpfen wäre jedes Mittel gut, allen Teilen des Landes, sogar in den mittleren und klein­sten Städten, die Anhänger der Dynastie förmlich an die

auch das des Attentats.

Die öffentliche Meinung der Welt weiß jetzt, was sie von Spanien zu halten hat. Es bleibt keine andere legale Regierungsform übrig als die Republik .

Wiedereinführung der Zensur?

Wie Havas aus Madrid berichtet, sollen die Depeschen ausländischer Korrespondenten, die wichtige Nach richten über die Vorgänge in Spanien enthalten hätten, von den Behörden angehalten worden sein. Man frage fidh , heißt es, ob die 3enfur wiederhergestellt worden sei. Die ver schiedenartigsten Gerüchte liefen fortgesetzt in Ma­ drid

um.

Reuter meldet Kabinettsrücktritt. Doch Abdanfung? London , 13. April. ( Eigenbericht.) Das Reuterbüro meldet nachts 12 Uhr aus Madrid , das Kabinett habe seinen Rüdtritt beschlossen.

Der Sonderberichterstatter des Daily Herald" meldet, der König fei bereit, auf seinen Thron zu verzichten und die Abdanfung stehe unmittelbar bevor.(?)

Atlantische Republik?

Azoren selbständig? Revolution droht in Portugal .

Wand drücken würden, das konnte niemand annehmen. Man muß allerdings bedenken, daß am 12. April 1931 die Wähler überhaupt zum erstenmal feit acht Jahren Ge­legenheit hatten, ihre Meinung frei zum Ausdruck zu bringen.

Dazwischen liegt eine Zeit der diktatorischen Billtür, der Außerkraftsetzung der verfeffungsmäßigen Freiheiten und der Ausschaltung jeder öffentlichen Kontrolle über die Führung der Staatsgeschäfte. Das Volk machte den König für diesen Verfassungsbruch und alle seine Folgen. mit Recht verantwortlich. Denn er war es, der im Herbst 1923 das Militärdirektorium unter Primo de Ri­ vera eingesetzt und die Cortes, das gewählte Parlament, furzerhand aufgelöst und nie wieder einberufen hatte. Man wußte, daß Alfons XIII . diesen Bruch der von ihm be­schworenen Verfassung verübt hatte, weil er die Kritik der öffentlichen Meinung und des Parlaments an der von ihm selbst angeordneten, katastrophal verlaufenen Offensive in Marokko fürchtete.

Lissabon , 13. April. Die Regierung gibt bekannt, daß die Revolutionäre au ma­Die Regierung gibt bekannt, daß die Revolutionäre auf Madurch deira und den Azoren versuchen, durch Vermittlung des englischen Konsuls mit der Regierung zu verhandeln. Die Lage ist auch auf dem Festlande unsicher. Der englische Kreuzer Coleur" hat Befehl erhalten, sich sofort nach Lissabon zu begeben, um im Falle einer Revolution das Leben der britischen Staatsangehörigen zu schützen.

Ueber London kommende Berichte von der portugiesischen Grenze behaupten, daß verschiedene Provinzregimenter, darunter auch Fliegertruppen, meuterten. Regierungstreue Truppen sind in Barreira und Caldas da Rainha zusammengezogen. In Oporto waren am Sonnabend und Sonntag regierungsfeindliche Kund­gebungen. Truppen patroullieren in den Straßen aller größeren Städte. Der Flieger Aragao hat eine Reihe größerer Städte besucht, um gegen die Regierung zu werben. Der Kommandant des Flugplatzes in Amadora erhielt vom Kriegsministerium den Be fehl, Aragao zu verhaften. Anstatt dem Befehl nachzukommen, schloß er sich Aragao auf seinem Weiterfluge an. Die Aufständischen in Madeira haben in ihrem Nachrichtenblatt die Bildung eines Kabinetts bekanntgegeben mit dem Obersten Breiria als Ministerpräsidenten und Oberst Mendes de Reis als Oberbefehlshaber. Sie haben das vor Ma­ deira liegende Kanonenboot bo" aufgefordert, sich der revolutio­nären Bewegung anzuschließen, ohne jedoch bisher eine Antwort zu erhalten. Die Bewegung strebt die Bildung einer selbständigen atlantischen Republik an.

"

Für den Fall einer Blockade der Insel durch Regierungs­truppen soll beabsichtigt sein, die britische Bevölkerung abzu

transportieren.

=

Als der König merkte, daß die Diktatur immer unpopu= lärer, daß die Mißstimmung immer allgemeiner wurde, und als er daraus schlimme Folgen für den Bestand der Mon­archie befürchtete, ließ er kurzerhand sein Werkzeug Primo fallen und er ersetzte diesen durch ein anderes Werkzeug, den General Berenguer, gegen den Primo in seiner Glanzzeit rücksichtslos vorgegangen war. Der König glaubte, durch diesen Schachzug Beifall gerade bei den Gegnern der Diktatur zu ernten. Er hatte sich aber verrechnet. Das Volf erblickte in diesem Personenwechsel lediglich eine neue Tat des persönlichen Regiments und verlangte mehr: es forderte ein demokratisch fonftitutio. nelles Regiment, das der dynastischen Willkür ein für allemal einen Riegel vorschieben würde. Die frühere Ver­fassung genügte ihm nicht mehr, außerdem hatte sie ja der König selbst gebrochen. Sie war überholt und mußte verbessert werden. Als entscheidende Verbesserung be­zeichneten gerade jene Kräfte, die die Diktatur am schärfsten bekämpft hatten, die Abschaffung der Monarchie und die Errichtung einer demokratischen Republik . Diese Forderung war berechtigt und logisch: denn das mo­narchische Regime war schuld daran, daß sich solche Zustände überhaupt hatten entwickeln können. Indem der König die Verfassung acht Jahre lang außer Kraft gesetzt hatte, hatte er sich des Rechtes begeben, sich auf sie zu berufen. Er selbst hatte die gesetzliche Grundlage der Monarchie zerstört.

Die erste Tat der Regierung Berenguer war das Ver= sprechen baldiger Neuwahlen. Als aber die Krone und die Regierung merften, mit welcher Begeisterung die re­publikanischen Parolen aufgenommen wurden, sobald die Lockerung der Zensur und die Aufhebung der Versammlungs verbote die ersten Willenskundgebungen der Massen ermög­lichten, da versuchten sie schleunigst, ihre ersten Zusagen zu

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