Nr. 172• 45. Jahrgang 1. Beilage des Vorwärts Dienstag. 14. April 1932 Der Vampir von Düsseldorf. Kürten berichtet ohne eine Spur von Reue. Düsseldorf . 13. April. (Eigenberichl.) 3n einer knappen Dreivierkelstunde schilderte Kürken seine ge- samken Morde, wie er das in eisiger Rnhe kat, das tnusj man gehört haben. Er betonte einzelne Stellen seiner Erzählung, er sprach das„löte-,„schlug mit dem Hammer" und anderes so gelassen aus, als handele es sich gar nicht um ihn. Seine Stimme klang so fern — so fern, wie seine Taten selbst im Augenblick ihm sind oder zu sein scheinen. Er hat offenbar nicht den geringsten Begriff davon. wie ungeheuerlich seine Taten seinen Mitmenschen erscheinen müssen: sie waren ihm derart lustbetont, dajz er selbst heute noch nicht emp- findet, wie unausdenkbar schrecklich seine Handlungen gewesen sind. Und doch muhte er, dasz er sie immer wieder begehen würde, weil er es wühle, nahm er, wenn er ausging, das Werkzeug ssiner Morde mit. Man sieht sich einem hemmungslos triebhaften Menschen gegen- über.„Die Hemmungslosigkeit habe ich vom Vater übernommen". sagte Kürten. Er nennt sich selbst Sadist und er glaubt die Quelle dieser unheilvollen Abirrung zu kennen. Die Schilderung seiner Inchthauserlebnisse war erschütternd, die Darstellung seiner Kind- heit im Elternhaus uicht minder. Man hatte nicht das Gefühl, dah der Massenmörder das zu seiner Verteidigung vorbrachte. Er tat das, weil er nach Motiven seiner Tat befragt wurde und weil er im Gefängnis Zeit genug Halle, über alles nachzudenken. Zn seine Reflexionen mischt sich auch nicht die leiseste Reue. Seine Opfer lassen ihn kalt. Am Dienstag wird er in nichtöffentlicher Sitzung vernommen werden. Nachdem dos Gericht seinen Beschluß, den Antrag des Staats- anwalls auf Ausschluß der Oeffentlichkeit abzulehnen, verkündet hatte, wurde in der Vernehmung des Angeklagten fortgefahren. Der Vorsitzende fragt Kürten zunächst, ob er über die B r a n d st i f t u n- g en aussagen wolle, und der Angeklagte gab an, daß er aus den gleichen Motiven wie die übrigen Taten schon 1904 die Brand- stistungen begangen habe. Er habe Gefallen an dem Feuerschein gefunden, an der Aufregung, der Angst und dem Hilfegeschrei der Bewohner und war stets in der Näh« der Brandstelle. Er schildert dann seinen mehrjährigen Aufenthalt in Altenburg bei Leipzig , wo er vier Jahre arbeitete. Er hat dort auch durch Ver- mittlung seiner Schwester seine jetzige Frau kennengelernt. Nach Düsieldorf sei er wieder verzogen, weil er hier besser« Verdienst- Möglichkeiten zu finden hoffte. Zum größeren Teil tat er dies aber doch aus der Neigung zum Sadismus. Da feine Frau erst im herbst nach Düsseldorf nachkam, hatte er Gelegenheit, seinen Neigungen nachzugehen. Mit zwei hausangest« Ilten, an die er sich zuerst herangemacht hatte, war es ihm übel ergangen. Er hatte die Mädchen mißhandelt und gewürgt, so daß er stch eine Anklage wegen Notzucht zuzog. Außerdem verfvlgten ihn Dienstmädchen mit. Strafanträgen. Lpn der Anklage der Notzucht wurde er frei- gesprochen, da chan seine LeranlaguW damals' noch" nicht�ertannt hatte, Kürten gab von den meisten Ueberfällen der nächsten Jahre an, daß er sich dabei begnügt habe, stch an der Angst seiner Opfer zu weiden. Es wurde dann der Mordversuch an Frau Kühn, den Kürten am S. Februar 1929 in Düsseldorf -Germersheim im so- genannten Torfbruch verübt«, zur Sprache gebracht, wobei er sich einer Scher« bedient hatte. Nach einer kurzen Pause schildert Kürten den Fall der Rosa Ohliger, die er etwa 19 Minuten von seiner Wohnung entfernt auf der Kettwiger Straße angetroffen habe. Er habe sie aus das Baugelände in der Nähe der Vincenzkirche mitge- nommen Abends nach der Tat ist er in ein Kino gegangen. Der nächst« Fall vom 13. Februar betrifft Scheer. Am Karnevals- Dienstag sei ihm ein ziemlich schwer angeheiterter Mann auf dem Hellweg begegnet, der, wie es Angetrunkene häufig zu tun pflegten, ihm den Weg verlegte. Er, Kürten, habe ihn niedergestoßen und dann getötet. Der nächste Fall ereignete sich am 11. August 1929 und betrifft die Hahn. Kürten lernte sie im Zoo-Viertel kennen. Die Ermordete hat ihn angesprochen und er hat mir ihr für den kommenden Sonntag einen Ausflug nach dem Neandertal verabredet. Auf dem Heimweg bei Pappendelle habe er sie dann ermordet. Kürten erzählt mit sehr leiser, kaum zu oerstehennder Stimme, aber ziemlich fließend. Er lehnt stch zurück, schließt die Augen und öffnet sie nur, wenn der Vorsitzende ihn unterbricht. Bei dieser Gelegen- heit erwähnt der Vorsitzende die Briefe, die Kürten an die Zeitungen und die Polizeiverwaltung der Stadt geschrieben hat. Kürten erklärt, diese Schreiben hätten eine ähnliche Ursache wie die Verbrechen selbst. Am 13. Oktober schrieb er an die Polizeiverwal- tung und legte auch eine Skizze des Mordplanes bei, die aber nicht genügte, um die Leiche zu finden, er Hab« dann im November an die„Freiheit" in Düssetdorf«inen genaueren Lageplan geschickt, woraus auch die Leiche gefunden wurde. Nacheinander werden dann behandelt der Mord an dem Mädchen auf der Lierenfelder Kirmes, an der Frau Mantel, der Fleher Doppelmord vom 24. August 1929, dem zwei Kinder zum Opfer fielen, der Mord an der Gertrud Schulz« und der Fall Reuter am 39. September 1924. Dieser letzte Fall ist dadurch charakteristisch, daß sich Kürten hier zum erstenmal statt einer Stichwaffe eines Hammers bediente. Weiterhin wurde der Fall der Elisabeth Dörrier, der Frau Meurer und der Prostituierten Wanders behandelt. Der letzte der zur Anklage stehenden Fälle ist der Mord an Gerda Albermann, einem niedlichen und liebens- würdigen kleinen Mädchen, am 7. November 1929. Nach einer kurzen Schilderung der einzelnen Mordfäll« bittet der Verteidiger Dr. Wehner mit Rücksicht auf die seelische Erregung des Angeklagten, die Verhandlung auf Dienstag zu vertagen. Der Vorschlag wird angenommen. Der Vorsitzende weist darauf hin. daß die Verhandlungen des kommenden Tages größtenteils unter Ausschluß der Oeffentlichkeit durchgeführt werden. Die Verhandlung wird darauf auf Dienstagvormtttag vertagt. Strolche unterm Stahlhelm. lleberfall auf friedliche Arbeiter.— Stahlhelmführer Falck sieht zu. Zu einem frechen und feige« lleberfall auf fünf Vorteigenoffeu kam es am Sonntagvormiklag in Zänickendorf bei Jürsteowalde, wobei das passive Verhalten des Skahlhelmkreisführers Dr. Jalck ganz be- sonder» auffiel. Unser« Genossen waren in Jänickendorf mit der Verteilung von Flugblättern der Sozialdemolrgtischen Partei beschäftigt, als eine Kolonne v an u nges äh'i Wb i s TO sin ifor ml erteil Stahlhelmern mit Autos unter Führung des Dr. F a l ck in Jänickendorf erschien. Di« Stahlhelmer formierten sich unter Vorantritt ihrer Musikkapell« zu einem Umzug durch da« Dorf, um für ihr Volksbegehren Propaganda zu machen. Ale die Stahlhelmer unsere Genossen erblickten, stürzten sofort ein« größere Anzahl auf die einzelnen Genossen und entrisien ihnen mtt den Worten:„Flug- blätter Herl " die Flugblätter und warfen sie in den Dorfpfuhl. De- sonders übel mitgespielt wurde zwei unserer Genossen. Obwohl sie von fünf bis sechs Stahlhelmern umringt wurden, verweigerten sie die Herausgabe der Flugblätter. Die Strolche mtt dem Stahlhelm- abzeichen schlugen auf unsere Genossen derart«in, daß dem einen sofort das Blut aus Mund und Rase trat und er be- sinnungslo» zu Boden stürzte. Der Führer des Stahlhelm», Dr. Falck, sah dem Vorgang vom Auto au» zu, ohne sofort einzu» greifen. Sein Verhalten läßt die Vermutung zu, daß der lleberfall in seinem Auftroge, zumindestenL aber mit feiner Billigung stattfand. Unsere beiden Genossen mußten sich in ärztliche Behandlung begeben. Die Art der Verletzungen läßt erkennen, daß die Schläge mtt harten Gegenständen, Schlüssel oder Schlagring, geführt worden sind. Wir erwarten sofortiges Eingreifen der zuständigen Stellen, und Maßnahmen, die künftig derartige Ueberfäll« unmöglich machen. Republik , mache Schluß mit diesem politischen Rowdytum! Heute Oberbürgermeisterwahl. Großer Tag im Rathaus.- Es bleibt bei Sahm, Lange, Elsas und Asch. Nachdem die Stadtverordnetenversammlung in der vorigen Woche den Sladtgemeindeausschuß gewählt hat. werden in der heutigen Sitzung, die um IS Uhr beginnt, der Oberbürgermeister, die zweiBürgermeister, der Stadtkämmerer und die sechs unbesoldeten Rlagistratsmitglieder gewählt werden. Eine Stunde vor Beginn der Sitzung treten die meisten Irak - lionen noch einmal zusammen. Eine lleberraschung wird die Wahl sedoch nicht bringen, da. wie der„vorwärts" bereits in der vorigen Woche melden konnte, die Iraktlonen der Mitte und die Sozialdemokratie zu einer Einigung gekommen waren. Oberbürgermeister wird also der ehemalige Danziger Senatspräsident Dr. Heinrich Sahm , der der Volkspartei nahesteht, Bürgermeister wer- den der sozialdemokratische stellvertretende Sladtkämmerer Lange und der Vizepräsident des Deutschen Städtetages Elsas. Dieser ist Mitglied der Staalsparlei. Die Berliner Finanzen werden zu« künftig von dem bisherigen Stadtkämmerer von Frankfurt a. M., unserem Parteigenossen Dr. Bruno Asch , verwaltet werden. Bei der Wahl der unbesoldeten Stadträte wird die sozialdemokratische Fraktion mit zwei Kandidaten vertreten sein. Außer dieser Wahl flehen auf der Tagesordnung noch einige andere wichtige Punkte, und der Stadtverordnetenvorsteher hat für den Fall, daß die Tagesordnung nicht aufgearbeitet werden kann. eine zweiteSlhuogin dieser Woche am Donnerstag vorgesehen. Die Einführung des Oberbürgermeisters und der neugewählten Magistratsmilglieder wird voraussichtlich schon in der nächsten Woche im Stadtparlameat erfolgen. Großer Wasserrohrbruch am Kemperplah. Bor dem Hause Tiergarten st raße 2. unmittelbar am Äemperplatz, stürzt« gestern gegen IS Uhr die Asphaltdecke des Fahrdammes«in, und ein starker Wasserstrahl schoß an die Ober- fläche. In kurzer Zeit war der Fahrdamm überflutet, und der Ver- kehr mußte durch die Polizei gesperrt werden. Wie von der �r- mjerien. FeuerwM.. festgestellt wurde, war«in Hauptwasserröhr geplatzt: durch Einschalten der. Sicherungsschieber konnte spoter'ein weiteres Ausström«» der Wassermengen verhindert werden. Der Schaden wird vermutlich erst im Laufe des heutigen Vormittags repariert werden können. Leim Aufrichten eines Gerüstes kam der Stzjährig« Maurer Hermann Götz au» E i ch k a m p auf dem Grundstück Linden- straß« 4 2 ums Leben. Götz stürzte auf der Baustelle so Unglück- lich, daß er mit dem Hinterkops auf einen Stein schlug. In be» wußtlosem Zustande wurde der Verunglückte zur Rettungsstelle 12 gebracht, wo der Arzt nur noch den Tod insoloe Schädel- b r u ch e s feststellen konnte. Hermann Götz ist seit vielen Jahren Mitglied der Partei: er gehörte zur 97. Ab- teilung. Anna Majchke erschrickt und schluchzt leise; er sieht es nicht. Paul legt den Arm um ihre Schulter; sie beschließt, etwas wie ein Eottesvrteil durch den harten Mann da oben fällen zu lassen. Spricht er einmal, nur einmal vom Sieg des Lebens, vom Gebären, von Kindern, von etwas, das entfernt damit zusominenhängt, dann wird alles gut gehen; spricht er immer und immer nur vom Tode, dann... sie erschauert. In letzter Zelt liebt sie solche traurigen Spiele. Heut oder morgen, sagt droben der Pfarrer, heut oder morgen schon müssen wir hernach. Er ereifert sich, die Frucht- barkeit diesem Gedankens zu enthüllen; als Andreas Korns Gesicht noch immer unbewegt bleibt, sich nicht hebt und sich nicht neigt, greift er mit jäher Gebärde hinter sich an die Wand; da hängt eine alte, dreiteilige Sanduhr, wie man sie in vielen Oorfkirchcn findet: zwei der Gläser sind zerbrochen, aber das dritte ist heil geblieben, vielleicht durch viele Jahr- hunderte.„Stellt euch vor, Christen", ruft der Pastor und hält die Sanduhr mit ausgestrecktem Arm vor sich hin in die Sonne, daß eine Staubwolke leuchtet und die Spinnweben blitzen und das trübe Glas schimmert,„stellt euch vor, der Tod tritt vor euch hin wie jetzt ich. er hebt seine Sanduhr wie jetzt ich. er svricht: Bis dieser Sand verronnen ist, habt ihr zu leben, und länger nicht,— er dreht die Uhr um, wie jetzt ich— was wollt ihr tun?" Und mit hartem Ruck der Hand wendet er die Gläser um, und in dem einen, das nicht zerbrochen ist, beginnt der gelbe Sand zu rinnen. Andreas Korn hat sich bisher unbehaglich gefühlt. Die besondere Aufmerksamkeit des Pastors hat er unangenehm empfunden und nicht verstanden: die lauten, eifernden Worte sind über ihn hinweggegangen, und er hat gedacht: Klappern gehört zum Handwerk. Rur geweckt haben sie ihn immer wieder, wenn er allzu müde zu werden drohte. Run aber, als der Mann da oben die Sanduhr schwingt, wird das anders. Mit Anna Maschke fängt auch Luise an zu schlucken, das begreift er nicht; aber daß mit dem Sand das Leben gemesien wird: das begreift er. Der Pfarrer von oben spricht nun leise und eindringlich, aber Andreas hört keines seiner Worte; es ist ihm nur, als ob er den Sand rieseln hört. Allerlei Gedanken gehen ihm durch den Kopf. Hat es Luise nicht neulich erst betnahe beweint, daß sie so wenig er- lebt hätten? Allen anderen, hat Luise gesagt, passiert doch etwas; Anna Maschke krlegt ein Kind. Lene verliert ihren Vater und vielleicht einen Geliebten, manches ist ja traurig, aber es ist doch da— nur an Korns geht es immer vorüber, das Erleben, das Schicksal, und kommt nicht herein. Damals hatte er nichts zu antworten gewußt; jetzt aber wünschte er. mit ihr reden zu können. Da hat man es ja, ihr Leben und ihr Schicksal, da in der Sanduhr rieselt es ob. Sie haben keine besonderen Erlebnisse gehabt, weil sie keine Zeit dazu übrig hatten: ihre Zeit brauchen sie für den Boden, ihre Kräfte brauchen sie für den Boden, ihr Schicksal ist der Sand. Solch eine Uhr, die ist gewiß auch von solchen Menschen dem Tode in die Hand gegeben worden, die auf Sandboden gelebt haben... Da rieselt er nun der Sand, verliert seine Körner, wie im Stubbenland der Wind ihm seine Körner nimmt, immerzu. Manchmal hat Andreas schon gedacht, ob nicht eines Tages alle Körner verweht sein werden, und hat sich dann getröstet: ihm kann es gleichgültig sein; bis dahin lebt er nicht mehr, und Luise auch nicht. Droben in des Pastors Brust schlägt hell das Herz: end- lich hat er diesen widerspenstigen Zuhörer eingefangen. Korns Augen sind ganz weich und blicken voll auf die Sanduhr, die langsam, langsam abläuft. Und je länger der Pfarrer spricht. mit heiserer Eindringlichkeit, desto mehr lösen sich die harten Züge des alten Mannes. Bald, bald wird der Prediger dos erlösende Aber sprechen können, das Aber, den Einwand des Lebens: bald das Dennoch des Lichtes verkünden können; er freut sich schon darauf. Nur die Sanduhr noch ablaufen lassen. Indessen gehen die Gedanken Andreas Korns immer langsamer. Sie drehen sich im Kreise, wie Luises Suppen- löffel oder ihr religiöser Fimmel, die sie immer zusammen dreht: sie bleiben immer bei Schicksal und Spargel und Sand, Sand. Aber es ist ihm sehr wohl dabei: e» erfüllt ihn mit dunkler Freude, ein Sinnbild so voll und ganz zu begreifen wie das der Sanduhr. Wenn es denn einen lieben Gott gibt, wie Luise es haben will, dann ist seine Sanduhr gewiß das Stubbenland. Er hält sie Andreas vor die Augen, jeden Tag; der Sand darin verrinnt, verrinnt; wenn er ganz verronnen ist, dann ist man auch verronnen: und Gott dreht die Sand- uhr in seiner Hand, und der Sand rinnt zurück, und mit ihm lebt und stirbt ein neues Geschlecht, das künftige kleine Maschke- kind zum Beispiel... man wird so müde vom Sand, er hat es Luisen gleich gesagt, sie soll ihn nicht in die Kirche schleppen. es gibt ein Unglück, hat er gesagt... bald ist er abgelaufen. der Sand, das Schicksal... Schicksal Sand, ich bin so müde.., Und Andreas Korn schläft ein.— Luise, hingerissen von der Predigt, bemerkt es erst, als er schnarchen will. Aber der Pastor hat es gleich gesehen: er ist zornig und traurig, daß er wieder oersagt hat, wieder kein Redner war. Er reißt die Sanduhr aus der Sonne, ehe sie abgelaufen ist, und stellt sie ins Dunkel zurück; dann bricht er feine Predigt kurz ab, ohne das. Aber und das Dennoch, ohne auch nur einmal vom Licht, vom Leben, von Kindern zu sprechen. Anna Maschke schreckt zusammen. Singen. Aufstehen. Beten. Singen. Aufstehen. Segen. Singen. Aufstehen. Gehen. Der Gottesdienst ist zu Ende. Während die Leute vom Stubbenland sich wieder im Kremser einrichten und vor ollem die zitternde Anna Maschke sorgsam in Decken verwahren, steht Zlndreas Korn noch eine kurze Weile mit dem Gemeindevorsteher, dem Krugwirt, dem Kaufmann, dem Lehrer zusammen, wie gleichberechtigt, und legt sich mächtig für den Pastor ins Zeug; eine so gute Predigt habe er lange nicht zu hören bekommen: Gott sei Dank haben ihn die anderen nicht schlafen sehen, weil er ganz vorn saß. Nun kommt er in den Wagen, sieht sofort Luises vor- wurfsbereites Gesicht und knurrt noch im Einsteigen:„Ich habe es im voraus gesagt. Damit basta." Und Luise schweigt. Und die anderen lächeln, außer Anna. Unterwegs holen sie einen einsamen Fußgänger ein. Es ist Schmitzer. Er steigt mit ein; ein frohes Hinundhersragen beginnt. Nur Lene beteiligt sich nicht. Schmitzer bemerkt es und läßt einfließen, daß er aus geschäftlichen Gründen gc- kommen ist. Dos macht die Neugier groß und nimmt den Druck der düsteren Predigt weg. Er muß dem Drängen aller nachgeben und gleich jetzt das Wesentliche seiner Pläne ins Rattern, des Wagens schreien; dadurch klingt alles so ver- wegen, so großspurig: Landerwerb, Konservenfabrik, Sorten- zucht... aber sie nicken alle zu allem, es ist zu merken, wie gut Andreas vorgearbeitet hat; sie werden ihm die Vollmachten geben, die er braucht. (Schluß folgt.)
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