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Morgenausgabe

Nr. 174

A 88

48.Jahrgang

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Der Bormärts" erscheint mochentäg lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin  und im Handel mit dem Titel Der Abend" Jllustrierte Beilage Bolt und Zeit". Ferner Frauenftimme", Technit", Blid in die Bücherwelt", Jugend- Borwärts" u. Stadtbeilage

Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Mittwoch

15. Apríl 1931

Groß- Berlin 10 Pf.

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Die einipalt. Nonpareillezeile 80 31. Reflamezeile 5,- RM.., Kleine An­zeigen" das fettgedruckte Wort 25 Pf. ( zuläffig zwei fettgedruckte Borte), jedes weitere Wort 12 Bf. Rabatt It. Tarif. Stellengesuche das erste Wort 15 Bf., jedes weitere Wort 10 Pf. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Zeile 60 Pf. Familien. anzeigen Zeile 40 Bf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochen­täglich von 8 bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

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Spanien Republik!

Alfons' Abdankung.- Republikanische Regierung.- Rote Fahnen über Madrid  .

Madrid  , 14. April.  ( Eigenbericht.)( 6 Uhr abends.) König Alfons von Spanien hat.am Dienstag auf den Thron verzichtet und eine entsprechende Er­klärung unterzeichnet. Der Verzicht wurde zugleich im Namen der gesamten Königsfamilie ausgesprochen. Gr erfolgte unter der Zusage eines ehrenvollen Ge. leits bis zur Grenze und der Zusicherung, daß die königliche Familie ihr Privatvermögen liqui­dieren kann.

Dem Thronverzicht gingen zahlreiche Besprechungen des Königs mit führenden Persönlichkeiten voraus. Am Dienstag hatte der König eine Unterredung mit Ministerpräsidenten 2 3 nar, in deren Verlauf Aznar nicht, wie allgemein erwartet wurde, die De­mission des Kabinetts unterbreitete, sondern dem König empfahl, zu­nächst die Führer der konstitutionalisten, d. h. der für eine verfaffunggebende Nationalversammlung eintretenden Elemente, um ihren Rat zu fragen. Anschließend empfing König Alfons die mit­glieder des Kabinetts, und zwar jeweils zwei Minister allein. Als sie später das fönigliche Palais verließen, beschränkten sie sich auf die Erklärung, daß sie dem König ihre persönliche Unficht über die Lage Erklärung, daß sie dem König ihre persönliche Unficht über die Lage

auseinandergesetzt häffen.

Am Nachmittag ließ der König die Führer der Konstitutionalisten Bergamin, Billanueva und Sanchez Guerra zu sich bitten. Sie sollen dem König erklärt haben, daß sie die Regierung nicht übernehmen fönnten. Daraufhin soll König Alfons, der bis dahin immer noch gehofft hatte, durch Errichtung einer verfassungs­mäßigen Monarchie den Thron zu retten, den Entschluß zur Abdankung gefaßt haben. Nicht zuletzt haben Nachrichten aus der Provinz, nach denen in Barcelona  , Saragossa  , Cordoba  , San Sebastian  , Huelva  , Vigo, Leon und vielen anderen fleineren Städten bereits die Republik   ausgerufen worden ist, zu dem Entschluß des Königs beigetragen.

Die erfte Regierung der Republik  .

Madrid  , 14. April.  ( Eigenbericht.) Das letzte königliche Kabinett Aznar hat am Dienstagnachmittag nach der Abdankung des Königs ciner republikanischen Regierung Plak gemacht, die sich wie folgt zusammensetzt:

Ministerpräsident Alcala zamora  . Außenminister 2erroug.

Kriegsminister Azana  .

Marineminister Casares Quiroga  .

Finanzminister Prieto.

Innenminister Miguel Maura  .

Arbeitsminister Caballero.

Wirtschaftsminister Martinez Barrios. Unterrichtsminister Fernando de los Rios. Minister für öffentliche Arbeiten Marcellino Domingo.

| Endergebnis das gleiche gewesen: das erbitterte Bolt würde die Republik   im revolutionären Kampf erfochten haben. Ob er und seine Familie auch dann mit Ehrengeleit und zuge= er und seine Familie auch dann mit Ehrengeleit und zuge­sichertem Privatvermögen nach dem Ausland hätten reisen tönnen, ist allerdings sehr zweifelhaft. So ist diese unblutige Form der Revolution für beide Teile nur von Vor­teil gewesen.

Die spanische Arbeiterschaft, die die einzige wirt­liche Massenorganisation im Lande darstellt, hat an dieser siegreichen Entwicklung den entscheidenden Anteil genommen. Ihre Führer sind sich aber dessen bewußt, daß die republikanische Staatsform feineswegs das Endziel des modernen Proletariats ist. Aber sie wissen, genau wie die sozialistischen   Arbeiter in Deutschland  , daß der soziale Bolfsstaat nur auf dem Boden der Republik   errungen werden kann. Das gilt besonders für ein Land, das eine tonftitutionelle Monarchie eigentlich nie gefannt hat.

Um die Monarchie zu beseitigen, mußten die Sozialisten mit den bürgerlichen Republikanern in eine Wahlloali ion eingehen. Um die neue Republif zu behaupten und sozial auszubauen, werden sie auch in der nächsten Zukunft mit diesen gegenwärtigen Bundesgenossen zusammenarbeiten müssen. Das wird ihnen um so leichter sein, als es in

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Spanien   Kommunisten taum gibt. Dieser Umstand allein vermindert schon die Chancen einer monarchistischen Gegen­revolution, denn gäbe es in Spanien   Kommunisten in nennenswerter Zahl, dann würden sie sich selbstverständlich, mie überall in der Welt, als Schrittmacher der Reaktion be­tätigen.

Schon einmal vor mehr als 50 Jahren war Spanien Republit, aber nur während eines Jahres. Damals aber konnte die Dynastie der Habsburg Bourbon wieder fiegen, weil es einerseits feine organisierte Arbeiter­flaise gab, und weil andererseits der monarchistische Gedanke in der Welt mit Ausnahme Frankreichs   und der Vereinigten Staaten   in den meisten Ländern unerschüttert mar. Heute ist es umgekehrt, heute verschwindet eine Monarchie nach der anderen, von den großen Ländern sind nur noch Großbritannien   und Italien Königreiche. britannien, weil seine Herrscher schon lange verstanden haben, nur noch ein Schattendasein zu führen und dem Bolke die volle Ausübung seiner demokratischen Rechte zu gewähren( ebenso wie in Skandinavien  , Belgien   und Holland  ). Was Italien   be­trifft, so dürfte dem König Victor Emanuel seit heute übler zumute sein denn je.

( Weiteres siehe 3. Seite.)"

Groß­

Was wird aus Preußen?

Otto Braun   und Fritz Tarnow   rufen zum Kampf!

Zu der Kundgebung für das republikanische Preußen im Sportpalast strömten schon über eine Stunde vor Beginn unaufhaltsam die Maffen der Besucher hin. Tausende von Bersammlungsbesuchern mußten abgewiesen werden, weil feine Karten mehr vorhanden waren.

Im Borraum des Sportpalastes boten die unzähligen Fahnen der Arbeitersportler, der Sozialistischen Arbeiterjugend und der Parteiabteilungen ein farbenfrohes Bild. Der Innenraum des Sportpalastes war bis zum letzten Platz der obersten Ränge voll be: feßt. Geduldig harrten die Massen auf den Beginn der Kundgebung. Als Otto Braun   furz vor 28 Uhr den Riesenraum betritt und zur Rednertribüne schreitet, wird er durch stürmische Ovationen be­grüßt. Pünktlich um 8 Uhr beginnt der Einmarsch der Fahnengruppen, der wiederum begeisterten Beifall auslöst.

beim Ministerpräsidium Die Wahlen im Rathaus.

Unterstaatssekretäre sind beim Ministerpräsidium Raffael Sanchez Guerra, beim Justizministerium Manuelle Ossorio Gallardo  , beim Mi­nisterium für öffentliche Arbeiten Gordon Ordag.

Zum Zivilgouverneur von Madrid   ist er nannt worden Eduardo Ortegoy Gasset, zum Bürgermeister von Madrid   der Sozialist

Saborit.

Der Finanzminister der provisorischen Regierung Indalecis Prieto und eine gewisse Anzahl spanischer Persönlichkeiten, die sich bisher in Paris   im Egil auf hielten, reisen heute abend nach Madrid   ab. Sämtliche in Frankreich   im Egil lebende Persönlichkeiten sind aufgefordert worden, nach Spanien   zurückzukehren.

Der 14. April 1931 ist zu einem historischen Tag der europäischen   Geschichte geworden. Eine 1500jährige Dynastie hat aufgehört zu bestehen. Ein Bolt, durch die Jahrhunderte hindurch in seiner geistigen und politischen Aufwärtsbewegung niedergehalten, hat sich vom Joch der Monarchie befreit. Die Nuznießer und Schildhalter dieses Regimes, der Hochadel, die Militärkamarillen und der hohe Klerus, sind einem friedlichen Aufstand der Boltsmassen unterlegen.

Der Umsturz in Spanien   ist eine typisch demokratische Revolution. Mit der Waffe des Stimmzettels hat das Bolk die Monarchie besiegt. Hätte der König weiter mit Hilfe der Dittatur zu regieren versucht, dann wäre das

Die Kundgebung wird eingeleitet durch die Kapelle der Freien Turnerschaft und durch die Musiker des Reichsbanners Treptow  , die den Sozialistenmarsch intonieren.

Franz Künstler

eröffnet sodann die Kundgebung mit folgenden Ausführungen:

Die schwarzweißrote Reaktion um Hugenberg   im Bunde mit Hitler   hat ein Volksbegehren organisiert, das die Auflösung des Preußischen Landtags   fordert. In Wort und Schrift wird die ,, Miß­wirtschaft in Rotpreußen", wie sich die Gegner der Republik   auszu­drücken belieben, aufgezeigt.

Wir Sozialdemokraten danken dem Steuermann des preußischen Staatsschiffes, Otto Braun  , von ganzem Herzen

( bei diesen Worten erhebt sich erneut tosender Beifall), daß Preußen tein Frid Thüringen  , fein Braunschweig  cines Franzen geworden ist. Wir erflären weiter, daß trotz Bolks­begehren das Ziel der Reaktion in Preußen niemals erreicht wer­den wird.

Dr. Gahm Oberbürgermeister von Berlin  . Am 14. September zählten in Berlin   Deutschnationale und Die Stadtverordnetenversammlung wählte gestern mit Nationalsozialisten zusammen 747 002 Stimmen. Gestern, am 6. Tag 110 Stimmen den ehemaligen Danziger Senatspräsider Eintragungsfrist, waren es insgesamt i 288 Personen, die dem denten Dr. Sahm zum Oberbürgermeister der Rufe ihrer Parteien gefolgt waren. Es gehört feine allzu große Reichshauptstadt. Die absolute Stimmenmehrheit betrug Prophetengabe dazu, wenn man heute schon erklären fann, daß 105 Stimmen, so daß der Oberbürgermeister bereits im 50 Proz. der nationalsozialistischen und deutschnationalen Wähler ersten Wahlgang gewählt wurde. dem Rufe der Hugenberg   und Hitler   zum Bolksbegehren nicht folgen werden.

Im Anschluß an die Oberbürgermeisterwahl fand die Wahl der beiden Bürgermeister und des Stadt­kämmerers statt. Hierbei erhielten der bisherige stellvertretende Stadtkämmerer Friedrich Range 106 Stimmen, der bisherige Vizepräsident des Deutschen Städtetages Dr. Elias 112 Stimmen. Beide sind da­

mit zu Bürgermeistern gewählt. Der seitherige Stadt­fämmerer von Frankfurt   a. M., Bruno Asch  , erhielt 101 Stimmen als Kämmerer von Berlin  .

Zu Beginn der Situng hatten die Deutschnationalen noch einmal versucht, die Wahl um zwei Tage zu ver­schleppen. Da die hinter den Kandidaten stehenden Frak. tionen fast vollzählig erschienen waren, mislang dieser Versuch. Bei der anschließenden Wahl der unbesol. deten Magistratsmitglieder wurden u. a. die Sozialdemokraten Uhrens und Ortmann gewählt.

( Weitere Meldungen an anderer Stelle dieses Blattes.)

Preußen war und bleibt das Bollwerk der deutschen Republik. In der Hugenberg  - Preise für kleine Leute war neulich zu lesen: ,, Die Anklage geht dahin, daß die preußische Regierung wesentlich dazu beigetragen hat, den Glauben und das Bertrauen in die unparteiische Staatsautorität zu erschüttern, daß sie in miß­verstandener Demokratie eine knappe zahlenmäßige Mehrheit zur Parteidiftatur statt zur überparteilichen Staatsführung

nuẞt."

Diese Anklagen erfolgen zu Unrecht. Wir werden dafür Sorge zu tragen haben, daß aus der knappen zahlenmäßigen Mehrheit im gegenwärtigen Landtag eine

große Mehrheit im fommenden Landtag wird. Doch die Entscheidung wird nicht gefällt bei dem schwarzweiß­roten Boltsbegehren, fondern vom gesamten preußischen Bolt am Tage der Neuwahl. Die politische Rolle derer um Oldenburg- Januschau ist in Preußen für immer ausgespielt. Im

schmeren Wahlkampf standen im vergangenen Jahr Partei und