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Morgenausgabe

Nr. 176 A 89

48.Jahrgang

Böchentlich 85 Bf., monatlich 3,60 R im voraus zahlbar, Bostbezug 4,32 m. einschließlich 60 Bf. Bostzeitungs- und 72 Pf. Boftbestellgebühren. Auslandss abonnement 6,- M. pro Monat; für Länder mit ermäßigtem Drudsachen porto 5,-

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Der Borwärts" erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend" Juuftrierte Beilage Bolt und Zeit". Ferner Frauenstimme Technit"," Blid in die Büchermelt" Jugend- Borwärts" u., Stadtbeilage

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Donnerstag

16. Apríl 1931

Groß- Berlin 10 Pf.

Auswärts 15 Pf.

Die einipalt. Nonpareillezeile 80 1. Rellamezeile 5,- RM. Kleine n zeigen das fettgedrudte Wort 25 Bf. ( zuläffig zwei fettgedruckte Morte), jedes meitere Bort 12 Pf. Rabatt It. Tarif. Stellengesuche das erste Wort 15 Pf. fedes weitere Wort 10 Pf. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwet Borte. Arbeitsmarkt Zeile 60 Pf. Familien. anzeigen Beile 40 Bf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, mochen täglich von 8 bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vorl

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Bartei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW 68, Lindenstr. 3 Vorwärts: Verlag G. m. b. H.

Fernsprecher: Dönhoff 292-297 Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin .

Aufruf zur Maifeier 1931

Arbeiter, Angestellte, Beamte Berlins !

Wie alljährlich, so feiert auch in diesem Jahre in allen Ländern der Welt die Arbeiterschaft den

1. Mai, den Weltfeiertag der Arbeit. An diesem Tage versammelt sich das Volk der Arbeit. nehmer unter seinen roten Fahnen und demonstriert in ge­waltigen Maffenfundgebungen für den Aufstieg der Arbeiter­flaffe. Ueber alle Grenzen hinweg reichen sich die Arbeiter der Welt die Bruderhand und fordern von ihren Regierungen die Förderung aller friedensfreundlichen Bestrebungen, fordern die internationale Abrüffung der waffenstarrenden Rationen und verurteilen aufs schärffte alle blutigen friegerischen Aus­einandersetzungen. Die ftändigen Parolen jeder Maifeier

lauten:

Für den Bölkerfrieden! Für die Abrüftung!

Für internationale Berständigung!

Die Arbeiterschaft der Welt begeht in diesem Jahre ihren Feiertag unter dem Unstern einer die ganze Welt vergiftenden Wirtschaftskrise. In Amerika , Asien , Australien , Afrika und Europa liegen Fabriken still und Maschinen. Ueberall rüftet fich die international eng verbundene Kapitalistenklasse zum Generalangriff auf die Rechte und die Lebenshaltung der Proletarier.

20 Millionen Arbeitslose aller fünf Kontinente sind ausgestoßen aus dem Produktions­prozeß. Die gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer in der ganzen Welt fordern von ihren Regierungen deshalb:

Internationale Bereinbarungen zur Bekämpfung der Weltwirtschafts­trise und der Arbeitslosigkeit!

Die deutsche Arbeitnehmerschaft leidet unter der Welt­wirtschaftskrise besonders schwer. Fast jeder fünfte Arbeit­nehmer in Deutschland ist arbeitslos. Die Zahl der Kurz­arbeiter ist riesengroß. Der Drud der übergroßen industriellen Reservearmee begünstigt den Kampf der deutschen Unter­nehmer gegen das heutige Lohnniveau und das Tarifvertrags­wejen, gegen die Sozialversicherung und die Sozialpolitik. Die deutschen Gewerkschaften stemmen sich mit ihrer ganzen Kraft der Gewalt dieses Borstoßes entgegen. Sie werden unter allen Umständen und mit allen Mitteln die von den deutschen Kapitalisten und ihren faschistischen Prätorianergarden ge­wollte Berelendung der proletarischen Massen verhindern. Arbeiter, Angestellte, Beamte Berlins !

Die Berliner freien Arbeiter, Angestellten und Beamten­organisationen fordern euch auf, am 1. Mai durch eine ge­waltige

Massenkundgebung

eure Geschloffenheit und euren Kampfwillen gegen den Lohnraub und den Raub der sozialen Rechte fundzutun. Die Lofungen und Forderungen der deutschen Ar­kundzutun. Die Lofungen und Forderungen der deutschen Ar­beitnehmerschaft für den 1. Mai 1931 lauten:

Gegen Lohnraub, Berschlechterung der Sozialversicherung und der Arbeits­bedingungen!

Für Bekämpfung der Wirtschaftskrise! Für die gesetzliche Einführung der 40- Stundenwoche!

Für Beschaffung von Arbeit!

Für Durchführung eines ausreichenden Arbeiterschutzes!

allen ihr zu Gebote stehenden Kräften für die wirtschaftliche Die deutsche Arbeitnehmerschaft fämpft nach wie vor mit und politische Demokratie. Sie lehnt alle bolichemistischen und faschistischen Experimente scharf und energisch ab. Sie erblidt in den Wahlen vom 14. September 1930 und dem daraus entstandenen tatastrophalen wirtschaftlichen Zusammenbruch ein Signal, fich mit erhöhter Energie einzusehen gegen den Nationalsozialismus und gegen seine militaristischen Sturm­abteilungen und gegen jeden verbrecherischen Versuch, faschistische Zustände in Deutschland herbeizuführen.

Wohl kaum in den vier Jahrzehnten, in denen das infer­national geeinte Proletariat seinen Weltfeiertag der Arbeit beging, vollzog fich die Maifeier und die Maidemonstration unter so unfäglich schwierigen wirtschaftlichen und zugespitzten politischen Verhältnissen wie in diesem Jahre. Ganz beson­ders die Berliner Arbeiter sind von den sozialen Verschlechte­rungen und dem Angriff auf die Löhne betroffen. Sie haben deshalb alle Veranlassung, ihren Kampfwillen gegen jegliche Reaktion darzutun. Sie werden deshalb in gewaltigem Maße an der Demonstration auf dem Luftgarten teilnehmen und allen arbeiterfeindlichen Kräften die große Widerstandskraft und Stoßkraft der Arbeitnehmerbewegung vor Augen führen.

Postschedfonto: Berlin 37 536.- Banffonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Lindenstr. 3, Dt. B. u. Disc.- Gef., Depofitent., Jerufalemer Str. 65/66.

Monarchisten Internationale.

Gie tobt über die spanische Revolution.

Für die Monarchisten aller Länder ist der Sturz der spanischen Dynastie ein böser Schlag ins Kontor". Sie empfinden mit Recht, daß mit jedem neuen Sieg des republi tanischen Gedankens in der Welt ihre Hoffnungen auf die. Wiederaufrichtung gestürzter Throne verringert und die bes stehenden Republiken fester verantert werden. Um so mehr hat die sozialistische Arbeiterschaft aller Länder Grund zur Genugtuung über die Flucht Alfons XIII . und die Profla­mierung der Republik in Spanien . Sie braucht diese Befriedi gung um so weniger zu verbergen, als sie sich zur Idee der Internationale offen bekennt. Gerade dieses Bekenntnis zur Internationale wird ihr aber als schlimmstes Verbrechen angetreidet.

Die Reaktion dagegen wagt es nicht, sich offen zu ihrer Internationale zu bekennen. Aber die Stellungnahme ihrer Preffe zu den Ereignissen in Spanien läßt an Deut­lichkeit nichts zu wünschen übrig. Aus ihren Kommentaren spricht die unbedingte Solidarität zwischen den Anhängern der geflüchteten Hohenzollern und dem geflüchteten Bourbonen - Habsburg . Mit auffallen­der Beflissenheit wird die Tatsache unterstrichen, daß Alfons, feine formelle Abdankungsurkunde unterschrieben habe. Noch am Grabe pflanzen sie Hoffnung auf!

Darüber hinaus wird von den deutschnationalen Blät­tern ein sehr billiges Argument verwendet, um in Deutsch­ land Stimmung gegen die spanische Repu blik zu machen. Ebenso wie die Berliner Börsenzeitung" ihren Leitartikel schlankweg überschreibt: Frankreichs Wert", wird in der gesamten Rechtspresse dieser Faden gesponnen.

Diese Unterstellung ist ebenso falsch wie un flug. Falsch, weil sie auf einer völligen Ver fennung des tatsächlichen Verhältnisses zwischen der ge­stürzten spanischen Dynastie und Frankreich beruht. Es ist zwar richtig, daß Alfons XIII . für die Aufrechterhaltung der spanischen Neutralität im Weltkriege eingetreten ist, aber er hat troßdem nie einen Hehl aus seiner Sympathie für die Sache der lateinischen Mächte gemacht. Wenn franzö fische reaktionäre und monarchistische Blätter mie der ,, Intransigent", das ,, Echo de Paris", die ,, Liberté" und die " Action Francaise" ihrer Trauer über den spanischen Um­sturz Ausdruck geben und sie mit der Franzosen= freundlichkeit des Königs Alfons begründen, so kommen sie damit der Wahrheit viel näher als jene deutschen Blätter, die über die angebliche Deutschfreundlich­feit dieses Monarchen Tränen der Rührung vergießen. verwandtschaftlichen und religiösen Gründen eine gemisse In Wirklichkeit empfand die spanische Königsfamilie aus Berbundenheit lediglich mit den österreichischen habs­burgern und den bayerischen Wittelsbachern, feineswegs aber mit Deutschland schlechthin und am allerwenigsten mit den protestantischen Hohenzollern . Wie wenig Frankreich der spanischen Revolution Vorschub geleistet hat, ersieht man daraus, daß noch vor wenigen Wochen die französische Re­gierung auf Verlangen des königstreuen spanischen Bot­publikanern und Sozialisten untersagte, sich in der süd­lichen Hälfte Frankreichs , also allzu nahe an der spanischen Grenze, aufzuhalten, eine Maßnahme, deren Dienst= beflissenheit gegenüber der spanischen Dynastie von der Pariser Linkspresse scharf fritisiert wurde. Der Oberst macia, der jetzt zum Präsidenten der Katalonischen Re­publik ausgerufen worden ist, wurde seinerzeit aus Frankreich ausgewiesen, dem Major Franco wurde vor wenigen. Monaten nach seiner geglückten Flucht aus dem Gefängnis der Aufenthalt in Frankreich durch allerlei Schikanen außer­ordentlich erschwert ist das die Art, wie eine Regierung fremden Revolutionären Vorschub leistet, kann man da noch ernstlich die spanische Revolution als das Werk Frankreichs " hinstellen?

Um den Forderungen der Arbeitermassen Nachdruck zu verleihen, rufen die unterzeichneten gewerkschaftlichen Spitzen- schafters Quinones de Leon den geflüchteten spanischen Re­organisationen Berlins auf zur

Arbeitsruhe am 1. Mai.

Jeder Arbeiter, Angestellte und Beamte folgt an diesem Tage dem Rufe und den Anweisungen seines

Verbandes.

Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund ( Ortsausschuß Berlin ) Allgemeiner freier Angestelltenbund( Ortstarten Berlin ) Allgemeiner Deutscher Beamtenbund( Bezirksausschuß Berlin)

Neuer Konflikt Danzig : Polen .

Rücktritt des polnischen Gesandten. Danzig , 15. April. Minister Strasburger, der Leiter der diplomatischen Vertretung der Republik Polen in Danzig , hat heute sein Rücktrittsgesuch eingereicht mit der Begründung. daß nach den Vorgängen der letzten Zeit die sicher. heit der polnischen Bevölkerung in Danzig nicht mehr gewährleistet sei. Der Minister be­ruft sich weiter auf die vom Senat zurückgezogene Revision im Gengjersfi- Prozeß, obwohl nach Ansicht des Ministers Polen sowie dem hohen Kommissar der Senat die Revision des Urteils versprochen.

zurückzuführen, daß zahlreiche polnische Staatsbürger in Danzig. überfallen worden sein sollen. Der Eisenbahner Gengjersti hatte den Bürobeamten der polnischen Staatsbahndirektion in Danzig , Styrbicki, in der Notwehr erstochen und war vom Danziger Schwurgericht am 10. März d. 3. freigesprochen worden. Minister Strasburger ist seit Februar 1924 auf seinem Danziger Poſten tätig.

Alfons nach Marseille unterwegs.

Gibraltar , 15. April. Der spanische Kreuzer Principe Alfonso", mit König Alfons an Bord, hat, wie man aus zuverlässiger Quelle erfährt, Kurs auf Marseille genommen. Infant Juan bleibt vorläufig in Gibraltar . Ueber seine Weiterreise nach Frankreich oder England

Der Schritt Strasburgers ist nach polnischen Meldungen darauf steht noch nichts fest.

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Außerdem ist diese Unterstellung höchst unflug gerade Dom nationalen deutschen Standpunkt. Hat Deutschland wirk­lich ein Interesse daran, daß es morgen in der spanischen Preffe allgemein heiße, in Deutschland werde die siegreiche spanische Republit als ein Werkzeug Frankreichs hingestellt? Hat denn Deutschland gegenwärtig in der Welt so viele Freunde, daß es Spanien , das über einen halbständigen Sitz im Völkerbundsrat verfügt, unbedingt in die Arme Frankreichs treiben muß? Sollte nicht das deutsche Bolt im Gegenteil allen Anlaß haben, seine Freundschaft zum spanischen Bolt heute mehr denn je zu betonen, wo nicht mehr der Wille des Königs, sondern der eindeutige Wille des Boltes selbst den Ausschlag gibt?

Es wäre freilich zuviel von jenen deutschnationalen Monarchisten verlangt, daß sie solche wahrhaft nationalen Erwägungen anstellen. Zumal in einem Augenblick, wo sie durch das Voltsbegehren in Preußen einen ver zweifelten Versuch unternehmen, das Bollwert der Republit in Deutschland zu untergraben und, wie es am Sonntag in einer Veranstaltung des Nationalverbandes Deutscher Öffi­