Eine Kampfansage an den Stahlhelm. Or. Heß über di« Stellung des Zentrums. Sobleuz. IS. April.(Eigenbericht.) Auf dem Parteitag de« rheinischen Zentrums, der am Mittwoch in Koblenz begann, äußerte sich der Vorsitzende der preußischen Zentrumspartei , Landtagsvbgeordneter Dr. Heß, in einem Vortrag über die Polltit des Zentrums in Preußen in eindeutiger entschiedener Weise gegen die Politik der Deutschn ationaleri, der Nationalsozialisten und gegen da» Volks- begehren des Stahlhelms. Heß führte u. a. aus Geschichtliche Erfahrungen existieren für die Rechte nicht. Sie sind bereit, da wieder anzufangen, wo sie 1314 aufgehört haben. Zlls ober Deutschland am 23. Juni lsilü das Messer an der Kehle stand, haben die Nationalisten die damalige Regierung in Weimar angefleht, sie möchte den V e r- satller Vertrag annehmen. Für die damalige Opposition gaben die Abgeordneten Schiffer. SclMtz-Bromberg und Heinze der Regierung Ehrenerklärungen ab und jetzt belügt man die W e lt mit sogenanntem Patriotismus. Bei den außen- politischen Fragen geht es der Rechten in Wirklichkeit um etwas ganz anderes. Es kommt ihr nicht daraus an, durch Teilnahme an der Reichsregierung ihre außenpolitischen Anschauungen zur Gel- iung zu bringen, sondern sie will die Macht in Preußen. In bezug aus das Verhältnis des Zentrums zur Sozialdemo- kratie betonte Dr. Heß: Mit Gefühlen könne man keine Politik inachen. Die Sozialdemokratie habe sich in der Zusammenarbeit mit dem Zentrum volle Klarheit darüber oerschafft, daß es Dings gebe, in denen ein Nachgeben für das Zentrum ausgeschlossen sei. Aber was dein Zentrum recht sei, müsse der bei weitem stärkeren Sozialdemokratie als billig zugestanden werden. In einer weit- anschaulich so zerklüfteten Nation wie der deutschen könne man nur auf der Basis der Toleranz miteinander auskommen. Im übrigen trenne das Zentrum auch weltanschaulich von der Rechten kaum weniger als von der Linken. Schließlich beschäftigte sich der Redner noch mit dem Volks- begehren des Stahlhelm» und führte dazu aus:„Der Sinn des Volksentscheides ist ein doppeller: man will die preußische innere Verwaltung und mit ihr die Polizei in die Hand bekommen und dann will man von diesem Vorwerk aus die Regierung Brüning unterminieren. Was Brüning geschaffen hat und noch schaffen will, das möchte man auf dem Umwege über Preußen wieder zerschlagen und unmöglich machen. Beim Volksbegehren geht es gar nicht um Preußen, son- dern um etwas anderes. Es geht um den Sieg der Unver- nunft über den gesunden Menschenverstand, es geht um den Kampf der Reaktion gegen die deutsch « Demokratie, es geht um das Reich und um Brüning. Das Zentrum will aber keinen Rückfall in altpreußisch« Begriffsstutzigkeit, das Zentrum will keine Reaktion, da- Zentrum will, daß Brüning für Bolt und Vaterland ruhig und unbehindert seine Arbeit fortsetzeil kann, ohne daß ihm dies« durch politische Dummheiten von Preußen aus gestört wird/' Die Rede des Zentrumsvorsitzenden und Fraktionssührers im Preußischen Landtag wurde mit starkem Beifall aufge-
nommen.
Preußen und die Notverordnung. Die Beschwerden des Stahlhelm ino&iofe Lebertreibnngen. Zu den in der Rechtspresse erhobenen Angriffen, daß die preu- ßische Staatsregierung dem Siahlhelmoolksbegehren alle nur er- dsnklichen Hindernisse in den Weg stelle, wird nun zuständiger, preußischer Seite erklärt, daß hiervon keine Rede sein könne Die preußische Regierung habe das Volksbegehren zugelassen und schreite stur gegen den Mißbrauch politischer Rzcht« ein, wie dies in der Notverordnung des Reichspräsidenten vorgesehen sei. Diesem Standpunkt hnt der preußisch« Innenminister Severins lrreits wiederholt im Landtag Au-tdruck gegeben, zuletzt bei der Anfrage der Bolkspartei wegen der Teilnahme von Beamten am Volksbegehren des Stahlhelm. Wenn einige Polizeibehörden mit ihren Maßnahmen über das Ziel hinausgeschossen sind, hat das preußisch« Innenministerium so- fort eingegriffen. Wie geringfügig Ueberschreitungen von örtlichen Polizeibehörden gewesen sind, zeigt sich darin, daß bei einer Zahl von mehr als 30000 preußischen Gemeinden im ganzen nur 12 bis 12 Beschwerden vorliegen. Wenn überhaupt von einigen Polizeibehörden über dl« Richtlinien des Ministeriums hinaus- gegangen wurde, so ist die» nur auf die Spannungen zurückzu- führen, die lsie Ausschreitungen der radikalen Parteien hervor- geruien haben. Was das Stahlhelm-Flugblatt 1 angehe, das einen angeblichen Auiruf des Rates der Dolksbeauftragten vom 3. November 19lS enthält, so werde darauf hingewiesen, daß der Rat erst am 10. No- vember zusammengetreten sei. In keinem amtlichen Schriftstück sei irgend ein Anhaltspunkt für das Vorhandensein eines Aufrufs vom 9. November. Auch der Wortlaut spreche gegen die Echtheit des Aufrufs, weil nämlich in diesem Aufruf« von'der Weltrevoln- tion die Rede sei. Richtig sei dagegen, daß mit dem Datum vom 1Z. November ein derartige» Flugblatt von radikaler Seite ver> einzelt verteilt worden sei. Trotzdem habe der preußische Innen- miniller seine Bedenken zurückgestellt und der Berliner Polizei- Präsident habe das Verbot des Flugblattes zurückgezogen. Zollunion im Europa -Ausschuß. Oeutsche Anträge in Genf . Genf. lZ. April. Beim Generalsekretär des Völkerbünde« ist eine telegraphische, vom 14. April datierte Note des deutschen Außenmimsters ein- getroffen, in der die deutsch « Regierung beantragt, daß die durch das Scheitern der Genfer Handelskonvention entstandene Lage zum Gegenstand einer Aussprache aus der nächsten Tagung der Studierkkominiffion für die europäische Einigung am 12. Mai gemacht wird. Die deutsche Regierung wünscht bei dieser Gelegenheit«ine Er- klärung über die Ziele abzugeben, die sie bei den zollpolitischen Verhandlungen mit Oesterreich geleitet haben. Sie hält es überdies für wünschenswert, daß dl« europäische Studienkommlsston kn eine Erörterung der wirtschaftlichen Lag« in Europa eintritt. Diese Frage solle im Rahmen der Tagesordnung, und.zwar bii dem Punkt„Wirtschaftliche Fragen", zur Behandlung kommen. Weiter hat die deuisch« Regierung gemäß der Ankündigung, die Staatssekretär z D. von SüNson bereits in Paris auf der Tagung des Organisationsausschusses gemacht hat. gebeten, die Frage der Zoll- hefreiung für Brennstoff» u>zd Schmiermittel für Ä-nifc-, Waller, und Luftfahrzeug» auf Tagesochnuna zu fetzen. Der Reichsprajiden! empfiug den Gesandten der Republik Haiti . Edouard Pouget, zur Entgegennahm» seines Beglaubi- gungsschreibens.
Klub der„Ehemaligen"
„Hurra, ein neuer Kollege kommt!"
Die Abwehr wirkt! Kahenjammerstimmung bei der Hakenkreuzpartei.
Wie es im Hitler -Lager zur Zeit aussieht, zeigt der Quartalsbericht Ianuar-März 19 31 des Staf V Meßner an die Parteileitung der Nazis in München . In dem Be- richt, der sich auf die Vorgänge in den ersten drei Monaten dieses Jahres, also aus die jüngste Zeit bezieht, heißt es u. o.: „Die Lage für unsere Bewegung hat sich in der Berichtezeit außerordentlich verschlechtert. Wir haben bei weitem nicht mehr den Zulauf wie früher. Etwaige Neuwahlen werden für uns kaum Gutes zeitigen. Die Stimmung ist in der SA. flau. Die Leute sind und werden scharf angespannt, aber sie sehen unter den heutigen Verhältnissen nicht mehr den festea Weg zum Ziel. Die Reichstagswahl brachte uns Riesen- erfolge. Wir haben sie durch unsere unscharf« politische Ein- stelle- ng. durch den abgeschwächten Kampf gegen die Reaktion und durch dag dauernde Winken mit unserer„Legalität" nicht aus- genutzt. Wir find glatt ins Hintertreffen geraten. Der Gegner ist durch unsere Wahlerfolgs wieder zusammen- geschweißt worden und wird uns sogar hier, wo wir die Herren waren, geiährlich. Ueberall bekommt man zu baren: Warum tun unsere Führer nichts? Die SA. gibt im ganzen Reiche Unmensch- lich« Opfer an Blut und Arbeitskraft, und der Erfolg? Eines Tages erwachen unsere Führer endlich und der Stahlhelm sitzt tn den Pfründen?! Hat München denn überhaupt jede Fühlung mit uns SA -Männern verloren? All« Befehle. die von dort kommen, bringen neu« Uniformbestimmun- gen oder neue Abzeichen. Und das zu einer Zelt, wo der SA.-Mann nichls zu fressen hat!... Geschieht in den nach st en Monaten nichts, dann können wir lang- sam einpacken/ Das sind die Worte eines Mannes, der aktiv in der Nazi- bewegung steht, der hört und sieht, was dort vorgeht und die tatsächliche Situation im Hitler-Lager aus Erfahrung kennt. Sie bestätigen, daß die Hitler-Bewegung keinen Zulauf mehr hat, daß sie ins Hintertreffen geraten ist und.stanzsam einpacken" kann, wenn es so weiter geht wie bisher. Dieser Zustand der Nazipartei lehrt uns, daß unser« Abwehr gegen den Faschismus mit Erfolg geführt wurde. Franzeu als Siennes-Grsatz. In der zweiten Nummer des Blattes von Stenn«„Arbeiter, Bauern und Soldaten" wird berichtet, daß Hitler im Oktober 1330 während des Hochverrateprozesses gegen die Ulmer Reichs- wehroffizlere Stenn»» den zu besetzenden Posten eines M i- nisters des Innern in Braunschweig angeboten Hab«. Stenn«» habe sich jedoch nicht kaltstellen lassen wollen. Danach steht fest, daß Herr F r a n z e n nichts anderes ist, als ein— Stennes-Ersatz. Bravo Goebbels? Die Hitlersche Legalitätsparole wirkt Wunder. Herr Goebbels hat vor Gericht eine.stegale" Red« gehalten, und fein Moniteur, der „Angriff", berichtet darüber unter der feiten zweispaltigen Ueber- schrizt„Goebbels verteidigt die Verfassung". Siehst du wohl! Wer weiß, was aus dem Jungen alles noch werden wird!
Hai Hiiter kalie Füße? palaz;» Tit. 2 und die Angst vor Stentes. München . 15. April.(Eigenbericht.) Dm Absicht Hitlers , noch ein weiteres Palais neben seinem braunen Palazzo zu taufen, bestätigt sich. Es wird«in Kaufpreis von 400 000 bis 500 000 Mark genannt. Di« Verhandlungen sind bereits bis zu den Hausverbuchungsformaliiäten gediehen. Die..Münchener Tslegrammzeitung" weiß dazu zu melden, daß der offiziell« Kaufabschluß ausgerechnet an dem Tage hätte erfolgen sollen, an dem H t e n n e» in Berlin gegen die hochkapitalistischsn Manieren Hitler » eine Rebellion entfachte. Durch den Stunk in Berlin wurden Hitler und sein« Münchener Bertrauten veranlaßt, die Kaufverhandlungen bisapfweiteresruhenzukassen. Das hat aber zu einem Konflikt mit dap : Besitzer des Palais gs» führt, der seinsrzzit auf Betreiben Hitlers den in dem Palais voh- nenden Parteien zum 1. Mai gekündigt hat, weil die Hakenkreuz- lerische Parteileitung mit dein Umbau des Palais, bereit* in diesen Tagen beginnen wpllte. Jetzt ist die Situation so. daß den Par- teien zwar gekündigt worden»st, Hirlec aber noch nicht endgültig seinen Kaufentschluß bekanntgegeben hat. Auf welche Weise die Differenzen beigelegt werden, ist unbestimmt, da die Nazi» ang »-
sichte der Berliner Rebellion möglicherweise vom Kauf überhaupt zurücktreten. Das gefälschte Geburtsdatum. Gtrasverfahren gegen den Nozi- Abgeordneten Kaufmann eingeie-tei Gegen den natümalsozlalistischen Reichstagsabgeordneten Kauf« mann, Gauleiter der Hitlerpartei in Hamburg , ist von der Staats- anwaltschast das Strafverfahren wegen Urkundenfälschung eröffnet worden. Herrn Kaufmann wird zür Last gelegt, anläß- lich der Wahlen vom November-Dezember 1924 in seinem Familien- stammbuch eine Fälschung vorgenommen zu haben, um ein Jahr älter zu erscheinen und um sich dadurch das passive Wähl» recht zu erschleichen.— Bezeichnend ist in diesem Zusammen- hange, daß Kaufmann für das Handbuch des preußischen Landtag» (dem er gleichfalls angehört), ein anderes Geburtsdatum angegeben hat, als für das Handbuch des Reichstags. ?>.. In dem Strafprozeß gegen Kaufmann werden dessen Brud sowie die Mitglieder des.stlntersuchungs- und Schlichtungsau schusses der NSDAP ." für den Bezirk Bergisch Land-Niederrhci (wo Kaufmann früher tätig war), als Belastungszeugen ein« maß- gebende Rolle zu spielen haben-, der Untersuchungsausschuß der NSDAP , hat in seinem Urteil vom 22. Juli 1923 ausgesprochen. daß Kaufmann der Urkundenfälschung, des Ordensschwindels, des mehrfachen Ehrenwortbruchs und der Hochstapelei überführt ist. Das alles sedoch hat die Hitlerpartei nichi gehindert, Kaufmann zum Reichstagsabgeordneten und zum Gauleiter in Hamburg zu machen! Ein Hochverratsprozeß. Zahre Festung für den Kommunisten Kolswitz. Leipzig . 15. April.(Eigenbericht.) Das Reichsgericht verurteilte den früheren kommunistischen Landtags- und Reichstagsab geordneten Hans Kollwitz aus Köln wegen Vorbereitung zum Hochverrat, Aufreizung zu Gewalt- tätigkeiien gegenüber politisch Andersdenkenden und wegen Auf- farderung zum Ungehorsam gegen die Gesetze zu zwei Iahren sechs Monaten Festungshaft, auf die dem Angeklagten sechs Monate erlittener Untersuchungshaft angerechnet werden. Kollwitz hatte feit April 1323 zwei Jahr« lang unter dem Schutze der Immunität in Osterode , Köln unp anderswo als Partei- redn«r, durch Zeitungsartikel und durch zahlreiche Flugblatter zu Verboteübertretungen aufgefordert, hie Zersetzung der Polizei und Reichswehr betrieben und immer wieder in Rede und Schrift zum Ausdruck gebracht, daß das Ziel der KPD. nur durch Anwendung von Gewalt erreicht werden könne. Er gab in der Verhandlung zu, sich der Tragweite seiner Handlungen voll bewußt zu sein. Der Vertreter der Reichsanwaltschaft hatte über da« oben an- gegebene Strafmaß hinaus noch weitere 4 Monats Gefängnis be- antragt. Mildernde Umstände wurden dem Angeklagten versagt; dagegen ist ihm die Ueoerzeugungstäterschast zugebilligt worden.
Kritische Lage der Labourregierung. Vielfach Slimmenihallung gegenüber konservativem Antrag c-mdan. 15. April. Der Mißtrauensantrag, den die Konservativen morgen im Unter» haus« gegen die Regierung einbringen werden, wird von einzelne« Parteien, die bisher hinter der Regierung gestanden haben, vielleicht durch eine Stimmenthaltung unterstützt V«>H«n. Di« Unabhängige Arbeiterpartei hat heute abend auf einer Sitzung joden» falls beschlossen, sich gegebenenfalls der Stimm« zu enthaften, wenn die Regierungsvertreter nicht morgen in ihren Reden zum Ausdruck bringen, daß sie wirklich und endgültig sich für«inen Fortschritt ein- setzen wollen. Die Anhänger Mosleys werden, wie verlautet, hei der morgigen Zlbftimmung Stimmenthaltung üben, was für hie Regierung einen Verlust von sechs Stimmen bedeutet. Auch die Liberalen werden beute abend sich über ihre Haftung bei der morgigen AMmnwng entscheiden. Man glaubt, daß ein Teil der Liberalen für,«in anderer sogar gegen die Regierung stimmen und daß»in dritter Teil Stimmenthaftung übest werst»
Der drahllole Zernsprrchvei'eyr mit Siam ist heut« mit einem Gespräch zwischen dem Reichsxoftminister und dem siamesischen Ler» kehrsminister dem öffentlichen Verkehr übergeben worden. Ei» A-MinutengeZvräch tostet— 96 M., sed» weitere Minute 33 M.