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Fritzis Einreise ins Leben war mit großen Umständen ver- banden gewesen wie«ine Fürstenfahrt. Jeder größeren Station war seine Ankunft telegraphisch vorausgemeldet worden, damit man ihm Wasser und etwas Nahrung in die Kiste reiche. Aber Fritzi war zu jung und unerfahren, um die Rücksichten nach Gebühr zu würdigen, und blieb, als er sein Ziel endlich erreicht hatte, trotz begeisterter Aufnahme, anfangs aufs Tiefste niedergeschlagen. Der weiche Smyrnateppich behagte ihm wohl sofort, das beängstigende Rattern, Rütteln. Zischen und Pfeifen der Bahn machte ihn jedoch mißtrauisch gegen jede Veränderung, und Heimweh nach Mutter und Geschwistern, nach dem Tollen aus dem Spielplatz der berühmten deutschen Hundezuchtanstalt verdüsterte den Glanz alles Gegen- wärtigen.-- Wer es noch nie an sich selbst beobachtet hat, wie leicht körper- liches Wohlbehagen alle wehmütigen Gefühle niederringt, möge die Schnelligkeit, mit welcher Fritzi sich eingewöhnte, schnöden Undank nennen. Im verschwenderischen Haushalt einer reichen Petersburger Baronin als Primadonna gefeiert, von einer vielköpfigen Diener- schaft umworben, mit Knseworten und süßer Nahrung überfüttert nur sehr wenige Hunde und noch weniger Menschen hätten genügend Charakter, aus Daunenkissen liegend nach dem Strohlager ihrer Kinderstube Heimweh zu haben. Fritzi jedenfalls vergaß rasch, lernte sein« Macht kennen und seine Herrin lieben, was ihm nicht schwer fiel, da das- Erscheinen dieser angenehmen Dame unfehlbar das Knocken eines Stückes Würfelzucker nach sich zog. Im Apportieren, Schöntun und der- gleichen hingegen zeigte er sich durchaus ungelehrig, denn er ver- achtete diese niedrigen Kniffe streberischer Seelen, hatte sie auch gar nicht nötig, sein bloßes Eintreten genügte stets, um alles in helle Verzückung zu versetzen. Die fröhlichen Pendelschläge seiner zottigen kleinen Rute verlieh er nur Personen, die sich irgendwie um ihn verdient gemacht hatten, und Stolz und Dankbarkeit der also Ausgezeichneten bezeugten, daß seine Huld sie überreichlich entlohnte. Dennoch wäre es üngerecht anzunehmen, Fritzi sei hochmütig, blasiert oder tyrannisch geworden. Er benahm sich seinem tadellosen Pedigree entsprechend würdevoll, aber leutselig, nur das Gefühl der Dankbarkeit blieb ihm fremd, weil er ja gar nicht wußte, daß es ihm auch schlechte� hätte ergehen können im Leben. Was er über die Existenz der Proletenhunde auf der Straße wußte, war zu wenig, um Lergleichsmöglichkeiten zu bieten. Er sah sie wohl, wenn er mit der Herrin ausfuhr, ließ sich aber nur ungern von ihnen ansprechen, denn erstens fürchtete er sich vor Ungeziefer, das diese ungepflegten Kreaturen zumeist im Felle trugen, zweitens hatte er bald gelernt, daß derlei Vertraulichkeiten selten gut endeten, ent- weder er kam an einen Flegel, der die Uebermacht seines abge- härteten Physikums zu Roheiten mißbrauchte, oder die Baronin spannte ihn wieder an die Leine, um jede' weitere Berührung mit dem Pöbel zu verhüten. Die Hund« aber, die ab und zu auf Besuch mitgebracht wurden, eigneten sich erst recht nicht, Fritzis Wissen über das Leben im allgemeinen zu erweitern. Sie waren alle adeligen Geblütes, zumeist recht hochmütig, und immer von der Ueberzeugung durchdrungen: ein Hund brauche nur zu repräsen- tieren und gewinnende Manieren zu haben, diese zwei Pflichten, gewissenhaft ausgeübt, würden stets ihren Mann ernähren. Eine einzige Quelle gab es, die Fritzi dank seinem Ge­schlecht in die Tiefe führen, seine Erfahrungen erweitern, seine Urteilskraft hätte schärfen können. Aber gerade diese eine Quelle wurde mit ganz besonderer Sorgfalt eingedämmt, niemals durfte Fritzi im Frühjahr anders als an der Leine die Straße betteten, und die einzige Konzession an seine leidenschaftliche Natur war sährlich ein Besuch bei einer Blutsverwandten, die aus der gleichen Hundezuchtanstalt stammte und Hausfreundin der Gräfin Pruke- skaja war. Die Herrlichkelten des Werbens und Tändelns, der beglückende Stolz auf gelungene Eroberungen, der ganze poetische Zauber des Liebeslebens entfiel bei diesem kaltherzigen, Programm- mähig kurzatmigen Anstandsoistten, so daß Fritzi sich zuweilen so weit vergaß, ganz gewöhnlichen, rasselosen Frauenzimmern nach- zuseufzen, und sie reizvoller zu finden als seine vornehme Cousine. Glücklicherweise hatte Fritzi gerade in dieser Frage ein leuchten- des Muster an seiner Herrin, die als geborene Komtesse ganz bestimmt auch würdigere Objekte für ihre Zärtlichkeit gewußt hätte als den Baron, der eigentlich nur Jndustriebaron war, noch nicht im Adelskalender stand, wie ein Raubtier, und bei Nacht wie «ine Lokomotive schnaubt«. Aber beide, sowohl die Baronin als auch Fritzi, waren nun einmal für Smyrnateppiche, Süßigkeiten und aufmerksame Bedienung eingenommen, und betrachteten diesen einzigen Verzicht übereinstimmend als den Preis, der für ihre angenehme Lebensführung zu entrichten war. Die Sehnsucht nach Poesie konnte im komfortablen Boudoir als verklärter Schmerz genossen werden: die Sehnsucht noch ein wenig Komfort hätte auch in den Armen einer großen Leidenschaft viel schlimmer gcsoltert. So waren beide mit allem, auch mit ihrer Unzufriedenheit Im Grunde recht zufrieden, leiteten die gestauten Zärtlichkeiten gegen- seittg aufeinander ab. die Baronin paßte ihren Gesichtskreis unbe- merkt immer noch mehr dem ihres Hundes an, und der Hund war, unter dem Druck des ständigen Beisammenseins, allmählich eine Art in Zwergspitzsell genähtes anderes Ich seiner Herrin geworden. Beide hatten nichts zu tun, als zu sein, als was sie geboren waren beide wurden auf den Händen getragen(Fritzi wortwörtlich, die Baronin im übertragenen Sinne), beide bemerkten Bequemlich­keiten und Aufmerksamkeiten erst, wenn sie ausblieben oder auf sich warten ließen, und es wäre recht schwierig gewesen zu entscheiden, «er von den beiden ahnungsloser und gleichgültiger der Frage gegenüberstand: aus welchen Quellen die Mittel flössen, die ein solch lückenlos angenehmes Leben ermöglichten. Hätte ein unzufriedener Querkopf das Boudoir der Baronin gestürmt, um es ihr vorzu- Wersen, daß dreitausend Arbeiter mit zehntausend Kindern körperlich und seelisch gleich verwahrlost langsam zugrunde gehen mußten, damit der Baron aus den erhöhten Dividenden Elektromobil. Toiletten, Bedienung und Delikatessen für Herrin und Hund de- streiten könne, Fritzi hätte sich über das. Ungewohnte der schweren, kotigen Stiefel auf dem Smyrnateppich und den Geruch des Fremden aufgeregt, und die Baronin hätte den Vacuum hereinbringen und das Zimmer lüften lassen, ohne viel besser als Fritzi zu verstehen, was der zudringliche Kerl eigentlich gewollt hatte. Fern ollen Häßlichkeiten und Härten des Daseins hatte Fritzi die ersten sechs Jahre seines Lebens derart in Frieden aufgezehrt, ohne zu ahnen, daß er auch Feind« haben könnte, ttotzdem er selbst niemandem feind war. Da kam der Donnerschlag. Der Krieg, trotz seiner lang?n Dauer unfähig, in die Lebens- gepflogenheiten dieser zwei bevorzugten Wesen irgendwie störend einzugreisen, war verloren, und der sogenannteUmsturz" setzte «in. Wäre Fritzi«in Vorstehhund, ein Neufundländer oder Bern - hardkner gewesen, die Baronin hätte ihn vielleicht vor einen kleinen Karren gespannt, um sich als Gemüsehändlerin verkleidet von ihm retten zu lassen.' Ein Zwergspitz aber ließ sich nicht umwandeln, sein Wuchs denunzierte ihn alsSchoßhündchen", und in der verkehrten Welt, die hereingebrochen war, hätte Fritzis größter Vorzug: ein

niedliches Tier zu sein, leicht auch der Herrin zum Verderben werden können So ließ sich also die zitternd« Baronin von dem einzigen ge- treuen Wesen im ganzen Hause, dem zweiten Abwaschmädel, das sie früher nie eines Blickes gewürdigt hatte, in abgetragene Arbeits- kleider stecken, nahm von Fritzi- tränenreichen, aber äußerst hastigen Abschied, und lief davon, nur von der Schmuckkassette begleitet. Im Gehirn ihres verlassenen Freundes spiegelte sich der Umsturz sehr unklar, er begriff nicht recht, was die Stimme seiner Herrin im Geruchskomplex des zweiten Abwaschmädels zu suchen hatte? Dunkle Vorahnungen sagten ihm, daß irgend etwas nicht in Ord- nung sein müsse, wobei er unterOrdnung" den für seine Person bekömmlichen Gang der Dinge verstand. Wie sollte er anders? Bei reichen Leuten erzogen, hatte er gelernt, das eigene Wohlbefinden für den Nullpunkt auf dem ethischen Thermometer anzuschauen, und da das Quecksilber unter den Gefrierpunkt sank, sein Mittagessen zur gewohnten Stunde ausblieb, fing er wütend zu bellen an. Es wäre unbillig, von einem Zwergspitz Verständnis für Um- wälzungen zu fordern, die selbst Menschen nicht leicht zu erklären sind. Daß sich alle Schüsseln in Unrecht und Unordnung wandelten, sobald sie anderen vorgesetzt wurden, war eine schmerzende Weis- heit, die Fritzi erst kurz vor s�nem Tode erfahren sollte: im Hause der Baronin hatte er nie vonanderen" sprechen gehört. Er bellte also weiter, bis der lästigen Erwartung die fürchterlichste Ueber- raschung folgte: seine eifrigsten Hofmacher und Verehrer, der Kammerdiener, der Chauffeur und der Portier, ins Zimmer stürzten, aber nicht, um ihn mit Liebkosungen zu beschwichtigen, sondern mit Fußtritten und lebensgefährlichen Wurfgeschossen auf die Sttaße zu jagen. Hier hätte der Winter, gemeinsam mit den Roheiten der Sttaßenjungen und der Straßenhunde, dem Leidensweg wahrschein- lich bald ein Ende gesetzt, ohne das zweite Abwaschmädel, dessen Treue in der neuen Ordnung Verrat hieß und ganz ähnlich wie Fritzis Bellen bestrast wurde. Das gleiche Schicksal brachte sie ein- ander näher. Fritzi folgte in seiner Ratlosigkeit gerne dem Geruch, den er doch schon kannte, bekam statt einer Baronin«in Bauern- mädel zur Herrin, und geriet aus dem duftigen Boudoir in eine schmutzige russische Isba. Jeder andere Hund hätte sich nun allmäh- lich eingewöhnt, mit der ungepolsterten Bank, den nackten Dielen, den ordinären Umgangsformen abgefunden. Fritzi nicht! Zu tief hatte sich die Weltanschauung der Baronin in seiner Seele verankert, er hatte Heimweh nach Teppichen und Daunenkissen, die überall eine neue Heimat erschaffen, durch ein Heim ohne Komfort hingegen nicht ersetzt werden konnte. Warum dem Boden, der einem keine Vor- zugsrechte bot, Vorzugsrechte in seinem Herzen einräumen?... Der Hotelpalast in St. Moritz glich dem Vaterland, das die Baronin gellebt hatte, viel mehr als das echt russische Bauernhaus, in dem Fritzi nun wohnen mußte. Ueber Gebirg und Tal hegten die Getrennten immer noch dit gleichen Gefühle, nur mit dem herben Unterschied, daß Fritzi nicht in St. Moritz sah, sondern das Land seiner Sehnsucht nur mit der Seele suchte. Bei den Bauern, die ohnehin jede Muttersau und jedes fleißige Huhn höher einschätzten, als den rassereinen, aber unnützen Zwerg- spitz, verscherzte sich Fritzi mtt seiner Melancholie die letzten Sympathien. Ein Hund, der immer nur winselte, für keinen noch so fetten Knochen richtig dankbar war, machte nicht einmal Freude. Man ließ es Fritzi merken, daß er im Wege war, bis er endlich, vom Hunger nach Zärtlichkeiten und Luxus getrieben, eines Nacht entlief. Winziger schwarzer Punkt auf dem breiten, mondscheingrünen Band der Landstraße ttottete er hoffnungsbeseelt bis zum ersten Dorf, wo gleich die rauhe Wirklichkeit über ihn herfiel in Form riesiger, böswilliger Bauernköter, die brüllend heroorstürzten, um den Landstteicher zu vernichten. Dahinrasend auf den zarten Bcinchen, rettete Fritzi nur seine Behendigkeit: da aber die Jagd in jedem Dorfe neu einsetzte, erlahmten bald seine Kräste, das Herz hämmerte gegen die Rippen, als wollte es um jeden Preis aus dem gehetzten Leib springen, und gegen Morgen war er so erschöpft, daß es einigen Dorfbastarden doch gelang, ihn einzuholen.

Hebel zugerichtet, das schöne Fell mit Sttaßenstaub und ge« ronnenem Blut verklebt, sah er bekümmert ein, daß es doch nicht möglich sein werde, das Glück in einem Galopp zu erjagen. Er wollte im Schlafe neue Kräfte schöpfen, schleppte sich in ein Gebüsch, erwachte aber sehr bald, von einem ganz neuen, bisher völlig unbe- kannten Gegner attackiert. Als wäre es einem der großen Bauern« Hunde gelungen, in sein Inneres einzudringen, so wütend grub der Hunger die scharfgezackten Hauer in seine Eingeweide. Er kroch wierder hervor, schob sich, den Bauch auf dem Boden, wie ein nahrungsuchender Wurm dem nahen Dorfe zu,, das vielgeküßte Näschen schnuppernd in der Luft. Nicht einmal das Kennerauge der Baronin hätte dem notgezausten, verkommenen Bettelhund sein Pedigree in diesem Zustand angesehen!... Es war der Tag des Herrn, der Duftschwaden eines Sonntags» bratens zog den unglücklichen Fritzi, wie eine Leine, zu einem abse ts liegenden Hof. Hinter der kahlen Hecke lag ein mächtiger Schäser- Hund, eine Schüssel mit Abfällen zwischen den Pranken. Und hier wurde Fritzi seine vornehme Erziehung endgültig zum Verhängnis. Jeder stupide Durchschnittshund hätte genau ermessen, welch gefahrvolles Unternehmen es sei, den eigenen Hunger von der Portion eines anderen stillen zu wollen. Fritzi war aber Debu- tant im Daseinskampf. Er merkte es nicht, wie sehr seine Stellung sich verschoben hatte, daß jetzt er auf der Straße draußen stand, und der Versuch, den er unternahm, ein Angriff auf dieOrdnung" des Schäferhundes war, weil die Ordnung immer dort ist, wo die Fleisch- schllssel liegt. Der glückliche Besitzer der Sonntagsknochen beobachtete mit majestätischer Gleichgültigkeit den Neinen Sttolch, der sich mit zittern- den'Flanken an ihn heranschraubte, die verstaubte Rute in verbind- licher Pendelbewegung. Im Schatten knolligen Bauerngeizes, als berufener Hüter des Eigentums aufgewachsen, dachte er nicht im entferntesten an die Möglichkeit einer derart stechen Verletzung aller Rechtsbegriff«. Als das Unglaubliche dennoch geschah, ein Zwerg sich unterstand, den Starken berauben zu wollen, schnappte er, ohne sich vom Platze zu rühren, nach dem Genick Fritzis, schlug die Zähne bis tief an den Rückenwirbel und schleuderte mit einer kurzen Bewegung seines Kopses das elende kleine Bündel hoch in die Luft und fraß dann weiter, ruhig im Bewußtsein des Gerechten, der eine wohlverdiente Züchtigung erteilt hatte. Fritzi flog, um die eigene Achse rotierend, schlug mit dumpfem Poltern schwer auf die Erde und stimmte«inen mißtönenden Schwanengesang an, der zwei junge Burschen an die Schwelle des Hauses lockte. Was sie erblickten, war gar nicht mehr Fritzi, viel eher ein Knäuel aus schmutzigem, blutgetränktem Werg. Aber das scharfe Auge der unverdorbenen Landkinder erkannte selbst in dieser formlosen, zuckenden Masse noch den Feind, denStädtifchen", den Stutzer und Tagedieb, und sie eröffneten, um ihm das Zuckerlfressen endgültig abzugewöhnen, ein Um-die-Wette-werfen auf das fetten« Ziel. Die Todesangst gab Fritzi noch einmal Kräfte. Er wankte einige Schritte, fiel getroffen hin, rutschte wieder weiter, sein Leben ver- gießend, als bewegte er sich auf einem blutigen Schienenstrang, bis er endlich, mit mehr Wunden bedeckt, als auf seinem winzigen Körperchen eigentlich Platz hatten, endgültig liegen blieb, in den brechenden Augen ratloses Erstaunen über die unerklärliche, geheim- nisvoll« Schlechtigkeit aller Tiere und Menschen. Die Baronin, die um diese Zeit erst siebenunddreißig Perlen ihres zwei Meter langen Kolliers aufgegessen hatte, erzählte oft bitterlich weinend vonihrem Fritzi", trotzdem sie ihn längst schon mit einem nicht weniger rassereinen King Charles ersetzt hatte. Sie Nebte es, der rührenden Treue ihres einstigen LiebNngs den Undank der Menschen, das niedrige Betragen ihrer Dienerschaft gegenüber- zustellen, und übersah hierbei völlig, daß sie ihre Bedienten nie im Clekttomobil ausgefahren, nie in den Schoß genommen, eigenhändig mit Delikatessen gefüttert oder auf die Nase geküßt hotte. Die Lieb- lingsthese der Baronin, daß sich nur die Anhänglichkeit der Tiere auch in der Not bewähre, die Menschen hingegen in der Gefahr keine Freundschaft kannton. hatte dennoch ihre Richtigkeit. Wäre der arme Fritzi nicht als zerfetztes Bündel auf dem Misthaufen eines Bauern- Hauses verendet, er hätte dieser Behauptung, auf Grund der Er- fahrungen, die er mit seiner Herrin gemacht hatte, laut kläffend zugestimmt.

IHarlin Aderhold:

Ausflug smrn

Von den acht Planeten unseres Sonnensystems ist der Merkur der kleinste. Wenn wir uns mit der recht ansehnlichen Schnelligkeit von 500 Kilometern in der Stunde dorthin begäben, würden wir etwa ochtzchn Jahre brauchen, um ans Ziel zu kommen, und zwar auch nur, wenn der Merkur sich in größter Erdnähe befindet, was einer Entfernung von 75 Millionen Kilometern entspricht. Die Bahn des Merkur ist die eigenartigste unter allen Planeten des Sonnensystems, da sie ungeheuer schwankende Sonnenabständ« auf- weist, die zwischen 70 und<tS Millionen Kilometern variieren. Ist der Merkur der Sonne am nächsten, so erscheint dort die Sonne zehnnral so groß, wie wir sie von der Erde zu sehen gewöhnt sind. Der Sternenhimmel, vom Merkur gesehen, bietet ungefähr das gleiche Bild, wie der Betrachter es von der Erde in sich aufnimmt. Das Eigenartig« ist aber, daß der Himmel immer pechschwarz er- scheint, auch amTage", hat doch der Merkur keine Atmosphäre. Aus dem gleichen Grunde sieht man keine Fixstern« funkeln, wohl aber kann man die Sonnentuberanzen beobachten, ohne erst eine Sonnenfinsternis abwarten zu müssen. Auch auf dem Merkur gibt es Sommer und Winter, und zwar spiett hier die Entfernung des Planeten von der Sonne die ent- scheidende Rolle. Wenn der Merkur sich in der größten Entfernung von der Sonne besindet, also in 70 Millionen Kilometern Abstand, ist die Wärmcbestrahlung viermal größer als hier auf der Erde. Wenn ober der Merkur der Sonne am nächsten ist, in 46 Millionen Kilometern Abstand, so ist die Wärmebestrahlung neunmal so groß wie aus der Erde. Da der Merkur nach den bisherigen Forschungen «ine gebundene Rotation hat, das heißt, sich in genau der gleichen Zeit, die er braucht, um seinen Lauf um seine Zentralsonne zu vollenden, einmal um sich selber dreht, so kehrt«r stets die gleiche Seite der Zentralsonne zu. Es ist genau wie bei dem Mond. Die der Erde abgekehrte Seite des Mondes hat nie ein Mensch gesehen. Bei dem Merkur bedeutet das, daß stets die gleiche Seite der brennenden Sonne zugekehrt ist, während die entgegengssetzte Seite dem eisigen Weltenraum zugewendet bleibt. Auf der der Sonne zugekehrten Seite werden Temperaturen von über 400 Grad Celsius gemessen. Auf der andern Seite ist die Abkühlung so ungehcuex, daß hier der alsolut« Nullpunkt erreicht wird, das heißt, die Tempe- ratur des Weltenraums, die 27S Grad beträgt. Das durch die Messungen festgestellte Gewicht des Msrkur ist bedeutend geringer als das der Erde, nicht nur weil er kleiner ist, sondern auch weit- der Stoff, aus dem er besteht, nur zwei Drittel der Dichte besitzt, die dem Stoff der Erde eigen ist. Demgemäß ist die Schwerkraft auf dem Merkur nur zwei Fünftel so groß wie die

irdische: eins unserer Kilogewichte würde also auf dem Merkyr nur 400 Gramm anzeigen. Der Mensch, der nach dem Merkur kommt. würde sein Körpergewicht um die Hälfte vermindert sehen. Wenn seine Muskelkraft unverändert bliebe, könnte er dann, da er ja ein geringeres Gewicht zu tragen hat, doppell so hoch springen wie hier. Di« Bäume könnten ganz andere Fruchtmengen tragen, ohne niedergebeugt zu werden, es wäre möglich, weit länger« Brücken zu bauen, da sie kein so großes Gewicht zu tragen hätten wie auf der Erde. Da es auf dem Merkur keinen Lustwiderstand gibt, kann man sein Ziel mit Sicherheit treffen: die Schußweit« wäre un- geheuer. Ein Schnellzug, der 90 Kilometer in der Stunde fährt, würde in 75 Togen rund um den Merkur herum fahren können. Da auf dem Merkur kein« Lust vorhanden ist, ist es dort toten- still. Es gäbe also kein« Möglichkeit, sich durch Sprach« zu ver- ständigen, man wäre aus schriftlichen Verkehr angewiesen. Ein Merkurbewohner, der die Erde besuchte, würde ebenfalls sehr seltsame Eindrücke haben, denn zunächst würde er ja zweiein- halb mal soviel wiegen wie daheim auf dein Merkur und müßte kriechen, statt zu gehen, denn dieses große Gewicht oermöchten seine Muskeln natürlich nicht zu ttagcn.

Dierote Pest" Amerikas sind die ungeheuren Waldbrände, die alljährlich in der warmen Jahreszeit das Land heimsuchen. Wie sehr der Waldbestand Amerikas durch Brände, die meist durch Funken der Lokomotiven verursacht werden, gelichtet wird, erhellt aus der Tatsache, daß jährlich rund 50 000 Quadratkilometer Waldfläche der roten Pest zum Opfer fallen. Der Schaden beträgt in jedem Jahre mehr als 20 Millionen Dollar, Natürlich lassen die zuständigen Stellen nichts unversucht, um der Gefahr mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu begegnen. Es sind auf Höhen in Waldgebieten überall Ueberwachungsstellen eingerichtet, die nach Rauchstätten Aus- schau halten und im Bedarssfolle sofort die Brandschutzabteilungcn benachrichtigen. Eigenartig ist die Tatsache, daß durch einen Wald- brand niemals der gesamte Waldbestand vernichtet- wird, sondern gerade hochstehende Bäume oft unversehrt bleiben.

Vor etwa dreihundorl Jahren wurden in Holland die größten Anstrenoungen daran gesetzt, schwarze Tulpen zu züchten, es ist aber mißlungen. Sparer sind ähnlich« Versuche bei Rosen, unter. nommen worden, oach bisher ebenfalls immer vergeblich. Man hat zwar bläuliche Rosen erzielt, aber dunkelblaue Rosen scheinen ebenso unerreichbar zu sein wie schwarze. Auch blaue Chrysanthemen oder blaue Pelargonienblüten hat noch kein Züchter hervorg. bracht. Blaue Dahlien zu gewinnen ist fett vielen Jahren angestrebt worden, und vor etwa drei Iahren hat«in eifriger Züchter einige Erfolge gehabt, aber die wirklich blaue Dahlie ist ebenfalls noch immer Zukunftsmusik. Der neueste Ehrgeiz der Züch,cr ist, wohlriechende Blumen zu erzeugen, und zwar geht man von der Beobachtung aus, daß scharlachrote Blumen immer geruchlos sind. Es ist also jetzt das Ziel, eine scharlachrote dustende Blume zu züchten,

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