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Bezahltes Lumpengesindel.

Berleumder vom Hause Hugenberg.

Der Tag", ein Ableger des Lotal- Anzeigers", veröffentlicht in feiner Unterhaltungsrundschau einen Auffaz: Wer hat die Repo­lution bezahlt?" Der Berfasser, der mit drei Sternen zeichnet, hat offenbar nicht den Mut, seinen Namen zu nennen, er zieht es vor, aus dem Dunkeln heraus zu verleumden. Chefredakteur des Blattes ift ein Herr v. Medem, ein ehemaliger Offizier, als Berantwort licher zeichnet ein gewisser Rudolf Flemming.

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Der Auffah, das typische Produft eines Geistestranten, führt mit allerlei Bapierfchnißeln, Zeitungsausschnitten und Zitaten aus Ghundromanen wie aus dem berüchtigten Buch von Desgranges den Beweis", daß die Sozialdemokratie während des Krieges gegen Bezahlung im Dienste der Entente gearbeitet und Revolution gemacht habe. Nach seiner Darstellung war die Sache so, daß die Spartatusgruppe und die USP. russisches, englisches und franzöfifches Geld bekamen, die SPD.   aber mit diesen Gruppen heimlich zusammenspielte. Ob die SPD.   auch etmas betommen hat und wiepiel geht aus dem tollen Geschreibe nicht flar hervor.

Ursprünglich wollte sich die Entente gar nicht damit begnügen, Deutschland   durch Entfesselung der Revolution zum Waffenstillstand zu zwingen. Sie wollte vielmehr das deutsche Heer zwischen die beiden Feuer der alliterten Armeen und der deutschen   Revolutionäre nehmen, wie Hasen zwischen zwei Treiberketten". Acht Millionen deutsche Soldaten ,, durch die SA.- Räte am Rhein   abgeschnitten von aller Nachfuhr, ohne Verpflegung, ohne Munition, zwischen zwei Feuern vernichtet... Und Deutschland   und das deutsche   Volk für immer aus der Weltgeschichte gestrichen".

Das also war der Plan". Boran ist er gescheitert? Darüber fagt der Berleumder mit den drei Sternen wörtlich das folgende:

Und nicht den Gewissensbissen deutscher Revolutionäre ist es zu danken, wenn der Plan nicht zur Ausführung fam. Ein Emp. finden für Ehre, ja auch nur Erbarmen mit den in Tod und Berderben gehehten Boltsgen offen fannte dies vom Feind bezahlte Cumpengesindel nicht mehr. Nein, Clemenceau   zögerte im letzten Augenblid, die fojiali fti­ige Bestie von der Sette zu laffen. Und Marschall Foch war gleicher Ansicht. Sie pfiffen die Bluthunde zurüd.

Es fann fein zweifel daran bestehen, daß nur ein Geistes franter bas schreiben fann. Ein gesundes Gehirn ist solcher Erfin bungen gar nicht fähig.

Uber mit diefer einfachen pinchiatrischen Diagnose läßt sich die Angelegenheit nicht erledigen. Es bleiben noch die Herren von Medem und Flemming übrig, die die moralische und die juristische Berant wortung für die Veröffentlichung tragen. Und es bleibt die Tatsache, daß der Auffaz trog der offenbaren Geisteskrankheit des Verfassers mit einer bemerkenswerten Borsicht geschrieben ist.

Es werden nämlich in dem Artikel eine ganze Menge von Namen genannt. Würde aber einer der Genannten das oben wieder­gebene Bitat auf sich beziehen, so würde Herr Flemming zweifellos mit der Miene des Biedermanns versichern, damit ſei ja der Kläger   gar nicht gemeint.

Eine andere bemerkenswerte Tatsache ist, daß der anonyme Berfasser gegen Tote viel mutiger ist als gegen Lebendige. An Hugo Haafe beispielsweise und Paul Levi  geht er mit einem wahren Hyäneneifer heran, während er Ditt­mann und Scheidemann   nur aus einiger Entfernung um­freift. Daß Dittmann wegen des Desgranges- Schwindels kürzlich geflagt und seine Gegner zur Zurüdnahme ihrer blödsinnigen Ber leumdungen gezwungen hat, ist ihm sicherlich bekannt. Zurüdnehmen, benft man sich in der Redaktion des Tag", fann man ja immer noch. Was aber den toten Baul Levi betrifft, so hat er zwar ani 14. März 1927 eine Berurteilung des Alfred Rosenberg   om Böltischen Beobachter erzielt, ber ihn einen bezahlten Agenten Englands genannt hatte- aber die ganze Geschichte hat nur 300 m. getoftet!

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Ergebnis: Mit einem Minimum von persönlichem Risiko hat man gegenüber einer leichtgläubigen Leserschaft den Anschein erweckt, als ob die größte Partei Deutschlands   bezahltes Lumpengesindel wäre, das für Geld zu jedem Berrat, zu dem Massenmord an den eigenen Bolfsgenossen fähig ist. Daß man durch die Berbreitung solcher volksvergiftenden Berleumdungen dem deutschen   Volfe einen Dienst leistet, bas tönnen Menschen mit gesundem Hirn nicht glauben. Das Wort bezahltes Lumpengefindel" fällt in voller Schwere auf die jenigen Personen zurüd, die für die Beröffentlichung jenes Produkts einer überreizten Phantasie die Berantwortung tragen.,

Labourfieg bei Nachwahlen.

Unabhängige für Regierung.

Condon, 16. Aprif.

Die am Mittwoch im Wahlbezirk von East Woolwich durchge­führte Nachwahl endete erwartungsgemäß mit einem Sieg des Kandidaten der Labour- Partei, Hids, der insgesamt 16 200 Stimmen gegen 12 357 Stimmen des tonservativen Kandidaten erhielt. Be­merkenswert ist aber, daß die Mehrheit der Arbeiterpartei von 8541 bei den letzten Barlamentswahlen auf 3843 Stimmen zurüd­gegangen ist.

Die Situation der Regierung wird heute morgen wesentlich günstiger beurteilt, da die Independent Labour Party nicht Stimm enthaltung, sondern Unterstützung der Regierung beschlossen hat.

Industrie gegen Briands Zollunion.

London  , 16. April.

Das Projekt einer europäischen   Zollunion, das Briand als Alternative zu dem deutsch  - österreichischen Abkommen dem Europa  ausschuß des Bölkerbundes zu unterbreiten gedenkt, stößt nach Mit teilungen des diplomatischen Korrespondenten des Daily Telegraph  " schon jet in franzöfifchen Industriefzeisen auf schärfsten Widerstand. Die französischen   Industriellen follen entschieden gegen jede Maßnahme sein, die eine Senkung der hohen Zölle herbei­führen könnte, da die Industrie nicht auf den Schutz durch Zölle verzichten fönne.

Hakenkreuz- Grabschänder.

Zwei Hitler   Leute zu Gefängnis verurteilt.

Breslau  , 16. April.  ( Eigenbericht.) Das Schöffengericht Dels verurteilte zwei National fozialisten, die übrigens in Hitler  - Uniform vor Gericht er. schienen, wegen Grabschändung zu drei bzw. zwei Monaten Gefängnis. Beide hatten mit einem Komplicen, der jedoch freigesprochen wurde, auf dem jüdischen Friedhof in Trebnik die Grabsteine mit roter Farbe beschmiert und zum Teil umgeworfen. Außerdem hatten sie die Leichenhalle erbrochen und perunreinigt.

Konzerte und Konzertgeber

Kritische Bemerkungen/ Bon Klaus Pringsheim  

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Mit einer Reihe werbender merbender Beranstaltungen tritt der| Man weiß, daß ein von Kapitalsmächten unabhängiges Unter­Deutsche Konzertgeberbund. B., der sich nor etwa nehmen etwa wie die Wolfsbühne nicht dentbar wäre ohne einem Bierteljahr in Berlin   tonftituiert hat, in bas Stadium prat. das tragfähige Fundament ihrer Bublifumsorganisation, night tischer Arbeit. Es handelt sich um eine Art organisierter Selbst dentbar, wenn vielleicht eine Gruppe von Schauspielern sich nur hilfe des Standes der tonzertierenden Künstler Selbstschutz vor zu einem syndikalistischen Experiment zusammengefunden hätte. den Gefahren der Eristenzvernichtung, mit denen diese Zeit der Welche ahnungslose Verträumtheit heutiger Künstler, sich einzu­fatastrophalen Nöte meite Kreise der Musikerschaft bedroht. Die bilden, nur auf sich selbst gestellt, vermöchten sie es mit dem fapita­selben Nöte, vielfältig bedingt durch den Fortschritt der mechanischen liftischen Gegner aufzunehmen! Wer es gut mit ihnen meint, der Mufit, durch Vorgänge der gesellschaftlichen Umschichtung und, all muß sie vor einem Weg warnen, auf dem schwere Enttäuschungen gemein, durch die Krise der kapitalistischen   Wirtschaft dieselben und schwerere Erschütterungen nicht ausbleiben können. Nöte haben im Nachbarbezirk der Orchestermusiter als ersten Schritt attiver Abwehr die Schaffung des Berliner   Arbeitslosen orchesters gezeitigt, deffen Konzerte fich hoffentlich als einstweilen ständige Institution des Musitlebens durchseyen merden. Aber von jenen größeren, tieferen Ursachen ihres Elends scheinen die Kon­zertgeber", die Künstler des Soliftenpodiums, nichts zu wissen. Alles Unheil wenn man ihre Erklärungen liest tommt von der Dittatur der Konzertdirektionen"; alles Heil soll von ihrer Befämpfung und, in fernerer Zukunft, ihrer Niederkämpfung

tommen.

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Die Konzertdirettionen- tein Zweifel, daß ihr öffent. liches Wirken an der unhaltbar gewordenen Gesamtsituation viel Schuld hat. Bor allem: flare Unterscheidung non mirtschaftlich ver­animortlichem Unternehmerium und bezahltem 2genten dienst, flare Scheidung ihrer arbeit gebenden und arbeit­nehmenden Tätigkeit dies endlich zu fordern und auf der Forderung zu bestehen, hätte vernünftigen Sinn. Das Vorhaben der Konzertgeber scheint uns so einsichtlos wie aussichtslos. Ber zweifelt rennen sie gegen das Stüd kapitalismus an, mit dem sie zu tun haben; aber mit hundertprozentiger Sicherheit ist voraus zusagen, daß diefes Stück Kapitalismus  , fest eingebaut in das herr schende Wirtschaftssystem, mit den Kräften nicht umzubringen fein pirp, die ein eingetragener Berein von einigen hundert Künstlern einzufegen hat. Bon ihrem Plaz und im Bereich ihrer Arbeit mollen sie schaffen, was im Lauf von Menschenaltern der Sozia lismus der Belt mühsam, schrittweise, als legtes Siel erfämpft: den Sturz der kapitalistischen   Wirtschaftsordnung welche Ber fennung der heutigen Wirklichkeit, welche naive Ueberschätzung der eigenen Kraft!

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Zur Zeit steht es so, daß die gutgehenden, nämlich durch Nach frage gesicherten, also wirtschaftlich gefunden Konzerte fast aus schließlich von den Konzertdirektionen betrieben werden; die un­gefunden, überflüssigen, die ewigen Defizittonzerte find jene, bei denen der Künstler in der Rolle des Konzertgebers fein eigener Unternehmer ist: Unternehmer eines hoffnungslosen Berluft gefchäfts. Und den Kampf dieses unheilbar franten Teils gegen den gefunden, lebensfähigen des Konzertlebens wollen fie allen Ernstes führen?

In der Kreisen der Arbeiterschaft weiß man besser, mas es heißt, aus eigenen Kräften einen tünstlerischen Betrieb aufbauen.

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Aus der Juryfreien.

In der Juryfreien stellen einige junge Architekten aus, die am Beimarer Bauhaus Schüler von Bartning   waren und manches Gute von ihm übernommen haben, wie z. B. Görres. Den besten Ein­drud machen Graeßner, mit einer reizenden Dorfkirche in reiner Holzkonstruktion für Admont  ( erstaunlich der Gesamtpreis: 45 000.1) und Sitz- Schipte mit einem räumlich flaren und fachlichen Umbau eines Berliner   Hotelcafés.

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Aus den übrigen Sonderausstellungen je ein Raum für einen Künstler- find drei Malerinnen mit besonderem Nachdrud hervor zuheben, die den guten Instinkt der Juryfreien für große selbständige Begabungen unter der Jugend ganz herrlich dokumentieren. Die stärkste, sicher eine der kraftvollsten Erscheinungen unserer heutigen Kunst überhaupt: Johanna Schüß. Wolff, deren erstaunliche Figuralteppiche immer, wo sie auftauchen, berechtigtes Aufsehen er­regten. Hier ist nun ein Raum mit einem Dugend ihrer Arbeiten gefüllt, und es ist zu sagen, daß seit langer Zeit nichts einen so tiefen, ja erschütternden Eindruck gemacht hat als diese Woll mebereien, die ein oder zwei große ruhige Figuren als Gegenstand haben, voll einer unergründlichen und mystischen Herrlichkeit. Wer nicht in das innerste Wesen der Form und ihrer seelischen Bedeutung einzubringen weiß, wird allerdings taum etwas von der Wirkung dieser vollendeten Schöpfungen einer hohen Phantasie verspüren. Dann die schr pitanten und brolligen Malereien und Schnurr pfeifereien von Baula Grünfeld, bei aller Bizigteit ſehr ernst zu nehmen; und endlich die erregenden Federzeichnungen von Hanna Ragel, erschaffen aus einem echt weiblichen Kompler von Mann und Kind, erstaunlich phantafievolle Offenbarungen einer p. f. sch. tiefen leidenschaftlichen Seele.

Ein neuer Bödlin in der Nationalgalerie. Die Berliner  Nationalgalerie stellt in dem einen Bödlin- Saale ihres alten Hauses, neben den Gefilden der Seligen" eine neue Erwerbung aus, die ,, derfluren im Vorfrühling", 1886 gemalt. Das Bild, das sich bisher in westdeutschem Privatbesiz befand, hat als Hauptmotiv die Streifen braunen und grünen Aderlandes, die mit scharfer Ber­fürzung von vorn ins Bild hineinführen, hin auf die Gruppe heller Bappelstämme um ein Gehöft herum, deren noch bräunliches Kronengeäft fich durchsichtig gegen den weißlichen Himmel abhebt. Die Landschaft ist tief erfüllt von liebender Andacht der Natur­beobachtung.

Sigrid Onegin  , die von Amerika   zurüdgefehrt ist, fingt am Sonntag, 19. April, zum ersten Wale wieder in der Städtischen Oper die Dalila in Samson und Dalila  ".

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Roffini's Angelina" in der Bearbeitung von Hugo Röhr   gelangt in der Städtischen Oper am 26. April zur Erstaufführung.

Ein Wettbewerb des 2.£. B. m lezten Beft der Reitschrift Das Neue Bild" veröffentlicht der Arbeiter- Lichtbild- Bund einen Bilder- Weit bewerb, für den 30 Preise im Gesamtwerte von 200.- M. ausgefezt sind. Die 30 ausgezeichneten Bilder dieses Heftes sind ausschließlich von Mits gliedern des Bundes aufgenommen. Sie find ein Beweis für die rege Tätigkeit innerhalb der Photogruppen. Die Zeitschrift fann für 40 Pf. monatlich bei jeder Bolfsbuchhandlung, Postanstalt oder beim Verlag, Berlin   S42, bestellt werden.

Eine Schauspieler- Nachtvorstellung anläßlich des 60. Seburtstages bon geo Blech findet Sonnabend, 11% Uhr, in der Staatsober, Unter den inden, ſtaft. Zur Aufführung gelangt" Spiel und Ernſt" pon Reznicet, Versiegelt" von Leo Blech   unter Leitung des Komponisten; Maria Joogün first Lieder von Leo Blech  . Starten im Bezirksverband, Steithstr. 11.

Ein umfangreiches Radiumvorkommen wurde vom Leiter der geologischen Abteilung der Univerfitat von Alberta   an den Ufern des Großen Bärensees

in Nord- Sanada entdeckt.

Fürs erste tritt der Konzertgeberbunb, mie por ihm der Verband fonzertierender Künstler, selbst als Ron­zertdirektion auf und verspricht Berbilligung der Konzerte für Ber­anstalter und Besucher und, damit verbunden, Hebung des Besuchs. Das soll nun in einer Reihe von Musterkonzerten demonstriert werden. Namhafte Künstler haben sich für den guten Propaganda­zwed zur Verfügung gestellt. Furtwängler   wird mit den Phil­harmonitern fonzertieren; gestern gab es im Bach- Saal unter Kunwalds Leitung einen Abend des Berliner   Sinfonie­orchesters. Am Anfang und am Ende des Programms steht. Beethoven  : die ,, Coriolan  "-Duvertüre und die VII. Sinfonie. Da­zwischen aber: die Holländer" Arie, Fliedermonolog, Bahnmonolog aus den ,, Meistersingern  . Wagner im Konzertsaal, Opernfragmente, gefungen von Albert Fischer, dem geschäßten Oratorienfänger das war fein glüdlicher Gedante. Dann spielt Mar Trapp, ohne als Pianist zu interessieren, sein neues, musikalisch belanglofes Klavierkonzert. Wie wenig fennt der Konzertgeberbund das Publi­fum, um das er sich bemüht, wenn er glaubt, mit solchen Dar­bietungen werbend zu wirken.

Am selben Abend ist der große Saal der Philharmonie bis auf den letzten Blaz besetzt: der Beethoven 3ytlus des Phil.. harmonischen Orchesters ist bis zur Missa solem nis" gelangt. Mit dem Kittelschen Chor und bewährten So­listen eine Aufführung, deren hohes Gesaminiveau bekannt ist. Hier bedarf es feiner neuen Werbemethoden; Orchester und Chor be abfichtigen meitere Konzerte diefer Art zu veranstalten.

Und ein Bublifum von vielen Tausenden hat sich Sonntag mittag im Sportpalast versammelt: Zu dem Boltstüm­lichen Konzert der Bereinigten Staatsopern Orchester( zugunsten der Unterstüßungskasse der Staatsoper). Ein ungewöhnliches Klangereignis, dieses exakt musizierende Riesen­orchester von faft 200 Instrumentalisten; und am Dirigentenpult, einander ablösend, die Generalmusikdirektoren Blech, Kleiber, Klemperer. Märsche und Tänze also: ein ,, polkstümliches" Brogramm. Ob es wirklich dem Roll", den Massen heute gar so nach Tanzmusit, nach Tanzen zumute ist? Märsche, das ist etwas anderes; das Bolt marschiert, wir sind einverstanden. Im Ernst, es wäre an der Zeit, diesen geringschäßigen Begriff von Volfs­tümlichkeit", den das gebildete Bürgertum erfunden hat, aus dem öffentlichen Denken verschwinden zu lassen.

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Erich Carow macht alles.

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Ja, er macht wirklich alles in seiner Lachbühne am Bein­bergsweg: den Direktor, fünftlerischen Leiter, die Hauptattraktions­nummer und mas weiß ich sonst noch, und er hat noch Zeit, mit feinen Gästen zu plaudern. Chaplin ist fürzlich dort eingefehrt, er muß in dem Artisten und der volkstümlichsten Clownfigur Berlins Berwandtschaft gespürt haben. Uralte Bolfstraditionen find in beiden wieder aufgelebt. Erich Carom ist der moderne, wiedergeborene Hanswurst, die tomische Person schlechthin. In seinem neuen Stüd ,, Lehmann macht alles" gibt er einen alten, äußerlich ver­

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lobberten Hausdiener, der mit seiner liebenswerten Frechheit das ganze Geschäft tyrannisiert, ein Verwandter von Pallenbergs Bawadil. Das ist natürlich Theater um des Theaters willen, die Type schon im Aussehen zum Kugeln ist alles. Bie er ben Besen geschultert den Chef belehrt, überliftet, dirigiert, er, der Herrscher, ein schäbiger Rod, wie er mit Bliden tötet oder feine feelische Not ausdrüdt, das alles ist urecht. Freilich ist das Stück reichlich lang wie das ganze Programm( von 20 bis 24% Uhr). Aber das Publikum häft für 60 Pf. bis zum letzten Orchester­ftüd treulich aus.

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Carow will die Leute unterhalten, zum Lachen bringen. Er glaubt alles Politische, alles Tendenziöse fern halten zu sollen, da mit sie bei ihm mal einen Abend allen Lebensernst vergessen. Ein Standpuntt( wenn auch nicht unfer). So stellt er ein vorzügliches Barietéprogramm zusammen: Nigger und andere Tänze. Sonny mit seinem Rab, ein ult artistischer Leistung, gleich gut die Geschwister Blant, erstklassige Handstandstünstler. Bor­allem aber ist der Fredy Sieg  . der nächstens sein 30jähriges Bühnenjubiläum feiert, ein Original von eigenen Gnaden, der dam­liche, doofe( und dabei natürlich gerissene) Kerle von hinreißender Komit auf die Beine stellt. An der Ausstattungsrevue Ach, du lieber Himmel" mirft er auch hervorragend mit. Der Himmel ist ja seit Liliom Mode geworden; hier wird er burlest aufgezogen. Frau Luna Lucie Carow und Karl Möller( Petrus  ) machen

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die Hanneurs für die Erdenpilger in Frad und Nachthemd, die für gehörigen Mumpig sorgen.

Den Preisabbau hat Carom längst vor allen anderen erfunden; er hat damit fozusagen angefangen und reuffiert ausgezeichnet damit.

Frauenrechte in Gefahr!

Fast ausschließlich Frauen füllten die Aula des Realgymnasiums Kaiserin Augufta- Straße in Tempelhof  . Reichstagsabgeordnete Genoffin Bohm- Schuch warnte vor dem Glauben, als bestehe heute feine Kriegsgefahr mehr. Der Internationale Frauentag  , der Erinnerung der Toten des Weltkrieges und der Mahnung der Lebenden gewidmet, soll auf die in der kapitalistischen   Gesellschaft immer drohende Kriegsgefahr aufmerksam machen. An die Frauen menden wir uns, um sie zum Kampfe aufzurufen, denn Frauenrechte sind auch heute wieder in Gefahr. Heute geht der Kampf besonders um das Recht der Selbstbestimmung der Frau auf ihren Körper. Die Frau muß selbst, im Gefühl größter Berantwortung gegen fich, ihre Kinder und die Gesellschaft, frei bestimmen können, ob sie noch mehr Kinder gebären darf. Aber dieser Kampf ist immer nur ein Teil des sozialistischen   Befreiungskampfes, und auch die Frau wird erst mit der Befreiung des Proletariats ihre volle Freiheit finden. Genoffin Emma Ritsche vom ADGB.   erinnerte an den jahr zehntelangen Kampf für den Arbeiterinnen- und Kinderschut Diese fozialen Gesetze dürfen wir uns nicht nehmen lassen. Zum Schluß wurde einstimimg eine Entschließung zur Unterstüßung der von der fozialdemokratischen Reichstagsfraktion gestellten Anträge zur Be­feitigung des§ 218 angenommen.