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31r. 128 48. 3<i&rgong �00<�0rlU dl'f Sreifa«, 17 April 1931
Neues Hauptpostamt Sdiöneberg.
Zu den Großbauten, die die
Reichsposi in den letzten Jahren programmgemäß aufführen läßt, gehören nunmehr auch die Erroei- lerunghbauten des Hauptpost­amtes in, Schömberg  , die zum T eil sehen am 1. Mai dem öffentlichen Verkehr übergeben werden. Diese Neubauten, nach dem Entwurf von Eeg.-Baumeister Wagner, aus roibraunen Klinkern, einfach und sachlich in der Aus­führung, beherbergen eine ganze Anzahl oon Aemtern: Das neue Selbstanschlußamt für den Bezirk des Fernsprechamtes Süd lG 4), zu dem die, Vermitt­lungsstellen Südring, Stephan, Lich- lerfelde, Steglitz   u. a. gehören. Das Postfuhramt im Erd- gesdwß des 26 m hohen Haupt­gebäudes, mit einer Akkumula­torenladestelle im angrenzenden einstöckigen Neubau und 100 elektrisch betriebenen Post­autos, die in Kellergaragen mit reichlichem Oberlicht unterge­bracht sind. Die T elegraphen- bauabieilung mit ihren La­gerräumen und die eigentlichen Postbetriebe. Veber 3 Morgen weil erstrecken sich die Unterkellerungen. Schwierig gestalteten sich die Fundamentierungsarbeiten, denn die Gegend der Beiziger Straße ist durch ihren unzuverlässigen Baugrund berüchtigt, Stellenweise mußte mit den Fundamenten bis zu 18 m Tiefe gegangen werden, daher auch die verhältnismäßig lange Bau­
zeit. Von der Beiziger Straße aus ist Ein- und Ausfahrt angelegt. Dachgarten und Kasinoräume stehen den Beamten zur Verfügung. Für spätere Zeit ist der vollständige Umbau des alten Posi- gebäudes in der Hauptstraße selbst geplant,
Das eigene Kind erst cki? Festnahme der jugendlichen Eltern. Unter der Beschuldigung, ihr drei Monate altes Töchterchen fahrlässig getötet zu haben, wurden etn 21 Jahre alter Arbeiter und seine erst 18 Jahr« alte Ehefrau, die in Nudow wohnen, fest- genommen. Der Mann hat kein« Beschäftigung, und das Paar, das' erst kurze Zeit verheiratet ist. lebt« mit dem kleinen Kind tümmerüch in einer Kellerwohnung. Di« junge Mutter, die wohl nicht v el von Kinderpflege versteht, badete ein-s Abends das Töchterchen. Das Kleine glitt ihr aus den Händen und schluckte soviel Wasser, daß es kaum noch atmete. Die EUern legten das Kind. nachdem es sich erholt hatte, zwischen sich in das Bett. A m Morgen war das Kleine tot. Gerüchte tauchten bald auf, daß die Eltern das Töchterchen ertränkt hätten. Die Sektion der Leiche, die beschlagnahmt worden war. ergab aber, daß der Tod durch Ersticken eingetreten ist. Di« Kriminalpolizei   in Neukölln hat das Elternpaar setzt festgenommen. Wieder ein Lehrling verm'ßi. Seit dem A. März d. I. wird der SchlcsserlehrNnz Herbert O estreich vermißt, der am 17. Januar 1913 geboren ist uitd bei seiner Mutter in der Emser Straße 125 in Neukölln wohnte. Der
jtmge Mann war in einer Maschinenfabrik in der Lahnstraße in Neukölln angestellt und gehörte einem Fußballklub an. Es scheint, daß er in der letzten Zeit m schlecht« Gesellschaft geraten ist. Am 29. März ging er nachenittag» gegen 2 Uhr aus der Wohnung fort und hat seivem nichts oon sich hören lassen. Mitteilungen über den verbleib des Verschwundenen erbittet die Bermißtettzentrale im Polizeipräsidium. Veim paddeln ertrunken. Zwei junge Ränner ums Leben gekommen. Düsseldorf  . 16. April. Am Mittwochabend kenterte aus dem Rhein   unterhalb der Schnellenburg ein Kanu. Di« beiden Insassen, zwei jung« Männer aus Düsseldorf  , ertranken. Die beiden jungen Leute hatten'da» Kanu aus dem Bootshaus« des Düsseldorfer   Kanuklubs entwendet und damit eine Schwarzfahrt angetreten, dt« thnev zu» Verhängnis wurde.______ Al Capone's   Konkurrent ermordet. Beim Kartenspiel in einem Brooklyner Restaurant ist der Unter- weltführer M a s s e r i a ermordet worden. Masseria war nach A l E a p o n e der am meisten gefürchtete und berüchtigte Verbrecher, der an der Spitze der New-�orker stzilianischen Mafia stand.
Eahm Sonntag in Berlin  . Das Märchen von ver sozialdemokratischen Mehrheit im Magistrat. Der neue Oberbürgermeister der Neichshauptstadt, Dr. Heinrich«ahm, der zur Zeit noch in Dauzig weilt. wird am Sonntagvormittag in Berlin   eintreffen. Er wird in der Dienstwohnung Leibnizstraße lOö wohnen, die schon sein Amtsvorgänger bewohnte und die Eigentum der Stadt Berlin   ist. Die Vereidigung des Ober- bürgermeisters und der anderen neuen Mitglieder des Magistrats wird nicht in öffentlicher Stadtverordneten- sitzung, sondern voraussichtlich im Oberpräsidium erfolgen. In der Sihung des Stadtparlaments am Dienstag wird der Stadtverordnetenvorsteher die neue« Männer im Namen der Ttadtvertretung begrüßen. Bor- aussichtlich wird der neue Oberbürgermeister mit einer kurzen Ansprache antworten. Sofort nach der Arbeitsaufnahme durch den neuen Oberbürge?- meister wird man an die neue Dezernatsverteilung im Magistrat herangehen Rechtsstehende Berliner   Zeitungen behaupten Immer wieder, dieser neue Magistrat habe eine sozialdemokratische Mehrheit. Diese Behauptung ist ein« glatte Erfindung, denn von 18 Mitgliedern des Magistrots find 8 Sozialdemokraten. Bei den besoldeten zwölf Stellen hat die Sozialdemokratie sechs Posten besetzt, nämlich Bürgermeister Lange, Stadtkämmerer A s ch und die Stadträte Czeminski, Reuter, W u tz k i und Stadtfchulrat N y d a h l. Bon den sechs unbesoldeten Stadt- räten sind A h r e n d s und O r t m a n n Sozialdemokraten. Acht Sozialdemokraten stehen o'so zehn Anhänger anderer Parteien gegenüber. In dem Bestreben, trotz dieser Tatsache den Lesern eine sozialdemokratische Mehrheit vorzutäuschen geht ein Teil der Rechtspresse so weit, parteilose, aber bürgerlichen Parteien nahe- stehende Mitglieder der Sozialdemokratie zuzuschanzen. DerLokal- cinzeiger* hatte Stadtbaurat Hahn zum Sozialisten gestempelt. Weder Herrn Hahn noch den Sozialdemokraten im Rathaus dürft« davon etwas bekannt geworden sein. Für die Rechtspresse aber gilt e» Vorarbeit zu leisten, um später eventuell notwendig werdend« unpopuläre Mahnahmen des Magistrats als Taten de»roten Magistrats" hinstellen zu können.
Oer teure Llmsteiger. Endlich Berbltttaung des Umsteigers zur 8'Bahn7 Als ein besondere» Uebel des zur Zeit bei den städtischen Ver» kehrsmltteln geltenden Verkehrstarifss erscheint dem Publikum der hohe Preis des Umsteigers zur Stadt- und Ringbahn, der augenblicklich 40 Pf. beträgt. In den letzten Tagen haben zwischen der Reichsbahndirektion Berlin und der BVG. wieder Ver- Handlungen stattgefunden, die sich mit einer Herabsetzung de» Umsteigerpreises beschäftigen. Die Berliner   Reichsbahndirektion scheint bereit, eine Herabsetzung des Preiset um S Pf. vorzunehmen. Die DBG. aber hat noch nicht gesprochen. Wie derVorwärts" erfährt, hat sich auch Stadtrat Reuter bereits vor längerer Zeit für eine Verbilligung diese» Um- steigere eingesetzt. Der verantwortlich« Leiter der Berliner   Ver» kehrspolitil strebt bekanntlich seit langem eine engere Tarif« g e m« t n s ch a f t mit der S-Bahn an. um die Borteile der Ver» etnheitlichung des Berliner   Verkehrs voll zur Auswirkung kommen zu lasten. Wir haben diesen Gedanken stets unterstützt und wir haben auch den Dorschlag Dr. G i e s« s in seinem Gutachten über die Verkehrs- und Tarifgestaltung begrüßt, wonach der Um- steiger auch zur Stadtbahn nur 30 Pfennig kostest soll. Scheinbar
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Roman au« dem üngamdien Ton Alexander von Sacber- Maspe h.
Mister Fred empfing diese ungewohnte Ehrung anfangs mit Miztraueiu Er verneigte sich, zwang seine vom Schnaps angewiderten Lippen zu einem Lächeln und warf von den Spitzen seines Kaiscr-Wichelm-Bartes immer neue Kußhände in den Raum. Fast schien es, daß ein müdes AufleuchtSn seine Augen erhellte. War das der Widerschein einer einträg- sicheren und glänzenderen Vergangenheit? Regten sich viel- leicht die letzten Reste eines einst großen Künstlerehrgeizes in ihm? Mister Fred fühlte instinktiv die Notwendigkeit, sich ü esen wackeren Leuten gegenüber dankbar zu erweisen. Das Gehen im Handstand war in seinem Programm enthalten. Zuerst um die Estrade, dann zwischen zwei Stühlen, dann folgte das Aufheben dreier Weingläser vom Boden-- alles im Handstand. Außerdem zwei Calws nach vorn unter Zu- bilfenahme der Hände und einer nach rückwärts, frei ohne Stütze, mit dem die kommende Gefahr bezeichnenden schrillen RufHoppla!" Nun folgte das Stemmen. Schwingen und Drehen eines an einem Gurt befestigen vollen Bierfasses mit den Zähn»n. Miller Fred nahm an Stelle dreier Weingläser vier von der Tasse, die ihm der Affenmensch überreichte, der. als Clown maskiert, Mister Freds edle Bewegungen plump und lächerlich nachahmte. Mister Fred überlegte, ob er beim Calw   nach rückwärts seinen alten, erschwerenden Kunstgriff anwenden solle. Der RufHoppla!" sollte wäbrend der Drehung durch die Lust durch ein Klatschen auf die Fußsohlen erfetzt werden. Dies war zwar weniger wirkungsvoll, weil weniger lärmend. Aber zeigte der frühere Beifall nicht, daß einige kunstverständige Augen der schwierigen Vorführung folgen würden? So dachte Mister Fred. Oder sollten die vier genehmigten Schnäpse diese unüberlegt« Hartnäckigkeit her- vorgerufen haben? Als nun Mister Fred nach Aufheben der drei vorgeschriebenen Gläser auch das vierte zwischen die beiden Stühle stellte, flüsterten seine Muskeln seinem Gehirne zu. daß es diesmal erheblich schwerer sei, die Gläser zu er- haschen, und daß er die Lorführung nicht unnötig er- schweren soll«.
Aber der Beifall hat oft unberechenbare Folgen. Je weniger er begründet ist, um so anreizender wirkt er. Daher
entschloß sich Mister Fred, durch den Beifall angespornt, zum gefährlicheren Sohlenklatschen und nicht zum.�opvlai", welches ihm seine Muskeln anrieten. Er war schon über seinen
ersten Handsalto hinaus. Da öffnete sich die Tür der Wirts stube, bsieb eine Zeitlang halb offen, und der November blies seinen kalten Atem in das rauchige Zimmer. Dann sah ein gestiefeltes, in den besten Jahren siebendes Individuum in die Stube und rief nach hinten seinem Gefährten einige Worte zu. Sie bestaunten zuerst dos ungewohnte Schauspiel, aber der ältere würdigte Mister Fred kaum eines Blickes und wollte gleich in die rückwärtige Stube treten. Bleiben wir", sagte der jüngere von den beiden. Da bsieb auch der ältere einen Augenblick stehen. Mister Fred hatte inzwischen seine Saltos beendet und ging nun an das letzte. Schwerste. Er keuchte und blickte traumverloren um sich. Dieses Keuchen maskierte» Mister Fred schon lange nicht mehr mit dem gewohnten, ungereimten Lächeln, das man ihm schon im zarten Kindesalter bei seinen Vorführungen ein- geimpft hatte. Er spielte schon längst vor solchen Augen, vor denen er mit der Schwierigkeit seiner Leissiingen prahlen mußte, und so bob er die Gewichtigkeit seiner Aufgabe durch bezeichnendes Keuchen hervor. Nein, Mister Fred zwang be"te das alte liebli''e Lächeln auf sein Gesicht, sich für einige Minuten in seine gefeierte Vergangenbeit zurückversetzend. So ging er an die Ausführung seiner letzten Nummer. O weh! Armer, ausgehungerter, durch die Jahre zermürbter und abgenutzter Mister Fred! Als er nach einem Anlauf mit zurückgeworfenem Kopf in die Höhe schnellte, verließ ihn seine Spanntraft. Er stürzte seitwärts nieder und konnte nicht ein- mal mehr den in solchen Fällen üblichen Rücksprung äus- führen, der den Mißerfolg verdecken soll. Er fiel schwer auf die eine Gesichtshälsie, gerade an einer Kante des Podiums aufprallend. Sein Nacken knickte ein und er stöhnte jämmer- sich vor Schmerz. Er stützte sich einige Minuten mit schwindelndem Kopf auf das eine Knie und taumelte dann schwerfällig und elend hinter den schützenden Borhang. Das hochgeschätzte Publikum äußerte seine Anteilnahme je nach Veranlagung durch Zeichen des Mitgefühls oder durch rohes Gelächter, aber zwischen- durch börte man auch murrende Laute. Der beifallspendende Roßdieb verlangte drohend für sein Geld die Boriührung der Fasinummer. Vor dem Leinentuch erschien der Gaukler mit der Affensratze. In schauderhaftem Dialekt, ergänzt durch Mimik und weit ausholende Gesten, erklärte er, daß Mister Fred, der größte
Akrobat aller Zeiten, das wichtigste Hilfsmittel seiner Kunst vielleicht für ewige Zeiten eingebüßt habe. Mem Gott, mein Gott!" jammerte er.Mister Fred hat bei diesem Unglücksfall einen Augenzahn verloren! Ich bitte also die hochverehrten Anwesenden um Nachsicht, wenn ich mir gestdtte vorzuschlagen, daß es nur recht und billig wäre, für den verunglückten Artisten eine kleine Sammlung zu veranstalten. Es ist nicht nötig, nur Kreuzer zu geben, wir nehmen auch Gulden." So sprach Mister Tom, der Mann mit der Affenfratze. Er nahm seine spitze Mütze ab und wollte gleich seinen Rundgang antreten. Der drollige Bortrag Mister Toms zer» streute zum Teil die schon aufsteigende Unzufriedenheit. Der Roßtäuscher schrie:Hört! Hört!" bis Mister Tom auf das Geld zu sprechen kam. Damit verdarb er wieder alles. Allgemeines Murren, Zischen, Schimpfen und Fluchen entstand. Plötzlich mischte sich der ältere von den zuletzt- gekommenen in energischem und befehlendem Ton in die Sache:Aber Leute, schämt euch, was verlangt ihr von diesem Unglücklichen für die paar Kreuzer?" Und um ein gutes Beispiel zu geben, griff er in die Tasche und gab eine Kleinigkeit in die Mütze des Gauklers. Dieser schluckte die Münze, zog sie dann aus der Nase hervor mit der Begründung, daß sein Magen sie nicht oertrage, weil sie falsch sei, und warf sie dann in die Menge, um sie schließlich In der Schürzentasche eines frommen alten Weibleins wiederzufinden. Der darauf folgende Beifall stellte den Frieden bis zum Schluß der fidelen Pantomime, dem Ende der Vorstellung, wieder her. Zweites Kapitel, berichtet von einem seltsamen Wiedersehen, das jedoch vorläufig einseitig Ist. Der ältere, städtisch gekleidete Mann war der Ober- lehrer des Dorfes. Sein Begleiter war der Hilfsnotar. Die drei Gevatter debattierten schon ziemlich angeheitert- über Ursachen und Wirkungen des früh eintretenden Frostes. über die Streubringung, die Hamsterwanderungen: als sie jedoch die zwei Ankömmlinge erblickten, schoben sie ihnen am langen, eigenllich für Hochzeiten bestimmten Tisch lärmend zwei Stühle zurecht. Der Lehrer utzd sein Begleiter begrüßten die Lauern, bestellten einen Liter Wein, und nun ging das Gespräch über Frost, Streu und Hamsterwanderung weiter. Inzwischen wurde draußen die abschließende Pantomime zu Ende gespielt, und die große Stube leerte sich vom geschätzten Publikum mit Ausnahme des Roßtäuschers. (Fortsetzung folgt.)