Mr. 158.
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für 1891 unter Nr. 6469.
Vorwärts
8. Jahrg
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Redaktion: Beuth- Straße 2.
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Freitag, den 10. Juli 1891.
paffende regierungsfeindliche Preſſe einigermaßen gezügelt wird."
Expedition: Beuth- Straße 3.
in dessen Auftrage Gelder ausgezahlt hätten, wenn es sich. bestätigen sollte, daß der Polizeipräsident von Madai persönlich die frühere Maitresse Bleichröder's zu dessen Gunsten
Santini's liegt, namentlich da nach den französischen Gesezen und Regierungsgewohnheiten die Macht der Polizei buchstäblich eine unbeschränkte ist und eigentlich nur durch die scharf auf Die Polizeiwirthschaft der französischen Bourgeoisrepublik Polizeidirektoren die Kassirer des Millionärs gespielt und In der Vossischen Zeitung"( Nr. 308 vom 6. Juli 1891) standalisirt sich ihr Bariser Korrespondent, Herr Süd- ist schmählich, kein Zweifel! Aber die öffentliche Kritik in seinem Auftrag der Bleichröder 'schen Geliebten a. D. feld genannt Nordau, über die tiefgreifende Verderbniß der setzt scharf ein, die Presse erhebt warnend ihre Stimme und größere Summen übergeben hätten, so läge hier ein Fall Pariser Polizei. Eine Reihe von Schelmenstücken und die Justiz ruft die Polizei vor ihre Schranken nicht als des Boykotts unter obrigkeitlichem Schuße vor, wie er Das wäre eine Bubenstreichen höherer Polizeibeamter wird sorgsam ver- Beugen, sondern als Angeklagte, ja, sie verurtheilt diese ärger nicht gedacht werden kann. offenbare Verlegung des Rechts, eine krasse Gefährdung der zeichnet. Da giebt es Polizeikommissare, die zur Er- Angeklagten auch. Nun ist kürzlich eine Broschüre erschienen, die den be- öffentlichen Sicherheit, ein flagranter Mißbrauch der AmtsSchleichung von Unterschriften es handelt sich um die unrechtmäßige Erhebung von Depots sich schamlos her fannten Antisemiten Rektor Ahl wardt zum Verfasser gewalt und das schneidigste Eingreifen der Gerichte wäre geben und mit den liderlichen Vetteln, denen sie diesen hat:" Der Verzweiflungskampf der arischen Völker mit dem etwas Selbstverständliches. Die Berliner Polizei, sonst so argusäugig, wenn auch Freundschaftsdienst leisten, das ergaunerte Geld theilen. Judenthum . II. Theil. Der Eid eines Juden." Ahlwardt ift seiner ganzen politischen Richtung entsprechend ein streng- nur der Name des Verlegers auf irgend einer Druckschrift Hören wir Herrn Nordau selbst: Man jetzt sich immer dem Vorwurfe der Ungerechtigkeit, fonservativer, seiner Königstreue und Loyalität sich rühmender fortgeblieben ist, sonst so eifrig im Anstrengen von Be ja der Verleumdung aus, wenn man einzelne ungünstige That Mann, der sicher nicht wagen würde, gegen die mächtige leidigungsprozessen, hat bis jetzt noch keinen Schritt gefachen verallgemeinert und aus ihnen ein umfassendes Urtheil Stütze des heutigen Staats, die Polizei, fich zu wenden, than, um die schweren Vorwürfe, welche Ahlwardt gegen sie ableitet. Wir wollen also nicht verallgemeinern und etwa wenu nicht der Zug der Verhältnisse ihn gebieterisch dazu geschleudert, zu entkräften. Der Minister des Innern ist fagen : die Pariser Polizei wird von Betrügern und Schwind- gedrängt hätte. Daß er gegen die Polizei losschlagen muß, der Vorgesetzte des Berliner Polizeipräsidiums; es ist seine lern geleitet, sache bestehen, daß in einer einzigen Woche drei höhere Polizei- geschieht deshalb, weil er gegen Herrn von Bleichröder zu Sache, auf das schnellste dafür zu sorgen, daß die ihm beamte wegen ehrenwidriger Handlungen bestraft worden sind. Den Anfang machte Lalmand, Kommissar der Gerichts die Gidgeschichten. Ahlwardt sucht den Nachweis zu er heften will, sich reinige. Uns fümmern nicht die sittlichen Qualitäten der Frau polizei. Diesem Beamten lag die heifle Aufgabe ob, die bringen, daß der Leibbankier des früheren Reichskanzlers, Untersuchungen gegen betrügerische Bankiers, Börsen- und Kompagnon der Reichsregierung," ein markanter Typus Croner, die übrigens nach Ahlwardt im Jahre 1883 sogar Da die Mary Raynauds, der Bismarckei, in einer sehr unsauberen Geschichte einen vom damaligen preußischen Justizminister Friedberg in Finanzleute durchzuführen. Macé Berneaus, Jouanno's u. f. w. hier eine häufige Eid geleistet habe, der mit den Thatsachen nicht in Einklang Audienz empfangen worden ist, Alles- immer nach Ahlwardtim Interesse des Kompagnons der Firma BisGattung sind und jeden Augenblick ein Bantier" mit zu bringen sei. Doch uns fümmern hier nicht die privaten Liebeshändel marck, uns fümmert nicht der verbohrte Antisemitismus einigen Hunderttausenden oder Millionen durch die Lappen wischt, die er dem trefflichen
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es Lalmand nie an Beschäftigung. Es scheint nun, daß das des Barons von Bleichröder , dieses Häuptlings der Börse, Ahlwardt's , der im Geldjuden Bleichröder viel mehr den dieſes Bortänzers beim Reigen um während in Berührung ſtand, die guten Sitten des Polizei- Ahlwardt beschuldigt in seinem Schriftchen die Berliner allein um eine Rechtsfrage. Es giebt nur zwei Dinge: tommiffars verðarb. Er ließ sich bestechen, und wenn man Bolizei, dem Bleichröder bei seinen Versuchen, die widerlegen, bündig, schlüssig widerlegen oder eingestehen. zu unterdrücken, Aber was Noth thut, ist rascheste Aufklärung, ohne Aufschub, ihm nicht freiwillig Geld anbot, so verlangte er solches mit Skandal Affäre zu vertuschen und zu sein und ihm die rücksichtslos. Liegt eine unbegründete Anschuldigung vor, einer fühlen Offenheit, welche ihm die Bewunderung seiner an die Hand gegangen Runden aus dem Untersuchungsgefängniß erwerben mußte. mannigfachsten Dienste geleistet zu haben. Hier ist ein wohlan, den Verleumder wird die wohlverdiente Strafe Natürlich leistete er für das Geld entsprechende Dienste, ließ öffentliches Interesse in Frage. Es handelt sich darum, fob treffen. Ist hier ein böser Schaden aufgedeckt, so pade belastende Schriftstücke verschwinden, gestattete den faulen die Sicherheitsbehörde in der That einem reichen Privat- man die Schuldigen. Bankiers, die er faßte, ihren Mammon in Sicherheit zu bringen 2c. Er hatte einen Gekretär, Rouquier, der eben mann es ist für uns gleich, ob Repräsentant des befalls den Nang eines Polizeikommissars innehatte. Dieser schnittenen oder getauften Kapitals in einer solchen Annahm sich an seinem Vorgesetzten ein Beispiel und suchte gelegenheit so zu Willen gewesen ist, wie Ahlwardt auf ebenfalls im trüben Wasser strafrechtlicher Untersuchungen Grund von angeblich in seinem Besitz befindlichen amtlichen etwas Geld zu angeln, nachdem Lalmand seine größeren Fisch und sonstigen authentischen Material behauptet und zu erzüge ausgeführt hatte. Beide waren aber für Polizisten weisen versucht. merkwürdig findlich. Sie bedienten sich mit Vorliebe des Die Pflicht der Presse, wie überhaupt jedes Bürgers, gefährlichsten Werkzeuges, das es für Leute in ihrer Lage giebt, der Feder, und schrieben ihren Zuchthaus- Schützlingen jedes Steuerzahlers ist es, dringend eine rasche, bündige Erliebevolle Briefchen, wenn sie von ihnen Geld haben wollten. klärung der zuständigen Behörden, eine richterliche, unbe- tärzwecke werden dem Reichstage im nächsten Herbste zuDas wurde dann auch ihr Verderben. Unter den Papieren fangene Untersuchung zu heischen. Wenn es wahr wäre, daß gehen" eines gewissen Doucat, der fürzlich wegen Schwindels ver- laut einem kammergerichtlichen Erkenntniß vom 26. März 1881 thaten, taucht wieder und wieder in solchen Zeitungen auf, haftet wurde, aber zufällig nicht von Zalmand und Rouquier, ein höherer Polizeibeamter bei der Vornahme einer amt von denen man annimmt, daß sie zu Regierungskreisen fand man Briefe dieser beiden Beamten, in welchen sie bald lichen Handlung, der Aufnahme eines für die Klägerin Beziehungen haben", oder richtiger gesagt, daß sie Regnügte sich damit sie zit verabschieden. Eine gerichtliche Ber - wichtigen Protokolls als Bevollmächtigter des Beklagten gierungs- Einflüssen und Regierungs- Einfluſterungen(„ Inum 100 und bald um einige" 100 Franken baten. Man beines ist eine( Bleichröder's) thätig gewesen" ist, wenn wirklich preußische spirationen) zugänglich seien. Die Nachricht hat leider so etwas unheimliche Borstellung, daß die Sicherheit der Bariſer Polizeikommissäre eine Herrn von Bleichröder läftig ge- viel innere Wahrscheinlichkeit, daß wir sie für richtig Bevölkerung in den Händen solcher Lalmand's, Rouquier's und wordene Frau nach Kopenhagen transportirte und ihr dort halten müssen. Der berühmte„ Plan", welchen der vorige
folgung hielt man nicht für nothwendig.
Feuilleton.
Nachdruck verboten.]
„ Lasset uns dem lieben Gott durch ein andächtig Vater unser danken!" Er kniete zwischen seinen beiden Freunden nieder, und all' die Tausende folgten seinem Beispiele und ( 106 die Waffen im Arme sprachen sie laut das Gebet. In brünstig kam es aus den Herzen und wie ein Flammen brausen stieg es von der blutigen Wahlstatt zum Himmel empor. Auch die Sachsen fielen überwältigt auf ihre Knie
Die Falkner von St. Vigil. Roman aus der Zeit der bayerischen Herrschaft in Tyrol von Robert Sa, weichel.
Du guter Alter," murmelte er bewegt mit einem letzten Blick auf ihn. Langsam zog er seinen Säbel und darauf verschlang ihn das wüfte Ringen in Staub und
und beteten mit.
Sofer entließ sie nachher mit freundlichen Worten in die Heimath auf das Versprechen, nicht mehr gegen Tyrol die Waffen zu ergreifen.
Politische Uebersicht.
Berlin , 9. Juli. Erhebliche Mehrforderungen für Milidiese Nachricht, deren wir bereits Erwähnung
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einem französischen Obersten abgenommen worden. Die eroberten Fahnen und Adler wurden voran getragen. Dicht umdrängten die bewaffneten Schaaren das stolze Gespann, und die Straßen waren voll Menschen und aus allen Fenstern schauten sie und winkten mit den Tüchern und schrieen und jubelten, und alle Glocken läuteten und am Das war der Einzug Jun donnerten die Kanonen. eines Königs. Hofer hatte sich lange gesträubt, ehe er sich bewegen ließ, den Wagen zu besteigen, aber das litt er nicht, daß man ihn nach dem Schlosse fuhr. Zum Adler, seinem gewöhnlichen Absteigequartier, ging der Haspinger und Speckbacher brachen vom Schlachtfelde Triumphzug. Aber Ruhe fand er hier noch lange nicht. zur Verfolgung des Feindes auf, der sich an beiden Ufern die Straße vor dem Wirthshause blieb gedrängt voll des Jum zurückzog. Ambros war mit den Seinigen an der Menschen und sie fuhren fort, ihn hoch leben zu lassen und Pulverdampf. Dem Speckbacher gegenüber, bei Wiltan, standen die Spitze der Vorhut. Unablässig war er dem Feinde auf nach ihm zu rufen. Da trat er an ein Fenster und wie es Sachsen . Sie fochten als tapfere Soldaten und der Wasser- der Ferse, der die Höfe, Dörfer und Getreidefelder in still wurde, sprach er: fall der Gill war von Blut gefärbt, aber sie waren ohne Brand steckte, um die Verfolger aufzuhalten. Aber es half Freudigkeit. Die Hekatomben der Ihrigen, welche in dem Eng- nichts. passe zwischen Sack und Mittewald gefallen waren, hatten sie nicht zur Rache entflammt, sondern mit Schmerz erfüllt, mit für den Ehrgeiz des torsischen Eroberers gegen die Freiheit zurück: eines so heldenmüthigen Volkes streiten zu müssen. Als Speckbacher nun mit aller Wucht sich auf sie warf, baten sie um Pardon und streckten die Waffen. Er schützte sie, der indem er den Seinigen zuruf:" Denen thut nichts, es sind Sachsen und ganz brave Leut."
" Gelt, das ist' ne lustige Jagd?" rief Herr Planta glänzenden Augen dem Landrichter zu und dieser rief
Auf den Feind! Auf den Feind!"
Durch Feuer und Flamme zum Land hinaus!" rief tothbart, und der Speckbacher scherzte: ,, Das ist das Fegfeuer für seine Sünden. Fegt ihn!
Fegt ihn!"
Und wie der Wind die Spreu fegt von der Tenne, so fegten sie den Feind aus dem Lande.
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„ Nun, so grüß' Euch Gott , meine lieben Sprugger. Ihr habt's mich zum Oberkommondanten haben wollen; so bin ich halt da. Andere sind auch noch da, die keine thun wollen, sollen heimgehen. Meine braven WaffenSprugger find. Haben auch tapfer mitthan. Die das nicht brüder werden mich nicht verlassen, so will ich Euch auch nicht verlassen, so wahr ich Andreas Hofer heiß! So, gesagt hab' ich's Euch, gesehen habt's mich. Jetzt behüt' Euch Gott!"
Da waren die„ Sprugger" zufrieden und zerstreuten sich. Neuntes Kapitel.
Von Wiltau aus fiel er dem Feinde in die rechte In allen Kirchen Tyrols, selbst in dem kleinsten DorfFlanke und entschied dadurch vollends den Sieg seiner LandsJust am Napoleonstage den fünfzehnten August leute. Marschall Lefebvre trat den Rückzug an. Mitten im Feld trafen sich Hofer, Speckbacher und hielt Andreas Hofer seinen Einzug in Innsbruck . In firchlein ward die Befreiung des Vaterlandes durch DankHaspinger und schüttelten sich die Hände, Dann erhob der grauer Lodenjoppe und Spithut ſaß er in dem Wagen, gottesdienst gefeiert. Einhellig hatte sich das ganze Bolt ben vier prächtige Schimmel zogen. Das Fuhrwerk war erhoben, keinen Unterschied des Standes hatte es in den Sandwirth seine Stimme und rief: