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Nazi- Kuntze freigesprochen. Die Frau des Massenmörders.

Berurteilung nur wegen unbefugten Waffenbefihes.

Nach zweieinhalbstündiger Beratung verfündete gestern der Bor­sitzende des Landgerichts II , Landgerichtsdirektor Hartmann, das Urteil gegen den Pofthelfer& unge, der am 11. März d. 3. den 17jährigen Bäderlehrling Nathan durch einen Bauchschuß töd fich verletzte, folgendes Urteil: Der Angeklagte wird von der An­flage des Totschlages freigesprochen, wegen unbefugten Waffenbesitzes zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.

In der Urteilsbegründung führte der Borsitzende unter anderem aus: Der Angeklagte hat in Notwehr gehandelt. 3war hätte er sich der beiden Burschen, die ihn überfallen haben, durch einen Schuß in die Luft erwehren können; doch mußte er annehmen, daß die Genossen der beiden diesen zu Hilfe eilen würden. Er hat in Bestürzung und Furcht gehandelt. Wegen des unbefugten Baffenbefizes war dagegen im Interesse der öffentlichen Sicher heit eine hohe Strafe zu verhängen.

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Man kann das Urteil des Landgerichts II in diefer Sache nicht gutheißen. Es öffnet Tür und Tor zu ähnlichen Schieße reien. Es lag für den Angeklagten unter feinen Umständen die Notwendigkeit vor, zu schießen. Der Staatsanwalt, der megen Totschlags vier Jahre Gefängnis beantragt hatte, tam dem Algemeinempfinden näher, als er behauptete, der Angeklagte hätte als erwachsener Mensch den jungen Burschen gegenüber von seinen Körperkräften Gebrauch machen oder bestenfalls seinen Revolver den Angreifern vorhalten können. Er hat sich sagen müssen, daß ein Schuß auf anderthalb Meter Entfernung möglicherweise auch tödlich sein würde. Der Begriff der Notwehr ist vom Gesetzgeber unter ganz anderen Voraussetzungen geschaffen worden, er hatte nicht politische Bandentriege auf der Straße im Auge.

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Wie Kürten seine Mordtaten eingestand.

Düsseldorf , 18. April.

Der Staatsanwalt gab eine Erklärung ab, wonach das Geständnis des Angeklagten vom Bortage feine Be­ftätigung gefunden habe. Der Betreffende, den Kürten im Der Betreffende, den Kürten im Alter von 8 Jahren von der Kaimauer gestoßen habe, habe sich ge­meldet und erklärt, daß der Vorfall 1922 oder 1923 fich abgespielt habe.

Dann wird die kommissarische Vernehmung der Frau Scharf, der geschiedenen Frau Kürten , verlesen. Frau Scharf ist am 20. Februar 1880 geboren. Sie lernte Kürten durch Vermitt lung der Schwester Kürtens in Altenburg bei Leipzig kennen und hatte von Anfang an eine Antipathie gegen ihn. Trotzdem hat sie ihn im März 1923 geheiratet, obwohl sie einmal von ihm bedroht und geschlagen worden war. Im Mai 1925 ging Kürten nach Düsseldorf und hat bis Ostern 1930 mit furzen Unterbrechungen gearbeitet. Sie sei immer gut mit ihm ausgekommen. Er sei stets arbeitsam gemesen und habe großen Wert auf einen guten Ruf gelegt; zu sparen habe er nicht verstanden. Auch in Düsseldorf habe er eine ganze Reihe von Damenbetanntschaften, gehabt. Bon seinen Borstrafen habe sie nichts gewußt. Er habe nur Belangloses erwähnt und auch die Mißhandlungen im Gefäng­nis nur kurz gestreift. Einmal habe sie mit ihm über die Mord­berichte in den Zeitungen gesprochen. Er habe gesagt, daß die Be­fchreibungen des Täters auf ihn zuträfen, nur mit dem Unterschiede, daß von einem 30jährigen Manne die Rede sei. In ihrem

Hente, Sonntag, den 19. April 1931, 11 Uhr. Volksbühne", Theater am Bülowplatz:

Es ist der zweite Fall binnen furzer Zeit, daß ein Rational Sozialistische Arbeiter- Jugend Groß- Berlin. sozialist trotz der zweifellosen Ueberschreitung der Notwehr fo gut mie straffrei ausgeht. In dem anderen Falle war aus einem Jagd­gemehr aus einer Wohnung die Straße entlang geschoffen und ein völlig unbeteiligter Arbeiter getötet worden. Das gleiche hätte auch in diesem Falle passieren tönnen.

Wie man Löhne spart.

Das Neueste auf dem Gebiete der Studios: Das Mannequin­studio". Wer den Studiogedanken in die Welt verpflanzte, hat sich eine schwere Schuld aufs Gewissen geladen; den unbezähmbaren Drang der verschiedensten Berufsanwärter, aufs Publikum los­gelaffen zu werden, benützen findige Unternehmer nämlich dazu, fich tostenlos Personal zu schaffen. Auf dem Stabarettpodium, auf der Filmleinewand und jeßt auch bei der Modenschau. In einem Café des Berliner Westens startete solch ,, Mannequinstudio". Der Herr Conferéncier erflärte: Meine verehrten Damen und Herren! Es werden sich jetzt eine Reihe junger Damen präsentieren die zum ersten Male in der Deffentlichkeit erscheinen, um Kleider Dorzuführen. Damit sich die Damen nicht allzu unbehaglich fühlen, treten sie in ihrer eigenen Garderobe auf. Sie sollen durch Stimm­zettelwahl entscheiden, wer für den Beruf begabt ist." Borauf unter den Klängen eines fanften Blues etliche Modenovizen auf der Bildfläche erschienen, die mit schüchterner Gebärde und Nachficht heischendem Augenaufschlag in vorgeschriebener Haltung das vor­geschriebene Defilé vollführten. Den frisch dauergewellten Kopf läffig nach rückwärts gelegt, halbe Drehung rechts, halbe Drehung lints, einmal ganz um die eigene Achse, ab durch die Mitte. Die funkelnagelneuen Kleider, Mäntel, Hüte und Schuhe saben so gar nicht nach Eigenbesitz aus. Billige Arbeitskräfte, die den wirklich Berufenen das bißchen Brot wegnehmen und sich selbst Rosinen in den Kopf setzen. Der lachende Dritte ist wieder einmal der Herr

Unternehmer.

Den Vater erschossen.

Im Westendkrantenhaus ist am Sonnabend der 51jährige Maurer Kenziorra, der von seinem 28jährigen Sohn Bruno vor einigen Tagen in der Siedlung Ruhleben durch fünf Schüsse niedergestreckt wurde, seinen schweren Verlegungen erlegen. Der Täter hatte behauptet, in Notwehr gehandelt zu haben. Bei einem Lofaltermin in Ruhleben, dem auch der Schießfachverständige Professor Brüning beiwohnte, ergab sich jedoch, daß die Vorgänge

Tersanky J. Jeno

DIEFLIEGEND FAMILIE

4)

Geschütte eines

Artisten

Roman aus dem Ungarischen von Alexander von Sacher- Masoch.

Aber den veränderten Empfindungen des Lehrers ent­sprach die lärmende Stimmung nicht mehr. Sie widerstrebte ihm und beschmutzte die zarten Bilder seiner Jugend. Er überlegte ein wenig, dann flopfte er Fred auf die Schulter und sagte: ,, Na hör mal, Freddy! komm heute Abend zu mir! Wir friegen noch ein kleines Abendbrot, du kannst auch bei mir schlafen. Ich sehe, du bist schlimm dran- na, laß nur, wir werden's schon machen. Laß die andern nur hier, du findest sie ja morgen wieder!

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zu dir, zu dir? Gut, ich schön danken." Fred, der durch den vielen Hunger und die Entbehrungen mißtrauisch geworden war, tonnte sich nur mäßig über diese Auszeichnung und Liebenswürdigkeit freuen.

Nun, ich werde meiner Frau die Sache schon erklären". wandte sich der Lehrer an den Hilfsnotar, obwohl es schien, als wolle er damit nur sich selbst Mut machen. Dann ents fernte sich der Lehrer, Fred vor sich herschiebend, in Gesell­schaft des Hilfsnotars aus dem Wirtshaus.

-VO

Drittes Kapitel, enthüllt uns zum Teil die inneren Angelegenheiten einer Lehrer­famille, obwohl uns mie mir offen betennnen die Schicksale der neu aufgetauchten Berson mehr intereffieren mürben. Die Frau Oberlehrer war nod) wadh, vor ihr auf dem Lische lagen zwei Hemden ihrer beiden fleinen Jungen, und daneben ein aufgefchlagener Roman. Leider fonnte fie nicht zugleich flicken und die Fortsegung des Romans genießen, der fie schredlich intereffierte.

In dieses Sbyll fiel Mister Fred mie ein Schatten. Mit feinen lautlosen Pantoffeln, seiner Berauschtheit, herabge formen und verbraucht. Neben ihm der Lehrer und noch der Hilfsnotar, ein täglicher Gaft der Familie.

Empört musterte die Lehrerin den seltsamen Gast. Der Lehrer forderte Fred, selbst etwas verwirrt, zum Eintreten auf und bemühte sich, jeiner Frau das Erscheinen des Gaftes

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ich nicht so zugetragen haben konnten, wie sie der junge R. dar stelte. Wegen dringenden Verdachtes des vorsäglichen mordes und der Anstiftung sind Bruno K. und feine Mutter in das Moabiter Untersuchungsgefängnis eingeliefert worden. Gegen beide wurde aftbefehl erlaffen.

Ein Prenzlauer Mörder gefaßt. Bei Lychen vom Landjägermeister feffgenommen. In der Nähe der Stadt Lychen fonnte gestern nachmittag der Schlächter Pilgram, der zusammen mit feinem Zellen genoffen Patodi den Oberwachtmeister Neubauer im Gerichts­gefängnis vou Prenzlau erdroffelt hatte, von einem Candjäger­meister festgenommen werden. Die Suche nach dem flüchtigen Patodi wiro energisch weiterbetrieben und es ist anzunehmen, daß er der Polizei bald in die Hände fallen wird.

Die Spur der beiden Mörder führte zunächst nach Templin , wo sie in einem Chauffeegraben an der Eisenbahnbrücke nach Fährfrug, unweit der Ortschaft Kneden, von Landleuten gesehen wurden. Die Täter müssen bemerkt haben, daß sie beobachtet wurden, denn sie machten sich eilig aus dem Staube. Wie vermutet, trennten sich die Flüchtigen und Bilgram suchte in südwestlicher Richtung zu entfommen. Bilgram ließ sich ohne Widerstand festnehmen. Ge fesselt wurde er noch gestern abend nach Prenzlau zurückgebracht.

Genoffe Otto Rennthaler, Berlin- Neukölln, Pflügerstr. 69, begeht am 21. April das Fest der Goldenen Hochzeit. Der jetzt 76jährige ist schon unter dem Sozialistengeſeh ein tätiger Genosse gewesen. Seit dem Erscheinen des Vormärts" ist er ununter­brochen Abonnent der Zeitung. Seine Ehefrau Elisabeth gehört gleichfalls seit vielen Jahren der Partei als Mitglied an.

zu erklären und zu entschuldigen. Der Hilfsnotar freute sich königlich über die Lage.

Aber der Gast! Mister Fred war vollkommen verstört. Er hätte nicht einmal in seiner schlesischen Muttersprache, ge­schweige denn ungarisch einen vernünftigen Sah reden tönnen. Er war außerstande, auch nur eine der liebreizenden Bewe­gungen eines Afrobaten aufzubringen, und schien eher einem Tanzbären ähnlich in seiner Streifheit.

Der Lehrer drückte ihn auf einen Stuhl und dort saß er stramm wie ein Soldat in Reih und Glied. Man nahm ihm die Müze vom Kopfer ließ es geschehen. Aber nach dem ersten stechenden Blick der Frau Oberlehrer war es ihm troh aller llebung unmöglich sein gewohntes Künstlerlächeln auf die Lippen zu zwingen.

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Der Hausherr bemühte sich zur Wahrung seines An­sehens einen energischeren Ton anzuschlagen, er bat um Speise für seinen Gast, bat seine Frau außerdem für eine Schlafgelegenheit zu sorgen.

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,, Er spricht schlecht ungarisch ich werde dir schon er­flären, wer er ist ein alter Freund aus meiner Rind heit. Mach fein Gesicht!" sagte der Lehrer.

Die Hausfrau beantwortete diese Bemühungen, indem sie sich wortlos vom Tische erhob und in das andere Zimmer ent­schwebte. Der Lehrer ihr nach. Und nun begann, bei ver­schlossener Tür, folgendes Gespräch: Ich habe nichts Eßbares daheim!" sagte die Lehrerin. Das Mädchen ist schon zu Bett. Kein Feuer im Herd! Ich mache euch kein Feuer!" ,, und wo soll ich ihn hinlegen?"

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,, Bringe ihn dorthin zurück, wo du ihn hergebracht haft! Was geht es mich an, wie er zu dir steht! In meinen fauberen Betten wird er feine Tierchen züchten!"

Ich bitte dich" wollte der Lehrer in Güte cinlenten, aber die Frau ließ ihn nicht ausreden.

Mir ist's egal, padt euch fort. Ich lege mich schlafen!" ,, Na warte! Das wirst du bereuen! Es ist auch besser, wenn du schlafen gehst, denn sonst...!"

Sonst?!... Die Frau trat ihm herausfordernd ent­Es war sicher, daß die Lehrerin das Gesicht ihres Mannes gegen. Aber her Lehrer verließ mütend das Zimmer. während der ganzen Dauer ihrer sechzehnjährigen Ehe nie so zornig gefehen hatte mie heute. Dennoch war sie im Innern auf die Geschichte des Gastes neugierig, aber noch mehr zog fie die Fortsetzung des Romanes an und sie fand in der soeben gehabten Auseinandersetzung einen Grund, in das Bett zu flüchten und weiter zu lesen.

Glauben an seine Unschuld sei sie dadurch bestärkt worden, daß ihr Mann auf der Polizei bekannt war und die Polizei auch eine Schriftprobe von ihm besaß. In der Nacht, in der die Hahn ermordet wurde, sei er in guter Laune nach Hause ges tommen. Nach deren Begräbnis hätte er einen Blutspriser an der Manschette gehabt. Er behauptete, sich verletzt zu haben. Als er am Tage vor seiner Berhaftung seiner Frau die Geständ nisse bei einem Spaziergange über die Rheinwiefen abgelegt hatte, habe er gesagt: Wenn du mich verrätst, mache ich dich genau so talt."

Auch nach seinen Geständrissen, die sie in große Aufregung ver­feht hätten, habe fie noch immer nicht geglaubt, daß er der Täter sei.

Am Abend vor der Aussprache habe er gemeint und ihr das Versprechen abgenommen, fich fein Leid anzutun. Am letzten Tage sei er sehr niedergeschlagen gewesen und habe erklärt, Düssel­Am Nachmittag sei er dann verhaftet dorf verlassen zu wollen worden. Er sei ihr immer wie ein Mann vorgekommen, der sehr vernünftig geredet und gedacht habe. Er sei allerdings sehr er. regbar gewesen. Er habe viel auf sein Aussehen gehalten und sei ein großer Naturfreund gewesen. Frau Kürten hielt ihn für sehr gefühlvoll, besonders armen Leuten gegenüber. Staats­anwalt und Verteidigung geben zu der Aussage feine Erklärung ab. Darauf wird die Verhandlung auf Montag vormittag vertagt.

Schneider Krankenkaffe aufgelöst. " Unfachgemäße Geschäfts- und Kaffenführung."

Das Oberversicherungsamt hat die Krantentasse der Berliner Schneiderinnung aufgelöst. Die Auflösung der Kaffe ist bereits durchgeführt worden. Alle versicherten Schnei­der gehören nunmehr zur Allgemeinen Ortstranten­taffe Berlin .

Die Gründe für die Kassenauflösung sollen in unsach gemäßer Geschäfts- und Kassenführung" zu suchen. sein. So wird dem Geschäftsführer zu Laft gelegt, daß er die Mit­gliedslisten der Krankenkasse durch geschickte Eintragungen auf über 10000 willkürlich erhöht habe, um so ein höheres Gehalt zu er­langen. Dann sind Klagen laut geworden über die Behandlung ver­ficherter Innungsmitglieder Inmiemeit Berfehlungen vorgefommen find, wird die Untersuchung ergeben, die durch das preußische Wohlfahrtsministerium eingeleitet worden ist.

Ein Feind des Proletariats.

Der äußerst rührige Arbeiter Abstinenten- Bund übergab feine neue Ausstellung Der Alkohol, ein Feind des Proletariats, der Volkswirtschaft und der Familie", der Deffentlich­feit. In einem Raume des Stadtbabes in der Gericht straße wird neben den schon in anderen Ausstellungen gezeigten Tafeln und Modellen viel neues Material gezeigt, das zum größten Teil in gemeinsamer Arbeit der einzelnen Gruppen gewonnen wurde. Besonderes Intereffe findet dabei wohl eine ausgezeichnete Photo­ferie, die den Lebenslauf eines Menschen zeigt, der dem Alkoholismus verfallen ist. Wir sehen ihn vor und in der Gaststätte, wir sehen ihn beim Trinken, beim Spiel, mit anderen Frauen. Aufnahmen aus seinem häuslichen Leben folgen. Dann wird der Weg gezeigt, den er weiter nimmt: Durch die Fürsorgestelle für Alkoholtrante wird er einer Heilstätte zugeführt. Bilder aus dieser Heilstätte folgen, die die Arbeit veranschaulichen, die hier an den Kranken geleistet wird. Aber menschliche Gehirn erkennen lassen. Wir sehen die Schwerkranken auch Bilder, die uns die erschreckende Wirkung des Alkohols auf das in ihren Kastenbetten, wir sehen die durch den Alkoholismus des Baters oder der Mutter verblödeten Kinder. In anderen Bildern werden Wege dargestellt, die dem Alkoholismus entgegenarbeiten, die Sportbewegung, die alkoholfreie Gaststätte, das gesellige Beisammen­

Der Lehrer ging direkt in die Küche. Er weckte das Mädchen und ließ Feuer machen, Eier und Schinken herbei­schaffen, und befahl einen Eierkuchen zu baden. Dann holte er Wein aus dem Keller.

Die Sprache des Eierkuchens und Schinkens verstand Mister Fred vollkommen. Der liebliche Duft sprach zu seinem Herzen, wie eine Seele zu einer andern Seele spricht. Der Lehrer sah dem heftig Kaufenden gerührt zu. Leider entsprach Mister Fred seinen übrigen Erwartungen nicht. Bergebens versuchte der Lehrer beim ersten Glase Wein seine wenigen Kenntniffe auszugraben, und umsonst bemühte sich Mister Fred, seine ganze ungarische Wissenschaft anzuwenden, die Auffrischung alter Erinnerungen führte nur zu peinlichen und lächerlichen Mißverständnissen. Nach dieser ungewohnt reich­lichen Sättigung war Mister Fred, der noch zwei Glas Wein genehmigte, vollkommen fertig.

Der Lehrer sah schließlich das Unhaltbare der Lage ein. Er schleppte also Bettzeug herbei, richtete ihm eigenhändig auf dem Sofa ein Lager her und, zog dem Komödianten selbst eines seiner Nachthemden an. Er streichelte ihm noch die Stirn, als er seinen Kopf behutsam in die Kissen legte. Mister Fred räusperte sich einmal, seufzte dreimal und schlief ein, später begann er zu schnarchen.

Der Hilfsnotar beobachtete die ganze Sache mit einer Art ungläubiger Verwunderung. Er ging nicht heim, sondern martete, von Neugier gequält, auf nähere Mitteilungen des Lehrers über diesen herabgekommenen Gaufler.

Der Lehrer aber fühlte sich so beschwert von den Erinne­rungen, die auf ihn einstürmten, wie ein übervoller Sad. Wahrscheinlich hätte er über diese Dinge lange Selbstgespräche geführt oder sie in feine Träume hinübergenommen, wäre nicht glücklicherweise der Hilfsnotar anwesend gewesen.

Sein in den Augen der anderen sicher ungewöhnliches Benehmen im Wirtshause, Mister Fred's märchenhafte Ber geßlichkeit und die Teilnahmslosigkeit und Streitfucht seiner Frau steigerten immer mehr fein Bedürfnis sich mitzuteilen und das Ünverständliche zu erklären.

Die Hausfrau im Nebenzimmer spiste mitunter die Ohren, fonnte aber nur die leise Stimme ihres Mannes und hie und da einen furzen Einwurf des Hilfsnotars vernehmen, verstand jedoch kein Wort. Sie verstand und hörte nur das Schnarchen des Gastes, denn das waren internationale Töne, und hörte zwischendurch das leise Aneinanderklingen der Gläser. ( Fortsetzung folgt.)