Thatsache gewotdenen Verlängerung des Dreibundes zu unterrichten.— Die Mnrine-Jnteressente» aller sogenannten Kultur� länder arbeiten sich trotz nationaler Feindschaft gegenseitig in die Hände. So lesen wir jetzt in einem hiesigen Patriotenblatte: „Ungeheures Aufsehen erregt in Pari» eine Broschüre des General ? Fournier, des Kommandanten der höheren Flotten- Kriegsschule. Er weist darin nach, daß die Wehrkraft Frankreichs zur See nur»in Trug- b i l d sei; die Organisation der französischen Flotte kompromittire die Interessen des Landes, weil sie auf falschen Voraussetzungen beruhe." Natürlich zielt der brave Fournier auf eine Ver stärkung der französischen Marine hin und ebenso natürlich beuten die deutschen Marine-Jnteressenten, die über die deutsche Flotte bereits ganz ähnliche Jammerlaute von sich gegeben haben, das Geschrei der französischen Marine- Chauvinisten zu ihren eigenen Zwecken aus. Es geht damit so, wie mit den nächtlichen Hunde-Konzerten in einem Dorfe. Hat erst ein Köter angefangen den Mond anzw heulen, so blafft und joult es bald auß allen Winkeln des Dorfes heraus.— Für die„gesetzlichen" Zustände im overschlesischen 5?ohlcnrevier legt sich auch die„Post" ins Zeug. In ihrtfni Rechtfertigungsartikel heißt es: „Mau wird aus der Thatsache allein, daß der(mit der BergwerkSpolizei betraute) Beamte auch die Gerechtsame des Regal- Herrn zu vertreten hat, nicht folgern dürfen, daß er die Berg Polizei nicht streng und nach allen Seiten gerecht wahrnimmt. Insbesondere ist cS eine völlig aus der Lust gegriffene Unter stellung, wenn in der sozialdemokratischen und verwandten Preffe aus dieser Verpflichtung gegen den Regalinhaber ge> folgert wird, daß der Beamte nicht zu ausreichender Fürsorge für der, Schutz der Arberter, ihres Lebens und ihrer Gesundheit fähig(!) fei. Thatsnchlich ist denn auch in dem bisherige» Verlauf« der Untersuchung über daS Unglück in der Kl eophas» Grube dem mit der Bergpolizei betrauten v. Tiele-Winckler 'schen Beamten so wenig ein ernstliches Versehen nachgewiesen worden, daß er in seiner Stellung verblieben ist. Daß die Untersuchung noch nicht ganz abgeschlossen ist, beweist dagegen nichts; denn ein ernstliches Berfehen bei der Bergaufsicht Hütte nicht bis jetzt verborgen bleiben könnvn." Wieder am Ziel vorbeigeschossen. Daß ein vom Grafen Tielc-Winckier angestellter Beamter nicht fähig sei, auch eventuell gcZen die Interessen seines Brotgebers die Interessen der Arbeiter zu wahren, hat wohl niemand behauptet. Um seine Fähigkeit, die eine ganz individuelle von ferner Ernennung unabhängige Eigenschaft ist, handelt es sich gar nicht. Was diesen Zustand widersinnig macht, ist, daß das eigene Interesse des Beamten, das ja wesentlich von einem guten Verhältniß zu dem Grafen Tiele- Winckler , seinem Brotgeber abhängt, ihn dazu drängen kann, seine vielleicht sehr bedeutenden Fähigkeiten nicht im Interesse der Arbeiter zu gebrauchen. Das Volk, das für so etwas ein sehr scharfes Auge hat, hat seine Verurtheilung eines derartigen Zustandes von Alters her in das Sprichwort ge kleidet:„Weß Brot ich esse, deß Lied ich singe". Es muß eben dafür gesorgt werden, daß die Bergpolizei nicht mehr in Versuchung gerathen kann, das Lied der Grubenbesitzer zu fingen.— Die österreichische Wahlreformvorkage ist nun auch vom Herrenhause und zwar einstimmig angenommen worden In einigen Tagen wird das Badenische Machwerk durch die Sanktion der Krone Gesetz werden. Man erwartet, daß Badeni nach der Tagung der Delegationen, die am 30. d. M. in Budapest zusammentreten, das Abgeordnetenhaus auf- lösen und sofort Neuwahlen auf grnnd des neuen Wahl- gcsetzcs ausschreiben wird. Unsere Genossen haben, allen Parteien zuvorkommend, mit den Vorbereitungen für die Wahl schon begonnen. Eine neue Aera beginnt damit für die österreichische Sozialdemokratie. Seit dem Jahre 1869 hat sie mit geringen Unterbrechungen gekämpft, um das allgemeine Wahlrecht zu erobern. Nun tritt sie zum ersten Male ernstlich in den Kampf um parlamentarische Mandate, und bald wird sie von der Tribüne deS Parlaments für die Ziele der Sozialdemokratie kämpfen. Ausgezeichnet vorbereitet, mit tüchtigen Kräften für die parlamentarische Vertretung und für die Agitation ver- sehen, tritt unsere Partei in den Kampf, bei welchem sie die besten Wünsche aller deutschen Parteigenossen be- gleiten.— Die französische Sozialdemokratie und die Russen« tollheit des offiziellen Frankreich . Das revolutionäre Zentralkomitee, die Organisation der Blanquisten, hat folgende, mit vielen Unterschristen versehene Erklärung ver- offentlicht: Die Mitglieder des revolutionären Zentralkomitees protestiren auf die energischste Art gegen die skandalöse Theilnahme der Regierung der französischen Republik bei den KrönungSseierlich- leiten des russischen Autokraten. Sie sende» brüderliche Grüße dem russischen Proletariat?, den edlen Opfern des zarischen Despotismus, den geächtete» Nihilisten, den sibirischen Sträflingen, sie versichern all' die Tapferen, die für die Sache der Freiheit und für die soziale Ge- rechligkeit kämpfen, ihrer vollen Solidarität. Die Mitglieder der revolutionären Arbeiterpartei, die sozialistischen Studentengruppen im Vereine mit einer Reihe anderer Partei-Organisationen senden ihren revolutionären Gruß den Märtyrern der ganzen Welt, welche für die Volksrechte gefallen sind.... Sie gedachten am Krönungs - tage der in Polen Massakrirten und der Märtyrer in Sibirien . Eine Reihe ähnlicher Erklärungen veröffentlicht die „Petite Rspublique". Die Begeisterung in Paris war lange nicht so groß, wie die französisch-offiziösen Depeschen Glauben machten. Blos in den reaktionären Bezirken der Stadt und bei den Verkäufern von Blumen, Federn, feinen Toiletten und der- gleichen waren Fahnen ausgesteckt. Die Stimmung in Paris entsprach gar nicht den Aufforderungen der russo- Ailen Presse.— Die Illumination und Beflaggung beschränkte sich auf die offiziellen Gebäude und die Bourgeoisviertel. Der Pariser Gemeinde- ralh blieb jeder Theilnahme an der Zarenfeier fern. Wenn daS Stadthaus trotzdem illuminirt war, so geschah daS auf Befehl des Polizeipräfckten. Die sozialistischen Gemeinderathsmitglieder beabsichtigen, nach Eröffnung der Session gegen diesen Willkürakt zu protestiren.— Für die Silberleute hat der Messias den Namen gewechselt. Gestern hieß der Heiland Balsour und wohnte in England; heute heißt er Meline und wohnt in Frank- reich. Gestern Nacht, ehe der Hahn dreimal gekräht hatte, war Balsour zum Petrus geworden und hatte das Silber- Evangelium schnöde verleugnet. Und heute Nacht, ehe der Hahn dreimal gekräht hat, wird Meline Petrus geworden sein, und das Evangelium ebenso schnöde verleugnet haben, wie gestern Balsour. Herr Meline ist bekanntlich das Haupt der sran- zösischen Agrarier; und durch das internationale Bündniß, welches die europäischen Agrarier mit den amerikanischen Silbermincn-Be sitzern abgeschlossen haben, ist er unter die Bimetallisten gerathen. Allein gleich seinem Kollegen Balsour hat er das glückliche Unglück, einem Staate an- zugehören, der ein sehr gutes Goldgeld hat und dessen ganzes Handels- und Jndustriesystem umfallen würde, wenn das gute Goldgeld dem Bedürfniß der Agrarier, ihre Schulden zur Hälfte in den Schornstein zu schreiben, und der Silberminenbesitzer, ihre Minen ans das Doppelte des Werths emporzuschrauben, zum Opfer fiele. Messias-Petrus-Meline hat sich die Arbeit der Vev leugnung leider sehr schwer gemacht. Während Messias- Petrus-Balfour so schlau war, daS Evangelium der Silbervertheuerung zu verleugnen, sobald er Minister g* worden, hat der arme Meline es jetzt als Minister noch einmal gepredigt. Er wird es nicht lange predigen, und jede Minute des Zögerns verkürzt die ohnehin kurze Galgen frist des Ministeriums.— Vom Internationale» Bergarbeiter- Kongreß wird uns geschrieben: Die Arbeiten deS Kongresses schreiten rüstig vor- wärt?, sodaß für Freilag Abend das Ende der Tagung bestimmt zu erwarten ist. Heute kam man bis zur Berathung deS sechsten Punktes der Tagesordnung, bis zur Frage des Kassenwesens. Die Hauptdiskusston nahm gestern und heute die Frage der Versöhnungsämter(Schiedsgerichte) und des Minimallohns in Anspruch, In der Debatte wurde gar viel des Interessanten zu tage gefördert. Besonders die Engländer und die von ihnen gehaltenen Reden verdienen eingehendes Interesse. Die Gegensätze, die sich unter den englische» Gewerkschaften herausgebildet und im Lause der letzten Jahre wesentlich verschärst haben, kamen hier wieder zu eklatanten, Ausdruck. Es zeigte sich abermals, daß eine starke Majorität sich den Anschauungen deS deutschen Proletariats in erfreulichster Weise genähert hat, es zeigte sich freilich auch deutlich, wie rückständige Ansichten selbst bei den fortgeschrittensten Arbeitern theilweise noch vorherrschen. Während die Delegirten Harwey und Cowey gut sozialistische Anschauungen entwickelten, hielten die Delegirten Stracker und Boyle mehr als manchesterliche Reden. Es sind die Northumberländrr, ins- gesammt vier an der Zahl, deren Anschauungen Stracker und Boyle vertraten und drei Delegirte aus Südwales , die auch in gleichem Fahrwasser segeln. Mehr als sieben Mann sind es nicht, die diesen konservativen Flügel bilden.— Chronik der MajestütsveleidigungS« Prozesse. Die geschiedene Frau von Senden hatte sich heute vor der ersten Strafkammer am Landgericht II wegen Beleidigung deS Kaisers und der Kaiserin zu verantworten. Die Angeklagte war mit der Familie ihres geschiedeneu Mannes in �wistigkeiten gerathen. Eine Schwägerin hat schließlich zur enntniß der Staatsanwaltschaft gebracht, die Angeklagte habe ge- legentlich erzählt, daß sie durch ihren Ehrendienst bei Hofe ganz genaue Kenntniß von alle» Jnternas des Hoflebens erhalten habe und daß sie von diesem Leben bei Hofe ganz gräuliche Räuber- geschichten aufgetischt habe, welche die kaiserlichen Majestäten auf das allerschwerste beleidigten. DieBerhandlung fand unter Allsschluß der Oeffentlichkeit statt. Aus dem öffentlich verkündeten Urtheilsspruch ging hervor, daß der Gerichtshof die Angeklagte zwar für sehr verdächtig hielt, aber da die einzige Belastungszeugin, welche die Schwägerin der Angeklagten sei, mit dieser in bitterer Feind- schaft lebe, so sei die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß die Zeugin, unbeschadet ihrer Glaubwürdigkeit, sich geirrt haben könne. Die Schuld der Angeklagten sei daher nicht voll und ganz erwiesen, weshalb auf Freisprechung habe erkannt werden müssen. Die zwei gegen die„Münchener Freie Presse" schwebenden Anklagen wegen Beleidigung des Kaisers(Be- prechung einer Ordensverleihung) und des Prinzregcnten(Feil- bietung der Uniform eines pensionirten Beamten zum Ge- bnrtstag des Prinzregente» durch Annonce) sind eingestellt worden.— »» Deutsches Reich . Der Bundesrath hat in seiner Sitzung vom 13. Mai d. I. beschlossen, daß in den Orten Tilsit , Thorn, Jnowrazlaw, Berlin , Ruhrort , Duisburg . Elbing , Rosenheim , Leipzig , Freibnrg, Elsfleth , Bremen , Vegesack und Hamburg ge- mischte Transitlager von den in Nr. 9 des Zolltarifs genannte» Wnaren nicht mehr zu gestatten und die daselbst vorhandenen derartigen Lager mit dem Ablauf des Monats September d. I. aufzuheben sind.— — Zun, Prozeß Auer und Genossen wird uns mitgetheilt, daß der Staatsanwalt Revision gegen das Urtheil nicht eingelegt hat. Damit sind die Freisprechungen rechtskräftig geworden und die vorläufige Schließung der Wahlvereine des 1. und 3. ReichstagS-WahlkreiseS, sowie der Preß- und Lokal- kommission und der Agitationskommission für die Provinz Branden- bürg aufgehoben. Die im Prozeß verurtheilten Genossen habe» Revision eingelegt, um über die Frage, ob ei» Parteivorstand ein Verein im Sinne des§ 3 des Vereinsgcsetzes ist, eine letzt- instanzliche Entscheidung herbeizuführen.— — Zur Ruppi n- Templiner Wahl wird unS aus dem Wahlkreise geschrieben: Der Erfolg, welchen unsere Partei in der Nachwahl im Ruppin- Templiner Kreise zu verzeichnen hat, gewinnt erst an Bedeutung, wenn man in belracht zieht, unter welchen erschwerenden Umständen der Wahlkampf geführt wurde. Während noch bei der letzten Wahl und bis jetzt die Partei- chattirungen scharf abgegrenzte waren— konservativ, freisinnig md sozialdemokratisch schneite ganz unverhofft die anti- emitische Partei in den Kreis herein. Das Liebäugeln mit )«n> Sozialismus, die vielen Versprechungen, welche ihr Programm aufweist, un> den Mittelstand zu heben und vieles mehr, haben ihr die 2009 Stimmen gebracht; zugleich ein Beweis, daß die Lage der wirthschaftlich Schwachen eine immer traurigere wird und das Volk zur Einsicht kommt, daß der jetzige Zustand«in unhaltbarer geworden ist. Aber überwiegend Bauernstimmen ind das nicht. Gut die Hälft« ihrer Stimmen rühren von Handelsleuten, Kleingewerbetreibenden und Handwerksmeistern jer— aus 11 größeren Orten 911 Stimmen—. WaS will daS aber sagen, in einem ländlichen KreiS von 267 Ortschaften.— DaS muß man ihnen nachsagen, sie haben nichts nnversncht gelassen, um sich hier einzunisten. Sie zogen von Dorf zu Dorf und hielten Versammlungen ab; es war ihnen ein Leichtes, Lokal« zu be- kommen und wurde ihnen gegenüber auch nicht so streng ver- 'ahren, wie daS unS gegenüber üblich ist. Was haben nun die Antisemiten erreicht? So gut wie nichts. Sie haben unS einen guten Dienst erwiesen, wie wir es nicht hätten bewerkstelligen können. Sie haben den Wählern ihre traurige Lage vorgestellt, in der sie untergehen müssen, wenn nicht zeitgemäße Reformen eintreten. Sie haben den Leuten viele Versprechungen gemacht, und wer dem Erlrinken nahe ist, klammert er sich nicht an jeden Strohhalm? UnS haben >e nicht eine Stimme genommen; wiederum ein Beweis dafür, mß die Sozialdemokratie festen Fuß gefaßt hat wie keine ander« Zartei Sie haben mit uns das Volk aufgeklärt und der Erfolg ür uns wird schon bei der nächsten Wahl stark zu tage treten. Schon jetzt ist die konservative Partei im Absterben begriffen und der Freisinn ist schon todt. Die Antisemiten sind nur lieb« Kampfgenossen, sie bezahlen die Zeche und der KreiS gehört über kurz oder lang uns. Mit dem Freisinn brauchen wir uns nicht zu beschäftigen, er ist thatsächlich todt.— Wenn die konservative Partei immer- hin noch die höchste Stimmenzahl auf sich vereinigte, so doch nur, weil diese Partei mit Hochdruck arbeitete. Nament- lich im Templiner Kreise, wo das Adelsgeschlecht der Arnim's dominirt, wurde der letzte Mann zur Urne gebracht. Die Gutsiuspektoren traten geschlossen mit ihren Arbeitern an, überreichten ihnen Stimmzettel des Herrn v. Arnim und so wurde gewählt. Das war eine geheime Wahl. Verstöße gegen das geheime und allgemeine Wahlrecht sollen an einem Orte vorgekommen sein, wo ein Mitglied unseres Wahlkomitees auS dem Wahllokal gewiesen wurde. Bei der letzten Wahl fielen in diesem Orte auf Apelt S4 Stimmen, diesmal nur 19 Stimmen. Darüber große Entrüstung unter unseren Genossen, welche be- haupten, daß mehr Stimmen für Apelt abgegeben worden seien; diese Sache wird noch eingehend untersucht und dann eventuell zur Anzeige gebracht werden. In Schönermark , Käkstedt wurden unsere Genossen au? dem Wahllokal gewiesen. In Herzberg wurden unsere Flugblattvertheiler aus dem Dorfe hinausgejagt und ihnen der Eintritt in das HanS einer Be- kannten verhindert. Eine Anzeige wegen Freiheitsberaubung an die Staatsanwaltschaft ist erfolgt. So schützt die konservative Partei das allgemeine Wahlrecht. Wenn trotzdem unsere Partei einen Fortschritte zu verzeichnen hat, so läßt sich erst der wahre Werth bemessen, wenn»och in betracht gezogen wird, daß statt der bisherigen zwei Parteien uns diesmal drei Parteien gegenüberstanden, die alle ohne Aus- nähme unS in ihren Versammlungen und Flugblättern als Vater- landsverräther und Verleumder u. a. m. bezeichneten. Auch der Wahltermin war ein ungünstiger für uns; zwei Tage vor den Feiertagen, wo ein jeder vollauf zu thun hat und nicht gern eine Einbuße am Lohn erleidet. Hunderte von Arbeitern, die in Berlin arbeiten, konnten nicht wählen gehen, ohne sich einen Schaden von ca.'3 M. zuzufügen, zumal in der Feiertagswoche ihnen abermals ein Tag verloren ging. Auch viele Schiffer bliebe» der Wahl fern, weil sie auf Reisen waren und die Wahl ihnen bedeutende Kosten auferlegt hätte. Viele Landarbeiter erklärten, lieber nicht wählen zu gehen, alS Herrn v. Arnim die Stimme zu geben. Wenn nun noch in betracht kommt, daß unsere Presse und Organisationen leider noch schwach in diesem Kreise sind— was auf die vielen Maß- regelungen zurückzuführen ist— so ist unser Erfolg geradezu ein vorzüglicher zu nennen. Er giebt zu den besten Hoffnungen Anlaß. Diese Nachwahl kann sich den biS jetzt stattgefundenen für unS günstig ausgefallenen Nachwahlen würdig zur Seit« stellen. Der Freisinnige kommt mit dem Konservative» in Stich- wähl. Ein großer Theil unserer Genossen ist nicht gewillt, aber- malS für den Freisinn die Kastanien auS dem Feuer zu holen. wenn trotzdem ein Theil für den Freisinn stimmen wird, so wird die? nur unter den bekannten Bedingungen geschehen.— — Zu dem Preßprozeß wider die Genossen Vahle, KokoSky und Kasch ist nachzutragen, daß außer dem Rechts- anwalt Freudenthal sich der Vertreter des Genossen Vahle, Rechtsanwalt Landsberg , um den Ausgang deS Prozesses sehr verdient gemacht hat. — Die Untersuchung gegen den Pastor Rauh zu Kladow bei Stettin , der unter dem Verdachte deS schweren Diebstahls, der Unterschlagung amtlicher Gelder und Urkunden- fälschung verhaftet wurde, hat noch ei» weiteres überraschendes Resultat zu tage gefördert. Rauh soll sich nämlich auch eine Benachtheiligung zahlreicherKausleut«, Hand» werk er k. haben zu schulden kommen lassen, so daß die gesammte Fehlsumme statt der bisher genannten öS 000 M. jetzt aus 4S— dOvoo M. geschätzt wird.-- Gotha , 28. Mai. Gegen die Wahl deS sozialdemokratischen Abgeordneten Wolff hat die Regierung Bedenken erhoben, welche die Kammer morgen prüfen wird. Nachdem die Regierung des Herrn Strenge schon in gesetz- lich nicht begründbarer Weise den Abg. Wolff an der Ausübung des Mandates gehindert hat, wagt sie jetzt einen Eingriff in daS Vorrecht aller parlamentarischen Körperschaften, die Berechtigung der Mandatsansübung ihrer Mitglieder selbst zu prüfen. Der Eifer des Herrn v. Strenge ist ein Beweis seiner Furcht vor der Sozialdemokratie. — — Die Amnestie in Anhalt ist bedeutend weiter- gehender als die vom 13. Januar. Begnadigt wurden alle wegen Beleidigung de? Herzogs und seiner Angehörigen, wegen fast aller Uebertretungen. wegen Steuerkontravention, wegen Forst- und Felddiebstahls, wegen Hausfriedensbruchs, Widerstands gegen die Staatsgewalt, Beamtenbeleidigung. Körperverletzung und trasbaren Eigennütze? Verurtheilten und Angeklagten. Auch sind die Kosten des Verfahrens in den»»eisten Fällen erlassen worden. — Militärinvaliden-Pensionen in Bayern . Die Ueberschreitung der einschlägigen Reichsquote, welche im Etat 1895/96 auf S80 680 M. herabgegangen ivar, ist auf 705 463 M., also um 424 783 M. gestiegen. Der Stand der Kommandirende General» Divistonskommandeure Brigadekommandeure Regimentskommandeure Bataillonslommandeure Hauptleute zc. 1. Klasse Hauptlente 2. Klasse Premierlieutenanls Sekondelieutenants Sanitätsosfiziere mit einem PensionSbetrag von 3 S71 681 M. respektive 3 664 584 M. Gegenüber diesen bedenklichen Erscheinungen weiß der bayerische Landtag nichts anderes zu thun alS schwächliche Resolutionen zu fassen.- — Sonntagsruhe in Bayern . Durch Verordnung der Regierung von Oberfranken vom 6. Mai d. I. ist die Beschäftigungs- und bezw. Verkaufszeit an den gewöhnlichen Sonn- und Festtagen für Gemüsehandlungen bis inorgenS 8 Uhr und vom Schlüsse des vormittägigen Gottesdienstes au während des ganzen TageS festgesetzt worden. Wahrlich da haben die Stumm und Konsorten keine Veranlassung sich über zu weit gehende Sozialresorm zu beklagen.— Stuttgart , 28. Mai. Bei der heutigen Eröffnung deS VII. evangelisch-sozialen Kongresses wurde der. selbe im Auftrage der Württembergischen Staatsregierung durch den Oberregierungsrath Holland begrüßt. Sodann beantragte der geschästssührende Ausschuß eine von Professor Adolf Wagner - Berlin näher begründete Resolution:„Der evangelisch- soziale Kongreß erkennt die großen und bleibenden Verdienste deS Hern, Hofpretngers Stöcker um die Begründung und Förderung der evangelisch- sozialen Bewegung in Deutschland dankbar an, bedauert in hohem Maße seinen Austritt aus dem Kongresse und hofft trotzdem auf eine weitere Gemeinschaft mit ihm in evangelisch, sozialem Wirken." Die Resolution wurde a n g e n o ni m e n.— Der Kongreß nahm hieraus einstimmig einen Beschluß- antrag an, in dem ausgesprochen wird, daß die Diener und Zu- gehörigen der evangelische» Kirche an der Abstellung der gesell- schaftlichen und sittlichen Schäden mitwirken müssen und daß der Kongreß an die evangelische Kirchenbehörde die Bitte richte, den evangelischen Geistlichen die hieraus sich ergebenden Frei- heiten zu gewähren.
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