Beilage zum„Vorwärts" Berliner VoMIatt.Ur. 123.Freitag, den 29 Mai 1896.13. Jaljvg.VN. InkernslkionakevVeegArbeikev � Vongretz.Aachen, 27. Mai 1SS6.Zum Tagespräfidenten wurde heute der Franzose Calvignacgewählt.Die Diskussion über die Schiedsgerichte und den Minimal-lohn wird fortgesetzt.S a ch ß e- Zwickau: Wenn wir gegen die Schiedsgerichtesind, fo sind wir das nicht aus prinzipiellen Gründen, sondern weilwir es in Deulschland mit einem zu brutalen Unternehmer-thum zu thun haben und unsere Organisation zu schwach ist.S t a r ck- Oesterreich: Wir haben gar keine Ursache, überVersöhnungskonimissionen nachzudenken, wir halten sie für einereaktionäre Einrichtung. Unsere österreichischen Arbeitgeber wollennichts von Versöhnung wissen, ich erinnere an Mährisch-Ostrau, wodas Blut von Bergarbeitern geflossen ist. Wir wollen auch keine Ver-söhiiung, sondern Kampf, nicht gegen einzelne Personen, aberden Klassenkampf. Wir sind gegen die Versöhnungsämter, auchwenn sie«inen Minimallohn festsetzen sollten und ich beantragediesen ganzen reaktionären Punkt von der Tagesordnung abzu-setzen.L a n> e n d i n- Frankreich: In England scheint man mitde» Schiedsgerichten gute Erfahrungen gemacht zu haben, erivolle auch deswegen prinzipielle Einwendungen nicht erheben.I» Frankreich habe man allerdings weniger gute Erfahrungengemacht. Das Streikrecht dürfe nicht beschränkt werden.C a v r o t° Belgien: In Belgien habe man mit den Einignngs-ämtern sehr trübe Erfahrungen gemacht, daß belgische Unter-nehmerthum sei bester organisirt, als die belgischen Arbeiter.Abraham- England, M. P.: Die bisherige Diskussionhat ergeben, daß die Frage noch nicht für internationale Kon-greste spruchreif sei, denn die einzelnen Nationen seien untersich nicht einmal einig.Die Deutschen erklären sich bereit, die ganze Frage von derTagesordnung abzusetzen. Die Mehrheit des Kongresses beschließtaber eine Fortsetzung der Diskussion.Die Deutschen haben ihren Antrag wie folgt begründet:.Die Vertretungen oder Organisationen der Bergarbeiter dereinzelnen Länder mögen jeweilig einen bestimmten, ihre» be-sonderen Verhältnissen und der Konjunktur entsprechendenMinimal-Durchschnittslohn festsetzen, an welchem bei den Lohn-bestrebungen festzuhalten ist, damit die Agitation für die Lohn-erhöhung eine feste Grundlage erhält."Möller- Wattenscheid begründet die neue Fastung, diealle Mißverständnisse ausschließe.Calvignac- Frankreich macht einige Mittheilungen überdie in Frankreich bestehende Einrichtung der fakultativen SchiedS-gerichte, die wegen des Widerstandes der Unternehmer nur seltenin Wirksamkeit treten. Er schließt sich dem deutschen Antrag« infeiner neuen Fassung an und bekämpft die Anschauungen vonStracker und Boyle, den.beiden konservativen Trabes Unionisten".W h i t f i e l d- England(unabhängige Arbeiterpartei) po-lemifirt gegen seine englischen Kollegen Stracker und Boyle.Die Diskussion ist damit erschöpft.Die Engländer erklären ihren Antrag zu gunsten de? deutschenAntrages zurückziehen zu wollen.Bei der Abstimmung kommt zunächst daS Amendement Etracker-Boyle, daS sich gegen den Minimalloh»erklärt, an die Reihe, Es wird gegen die Stimmen von vierDelegirten auS Northumberland abgelehnt. Die DelegirtenauS Südwales und Durham enthielten sich der Abstimmung.Die MinerS Föderation wie die Delegirten der anderen Länderstimmten einstimmig dagegen.Mit fast dem gleichen Stimmenverhältnisse wird daraufdie Resolution der Deutschen angenommen.Hierauf tritt die Mittagspause ein.Nachmittags tritt der Kongreß in die Berathung des«. Punktes der Tagesordnung,„Ueberproduktion", ein.Deutschland beantragt:.Verbot aller Ueberstunden, diedirekt oder indirekt die Produktion vermehren."Frankreich und Belgien beantragen, die Produktionder Kohlen zu beschränken und mit dem Bedarf in Verhältnißzu bringen.Mühle nbeck- Essen begründet den deutschen Antrag imInteresse der Verminderung der übergroßen Reserve-Armee.Möller- Weitmar unterst ü tz t den Antrag.C a l v ae r t- Belgien tritt für Regelung der Produktion imInteresse der vielen Arbeitslosen ein.Eine Diskussion wird nicht beliebt, wenigsten? ist die Mehr-heit deS Bnreaus der Ansicht. Calvignac- Frankreich istaber anderer Ansicht, er will selbst noch reden und meint, dieDiskufsion sei noch nicht geschlossen worden. Pickard macht ihndarauf aufmerksam, daß er als Tagespräsideut heute nicht inder Diskussion reden dürfe. Calvignac wird darob sehr erregtund legt nach einigen heftige» Worten da? Präsidium nieder.L a m e n d i n- Frankreich erklärt nun, Calvignac habe garkeine lange Rede halten, sondern nur die Frage stellen wollen,ob nach dem in Berlin gefaßten Beschlüsse das Material überdie Ueberproduktion gesammelt worden sei, auch bezüglich de?Systems Lewy.P i ck a r d erklärt sich zur Beantwortung dieser Frage bereitund bittet Calvignac, daS Präsidium wieder zu übernehmen.Calvignac übernimmt unter allseitigem, lebhaftem Beifallwieder den Vorsitz. Er sei der Meinung gewesen, daß inBerlin daS Geschäftskomitee den Austrag erhallen habe, dieFrage der Ueberproduktion zu studiren mit � allem,was mit ihr zusammenhängt. Um alle Mißverständnissezu beseitigen, beantrage er, dem Geschästskomitee von neuemdiesen Auftrag zu ertheileu.Die Abstimmung ergiebt die Annahme beider Resolutionen.Mit Ausnahme der' Northumberländer Delegirten, die sich derAbstimmung enthalten, stimmen sämmtliche Delegirte für beideAnträge. Die Delegirten motiviren ihre Stimmenthaltungdamit, daß in ihren Bezirken die Ueberarbeit schon ab-geschafft sei.Es folgt der nächste Punkt der Tagesordnung, die„In-validen-, Pensions- und Krankenkasse n".Deutschland beantragt, die Invaliden-, Pensions- undKranlenkassen sollen von den Bergarbeitern selbst verwaltetwerden, der Staat soll jedoch die Oberaufsicht führe» und dieGarantie der Gelder übernehmen.Frankreich und Belgien beantragen Invaliden- undKrankenkassen zu gründen, welche vom Staat garantirt werden.H ü n n i n g h a u s- Bochum begründet den Antrag. DieBergarbeiter wollten die Verwaltung der Kassen selbst in derHand haben und für dieses Recht lieber ans die Beiträge derUnternehmer verzichten. Die jetzigen Knappschaflskassen seiennicht geeignet, die Arbeiterinteressen zu fördern. Die Oberaufsichtdes Staates sei nöthig wegen der Veruntreuungen, die jetzt beiden Knappschaftskassen vorgekommen seien.Möller- Weitmar unterstützt den Vorredner.L a in e n d i n- Frankreich berichtet über die stattlichen Ver-sicherungskassen, die seit IS94 gesetzlich in Frankreich bestehen.Das Gesetz sei nicht das Ideal der französischen Bergleute,immerhin bedeute es«inen großen Fortschritt und er wünschejedem Lande ein solches Gesetz. Zu wünschen sei in Frankreichnoch bessere Versorgung der Invaliden.C a v r o t berichtet über die Lage des Kastenwesens inBelgien. Eine obligatorische Arbeiterversicherung existirtdort nicht und in jedem Revier seien die Verhältnisse ver-schieden. Aber die Arbeitgeber hätten die Verwaltungder bestehenden Kassen in Händen und die organisirten Arbeiterwürden bei den Kassenbezügen benachtheiligt. Nur in dem Berg-werk, wo Cavrot selbst arbeitet, hätten die Arbeiter dieMajorität in der Knappschaftskasse. Die Karenzzeit sei in denmeisten Kassen sehr groß, die Unterstützung sehr klein. DieUnfall- und Jnvaliditätsversicherung werde hoffentlich jetzt imParlament in Angriff genommen werden. Ein dementsprechenderEntwurf sei im Herbst zu erwarten.Die weitere Diskussion wird hieraus auf Donnerstag frühvertagt.»••Aachen, 28. Mai.(W. T. B.) InternationalerBergarbeiterkongreß. In der heutigen Sitzung wurdedie von den deutschen Vertretern beantragte Resolution be-treffend die Jnvalidenkaffen, Pensionskassen und Krankenkassen,wonach diese Kasten von den Bergarbeitern selbst verwaltetwerden, der Staat jedoch die Oberaufsicht über dieselbenführen und die Garantie übernehmen soll, mit Sil 000 gegen26 000 Stinimen angenommen. Ebenso wurde die von den Frau-zosen und Belgiern beantragte Resolution angenommen, wonachvom Staate garantirte Jnvalidenkaffen und Krankenkassen ge-gründet werden sollen. Die Oesterreicher und Südwalcser ent-hielten sich der Abstimmung über die letztere Resolution.Der deutsche Antrag bezüglich der Grubenaufsicht wurdezu gunsten des weitergehenden französischen und belgischenzurückgezogen; der letztere, welcher verlangt, daß für dieständige Beaufsichtigung der Gruben Inspektoren aus dem Ar-beiterstande zu wählen und denselben eine unabhängige Stellungzu sichern sei, wurde angenommen. Mit 737 000 gegen 126 000Stimmen gelangte der von den französischen und belgischen Ver-tretern eingebrachte Beschlußantrag zur Annahme, der die Ueber-nähme aller Bergwerke durch den Staat sordert. Für den Antragstimmten die Franzosen, die Belgier und die Miner's Federation;die Vertreter von Northumberland und der National Federationstimmten dagegen, während die deutschen Vertreter sich der Stimm-abgäbe euthielten._Uokttles.Arbeiter BildnngSschule. Heute, Freitag Abend, beginntin beiden Schulen der Unterricht. Da das neue Semester erstvor kurzem begonnen, werden in allen Fächern noch Schüleraufgenommen.(Siehe Lehrplan im Jnseratentheil.)Der Vorstand.Auf daS Inserat, betreffend dieBuchdruckerei-HilfS-arbeiter und-Arbeiterinnen verweisen wir an dieser Stelleganz besonders.Bou Frau Gerndt, Blumenstr. 26, und von Frau Meschhat der Herr Polizeikoinmissar Schöne im Auer-Prozeß u. a. dieBehauptung wiedergegeben, daß diese unsere Parteigenossinnensich wegen eines angeblich vom Reichstags-Abgeordneten Stadt-Hägen begangenen Verstoßes gegen die gute Sitte an die Partei-genossen gewandt hätten. In dieser Angelegenheit hat unser GenosseStadthagen sich bekanntlich bereits in Nr. 116 des„Vorwärts"gebührend ausgelassen. Jetzt geht uns von Frau Gerndt die aus-drückliche Erklärung zu, daß sie sich niemals in irgend einemZusammenhange mit dem Privatleben unseres Genossen Stadt-Hagen befaßt und am allerwenigsten an irgend einer Stelle einmalBeschwerde über sein sittliches Verhalten geführt habe. Der Zu-träger des Herrn Schöne hat also auch in diesem Punkte infamgeschwindelt.Für alle weniger bemittelten Bürger, denen an ihremKommunal-Wahlrecht gelegen ist, hat ein Konflikt zwischen demBerliner Magistrat und der Stadtverordneten-Versammlung großeBedeutung, die gestern den 2. Senat des Ober-Verwaltungsgerichtsbeschäftigte. Es handelt sich um die Entscheidung zweier Fragen.Erstlich um die, ob§ 77 des neuen Einkommensteuer-Gesotzes dasKommunal-Wahlrecht abhängig gemacht wissen wolle von derLeistung eines Jahressteuersatzes von 4 Mark, der einemEinkommen von 660—900 Mark entspräche, oder von demthatsächlichen. beziehungsweise als wirklich an-g e n o m m e n e n Jahreseinkommen. Im ersten Falle würden allediejenigen, die sich nicht an der Kommuualwahl betheiligeu dürfen,deren E i n k o in ni e n wohl 660 M. übersteigt, denen aber beider Einschätzung nach H 18 des genannten Steuergesetzes für jedesKind unter 14 Jahren SO M. in Anrechnung gebracht werden,so daß als Maßstab für ihre Besteuerung eine geringere Eunimeals 660 M. übrig bleibt. Die zweite zur Entscheidung gestellteFrage war, ob es als„Armenunterstützung aus öffentlichen Milreln"anzusehen sei, wenn die Armendireltion in Krankheitsfällen für dieKosten der Krankenhaus- Verpflegung des an und für sichWahlberechtigten oder seiner wirthschaftlich unselbständigenFaniilienmiiglieder vorläufig eintrete, der so Unterstützte sich aberder Direktion gegenüber zur ratenweisen Erstattung der Auslageverpflichte, und diese Verpflichtung auch erfülle. Wichtig ist dieErledigung der Frage, weil u. a. nicht wahlberechtigt ist, werinnerhatb des letzten Jahres vor der fraglichen Wayl Armen-Unterstützung aus öffentlichen Mitteln genossen hat.(Städte-Ordnung,§ 6.) Nach beinahe vierstündiger Berathung beschloßder Senat, noch Erhebungen thatfächlicher Natur zu machen unddemnächst in der Sache weiter zu verhandeln.— Wir werdenseinerzeit über den Fall weiter berichten.Mit der Bearbeitung der Angelegenheiten, betreffendden Betrieb:c. des Hafens am Urban und daS gesammteLade- und Löschwesen ist ein besonderes Kuratorium beauftragtunter der Firnia:„Kuratorillm für das städtischeLösch- und Lade wesen". Die Geschästsstell- befindet sichim Bureau der Tiesbau-Verwaltung, im Berlinischen Rathhause,Zimmer 100.„Wegen seine» Militärdienst entlassen". Im kapita-listischen Militärstaat wird dem widerwilligen Proletarier-söhn zwar oft genug in die Ohren geschrien, daß er freudigden Kommißrock anziehen und sein Blut für dasVaterland der Reichen opfern müsse, aber gleicherzeit übtmancher Unternehmer nicht die niindeste Rücksicht mitdem Arbeiter, wenn der Militarismus ihn aus seinerbürgerlichen Beschäftigung herausreißt. So unverhülltaber, wie der Knopffabrikant Emil Marold bekundet,daß er seinen Zlrbeiter auS keinem anderen Grunde ent-lassen habe, als weil dieser zu einer 14lSgigen Hebung eingezogenwar, giebt doch selten ein Unternehmer zu erkennen, daßihm das Wohl und Wehe seiner Ausgedeuteten völlig„Wurst" ist.Ein am 21. d. M. von der Firma ausgestelltes Arbeitszeugnißlautet wörtlich:Bescheinige hiermit daß der Schleifer Herr X. X. in derZeit vom 2ö. 9. 95 bis zum 3. 5. 96 als Schleifer beschäftigwar, und w e g e n s e i n e n M i l i t ä r d i e n st entlassenwurde.pxa. Emil MaroldG. Meinicke.Bemerkt sei, daß der Knopffabrikant Emil Marold. Melchior-straße 6. derselbe Herr ist. der sich kürzlich gelegentlich einerGewerbegerichts- Verhandlung dahin äußerte, daß er lieber 1000Thaler verlieren ivolle. als einen„Agitator" wieder einstellen,den er in gesetzwidriger Weise entlassen hatte.In der Milchkuranstalt Viktoriapark läßt der BesitzerGrube die Forderungen der Kutscher rundweg ablehnen. Erselber läßt sich zu keiner Verhandlung herbei; er begnügt sich.durch seinen Geschäftsführer„seinen" Leuten mitzutheilen, daßvon Lohnerhöhung keine Rede fein könne; wenn die Kutscher aufihre Forderungen jetzt Verzicht leisteten, so würde er spätervielleicht die Stallwache abschaffen. Aber 17—13 StundenArbeitszeit täglich(für einen Bettellohn). d a Ssei nicht zu viel! Für ihn, der jährlich Tausende undAbertausende an? dem sehr gewinnreichen Geschäftmühelos in die Tasche steckt, gewiß nicht, für die Leute aber, die seitJahren für ihn thätig sind und jahraus jahrein ihre Familie,ihre Kinder nur SonntagS zu Gesicht bekommen, sind 17bis 18 Stunden Arbeit viel zu viel. Und ein so stommer,so patriotischer, so ordnungsliebender Mann, wie Herr Grube,müßte das doch auch einsehen! Er weiß doch sonst so schönvon der Heiligkeit der Familie, vom häuslichen Glück, von derLiebe zu den Kindern u. s. w. zu reden! Warum zwingt ernun seine Arbeiter zu so langer Arbeitszeit, daß ihnen zu solchemGlücke keine Minute des Tage? übrig bleibt? UebrigenS wissendie Kutscher sich der S y m p a t h i e der Kundschaft desHerrn Grube sicher. Zahlreich sind ihnen auS Lehrer» u n dB e a m t e n k r e i s e n bei ihren Rundfahrten Zusprachen ge»worden, nach denen diese Kreise eine solche Ausbeutung undsolch' niedrige Löhne gegenüber fo theuren Preisen für unmöglichgehalten hätten und ihrem Mißfallen darüber lebhasten, für daSUnternehme» nicht schmeichelhaften Ausdruck gaben. Selbst derGeschäftsführer v. Lettow mußte gestern den Kutschern gegenübererklären: Er könne ihnen die Berechtigung ihreS Vor-gehens nicht absprechen; wenn er mehr Lohn erhalten undseine Stellung verbessern könne, würde er es auchthun— aber der„Herr Rath" lehne die Bewilligungder Forderungen der Arbeiter nach jeder Richtung ab;es hätten sich schon Leute genug gemeldet. Der Herr-Grude spekulire auf die Uneinigkeit der Kutscher. Dabei wird ersich freilich verspekuliren. Die dort beschäftigten Leute sindübrigens entschlossen, auch betreffs einer Reihe weiterer Miß»stände, unter denen beispielsweise auch die Arbeiterinnen zuleide»haben, eine Besserung herbeiznführen. Denn die elenden Löhnewerden noch wesentlich dadurch gekürzt, daß wie die Frauen beimFüllen, so auch die Kutscher z. B. für jede Flasche verantwortlichsind, die beim Spülen oder beim Transport zu gründe geht oderRisse bekommt; am Ende des Monats werden pro Flasche 20 Pf.abegezogen, gleichviel ob der Kunde sie dem Kutscher bezahlt hatoder nicht und ganz abgesehen davon, daß die Selbstkosten viel-leicht weniger betragen. Herr Grube macht also um so bessereGeschäfte an den armen Frauen und Kutschern, je mehr diesenbeim Füllen und Spülen Flaschen kaput gehen. Ein Theil derGeschäftsunkosten ist somit auf diese ärmsten der LohnsklavtN ab-gewälzt— zum Vortheil des reichen Unternehmers!Wie die Direktion der Packetfahrt-Aktiengesevschastihr Ehrenwort hält. UnS wird von feiten der organisirten An»gestellten der Gesellschaft geschrieben: Die Packetfahrt-An-gestellten hatten in der Lohnbewegung die selbstverständlicheForderung aufgestellt, daß keiner der Betheiligten gemaßregeltwerden dürfe. Sowohl gegenüber der Lohnkommissivn als auchvor dem Gewerbegericht gab die Direktion daraufhin«indieser Forderung entsprechendes Ehrenwort ab. AlSkaum acht Tage nach der erfolgten Einigung vergangenwaren, wurde das Verbandsmitglied V. entlassen;wiederum acht Tage später die Verbandsmitglieder Sch. K. R.und St. An die Stelle derselben wurden acht Leute vom frommenVerein der Berliner Hausdiener eingestellt. ES kommt hinzu.daß am Freitag der Vertrauensmann F. gekündigt wurde.Auch der Umgangston der Direktion hat sich sehr bezeichnendverschärft. Als Ende voriger Woche einer der Angestelltender Direktion eine gemeinsame Beschwerde der Vertrauensleuteüberreichte, sagte Herr von Lindheim, daß die Betreffendenvor die Thür gesetzt würden, wenn solche? noch einmalgeschehe. Die Angestellten dürften fortan nur einzeln ihre Be-schwerden vorbringen.Die Direktion der Packetfahrt-Aktiengesellschaft ist im Irr-thum, wenn sie glaubt, mit derartigen Maßnahmen etwa? erreichenzu können; es kann ihr verrathen werden, daß von den rund800 Angestellten bereits über 650 organisirt sind und daß dieOrganisation vollauf ihrer Pflichten eingedenk ist.Die Berliner Gemeindeschule» i» Treptow. In demBericht über das Gebäude für Echuleinrichtungen auf derGewerbe-Ausstellung, welchen wir in Nummer 120 brachten,findet sich die Bemerkung, daß die Berliner öffentlichen Schulenin ihren Leistungen und Einrichtungen nicht vertreten seien. ESist das zwar richtig, soweit es sich auf das erwähnte Gebäudebezieht, aber in der Gewerbe-Ausstellung überhaupt sind sievertreten. Die Stadt Berlin hat bekanntlich einen eigenenPavillon in Treptow errichtet, in welchem die ver-schiedensten Gemeinde-Einrichtungen in Modellen und Zeichnungendargestellt sind, und in welchem auch das öffentliche SchulwesenBerlins eine Stelle gefunden hat.Die Ausstellung der Stadt Berlin gehört zu dem schönstenund besten, was man in Treptow sehen kann. Der Theil, welcherdem öffentlichen Schulwesen gewidmet ist, ist aber verhältnißmäßiggering. Es befinden sich dort eine Anzahl von Zeich-nungen, welche die Anlage von höheren und von Ge-meindeschulen, besonders auch ihre Einrichtungen in gesund-heitlicher Beziehung, also ihre HeizungS- und Lüftungsanlagenveranschaulichen sollen. Die Vertheilung der Gemeindeschulenüber die Stadt zeigt ein horizontal liegender Plan von Berlin.auf welchem die einzelnen Schulen durch kleine Hölzchen hervor-treten; durch Drähte sollen dabei die Wege, welche die Kinderin den einzelnen Stadtbezirken bis zur Schule zurückzulegenhaben, angedeutet werden.Uebersichtlicher als diese Darstellung ist«ine Zeichnung, inwelcher das Anwachsen der Scbulklassen vom Jahre 1869 bis1895 dargestellt ist. Im Herbst 1869 waren von 557 im ganzenvorhandenen Klassen 131, also 23,5 pCt., in Miethsräumen unter-gebracht; die Zahl der Klassen ist auf 3540, also um mehr al?das Sechsfache gestiegen, während die in gemietheten Räumenuntergebrachten nur auf 175 angewachsen ist. Freilich komme»dazu noch 69 sog. fliegende Klassen, welche einen großen Uebelstandfür die in solchen unterrichteten Kinder bilden. Wenn manalso bedenkt, daß die Zahl der fliegenden Klassen 1890 noch120 betrug, und die in Miethsräumen untergebrachten 1385 auf536 gestiegen war, so kann man den städtischen Behörden dieAnerkennung nicht versagen, daß sie wenigstens diese Uebelständezu beseitigen streben. Von sonstigen Mängeln, wie Uebersüllungder Klassen u. a. war in der Ausstellung nichts wahrzunehmen.Auch hat die Schulverwaltung es unterlassen, die Leistungen derGemeindsschüler vorzuführen.Dagegen haben die städtischen Fach- und Gewerbeschuleneine reiche Zahl von Arbeiten ausgestellt, welche die Leistungenihrer Schüler und damit der Schulen in einem sehr guten Lichte