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BERLIN Dienstag 21. April

1931

Der Abend

Erscheint tåglio außer Sonntags. Bugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 m. pro Monat. Redaktion und Expedition: Berlin SW68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Donhoff 292-297

Spätausgabe des Vorwärts"

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Nr. 185

B 93

48. Jahrgang

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Der Verlag behält sich das

Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

Explosion bei Reichswehrübung

Ein Mann getötet, zwei verletzt

Osterode ( Ostpreußen), 21. April. Heute vormittag, furz vor 9 Uhr, ereignete sich auf dem Exerzierplas bei Sprengübungen des hiesigen Meiterregiments, und zwar beim Anbringen einer Drudmine, eine Explosion. Soweit bisher fest: gestellt werden konnte, ist hierbei der Oberreiter Mindt von der 3. Eskadron tödlich verunglückt. Berlekt wurden der Obergefreite Ulbrich von der 2. Eskadron und der Oberreiter Zimmermann von der 3. Eskadron. Beide haben Verlegungen an Hals und Kopf erlitten. Die Untersuchung ist im Gange.

Großer Tag im Rathaus.

Der Oberbürgermeister an der Spige des Magistrats im Stadtparlament.

Zum ersten Mate nach beinahe zwei Jahren wird heute vor dem Berliner Stadiparlament der Magirat wieder unter Führung des Oberbürgermeisters erscheinen. Cange Zeit mar der erste Stuhl auf der Regierungsbant" der Stadtver ordnetenverfammlung verwaist, bis ihn später Bürgermeister Scholtz als Bertreter des Oberbürgermeisters einnahm. Nun wird der

neugewählte Oberbürgermeister Dr. Heinrich Sahm diesen Plaß einnehmen, und die Berliner Bevölkerung erhofft von einem harmonischen Zusammenarbeiten zwischen Oberbürgermeister, Magiftrat und Stadtvertretung eine neue Aufwärtsentwicklung der Reichshauptstadt. Neben dem Oberbürgermeiffer werden heute zum Bürgermeister Lange und Dr. Elsas, sowie der neue Stadttämmerer Berlins , Bruno Asch , erscheinen. Außerdem ge­hören neben den bisherigen Mitgliedern des Magistrats die neu­gewählten fünf unbejoldeten Stadträte Ahrens, Jurich, Kinscher, Lingweiler und Orimanu dem neuen Berliner Magiftrat an. Die Sigung, die um 18 Uhr beginnt, wird auch äußerlich alle Merkmale eines großen Tages zeigen. Schon am Bormittag fehle ein starker Unfturm der Pressephotographen im Rathaus ein. Der neue Oberbürgermeister wird, wie wir bereits mitteilten, nach einer Begrüßungsanfprache des Stadtverordneten­vorstehers in einer furzen Rede die Hauptpunkte seines Programms umreißen..

ersten Male vor den Stadtverordneten die neugewählten beiden

Gegen die Arbeitslosigkeit.

Borschläge des 3nternationalen Arbeitsamts.

Der Direttor des Internationalen Arbeitsamtes hat der Stu dienkommission für die europäische Einigung Vorschläge zur Be­kämpfung der Arbeitslosigkeit in Europa unterbreitet. Bemerkens wert sind vor allem zwei Borschläge für die Errichtung eines euro­ päischen Arbeitsbüros und über die gemeinsame Ausführung größerer öffentlicher Arbeiten in Europa . Albert Thomas glaubt, daß die Schaffung eines europäischen Wegenezes, das insbeson dere den Bedürfnissen des internationalen Automobil­verkehrs entspricht, heute notwendig und möglich sei. Er weist auf folgende zu schaffende Straßenverbindungen hin: Paris - Wien -Athen ; Paris - Berlin - Warschau - Mostau. Ferner sei die Her= stellung eines größeren Wasserstraßenneges er­wägenswert, zum Beispiel die Verbindung des Rheins mit der Donau , eine Verbindung zwischen den norddeutschen Wasserwegen und dem Wasserstraßensystem der Donau . Schließlich beschäftigen sich die Vorschläge Thomas' noch mit der Einführung der automatischen Ruppelung im europäischen Eisenbahn­mefen, einem Projett, das mehr als 600 000 Arbeitern für fünf Jahre Beschäftigung geben würde, und mit der Europäisierung der Elektrizitätswirtschaft, einem Blan, den bereits die belgische Regierung bei der Europa­tommiffion angeregt hat.

Thomas wird auf der Maitagung der Europatommiffion den Antrag stellen, die von ihm gemachten Anregungen durch einen be­fonderen Ausschuß prüfen zu lassen. Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamts, der gegenwärtig in Genf tagt, wird bazu Stellung nehmen.

Stahlhelm ist unzufrieden

Das Ende der großen Aktion gegen Preußen

Wir haben inzwischen ein weiteres festgestellt. Bereits bei der

Das Bolfsbegehren des Stahlhelm gegen den Preußischen Land-| mur bekannt ist, daß er nationalsozialistischer Funktionär in Meis tag findet heute sein Ende. Im Lager der Urheber der Aktion| ningen ist. gegen den Breußischen Landtag ist man hinsichtlich des Ausgangs außerordentlich pessimistisch. Tatsächlich ist die Situa tion die, daß das Boltsbegehren wenn überhaupt nur mit einer verhältnismäßig geringen Stimmenzahl über die nach der Berfassung erforderliche Ziffer durchgeht.

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Zum Zustandekommen des Voltsbegehrens find 5 273 643 Ein zeichnungen notwendig. Am 14. September 1930 haben die das Boltsbegehren betreibenden Parteien in Preußen 9 135 000 Stim­men aufgebracht. Es steht heute schon fest, daß die Zahl der Ein­fragungen um mehrere Millionen hinter den Wahlziffern zurüd bleiben wird. Es ist gleichgültig, ob die Zahl der Eintragungen um ein paar hunderttausend über oder unter der erforderlichen Zahl liegt der Ausgang des Boltsbegehrens ist auf alle Fälle ein politischer und moralischer Mißerfolg der Rechts parteien.

Maimahl von 1928 wurde ein nationalsozialistisches Flugblatt ver breitet, das den angeblichen Aufruf der Boltsbeauftragten enthielt. Auf diesem Flugblatt trug er nicht das Datum vom 13. November, sondern vom 11. November 1918, und die Unterschrift lautete: ..Die prov. revolutionäre Regierung des Freistaates Preußen."

Es handelt sich um eine plumpe und gemeine Fälschung, die von den Nationalsozialisten fabriziert worden ist und die sie gleich in verschiedenen Varianten benutzt haben!

paganda betrieben! Er hat sich dabei genau so unehrenhaft und Mit diesem schmuzigen Material hat der Stahlhelm seine Pros niederträchtig benommen wie bei seiner verlogenen Heze gegen Landrat Hansmann. Eine schlechte Sache ist mit noch schlechteren Mittein vertreten worden!

Kommt es zum Bolfsentscheid, so müßten der Stahlhelm und die mit ihm verbündeten Barteien 13 184 108 Stimmen in Breußen Franzen sucht Hilfe beim Reichsgericht. aufbringen. Das ist eine glatte Unmöglichkeit.

Die Stahlhelm- Fälscher.

Er protestiert gegen das Reichsinnenminifterium. Braunschweig , 21. April. Infolge Herabjegung der dreiwöchigen Berbotsfrist für den ,, Braunschweigischen Boltsfreund" auf eine Woche Neue Faffung des angeblichen Boltsbeauftragten- Aufrufs. durch Staatssekretär Dr. Zweigert in Bertretung des Reichsinnen­Nachdem die Fälschung des angeblichen Aufrufs der Volksministers Dr. Wirth hat das braunschweigische Staatsministerium beauftragten einwandfrei aufgededt und öffentlich gebrandmarkt an den vierten Straffenat des Reichsgerichts in Leipzig folgendes Telegramm gesandt: Soweit Reichsminister des Innern der worden ist, winden sich ihre Urheber und Verbreiter wie der Fuchs Beschwerde wegen Verbots des Volksfreunds" durch Entscheidung im Eisen. Der Herausgeber des Fridericus", Holtz, spielt den vom 18. April 1931 abgeholfen hat, wird Entscheidung des von unzuverlässigen Gewährsleuten hineingelegten Ehrenmann. Sein Genats beantragt und Bestätigung des Verbots der Zeitung von unzuverlässigen Gewährsleuten hineingelegten Ehrenmann. Sein großer Unbekannter" ist ein gewisser Becher, von dem bisher bis zum 5. Mai 1931.

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Reichsarchiv widerlegt Schacht

Die Irrtümer des Reparationsdelegierten endlich aufgedeckt

Der frühere Reichsbantpräsident Dr. Schacht, deutscher Sach-| Aus dem Inhalt der Atten ergibt sich indessen, daß nur bei einer verständiger für den Young- Blan, hatte in seinem Buch ,, Das Ende der Reparationen" eine häufig völlig irreführende Darstellung des Verlaufes der Verhandlungen gegeben. Die Reichsregierung hat das Reichsarchiv mit der Darstellung des wirklichen Vorganges be­traut. Aus seiner ersten Veröffentlichung geht z. B. hervor, daß sein Vorwurf nicht zutrifft, er sei von der Reichsregierung vor und während der Pariser Sachverständigenkonferenz nur ganz unzu Iänglich unterrichtet worden. Unter anderem ist dabei festgestellt worden, daß Herr Schacht in zahlreichen Fällen auch als Anreger für maßgebende Beratungen aufgetreten ist;

so ist insbesondere die Aufrollung der Reparationsfrage im Jahre 1928 und das hinsichtlich des Zeitpunktes den französischen Wünschen erwiesene Entgegenkommen auf ausdrückliche Anregung von Dr. Schacht erfolgt. ( Telegramm an den Reichskanzler vom 6. September und Brief Dr. Stresemanns vom 20. September.) Die Reichsregierung billigte auch Herrn Dr. Schacht die Rolle des Anregers und Beraters un­eingeschränkt zu.

Der Reichsbankpräsident hat in seinem Buche insbesondere dar­auf hingewiesen, daß er über den Inhalt von Unterredungen, die vor Zusammentritt der Pariser Sachverständigenkonferenz zwischen dem Generalagenten Barter Gilbert und Mitgliedern der Reichs. regierung stattgefunden haben, nicht ausreichend unterrichtet morden sei. Er beruft sich hierzu auf Aeußerungen des General agenten, wonach dieser bei den amtlichen Stellen in Berlin feinen Zweifel darüber gelassen habe, daß eine Reparationslösung für das Reich

nur bei einer Annuität von 2 bis 2,2 Milliarden Mark zu erreichen jei.

der zahlreichen Besprechungen zwischen Parker Gilbert und Mit­gliedern der Reichsregierung, und zwar von seiten des General agenten, folche Zahlen genannt worden sind. Es handelt sich hier um die Besprechung, die am 13. November 1928 zwischen dem Reichsaußenminister Dr. Stresemann und dem Generalagenten statt­gefunden hat. Das ergibt sich aus dem von Dr. Stresemann unter­zeichneten Protokoll. Der Reichsaußenminister hat eine solche Mög­lichkeit mit allem Nachdruck zurückgewiesen und Annuitäten in solcher Höhe als für Deutschland untragbar abgelehnt. Die von Dr. Stresemann gezeichnete Niederschrift ist dem Reichsbank­präsidenten durch den Privatsekretär des Reichsaußenministers, Herrn Konsul Bernhard, am 25. November 1928 abschriftlich übersandt worden. Der Reichsbantpräsident hat sie zur Renntnis genommen, ohne eine eigene Stellungnahme, auch ohne eine Rückfrage daran zu knüpfen. Die Niederschrift Barker Gilberts über die gleiche Besprechung ist erst erheblich später, nach­dem der Inhalt zwischen Schacht und Gilbert bereits münd­lich erörtert worden war, am 1. Mai 1929 der Reichsregierung von Gilbert selbst zur Verfügung gestellt worden. Auch der Inhalt der Gilbertschen Niederschrift, obgleich fie naturgemäß im Wortlaut und in Einzelheiten von der Stresemanns abweicht, enthält nichts, was Schachts Vorwurf einer vorherigen Festlegung durch die Regierung rechtfertigt.

Während der Verhandlungen in Paris bestand fortdauernde Fühlungnahme und enge Berbindung zwischen den deutschen Sachverständigen und der Reichsregierung, sowohl in amtlicher wie in halbamtlicher Form. An Hand der Atten kann dies von Tag zu Tag, oft von Stunde zu Stunde festgestellt werden. Die Sach­perständigen haben sich außerdem während vorübergehender Ber­