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�Beilage Dienstag, 21. April 1931

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Susi Bork:

Pie Pflegelea9 Haut

In unserer so sporUich eingestellten Zeit mit ihren Anforde- rungen an die Erhaltung von Gesundheit, Elastizität und Jugend- lichkeit eines trainierten Körpers kann man immer noch feststellen, daß eine Hautpflege zwar mechanisch erfolgt und doch die zu einer wirklich sachverständigen Hautpflege gehörende Kenntnis ihrer Be- deutung und ihrer Funktionen fehlt. Es wird viel unnützes Geld für rcklamereich angebotene Schön- heitssalben und Tinkturen ausgegeben, die zwar nicht schaden, aber jedenfalls ausschließlich für den Hersteller einen wirklich Nachweis- baren Nutzen bringen. Die Behandlung der Haut erfordert nach ihrer individuellen Beschaffenheit auch eine ganz individuelle Behandlung, je nachdem sie fettreicher oder ärmer ist, je nachdem der Körper zu starkem oder leichtem Schwitzen neigt. Die menschlische Haut ist von hoher Bedeutung für den Gesamt- orgonismus. Ein nur teilweiser Ausfall ihrer Funktion(z. B. bei Verbrennung, Erfrieren) ist bereits von schweren Allgemeinstörungen begleitet. Sie schützt den Körper als Hülle. Nicht nur die feste und durch äußere Einflüsse wenig angreifbare H o r n s ch i ch t befähigt die Haut, ohne Schaden mechanischen Einwirkungen auszuweichen und sie von den unterliegenden beiden Schichten, der Ledcrhaut (Eutis), und dem Bindegewebe(Subeuüs) fernzuhalten. Diese Fähigkeit wird noch dadurch gefördert, daß auch die übrige Haut sehr dehnbar, beweglich und erheblich fest ist. Die Epidermis(Horn- haut) ist selbst chemischen Einwirkungen und besonderen Krantheits- crregern gegenüber wenig zugänglich. Hierin unterstützt sie noch die Fettdurchtränkung, die das Eindringen erschwert, die Ge- schmeidigkeit erhält und dadurch Einreißen(Aufspringen) verhindert. Die Durchfettung wird bewirkt durch den Inhalt von Talg- d r ü s e n. die dicht unter der Oberfläche der Haut liegen. Weiter ist die Hornhaut«in schlechter Wärmeleiter, sie macht stärkere Wärmewirkungcn dadurch unschädlich, daß reichliche Blut- durchströmung für örtliche Abkühlung sorgt. Sie ist auch für wässerige Flüssigkeiten undurchlässig und bewahrt daher die tieferen Schichten vor der Austrocknung. Ja, sie ist sogar als schlechter Elek- trizitätsleiter imstande, das tiefere Eindringen auch stärkerer elek- irischer Ströme zu verhindern. Durch Ausscheiden von Stoffen aus dem Blut hilft sie den Stoffwechsel regulieren. Wir entziehen uns ja durch die Kleidung dem Wechsel der Außentemperatur, aber auch die Haut wirkt hier erheblich schützend mit, in wärmer Umgebung scheint sie rosig und gut mit Blut gefüllt, in der Kälte wird sie blaß und die oberflächlichen Kapillaren entleeren sich. Diese unter dem Kälteeinsluß eintretende Zusammenziehung verursacht die allgemein bekannte Verdichtung der obersten Hautschicht, die man im Volks- mund mitGänsehaut" bezeichnet. Infolgedessen kann weniger Blut hindurchströmen und dadurch wird die Wärmeabgabe vermin» dert.(Aus dem gleichen Grunde kauert sich ein frierender Mensch zusammen, verringert dadurch unbewußt seine Oberfläche und damit die Wärmeabgabe.) Tie verschiedenen Fähigkeiten der Haut greifen natürlich in- einander über, jedem ist bekannt, wie nach starker Erhitzung Schweißabsonderung eintritt und danach eine schnellere Abkühlung erfolgt, die zwar sehr angenehm empfunden wird, aber auch leicht zu Erkältungen führt.(Ztoch nicht ganz geklärt ist die so interesiante Tatsache, daß auch unabhängig von der Wärme- regelung nervöse Menschen oft zum Schwitzen neigen, sobald sie sich erschrecken oder sankt in erregtem Zustande sind.) Der Schweiß enthält neben kaum 1 Proz. fester Stoffe meist Wasser. Kochsalz, Spuren von Phosphor und organischen Säuren, auch Fette. Aber die Haut dient dem Körper auch als Sinnes- organ, mit der wichtigen Fähigkeit, durch die Gefühlsnerven ver- schiedenst« Empfindungen zu vermitteln. Wir unterscheiden Druck-, Kälte-, Wärme- und Schmerzpunkte an der Haut: ent- sprechende Reize der Außenwelt werden durch die in ihr endigenden Nerven aufgenommen und zur Zentrale, dem Gehirn, vermittels der

Nervenbahnen weiiergeleitet. Ausfall der erwähnten Empfindungen lassen auf Erkrankungen der Nerven des Rückenmarks oder des Gehirns schließen. Aus der normalen Physiologie der Haut ergibt sich dos klare Bild einer zweckmäßigen Hautpflege. Schon ohne jedes äußere Mittel erneuert sich die Haut durch fortwährende Ab- schuppung ihrer obersten Zellschicht. Da ober der größte Teil des Körpers durch Kleidung bedeckt ist, sammeln sich die Hautschuppen unnötig an, ebenfalls wird eine genügend« Ausdünstung verhindert, Staub aus der Luft und Schweiß bleiben an der Hautoberfläche und verursachen lästigen Geruch und machen eine gesunde Haut- atmung unmöglich. Dagegen helfen nur möglichst ausgedehnte Ganzwaschungen, oder, wenn es möglich ist, tägliches Baden, kurz Wasser, und zwar warmes Wasser, damit sich die Fett- teilchen gut lösen, und eine gute Seife. Danach muß, unter Berücksichtigung der individuellen Be- schaffenheit der Haut, mit einem guten Fett eingerieben werden. Be- sonders Gesicht und jhänd«, die dem Wind und Wetter ausgesetzt sind, benötigen das zu ihrer Geschmeidighaltung. Es ist empfehlens- wert, das Gesicht nicht mit Wasser und Seife zu behandeln. denn das ist die Ursache der hier besonders empfindlichen auf- gesprungenen Haut, die rot und rissig wird, durch diese Der- letzungen dann aber Eingangspforte für allerlei Unreinlichkeiten, Pickelbildung usw. wird. Man wasche das Gesicht morgens mit lau- warmem(mehr warm als kalt) Wasser ab, kaltes Wasser verstopft (indem es das abgesonderte Fett talgig werden läßt) die Poren. Nach dieser ersten Reinigung kann dann nach Belieben kaltes Wasser verwendet werden. Tägliches Abreiben oder Bürsten des ganzen Körpers unter der Brause oder aus der Waschschüssel erhöht die Blutzirkulation. Zu dem jetzt so verbreiteten Maniküren und Pediküren ist zu sagen, daß, wer einmal damit angefangen hat, es auch dauernd fortführen muß. Die Derhornung der Haut an Stellen.

wo starker Druck ausgeübt wird, ist ja eine Schutzmaßnahme für Lederhout und Bindegewebe. Dauerndes Abschneiden regt aber das Wachstum in starkem Maße an. wie man es besonders an der verstärkten Hornhaut unter den Fußsohlen bemerken kann. Daß man zu enge Schuhe heute nicht mehr fürelegant" hält, ist ein Fortschritt, der zur Verminderung der mit Recht so gefürchtetcn Hühneraugen geführt hat. Ich will noch erwähnen, daß der Unterschied zwischen Salben und Pasten bei einer richtigen Hautpflege beachtet werden muß. Salben lassen sich leicht und gut einreiben und be- wirken eine Fettdurchtränkung der oberen Haut, die auf entzündete Stellen entspannend wirkt. Sic oerhindern aber gleichzeitig auch die Verdunstung und wirken wie ein undurchlässiger Verband. Die Wirkung der Pasten ist eine wesentlich andere: ihre festeren Bestandteile saugen Flüssigkeiten auf und lassen eine Verdunstung an der Außenseite der Paste zu. Sie bewirken also keinen Lust- abschluß und oerhindern, daß zersetzte Absonderungen von der Haut aufgenommen werden können. Lästiger Geruch nach Körperousdünstungen(Kleider müssen regelmäßig gelüftet werden) läßt sich vermeiden, indem man den Körper morgens nach dem Waschen an den stärker absondern- den Stellen mit einem guten Hautpuder täglich pudert. Der saugt die Feuchtigkeit auf und verhindert eine Geruchsentwicklung. Wichtig ist es auch, waschbare Meidung zur Arbeit zu tragen I Außerdem gibt es jetzt Schweißcreme, der speziell für die Achselhöhle zu empfehlen ist. Er wird ohne weiteres eingerieben. hinterläßt auch keine Spuren an der Kleidung und ist billig. Zum Schluß möchte ich noch allen denen, die anunreiner Haut" (wie man es zusammenfassend nennen kann) leiden, ausdrücklich sagen, daß rein äußerliche Mittel nicht immer zur Gesundung der Haut führen. Darum müssen sie mit innerer Behandlung kombiniert werden. DasWie" wird natürlich der Arzt zu entscheiden haben, ein« Regelung der Darmtätigkeit, Aenderungen der Ernährung oder ähnliches kommt in Frage. Es ist eben bei der Erkrankung der Haut wie bei jeder Er- krankung nötig, daß man nicht nur die kranke 5iaut. sondern den kranken Menschen behandelt. Nur dann kann man wirklich zu einem Erfolge kommen. Hautpflege ist kein Luxus! Es ist nötig, die große physiologische Bedeutung der gepflegten Haut auf den Organismus zu erkennen.

Soslallsimis 3 in Heliweüeu

Eine geschichtliche Erlnnerimg

Blättert man in der Geschichte, so zeigt sich, daß durch die Ideen der französischen Revolution die Frage der Organisation der ärztlichen Versorgung ins Rollen kam, zu einer Zeit also, in der die Zergliede« rung des ärztlichen Standes in vollwertig akademisch Gebildet«, in Halb- und noch weniger Gebildete mit ihren Mängeln für buJUanlen einer sozial«, Kritik nicht standhalten konnten.' Den A r men waren im allgemenien nur jene wenig qualifiziertenW u n d ä r z t e II. K l a s s e" zugängig, denen der Staat an Ausbildungszeit schenkte, was er ihnen an Lebensunterhalt nicht gewähren wollte. Aehnliche Mängel bestanden durchweg in vorwiegend ländlichen Bezirken, wo die Gemeindekassen nicht erlaubten, einen beamteten Armenarzt an- zustellen. Als man mit Hilfe der Vereinheitlichungsbestrebungen des Aerztestandes den Zuständen zu Leibe gehen wollte, wurden diese Fragen mit der politischen Ideologie des auskommenden Liberalismus verknüpft, dessen Ideen zu allen Fragen des Erwerbslebens direkte Beziehung hatten, nur nicht zum Beruf des Arztes, es sei denn, man rückte auch hier die Crwerbsfrage in den Vordergrund. Die Verquickung mit der politischen Forderung nach individueller Freiheit kam dadurch zustande, daß die Aerzte sich diese in ihrem Kampf um Standesfragen und Unabhängigkeit vom Staate zunutze machten und zugleich in den vordersten Reihen des allgemeinen politischen Kampfes

Vr. E. Femte:

¥ei*ei*l>t sich Alkoliolt�inus?

Die öffentliche Meinung sagt den Gewohnheitstrinkern nach, daß sie durch ihren übermäßigen Alkoholgenuß nicht nur ihre eigene Gesundheit zerrütten, sondern auch ihrer Rachkommcnschost schwere Leiden oererben. Dieses Urteil der Oeffcntlichkeit scheint durch die Verhältnisse in der Wirklichkeit bestätigt zu werden. Man vergleicht die Kinder von Trinkern mit den Kindern von Nichttrinkern, üsid man steht, daß die Kinder der Nichttrinker im Leben besser vor- wärtskommen, daß ihre moralische und körperliche Widerstandskraft größer ist. Wissenschaftliche Untersuchungen, die in letzter Zeit vorgenqm- men worden sind, und über die Prof. K l a t te- Detmold berichtet, lehren ober, daß man mit solchen Feststellungen und Behauptungen nicht vorsichtig genug sein kann. Um zu wissen, ob der Al- kohol als solcher die Nachkommenschaft schädigt, muß man-nachweisen können, daß die Erbmasse der den Gewohnheitstrinkern folgenden Generationen in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Aber gerade diese Tatsache fand sich nicht bestätigt. Solche Versuche müssen davon ausgehen, nur die Nachkommen- schaff erbgesundcr Trinker zu untersuchen. Das eben war der Fehler, der den bisherigen Urteilen über den Einfluß des Alkohols auf die Vererbung unterlief, daß man wahllos die Kinder aller Trinker den Kindern der Nichttrinker gegenüberstellte. Man über- legte bei diesem Verfahren nicht, daß viele Trinker schwere geistige Schäden besitzen können, die mff dem Alkoholgcimß selbst nichts zu tun haben. Diese Krankheiten vererben sich natürlich, und man sagt dann ohne weiteres, das Trinken der Eltern fei daran schuld, was gar nicht zutrifft. Auch muß man bedenken, daß viele Gewohnheils- trinker durch eine krankhaft« seelisch« Veranlagung zum übermäßigen Alkoholgenuß getrieben werden. Vererben sie diese anormale Veranlagung, dann ist nichts wahrscheinlicher, als das auch ihre Nachkommen eben auf Grund dieser seelischen Mißbildung Gewohnheitstrinker werden, ohne daß ober weder die.see- tische Entartung, noch das Trinken der Nachkam- men einer durch den elterlichen Alkoholgenuß he rvorzexnj sue n Belastung zugeschrieben werden

könnte. Schließlich geraten Gewohnheitstrinker gewöhnlich in schwierige wirffchaflliche und soziale Verhältnisse, so daß ihre Kinder häufig genug schwerer Not ausgesetzt sind, die sich oft in Leiden mancherlei Art auswirkt. Diese Leiden sind selbstverständlich gar keiner Vererbung zuzuschreiben, weder einer durch den Alkohol be- dingten noch einer sonstigen: die verderblichen Umweltbe- dingungen sind daran schuld. Diese Fälle muß man also von vornherein ausschalten, wenn man erforschen will, welcher erblichen Schädigung die Nachkommenschast von Trinkern ausgesetzt ist. Tut man dos, so gelangt man zu ganz anderen Resultaten, als sie bisher in der öffentlichen Meinung als feststehend galten. P o h- lisch hat zum Beispiel 146 Kinder von erbgesunden Trinkern untersucht, die dem Delirium verfallen sind. Wenn man eine Schä- digung der Erbmasse durch den Alkoholgenuß annimmt, dann müßte diese Schädigung um so stärker sein, je näher der Zeitpunkt der Zeugung dem Eintritt des Deliriums liegt. Aber gerade das konnte er weder für die Säuglingssterblichkeit, noch für die an- geborenen Hirnschädigungen und Geisteskrankheiten feststellen. Boß untersuchte 1346 Kinder von 672 erbgesunden Trinkern, ohne«inen übernormal hohen Prozentsatz von körperlich und geistig Minder- wertigen finden zu können. P a n s e, der die Nachkommenschaft von 206 schweren Gcwohnheitstrinkq-n untersuchte, verglich die Kinder, die vor dem Eintritt des Gewohnheitstrinkens gezeugt waren, mit denen, die während der Periode des Gewohnheitstrinkens gezeugt waren, ohne daß sich aber ein Unterschied hätte feststellen lassen, der für die erbliche Belastung durch Alkoholgenuß entspricht. Alle diese Ergebnisse müssen dazu führen, in der Frage der Einwirkung des Alkokohlgenusses auf die Vererbung bedeutend vor- sichtiger zu verfahren. Sllier selbstverständlich darf man nun nicht schließen, daß übermäßiger Alkoholgenuß überhaupt unschädlich ist. Am Gewohnheitstrinker selbst treten schwer« Schädigungen auf, und für seine Nachkommen besteht zumindest große Gefahr, wenn schon nicht durch Vererbung so doch durch die zerrütteten wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse zu entarten.

standen. Daneben fehlte es allerdings nicht an bedeutenden Männern, die in der Frage der Organisation des ärztlichen Dienstes den Man- chester-Standpunkt ablehnten. Sie forderten entweder Verbeamtung oder«ine vom Staat unabhängigere planwirtschaftliche Bindung. Zur Beurteilung dessen muß man sich qus der Geschichte erinnern, daß in deutschen Ländern seit dem. Jahrhundert be- o m t e t e A e r z t e k e i n e S£l t e nh e i t waren(Amtsphysikus und Amtschirurg zur Behandlung Minderbemittelter). Ja, es gab in den Nachbarländern sogar Medizinalverfassungen, die ausschließlich auf einem beamteten Aerztestand aufgebaut waren. So in Rußland seff 1864 das Bezirksarztsystem im Selbstoerwallungskörper der Kreis« und Provinzen: seit 1854 in der Schweiz die Einrichtung derccmdotte medichc" im Kanton Tessin . Eine ähnliche Einrickitung wurde in den südlichen Provinzen Italiens getroffen und in vielen Landgemeinden Dalmatiens . Schließlich gehört hierher das Edikt über die Medizinalpflege im Herzogtum Nassau vom Jahre 1818, über dessen Auswir- kungen Dt. med. Kurt Finkenrath in seiner ArbeitSoziälis- mus im Heilwesen. Eine geschichtliche Betradstung des Medizinal­wesens im Herzogtum Nassau von 1866 bis 1866".(Beröffent- lichungen aus dem Gebiete der Mcdizinaloerwaliung, 33. Bd., 6. Heft, Verlag R. Schoetz) berichtet. Die ausschließliche Versorgung der Bevölkerung wurde vom Staate Nassau einem beamteten Aerzte st and übertragen. Kurpfuscherei war streng verboten. Das Land war den Amtsbezirken enffprechend in Medizinalbczirke eingeteilt, auf die min- bestens je ein Medizinalrat, ein oder mehrere Assistenten und schließlich nochAkzenisten" kamen, das heißt junge Kandidaten, die zwecks weiterer Ausbildung eine Zeitlang Praxis«usübtcn, meist zur Aushilfe für den Medizinalrot. Außerdem kam auf jeden Bezirk ein Apotheker(die Abgabe der Arzneimittel war durck) eine Taxe geregelt), auf LR) Familien eine Hebamme und ferner besondere Brunnen- und Badqärzte. Je nach den örtlichen Verhältnissen wurde geeigneten Aerzten von der Regierung.das Redzt zu freier Praxis gewährt, wovon aber nur wenig Gebrauch gemacht wurde. Das Gehalt wurde nur zu zwei Dritteln ausgezahlt, ein Drittel sollten durch Gebühren aus freier Praxis eingebracht werden, wofür eine Taxordnung mit zwei Rubriken für bestimmte Steuerklassen festgesetzt war. Diese Taxen waren sehr niedrig gehalten. Die Ar­men wurden u m s o n st behandelt. In der Ausübung der Hellkunde waren die Beamten völlig frei, dem Medizinalrat als obersten Be- amten stand jedoch ein Kontrollrecht zu. Die Kranken hatten innerhalb des Bezirks freie Arztwahl, ja sogar über den Bezirk hinaus, wenn sie Wegegelder bezahlten. Der Medizinalrat war verpflichtet, halbjährlich Gesundheitsberichte über seinen Bezirk an die Landesregierung zu geben. Alle Aerzte waren verpflichtet, genau Bück) zu führen, außerdem das amtliche Verordnungs- und In- telligcnzblatt zu halten und dem Nachfolger gebunden zu über- geben. Dieses System bestand bis zum Jahre 1866. Durch die Schlacht bei Königgrätz wurde das Herzogtum Nassau eine preußische Provinz, und trotz zahlreicher Bittschriften und Versuche, es beim alten zu lassen, wurde die Medizinalverordnung van 1818 zwecks Angleichung an preußische Verhältnisse auf- gehoben. Bevölkerung und Aerzte waren im allgemeinen sehr zufrieden mit jener Ordnung gewesen. Ueber Nassaus Grenzen hinaus hielten die Zeitgenosseu mit Anerkennung nicht zurück. Die Verbeamtung des Heilwesens hotte auch keine erhebliche Mehrkosten verursacht. Den kritische« auf die Gegenwart bezogenen Ausführimgen, die Finkenrath an seine sorgfältige, aus eingehender Quellenforschung beruhende Studie knüpft, vermögen wir nicht immer zu folgen. Vor ollem scheint er uns die Unterschiede zwischen der damaligen und der jetzigen Situatioll zu überschätzen,. Heinz Adam.