(Beilage Mittwoch, 22. April 1931
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malet putscht Sine tragische Möpenickiade unier Wapoleon I.
Die neuere Napoleon -Literatur macht vom Fall Malet wenig Wesens; selbst Werner Heg ein a n n s geistreiches Anti-Napoleon- Buch ermahnt den General gor nicht, der doch für seine Beweis- fichrung hätte dienlich sein können. Anders war es gegen Ende des zweiten Kaiserreichs, als die republikanische Opposition den Neffen bekämpfte, indem sie auf den Onkel losschlug. Damals unternahm es Ernest H a m« l, der Biograpb Robespicrres und Saint- I u st s, die..Geschichte der beiden Verschwörungen Malet?" zu schreiben, die freilich erst 1873. noch dem Sturz Napoleons lll., erschien, und Pascal Grousset. 1871 bekannt als Mitglied der Kommune, gab 1889 in der Sammlung„Lfs jrrands proees politigues*(Die großen politischen Prozesse) eine Schilderung der Angelegenheit heraus: von ihrem Helden hieß es in der Einleitung: „Als unbeugsamer und entschlossener Jakobiner, als letzter Stumpf der letzten Anhänger Robespicrres, den die Reaktion des Thermidor, des Kaiserreichs und des Königtums umsonst verleumdet hat, wollte. Malet die Tyrannei mit ihren eigenen Mitteln stürzen und auf ihren Trümmern dir Republik ausrufen und die Freiheit befestigen, die sein einziger Kult und seine einzige Liebe war." Wurde Grousset die Einsicht in die Akten glatt verweigert, die auch seinen Vorgängern d'Aubignosc, Lassa nt d'Aussonne. Breton de la Martiniere und D o u r i l l e unzugänglich geblieben waren, so erschlossen sich einem Historiker unserer Tage, dem Eomte de Lort de Sörignan, die Archive des Kriegsministeriums, de? Außenminifteriums, der Militärgerichts- barkeit, der Poli.;eipräfektur. des Seinedepartements, der Stadt Paris und andere Urkundensammlungen; außerdem hotte er das Glück, aufschlußreiche Privatpopiere, die sich vom Vater über den Sohn zum Enkel vererbt hatten, benutzen zu können. So entstand als Frucht emsiger Arbeitsjahre, vor dem Weltkrieg begannen, nach dem Weltkrieg beendet, dos Werk„I�e General Malet*(Verlag Payot, Paris ) mit dem Untertitel„Ein Militärverschwörer unter dem eisten Kaiserreich". Was Pascal Grousset etwas leichtfertig in der Borrede zu seinem Schriftchen behauptete:„Wir wissen olles über, die Verschwörung Molets, wir wissen alles, alles, alles", gewinnt jetzt erst Geltung: das Buch des Eomte de Lort de .Serignan hellt Vorder- und Hintergrund des Falles auf, der dadurch gewiß nicht an Interesse verliert— ganz im Gegenteil! In der Franche-Eomte, zu Döle am Doubs , kam Claude- Francis de Malet 17S4 zur Welt. Sproß des guten Provinz- adels, Sohn eines Rittmeisters, entschied auch er sich für das Waffen- bandwerk und trat 1771 in eine der beiden berühmten Leibgarde- kömpagnien, die„Musketiere des Königs", ein, ober da die Truppe schon fünf. Jahre später sparsamkeitshaldbr aufgelöst wurde, hotte �Äer�junge Edelmann istl der Heimat Gelegenheit, sich.'wil v in der Luft liegenden revolutionären Gedanken zu beschäftigen. ä sie aufgenommen hatte, bewies im Jahre nach dem Bastillenslucui seine Wahl zum Kommandanten des Nationalgordenbataillons von Döle, doch da es in Europa nach Pulver roch, betrieb und erreichte er seine Aufnahme m die aktive Armee. Erst Hauptmann, stieg er rasch wegen seiner Fähigkeiten, aber auch wegen sein« feurigen RepubNkanismas zu« G«neralstabsoberjt auf und wurde 1799 zum Brigade» general befördert. Daß im November gleichen Jahres, am achtzehnten Brumair«. Von aparte sich durch einen Handstreich zum Selbst- und Allein- Herrscher aufschwgng, warf den Republikaner in gärende Erbitterung, und als wittere der neue Herr den Haß, den ihm der General ent- gegenbrachte, betraute er ihn in der Folge nur mit unbedeutenden Kommandos, die weder Gewinn noch Ehre einbrachten. Aus Rom wurde Malet gar 1807 abberufen, weil er von Handelsschiffen ungerechtfertigte Gebühren erhoben und einbehalten und in der Papststadt die Einrichtung verbotener Spielhäuser geduldet haben sollte; viel mochte an den Beschuldigungen nicht sein, ober der Ent- scheid einer besonderen llntersuchungskommission führte im Mai 1898 zu seiner D i e n st e n t l a s s u n g. Schon vorher, da er mit Weib und Kind vergrämt in Paris saß. hatte er sich mit Leuten eingelösten, die gleich chm politisch oder persönlich verärgert waren. Neben seinem. Landsmann, dem be- rühmten Grammatiker Abbe L e m a r e, der gleich ihm den Mann des achtzehnten Brumaire tödlich haßte, waren es der alte D e- maillot. der als einstiger subalterner Agent Robespicrres von Radikalismus kochte, der Polizeitommiffar a. D. Baude, der mit Gracchus Babeuf auf der Anklagebank gesessen hatte, der ehemalige Konventsabgeordnete Iean-Franeois Ricard, der frühere Sekretär des Iakobinerklubs B l a n ch e t, dann ein paar Generale, die wegen böser Gaunereien entlasten waren, sich aber als Opfer ihrer republikanischen Ueberzeugung aufspielten und etliche andere. Da 1898 von der Pyrenäenhalbinsel, wo Napoleon sich festgebissen hatte, schlechte Kunde kam, beschlossen die Gleichgesinnten, sich durch einen Putsch der Gewalt in Paris zu bemächtigen: L e m a r e kaufte einige Gros Feilen, die als � Dolche zu dienen hatten, und gefälschte Senotsbeschlüsse und Dekrete, die den Bona- p a r t e in die Acht erklärten, Malet zum Befehlshaber der bewajf- neten Macht bestallten und eine provisorische Diktaturregierung ein- setzten, wurden in Druck gelegt. In letzter Stunde erhielten, nicht durch eigene Wachsamkeit, sondern durch Geschwätz und Verrat, die Behörden Wind von der Sache und gingen mit Verhaftungen vor. Der blinden Eifersucht zwischen Polizeiminister und Polizei- präfekt, von denen jener die ganze Geschichte als harmlos abtat, weil dieser sie aufbauschte, hatten es Malet und Genossen zu danken, daß nicht ein Kriegsgericht kurzen Prozeß mit ihnen machte. Während die meisten Festgenommenen bald entlasten wurden, blieben ihrer mehrere durch Jahr und Tag ohne richterlichen Spruch in sogenannter administrativer Hast. Malet erst im Gefängnis Sainte- Pälagie und fett 1819 in der Heiltestalt des Dr. Dubuisson. die bevorzugte politische Häftlinge beherbergte. Da er den Haß gegen Napoleon immer grimmer nährte und ohne Unterlaß von einer zweiten Auflage seines Putschplanes träumte, verstand er sich, bald oiifs Innigste mit einem anderen Insassen des gleichen Hauses, dem Abb« L a f o n, der allerdings kein Republikaner, sondern ein kleri- kaler Roy allst war. Ll« im Herbst 1812 de? russische Feldzug den
Kaiser weit von Frankreichs Grenzen entfernt hatte, und die Miß- stimmung im Volk wegen der unaufhörlichen Kriegslasten Blasen warf, entschieden sich die beiden fürs Losschlagen. Malet? Plan war so genial einfach wie der des Schusters V o i g t. als er sich mtt Hilfe einer beim Trödler gekauften Uniform zum Hauptmann ernannte: seine ganzen Requisiten be- standen in einer Gene.rolsuniform und einem gefälschten Senats- beschluß, der. da der Kaiser vor Moskau den Tod gefunden habe, eine provisorische Regierung einsetzte: in Frankreich bedurfte es immerhin noch eines solchen zivilen Beglaubigungsschreibens. Er handette auch nicht, wie es früher hieß, im Auftrag eines mächtigen und wettverzweigten Geheimbundes, sondern hatte ganz wenige Helfershelfer und nicht mehr als fünfzehn Franken in d e r T a s ch e, als er in der Nacht zum 23. Oktober mit dem Abb« Lafon, über die Gartenmauer steigend, die Anstalt Dubuisson heimlich verließ, um die giganlischsle Mlikärwachi der Welt zu stürzen. In einem zu diesem Zweck gemieteten Zimmer legte er die Gala- uniform eines Generals an und machte sich wohlgemut auf den Weg, begleitet von einem jungen Korporal namens R a t e a u, der im Hellblau eines kaiserlichen Ordonnanzoffiziers ihm als Adjutant diente, und dem Studenten und Prwatlehrer B o u tr e u x. der, mit der dreifarbigen Schärpe umgürtet, den Zivilkommistar darzu» stellen hatte. Vom Himmef goß es, tat nichts, Malet glaubte an das Ge- lingen seines Plans, und wirklich schnurrt« alles wie ein ausge- zogenes Uhrwerk ab. Gegen 3 Uhr morgen? näherte sich die Gruppe der Kaserne Popincourt , Quartier der 19. Veteranen-Kohorte. Ah, ein General! Der Posten präsentierte, und als der mtt Fieber zu Bell liegende Kommandeur des Truppenteils, Major S o u l i« r, ejnen hohen Vorgesetzten erblickte und einen Senatsbeschluß vernahm, war er vom Schettel bis zur Sohle: Zu Befehl! Im Kasernenhof formierten sich die sechs Kompagnien der Kohorte, Verlesung des Senats- beschlustes, in Reihen rechts brecht ab! und Malet marschierte mit fünf Kompagnien zum Tor hinaus. Um Werkzeuge und Hilfskräfte zu bekommen, drang er zunächst in das Gefängnis der Rue du Roi- de-Sicile ein, befreite hier die Generale G u i d a l und La H o r i e, Staatsgefangene, auf die der im gleichen Kerker festgehaltene Demaillot aufmerksam gemacht hatte, und erteille beiden seine Weisungen. Alles klappte auch weiter. Mit der?.,. 3., 4. und 5. Kompagnie der Kohorte bemächtigte. sich La Horie, ohne ouf Widerstand zu stoßen, der Polizeipräfektur und des Polizeiministe- riums; im Handumdrehen saßen der Präfekt Baron Pasquier und der Minister S a v a r y, als sei es das Selbstverständlichste von der West, in Einzelzellen des Gefängnisses La Force.~ Bei den Kasernen Paülinörkloster und La Courtille, wo da? erste
und zweite Bataillon des Pariser Regiments lagen, stürzte sich Malet gar nicht in die Unkosten persönlichen Erscheinens. Je eine Ordonnanz mit einer Abschrift des Senatsbeschlustes und seinen Befehlen genügte, um die Kompagnien antreten und zu den ihnen be- stimmten Punkten abrücken zu lassen. Nirgends dämmerte es einem Vorgesetzten, daß hier Revolution gespielt werde, da doch beim Tod des Kaisers die Thronfolge gesetzlich geregell war und kein Senat auf eigene Faust provisorische Regierungen einsetzen konnte, sondern alles erstarrte im Kadavergehorsam. Auch als beim Morgengrauen Major So ulier mit der 6. Kom- pagme der 19. Kohorte befehlsgemäß das Rathaus besetzte, machte der Seinepräfekt Baron F r o ch o t, obwohl leicht zweifelnd, keine Einwände, sondern ließ auf Wunsch Räume für den Sitzungssaal der neuen Machthaber Herrichten. Inzwischen erschien Malet mit der 1. Kompagnie auf dem Vendömeplatz und klopfte, um ihn vom Tode des Kaisers und den eingetretenen Veränderungen zu unterrichten, beim Gouverneur von Paris , General H u l i n, an. Als der einstige Bastillenstürmer und jetzige Baron des Kaiserreichs nach einer Beglaubigung fragte, zer- schmetterte der Eindringling ihm mtt einem Pistolenschuß die Kinn» lade, dann eilends in dos Generolswbsgebäud« gegenüber, ober hier war ein Fehler in der Rechnung: seine Papiere hotte er vorauf» geschickt, so daß die zwei leitenden Offiziere, Oberst D o u c e t und Major Laborde. Zeit zum Prüfen und Nachdenken bekamen, und da sie überdies Malet als. allen Verschwörer kannten, durch» schauten sie den Schwindel, warfen sich auf den Eintretenden, Wachs herbei!, entwaffnet und abgeführt. Aus! Sogleich alarmierte D o u c e t Paris , das sorgfältig aufgetürmte Gebäude des Putsche? purzelte wie ein Kortenhaus zusammen, noch am gleichen Tage wurde wild drauflos verhaftet, Schuldig« und Un» schuldige, Milttär? und Zivilisten. Der Erzkonzler E a m b a c e r e s. der Kriegsminister C l a r k e, der Marschall Särurier, der Polizeiminister Savary und wie die hohen Würdenträger alle hießen, schnaubten nicht nur Wut über den fast geglückten Streich� sondern zitterten auch vor dem Zorn des Kaisers, der sich über sie entladen würde, weil olle. Offiziere, statt an die Dynastie und Napoleon zu denken, auf den Abenteurer hereingefallen waren. Am besten, wenn der Herr und Gebieter in Rußland die Tat zugleich mit der Sühne erfuhr! Also eigens eine Militärkommission gebildet und mit gebundener Marschroute versehen! Vierundzwanzig Ange- klagte. Malet, alle Verantwortung auf sich nehmend, sah seinen Richtern kühn ins Gesicht:„Wenn sich jemand zum Verteidiger der Freiheit sein« Landes aufgeworfen hat. braucht er sich nicht zu entschuldigender triumphiert oder stirbt." De? Spruch, am 28. Oktober gefällt, lautete nicht nur für Malet, Rate au, La Horie und Guido l auf Todes- strafe, sondern ebenso für einen Obersten, einen Major, drei Haupt- leut« und vier Leutnants, deren ganze Schuld in blindem milttä- rischem Gehorsam bestand. Am 29. Oktober nochmtttogs 3 Uhr wurde Malet mit«lf Schicksalsgefährten hinter der Barriere Grenelle von einer Abteilung Alter Garde erschossen.. Jedem der Hingestreckten gab ein Unter» offizier den vorgeschriebenen Gnadenschuß ins Ohr. Anderthalb Jähre später Mg auch das'Kaiserreich zerschmettert am Baden.■...... Hermann Wendel .
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An der Ecke d« allen Seattle - Hotels steht ein zwanzig- jähriges Mädchen, blond und bleich, mit hellen Augen. Ihre Füße stecken in hohen Holzfällergummischuhen, der Rock ist billig, all und vertragen und darüber trägt sie einen dicken, blauen Männersweater. So hält sie. jedem der Vorübergehenden eine Zeitung hin, ohne ein Wort zu sagen. Ich stehe schon zwanzig Minuten und beobachte sie, doch noch keine Zeitung ist verkauft. Dann gehe ich zu der nächsten Eck«, um mich zu einer Männergruppe vor dem S t e l l e n v e r- mittlungsbüro zu gesellen. Keiner der vielen Außenstehenden achtet auf die beiden Zettel an der schwarzen Tafel, die eine freie Arbeit verraten: ein Mädel wird verlangt als Hausmädchen und ein Mann als Fleischer und Auslaufer in einem Provinzloden. Das ist olles._ Keiner der frierenden Männer spricht ein Wort, sie bewegen sich nur hin und her, um sich etwas Wärme zu verschaffen. Nach einiger Zell fällt mein Blick auf ein großes, grünes, hölzernes Straßen- schlld, auf dem in grauen Buchstoben eine Einladung an alle Männer zwischen achtzehn und fünfunddreißig Iahren steht, der Armee beizutreten. Eine Liste der Lager und warmen Kasernen folgt der Versicherung, daß die Soldaten eine reguläre Bezahlung be- kommen, neben freien Mahlzeiten, Kleidern, Wohnung und ärzllicher Behandlung... Seattle , die große, nördliche Hasenstadt am pazifischen Ozean ist besonders stolz auf ihre privaten Speifungen an die arbeitslosen Massen dieses Hungerwinters. Die größte und beste „sctip line* unterhält die Zeitung„Der Star", welche jedem hungrigen Mann eine Mahlzeit am Tage verspricht. Hier, in der langen Reihe der Wartenden, herrscht nicht das eisige Schweigen der Leute vor dem Stellenbüro. Die Aussicht auf ein baldiges, warmes Essen macht gesprächig. Die Reden der paar Dutzend Männer um mich herum gehen meist um Essen und eine Schlafstätte. Nur ein paar unterhalten sich über die sozialen Ver- Hältnisse, darunter ein mächtiger Neger von ungefähr vierzig Iahren. Zu ihm im Gegensatz stehen augenscheinlich zwei„Wbite collar man", Leute mit einem weißen Kragen, von denen einer sogar einen Ueberzieher anhat. Als ich hinkomme, ist die Diskussion schon im Gange. Ein jüngerer Arbeiter im blauen Overall sagt:„Ich will euch sagen, was in diesem Lande verkehrt ist. Wir haben zu viele Millionäre. Es müßt« ein Gesetz geben, daß niemand über eine halbe Million für sich behalten darf." Der Mann mit dem Ueberzieher erwidert:„Das würde viel- leicht helfen, aber das ist Sozialismus. Wir wollen nicht, daß alle» verteill wird. Was ein Mann bekommt, soll er beHallen. Der Soziasismus wird nie durchkommen er sst gegen die menschliche Natur." Da fällt der Neger mit mächttger Stimme ein: ,La. ihr Kerle wißt eine Menge. Aber was habt ihr schon zu verteilen? In der„köup line* zu stehen und auf ein Gnadenbrot zu warten. So- lange die' Arbeiter so reden, werden sie nie mehr haben. Marschieren ist das einzig Richtige."
Nun kommt der Gegner der Millionäre wieder zu Wort:„O, Peah? Ihr I. W W.'s(Industrial Worters of the World) macht mich trank. Was kann euer Märschieren zum Rathaus schon nützen, ihr kommt ja doch nicht hinein. Die Eops(Polizei) nehmen euch schon richtig in die Finger." Jetzt bricht der Neger los:„So, du sagst, wir. haben keinen Erfolg. Aber woran liegt das? West ihr gegen uns seid, nicht mitmacht, weil ihr euren Kampf durch uns mtt ausfechten laßt. Wenn ihr alle in den dreißig letzten Iahren mitgegangen wäret, euch hättet ins Gefängnis sperren lassen, wie ich, ihr ständet jetzt nicht in der scrnp line." Mit diesem Wortwechsel sind wir bis zu den großen Behältern vorgerückt, in die das Essen aus Milchkannen geschüttet wird. Jeder erhält einen kleinen Kübel, in den er einen Schöpflöffel von der dunklen Brühe gestürzt bekommt. Außerdem gibt es drei Stück Brot, eine Tasse Wasser und ein Stück uralten Kuchen, der offensichtlich in den Bäckereien geblieben ist. In meinem Teller finden sich sieben braune Bohnen, ein Stück Rübe, ein Zwiebelrest, verkochte Kartoffeln und ein Fingerhut großes Stück Fleisch. Mit hungrigem Eifer stürzen sich die Arbeitslosen auf dies« Gnadenmahlzeit und ich habe nicht gesehen, daß jemand was übrig gelassen Hot, wenn er das leere Geschirr ablieferte. Mir blieben zwei Stück Brot übrig, und hastig fragte ein Alter mir gegenüber: „Willst du das Brot nicht? Gib mir es, ich werde heute abend besser einschlafen können, wenn ich etwas zu kauen habe." Ich gehe hinaus und stelle mich zu den Gruppen, die noch herumstehen und sich eine Zigarette drehen, bevor sie auf die Jagd nach einem Schlafplatz gehen. Ich frage, welche Unterstützung die religiösen Gesell- s ch a f t e n leisten, die doch große Staatsmittel empfangen. „Well, die Heilsarmee und die„Volunteers of America" haben auch ihre souo lines. Aber dort müßt ihr erst beten und Psalm« singen, bevor ihr zu essen bekommt", erwidert einer. „Und außerdem haben sie das Recht bekommen, städtische Arbeiten zu vergeben", mischt sich ein anderer hinein.„Sie geben für eine Woche Beschäftigung, zahlen ober nur ein Dollar den Tag, während das Gesetz viereinhalb Dollar vorschreibt. Den Rest steckt die Organisation in ihre Tasche." Damtt ging die Bande auseinander, um sich zum Abend in di« verschiedensten, dunklen Löcher zu verkriechen. * Das ist das Leben in dem Lande, in dem es kein« Krise, keinen Niedergang geben sollte. Geschen von einem Amerikaner im Winter 1939/31 Diejenigen ober, die das Bürgerrecht noch nicht habe», versucht man auf billige Art los zu werden, indem man ihnen dia Rückfahrt in die Heimat bezahlt. Und in den Gassen der Bowery von New Park werden Razzien veranstaltet, um olle diejenigen ouf» zufangen, die unrechtmäßiger Weise im Lande weilen und sie sofort zu deportieren. Karl Moeller.