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r. 194 48. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Sonntag, 26. April 1931

ייטיין

Klein, aber mein

7

m

Die Axt im Haus erspart den Zimmermann, sagt das Sprichwoart. Aber so hausbacken diese Weisheit ist, so alt­modisch mutet sie manchem an. Wir drehen heute an einem Schalter, und die ganze Wohnung ist hell wie der Tag. Wir drehen an einem Hahn und das klarste Wasser strömt, kalt oder marm, und mehr als mir je gebrauchen. Komfort heißt das Wort, das alle diese Dinge im weiteren Sinne einschließt,| der Kleingarten- Vereine Deutschlands 850( in Worten: achthundert­Don der Nachtbeleuchtung über die Warmwasserversorgung zur Zentralheizung. Und die Axt steht in der Ecke und rostet. Anderes kommt hinzu, die Stadt mit ihrem Tempo und ihrem Betrieb, der keine Zeit läßt zur Besinnlichkeit und zur Einkehr.

Es gibt viele Menschen, denen dies alles eines Tages über wird, gründlich über. Denen es irgendwie schmählich vor­kommt, nie in ihrem Leben einen Eimer Wasser aus einem

Brunnen geschöpft zu haben, niemals einen Scheit Holz gespal­ten zu haben, niemals gesät, sondern immer nur geerntet zu haben, wobei die Ernte bestenfalls im Einkauf einer Mandel Eier oder eines Sacks Kartoffeln bestand. Es gibt eine Photo­graphie Don Thomas Edison und Henry Ford , diesen Hexen­meistern der Technik, roie sie in den Rocky Mountains in einem einfachen Blockhaus sitzen, in einer Ecke des Bodens ist ein steinerner Herd und über diesem Herd hängt an einer Kette der Kessel. Die Primitivität selbst. Aber alle Menschen können nicht in den Rocky Mountains oder auch nur im Allgäu sitzen; für Hunderttausende muß ein schmaler Grünstreifen an der Peripherie der Großstadt genügen. Was dort draußen an Lauben und Ställen, an Sträuchern und Pflanzen steht und mächst, ist für viele eine zweite Welt; klein, aber mein, können diese Bauern" der Riesenstadt von ihrer Parzelle sagen; ein halbroegs erfüllter Wunsch,

Von Klondyke zu Little Po- Po.

Rody Mountains wird jemand sagen, was hat das mit den Berliner Laubenfolonien zu tun. Aber sachte, sachte, die Vereinigten Staaten find unseren Pfahlbauern noch längst nicht meit genug. Bis zu den ewigen Eiswüsten Alaskas ziehen sie hinauf, wenn es gilt, ihrer Kolonie einen Namen zu geben: in Klondyke haben zwei Kolonien einen solchen gefunden; die eine liegt in Köpenick an der Grünauer Straße, die andere in Neukölln an der Harzer Straße. Auch die Sehnsucht ist also verschieden, den einen zieht es nach Rauch­fangswerder, den anderen nach Klondyke. Aber die stille Liebe Hunderter Laubenkoloniffen muß Afrika sein. Da wechseln die Namen in bunter Folge: Am blauen Nil, Diamantenfeld Lüderitzbucht( aus­gerechnet in Lichtenberg ), Burenland gleich ein paarmal, Rapland dazu, dann kommt Kamerun und Togo und ein halbes Dugend mal Transvaal , merkwürdig, immer fehrt Südafrika wieder, bis die Wüste Sahara ( Treptow , Bouchéstraße) für Afrika den Beschluß bildet. Selbst chinesische Namen sind vertreten, Tsingtau , Riautfchou und Port Arthur gleich zweimal und der Nordpol und der Südpol scheint ein schodmal verrutscht zu sein in die Gegend zwischen Pankow und Baumschulenweg . Dann tritt die zweite Riege vor, Namen, bei denen ein Till Eulenspiegel Bate stand; der schönste steht in Treptow an der Kiefholzstraße angeschrieben und der heißt: Cittle Bo- po. Man tönnte stundenlang dasigen und nur immer Little Bo- Po sagen. Wenn es genug ist, wollen wir weiterlesen: Kolonie Hungriger Wolf, Klein- ledersdorf. Naffes Dreied, Radieschenbund, Schweinefopf, Taube Blüte, Zigeunergrund und Zum ehrlichen See­manu, aber das hat nichts mit der Reeperbahn zu tun, sondern der Seemann sitzt in Neukölln an der Heidelberger- Straße. Im ganzen find dem Provinzialverband Groß- Berlin e. V. im Reichsverband

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undfünfzig) Kolonien angeschloffen. Das alphabetische Verzeichnis dieser Kolonien beginnt mit all denjenigen, die den Abend als Vor­filbe gewählt haben und schließt mit den Kolonien, die sich schlicht und bescheiden Wüste" nennen. Dazwischen liegen die Alpen und die Berge, die Blumen und die Felder, die Linden und der Mai, der Sommer und die Sonne, und hinter diesen Worten kommt dann immer-thal oder grund oder-höhe oder aue. Jeder Name hat etwas mit frischer Luft zu tun. Nur zwei Namen passen in feine Kategorie: Normannened, das befindet sich aber in Lichtenberg , und in Weißensee nennt sich eine Kolonie: Weißenseer Großbauern. Es verwundert immerhin, daß das Berliner Nationallied ,, Waldes. luft" teine Gnade bei irgendeiner Kolonie gefunden hat. Allerdings fangen mit Wald schon dreizehn Kolonien an.

An Nachbars Zaun.

genügt fein Brunnen mehr, er muß eine Mühle haben. Lauben­tolonisten scheinen niemals fertig zu sein, wer gar nichts mehr zu fun hat, der geht hin und setzt auf seine Laube einen Turm. Modell: der Dom zu Nordhausen . Oder er reißt die meißen Kalksandsteine, die feine Wege umrandet haben, heraus.und pflanzt dafür alte Hoch­spannungsisolatoren ein; die sind wohl auch weiß, aber immerhin aus Porzellan. Man muß einmal Laubenhunde beobachten, die sind es wert. Da hat ein Bauer an seine Datsche Datsche heißen die Lauben in Rußland geschrieben: Buschrosen, billig zu verkaufen. Dazu hat er ein Bild angeklebt, auf dem seine Busch­rosenpracht zu ersehen ist und der lateinische Name für diese Spezie der heimischen Flora steht auch gleich dabei. Ein Mann kommt und holt sich ein paar Rosen, er will vier haben, aber der Bauer sagi: Jott, nimm doch sechse, det kommt nich so druff an." Die Rosen werden eingewickelt und hingepact, während die beiden Männer noch ein wenig plaudern. Als der Käufer gehen will, sind die Rosen weg, nur der Hund schleicht querfeldein. Da ruft der Bauer: ,, Hund, mirst du runter vom Land!" Und flugs geht der Hund auf den Weg. Gut erzogen. Jetzt geht es weiter: Hund, wo hast du die Blumen hin­geschleppt?" Das hört der Hund und läuft in die Hütte. Der Bauer hinterher und holt aus der Hütte die Rosen. Vielleicht hat der Hund gedacht, was will der alte Kerl unsere Rosen wegtragen? Aber mag er auch nichts gedacht haben, die Laubenhunde, die haben etwas weg Dom letzten Frost.

Die Spielregeln der Kinder find emig. Die Achtjährigen fizen in einer Sanbfute und baden Kuchen. Hätten sie Wasser, würden fie Eierpampe machen. Die Zehnjährigen gehen einen Schritt weiter und schmeißen sich mit Sand. Einen geschlagenen Nachmittag lang. Nachher haben sie Lause Die Zwölfjährigen spielen Hockey. Mit den umgekehrten Krüden abgebrochener, halb zersplitterter Spazier­stöcke. Nachdem das Spiel 4: 0 für die Rangen der Kolonie Ge­mütliche Rehberger" steht, droht die Verlustpartei von jetzt an ,, janz jemein zu spielen". Was die Vierzehnjährigen machen? Die haben Es scheint aber nicht besonders zu schmecken und einer meint auch: fich auf eine nahegelegene Baustelle verzogen und rauchen Pfeife. ansteckt und Unfraut verbrennt, läuft die halbe Kolonie zusammen ,, Weeste, Knösel ist doch nicht det Richtige!" Wenn jemand Feuer

Mit den ersten Sonnenstrahlen erwachte wieder das Leben in den Laubenkolonien. Die Taufende von Männern, die Abend für Abend auf ihr kleines Stückchen Scholle ziehen, könnten doch getrost um diese Stunde ihre Hände in den Schoß legen, aber nichts von alledem: hinüber zur Laube, die Stiefel aus und die Pantinen an, ist eins. Dann geht es los. Der eine stand da und strich seine Laube, mit blutigroter Farbe. Die Nachbarn standen am Zaun und ulften: ,, haha, fief mal, Justan macht jetzt ein Gasthaus zum blutigen Gustav aber pinselte unverdrossen weiter. Ein anderer iff auf einen weitaufragenden Turmdhanmert und freut sich über die Flammen. Ja, lieber Herr," sagt einer ,,, da in den Abend hinein, als stände er in einer Schmiede. Was macht anders. Dann bst tommen, Kartoffelfraut brennt noch ganz denn der Mann da oben?"" Der macht sich ein Geländer um seine follen mal sehen, wie die Bauern nachher alle futtern!" Windmühle." An diese Auskunft schließt sich eine fleine Debatte, ob Mühle oder Brunnen; aber so ist das, diesem 76jährigen Mann

Knochen auf!" Gustav aber pinselte

Von der Mutter entfüh:.?

Achtjähriger Junge spurios verschwunden.

Seit dem 14. April ist der achtjährige Sohn Klaus des Kauf­manns Fint aus der Leffingstraße spurlos verschwunden. Es wird angenommen, daß der Junge von seiner Mutter, die von ihrem Manne geschieden ist, entführt wurde.

Die Vermißtenzentrale, bei der Anzeige erstattet worden ist, hat die Nachforschungen nach dem Verbleib des Kindes aufgenommen. Bisher wurde ermittelt, daß der kleine Klaus im Zentrum der Stadt wiederholt in Begleitung einer Frau gesehen wurde, die nach der Beschreibung nur die geschiedene Frau des Kaufmannes gewesen sein kann. Nach der Scheidung war das Kind zunächst kurze Zeit bei der Mutter, wurde dann aber endgültig dem Vater zugesprochen. Seltsamerweise schloß die Frau für den Jungen, ehe sie ihn ihrem früheren Manne über­ließ, eine Lebensversicherung über 20 000 Mart ab.

Das Kind ist etwa 1,10 Meter groß, hat dunkelblondes Haar, ein frisches ovales Gesicht und trug zuletzt turze Hosen, braunen Pullover, hohe braune Stiefel und eine blaue Bastenmüße. Zwed dienliche Mitteilungen nimmt Kriminalkommissar Bender bei der Bermißtenzentrale im Polizeipräsidium entgegen.

müssen Sie im

wir ein paar Knollen in die Glut, aber Sie

Das begrabene Kriegsbeil.

In einer Kolonie am Nordrand der Stadt fragten wir so im Borbeigehen einen Mann: ,, Haben diesen Winter wieder viele Kolonisten draußen gewohnt?" Ja, viele" war die Ant­wort. In dieser simplen Frage liegt die undankbarste Seite der ganzen Kleingartenbewegung eingeschlossen. Soweit über die Wohn­lauben Recht zu sprechen war, hat das Reichsgericht eindeutig gegen die Wohnlauben entschieden, so salomonisch verklausuliert das Urteil auch ist. Jetzt liegt vieles, wenn auch nicht alles an dem gerührten Herz der Baupolizei. Zur Stunde allerdings herrscht Waffenstill­stand. Denn die Berliner Bauordnung gestaltet vom 15. April bis zum 15. Oftober das Wohnen in den Lauben; nicht in allen, denn dann müßten neben den, beiden Gucaugen auch noch die Hühner­augen zugedrückt werden. Am 15. Oktober beginnt dann wieder der Krieg, wenn die ersten Räumungsbefehle in die Kolonien flattern. Für die Sommermonate aber ist das Kriegsbeil begraben. Wenn es zum Winter wieder losgeht, ist der Kampf ein schwerer für die Dauerwohner. Denn wie ein Dolch siht ihnen das Reichsgerichts: erfenntnis im Rücken. Es wird an der Stadt und ihren Instanzen liegen, teine Märtyrer zu schaffen. Denn das Wohnlaubenproblem ist nicht nur heißes, fondern glühendes Eisen. Es versöhnt einiger­maßen, daß die Wohnlauben ein starkes Regulativ im Garten selbst haben: das Graulen. Das nachstehende Gespräch ist nicht provoziert, zwei Frauen, die sich unbeobachtet fühlten, führten es: Schlafen

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