Nr. 204 48. Jahrgang
4. Beilage des Vorwärts
Sonntag, 3. Mai 1931
Pläne der Sozialreaktion.
Zum Kampf um die Invalidenversicherung.
verhältnisses zustande, um zur Entlastung fleiner Gemeinden nach Zurücklegung der kurzen Wartezeit Altersrente zu beziehen. Unter Hinweis auf diese Tatsachen betont Welker, es könne nicht Aufgabe einer Versicherung sein, mit ihrem Beitragsaufkommen solche öffentlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Je mehr an den Reichs zuschüssen gerüttelt und abgebaut werde, um so mehr würden und müßten die Versicherungsbeiträge den Charakter einer Sondersteuer der arbeitenden Schichten erhalten. Eine allgemeine Kürzung der an sich bereits viel zu geringen Rentenleistungen jedoch würde
Die Reform der Sozialversicherung" ist von der Bereinigung| vorgerüdtem Alter auf Grund eines Scheinarbeits ber Arbeitgeberverbände als eine der Schicksalsfragen des deutschen Volkes charakterisiert worden. Man kann dieser Charafterisierung beipflichten; denn eine Zerstörung der Sozialversiche rung würde an den Grundfesten des Staates rütteln. Auf eine solche Zerstörung laufen aber die Reform Pläne der Arbeitgeberverbände hinaus Sie wollen nicht reformieren, sondern nur abbauen. Der von ihnen geforderte Leistungsabbau foll in erster Linie dazu dienen, die innere Reparationslast, d. h. all die mit der Bekämpfung der Kriegsfolgen im weiteren Sinn verbundenen Lasten den notleidenden Massen, vor allem der Arbeiterschaft, aufzuhalsen.
Eine wirkliche Reform durch Neuorganisation und Ausbau zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Zweige der Sozialversicherung fordern die Gewerkschaften. Sie würden 3. B. voraussichtlich keine grundsäglichen Bedenten gegen eine gewiffe Gefahrengemeinschaft der alten Sozialversicherung, d. h. unter Ausschluß der Arbeitslosenversicherung, geltend machen. Seit langem haben die Gewerkschaften eine
Bereinheitlichung der Versicherungszweige gefordert, die in erster Linie die gesundheitlich geschädigten Arbeitnehmer betreuen. Allein von einer solchen Reform will man weder bei den Unternehmern noch auch im Augenblid im Reichs arbeitsministerium etwas wiffen. Die Unternehmer wollen einfach auf Kosten der Bersicherten paren", d. h. irgendwo die Renten abbauen, und die Regierung will mühlauf und mühlzu machen, d, h. irgendwo entstehende Defizits in der Sozialversicherung durch diese selbst deden lassen und ihr zugleich durch Abbau der Zuschüsse neue Lasten aufhalsen, für die eigentlich die Allgemeinheit zu forgen hätte. Das gilt vor allem für die Invalidenver. ficherung zu welchen ungerechtigteiten das führen muß, wird in der neuesten Nummer der Sozialen Bragis"( heft 18) von Belfer Berlin, dem Sozialversicherungsspezialisten des Allgemeinen Deutschen Gewertschaftsbundes, aufgezeigt.
Welter stellt fest, daß
die Finanzlage der Jnvalidenversicherung,
obwohl sie jetzt vom Vermögen zehren muß, bei weitem nicht so tatastrophal ist, daß dadurch ein allgemeiner Abbau der Renten auch nur zum Teil gerechtfertigt werden könnte. Das Rechnungsjahr 1930 habe noch mit einem Ueberschuß von etwa 50 Millionen Marf abgeschlossen. Für 1931 werde, wenn die Berhältnisse sich nicht bessern, mit einer Unterbilanz von 60 bis 65 Millionen Mart gerechnet werden müssen. Es sei also ein erstmaliger Zugriff auf das Vermögen erforderlich, und wenn 1932 die Beitragseinnahmen nicht höher seien als in dem unternormalen Beitragsjahr 1930, so sei mit einem weiteren Fehlbetrag von 130 bis 140 Millionen Mart zu rechnen. Bei ungün= ftiger Wirtschaftsperfpettive würde demnach bis zum Schluß des Jahres 1932 das Bermögen
nistrat
unter voller Aufrechterhaltung der jetzigen Leiffungen um rund 200 millionen Mart angegriffen werden. Der Gesamtvermögensstand( Reinvermögen) habe am Schluß des Jahres 1930 im ganzen 1632 millionen Mart betragen. Wenn auch ein starker Teil dieses Vermögens nur unter schweren fozialpolitischen Schädigungen flüffig gemacht werden tönne, so sei doch der liquide Teil groß genug, um unmittelbare Sorgen für die Fortgewährung der Leistungen noch für längere Zeit ausschalten zu fönnen. Eine 3 mingende Notwendigkeit, die Leistun gen sofort abzubauen, um so die Bersicherung über die Zeit der wirtschaftlichen Not hinwegzubringen, bestehe also feines
wegs.
bedeuten
-
ein Schlag gegen die Allerärmsten
ein Schlag, der im übrigen auch von den Fürsorgeverbänden nicht pariert werden tönne. Die Fürsorgeverbände brauchten einen Ausbau, nicht aber einen Abbau der Invaliden renten, da annähernd 30 Prozent der Sozialrentner noch in öffent licher Fürsorge stünden, weil die Sozialrente nicht ausreiche, um den allernotdürftigsten Lebensunterhalt zu bestreiten.
bringen müsse. Der Fehlbetrag für 1931 betrage jetzt schon 6,5 mil lionen Mark.
In den Telegrammen werden die Minister gebeten, den Demobilmachungstommissar anzuweisen, die völlige Stillegung der Anlagen nicht zu genehmigen da andernfalls die Stadt ohne staatliche Hilfe ihre Existenz nicht mehr aufrechterhalten fönne.
Der Streif in Niederlehme.
Die Streifenden verzichten auf Bettelfuppen.
Zur Beilegung des Streifs in Niederlehme, über den mir am 1. Mai ausführlich berichteten, hat der Schlichtungsausschuß in Potsdam die bisherigen Vertragsparteien zu Verhand Iungen geladen. Die Front der Streifenden steht heute nach fast fünfwöchigem Kampf noch genau so fest wie am ersten Streiftage. Es ist daher bodenlos dumm und zugleich gemein von den Gewerfschafts ,, strategen in der ,, Roten Fahne", zu behaupten, die Gewertschaftsbürokratie" wolle die Streifenden ,, perraten" und ihnen zumuten, für 70 oder 72 Pfennig Stundenlohn wieder in den Betrieb zu gehen. Die Gewerkschaften denten nicht daran, den Streifenden, die zu 98 Proz. freige wertschaftlich orga nisiert sind, einen Abbau ihrer Stundenlöhne um 21 Pfennig zuzumuten. Diese Verleumdungssucht ist jedoch sehr verständlich, weil nämlich die KPD . und ihre RGD. bei den Streifenden in Niederlehme nichts zu melden hat. Die RGO. ist den Streifenden in Niederlehme nur vom Hörensagen befannt. Eine Arbeitergruppe, die fast geschlossen und schon langjährig organisiert ist, hat es auch nicht nötig, fich mit Gemeindesuppen satt machen zu lassen, wie es inder kommunistische Gemeindevertreter in Niederlehme verlangte. Die sozialdemokratischen Gemeindevertreter haben im Einver nehmen mit den Streifenden, die von ihren Gewerks biederungsantrag abgelehnt. Dafür werden jedenfalls die Streifenden in Niederlehme zusammen mit ihren Organisationen forgen, daß ihr Streif nicht mit einem solchen„ Erfolg" endet wie bisher alle von der RGO.„ geführten" Streits.
Man darf erwarten, daß das Reichstabinett dieser Warnung die nötige Beachtung schentt, wenn es demnächst zu den brennenden sozialpolitischen Fragen Stellung nimmt.
Die Lasten der Wohlfahrt.
Für die Gemeinden.
8
Der Deutsche Städtetag teilt mit:„ Der Brauns Aus.schaften ausreichend unterstützt werden, diesen kommunistischen Anschuß hat in mehrwöchiger Arbeit eine Anzahl von Angelegen heiten behandelt. Die große und wichtige Frage aber, pon deren Lösung die Sanierung der fommunalen Finanzen abhängt, die Betreuung der sogenannten Wohlfahrtserwerbslosen und der Zunahme der Wohlfahrtserwerbslosen in Preußen B Klein städte CLand über 100 000 Einw. 20-25000 Einw. Auf je 1000 Einwohner
A Großstädte
29.39
25.37
21.15
In%
30. Sept.1930 100
30.IX.1930
21.31.XII.1930
31.III.1931
17.42
12.96
10.09
39.0
823
5.45
A
B
с
65.4
85.s
A. B
C
Z
Ausgleich der Wohlfahrtslasten zwischen Reich Ländern und Gemeinden, ist von ihm noch nicht in Angriff ge
nommen worden.
Die Gemeinden können die ungeheuerlich gestiegenen Kosten der Wohlfahrtserwerbslosenfürsorge nicht allein tragen, die Finanzlage der Gemeinden muß sich, weil die Zahl der Wohlfahrts. erwerbslojen nach wie vor steigt, von Monat zu Monat ver= schlechtert. Die dringend erforderlichen Entschlüsse der ReichsDie unerwartet schnelle Bertnappung der Firegierung hängen von der Stellungnahme des Brauns- Ausschusses nanzen der Invalidenversicherung ist, wie Welker zahlenmäßig ab, jede weitere Woche der Verzögerung richtet außerordentlichen nachweift, zu einem guten Teil auf den Schaden an. Deswegen hat der Deutsche Städtetag namens der deutschen Städte den Brauns- Ausschuß gebeten, vorweg an die Lösung des Problems der Wohlfahrtserwerbslosen einschließlich der Reugestaltung der Krisenfürsorge heranzugehen, zumal diese Frage unabhängig von der eigentlichen Reform der Arbeitslosenversicherung erledigt werden kann."
Ausfall der Reichszuschüffe
Für Jugendschuh.
Rundgebung der Metallarbeiterjugend.
Im Rahmen der Frühjahrswerbung der freigewerkschaftlichen Berliner Jugendzentrale veranstaltete der Metallarbeiterverband zu Donnerstagabend im Gewerkschaftshaus eine Werbekundgebung für die Metallarbeiterjugend. In ihrem Mittelpunkt stand ein Bortrag des Genossen Schliestedt vom Hauptvorstand des Metallarbeiterverbandes über die Bedeutung und Notwendigfeit des Jugendschutes. Mit zündenden Worten umriß er die seit Jahren von den Gewerkschaften erhobenen Forderungen nach gefeßlicher Regelung des Urlaubs der Jugendlichen, aus reichenderer Freizeit, besserer Berufsausbildung, Bezahlung der Schulzeit, Herabsehung der Lehrzeit usw. Seine begeisternden Ausführungen flangen aus in den Appell an die jungen Metallarbeiter und Metallarbeiterinnen, sich einzureihen in die gewerkschaftliche Front, deren Geschlossenheit in der jetzigen Zeit der Reaktion auf allen Gebieten mehr als je notwendig ist.
=
Der Arbeiterfängerverein Fichte Georginia trug zum Gelingen der Veranstaltung ebenso bei, wie der Sprech- und Bewegungschor der Berliner Gewerkschaftsjugend, der die Kundgebung mit dem padenden Sprechchorwerf ,, Streit" beschloß.
Niederlage der RGO.
Bei den thüringischen Staatsforstarbeitern.
Zu der Wahl des Hauptbetriebsrats für die thüringischen Staatsforsten hatten außer dem Deutschen Landarbeiterverband auch der Reichsverband ländlicher Arbeitnehmer( chriftliche Gewerkschaft) und die RGD. Listen aufgestellt. Insgesamt wurden 1481 Stimmen abgegeben, 29 davon waren ungültig. Bon den 1452 gültigen Stimmen erhielt die Liste des Deutschen Landarbeiterverbandes 1224 Stimmen, die des Reichsverbandes 165 und die der RGO. 63 Stimmen. Die fünf Vertreter und fünf Stellvertreter stellt mithin der Landarbeiterverband. Reichsverband samt RGD. gehen leer aus. Im Borjahre hatten der Landarbeiterverband vier und der Reichsverband einen Bertreter, die RGD. feinen. Damit hat die RGO. ihre vorjährige Position hundertprozentig behauptet.
Sonderbare Fürsorge.
Fürsorgelehrlinge, die nicht versicherungspflichtig sind.
zurückzuführen. Diese Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln sind aber- Belter betont das besonders ausbrücklich gerade bei der Invalidenversicherung durchaus begründet, denn sie ist mit einer großen Zahl Berpflichtungen belastet, die ihr durch politische und wirtschaftspolitische Ratastrophen zu gefallen sind, oder die als reine Fürsorgeaufgaben betrachtet werden müssen. Die Invalidenversicherung hat z. B. eine ganz erhebliche Rentenlaft als kriegsfolge zu tragen. Nach einer fehr vorsichtigen Schäßung fommen 100 000 Invaliden, 330 000 Baisen und 50 000 Witwenrenten noch heute als reine Kriegsfolge Wegen der beabsichtigten völligen Stillegung der in Frage. Jedenfalls ist die Laft der auf schwere Kriegsverlegung Satanlagen Rheinelbe Alma in Gelsenkirchen hat zurückführbaren Invaliditätsfälle ganz bedeutend. Ferner sind, wie Oberbürgermeister 3 immermann an den preußischen Innen. Belter weiter ausführt, von der Versicherung Inflations minister sowie an den Handels- und Finanzminister Telegramme Reichsversicherungsamt und Reichsarbeitsministerium vertreten schäden insofern zu tragen, als bei der damals vollzogenen gerichtet, in denen darauf hingewiesen wird, daß durch die Still- vorbehaltlich einer Entscheidung im Rechtswege- den Standwirtschaftlichen Umschichtung mancher fleine, bis dahin versicherte legung der Schachtanlagen 900 Arbeiter und 70 An- puntt, daß eine Lehre in den Lehrwerkstätten der Fürsorge oder Rentner in sehr vorgeschrittenem Alter erst zur Bersicherung fam, um gestellte ermerbslos würden Gelsenkirchen könne diefen Pflegeanstalten feinen freien wirtschaftlichen Austausch von Arbeit nach knapper Erfüllung der geringen Wartezeit( 200 Wochenbeiträge)| neuen Schlag nicht ertragen, da ein abermaliger Steuerausfall zu und Lohn, sondern eine obrigkeitliche ZwangsmaßAltersrente zu beziehen. Nach Wahrnehmung ländlicher Ber- sammen mit dem Konsumrüdgang und den zunehmenden Wohlnahme darstellt. Eine ausschlaggebende Bedeutung sei dem Ummfichertenvertreter fommt noch heute manche Versicherung in fahrtslasten die völlige Zerrüttung der städtischen Finanzen mit sich stand nicht beizumessen, daß zwischen dem Borstand der Fürsorge
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In einem am 25. April im ,, Reichsarbeitsblatt" veröffentlichten Erlaß nimmt das Reichsarbeitsministerium zu der Frage der Kranken- und Arbeitslosenversicherungspflicht der Lehrlinge aus den Lehrwerkstätten der Fürsorge- oder Pflegeanstalten ablehnend Stellung.
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