Späte Anklage. Oer deatschnationale KorroptionSskandal vor dem Richter. Gcmz versteckt, in einer Beilage der Hugenberg-Presse. schämt sich ein Notizlein von fünf Zellen. Es schaut so aus: „Die Berliner Staatsanwaltschaft I hat gegen den Kaufmann und Apotheker Uralzcff und gegen den Dresdener Rechtsanwalt Türk wegen Betruges und schwerer Urkundenfälschung nunmehr Anklage erhoben. Gegenstand der Anklage ist das sogenannte R u s s e n g e s ch ä f t." Ob wohl ein einziger Leser beim Ucberfliegen dieser Unschulds- notiz ahnt, dah sich hinter ihr verbirgt— die späte, die sehr späte gerichtliche Behandlung eines riesengrofjen deulschnationalen Sorruptionsskandals?! Hinter diesen wenigen Zeilen taucht der Skandal der Raiffeisen-Bank auf, der schon 192Z als Gerippe im Hause der Deutschnationalen stand, während sie aus den Fenstern mit vollen Backen„Barwat!" trompeteten! Wäre von dem Fall U r a l z e s s- Raiffeisen-Bank nur ein Zehntel dessen in der Oejfentlichkeit bekannt geworden, was über Barmat gelästert wurde,— kein Nationaler würde heute mehr wagen, das Wörtchen„Korruption" auch nur auszusprechen. Etwa üg Millionen Mark haben die deutschnationalen Direktoren der Raisseisen-Vpnk innerhalb weniger Monate dem gänzlich unbekannten Abenteurer Uralzeff in den Schlund geworfen,— nur auf seine Vcr- sklerung hin, daß er russischer Flüchtling und ehemaliger weiß- gardistischer Offizier sei. Dabei ist nicht einmal der Name des Mannes echt,— es wird mit guten Gründen behauptet, daß der „Ruise Uralzeff" in Wirklichkeit ein Balte namens Maljawfki ist! Aber Uralzeff hin. Maljawski her— wesentlich bleibt, daß die deutschnationalen Raiffeisen-Direktoren, an der Spitze der Reichs- tagsvizepräsident Dietrich- Prenzlau, bedenkenlos die ihnen an- vertrauten' Gelder der Raiffeisen-Genossenschaften und der Preußen« lasse in die unergründliche Tasche des Abenteurers entleerten. Erst als fünf Jahr« später«in von der Sozialdemokratie eingesetzter Untersuchungsausschuß des Preußischen Landtags diese Dinge aufdeckte, wurde die Schande ihres Treibens endlich der Welt bekannt. Einige Wochen, nachdem dieser Ausschuß seine für die deutschnationale Mißwirtschaft vernichtenden Feststellungen ge- troffen hatte, wurde der ehemalige Reichslagsvizepräsidenl Dietrich al« Leiche aus dem lleckersee gezogen. Und so werden denn Herr Uralzeff und sein Anwalt im kom- wenden Prozeß allein auf der Anklagebank Platz zu nehmen haben.... Im kommenden Prozeß! Ob er wohl jemals stattgefunden hätte ohne die aufrüttelnde und aufklärende Arbeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses? Im Herbst 1924 hat der Millionenbetrug stattgefunden, jetzt, nach 6% Jahren ist glücklich— Anklage erhoben! Im gleichzeitigen Falle Barmat soll nach nationalsozialistischer Behauptung ein«„gefesselte" Justiz die Schuld daran tragen, daß die Prozeßverhandlung gegen Barmat„erst" im Jahre 1926 durchgeführt werden konnte. Nun, welche deulschnationalen Einflüsse haben hier den«Sang der Rechtspflege so zum Schneckentempo verlangsamt, daß allein zur Erhebung einer Anklage mehr als sechsJahre nötig waren? 26 Millionen sind immerhin tan Pappenstiel, und im Untersuchungsausschuß haben selbst die Deutschnationalen nicht einen Augenblick an dem durch und durch betrügerischen Charakter der Uralzeff-Geschäfte gezweifelt. Vielleicht wird der kommende Prozeß in diese und damit zusammenhängende Fragen etwa« hineinleuchten! Fn'cks Vorsorge. Oer gutgläubige Landtag von Nazi« übertölpelt. Weimar . 4. Mai. (Eigenbericht.) Di« von Frick verfügt« Amtsenthebung der sozial« demokratischen Lehrer, Landtagsabgeordneter Mäder- Altenburg und Lehrer Bickel-Bisenberg ist inzwischen rückgängig gemacht worden. Die betreffenden Lehrer befinden sich bereits wieder im Dienst. In der Montagsitzung des Landtags teilte der Präsident mit. daß die Gefchäftsoerteilung in dem Mini- sterium wie folgt vorgenommen werden soll: das Finanz- und Wirt- fchaftsministerium soll Staatsmwister Baum übernehmen, das Innen-, Bolksbildungs- und Justizministerium soll Dr. Kästner er- halten. Di« Komunisten und Nationalsozialisten wandten sich gegen diese GeschästsverteUung und zweifelten an, daß Dr. Kästner fähig fei, die Volksbildung zu verwallen. Der Landtag stimmte der Geschäfts- Verteilung bei Stimmenthallung der SPD . zu. Bor dem Eintritt in die zweite Lesung des Etats betonte Finanzminister Baum, daß für die notleidenden Gemeinden, die mit Wahlfahrtslasten stark belastet seien, 2 Millionen Mark zur Verfügung gestellt werden sollen. Die allgemeine Aussprache verlief sehr stürmisch. Die National- sozlalisten tobten. Ihre Abgeordneten Papenbrock, Wachtler und Ludwig wurden von der Sitzung auegeschlossen. Interessant war im Verlauf der Sitzung die Feststellung der v o l k»- parteilichen Abgeordneten Knittel und Dr. Witzmann, die Nazis hätten bei der Regierungsbildung im Januar 1936 e r- klärt, daß Dr. Frick auf alle feine Beomtenrecht« und. anspräche in Bayern verzichtet habe. Deshalb hätte seinerzeit die Dolkspartei den Sonderabmachungen mit Frick zugestimmt. Die Nazis bestreiten das. Sie beschwerten sich serner darüber, daß der gegenwärtige Volksbildungsminister Dr. Kästner Ermittlungen darüber anstellt, welche Lehrer dem nationalsozialistischen Schülerbund angehören und denselben fördern.
Oer beleidigie Kammerpräsident. Oer„Ansriff" verurieitt. Bor dem Schöffengericht Berlin -Mitt« hatte sich der Redakteur de«„Angriff", Krause, wegen Beleidigung des Aamruergerichts- Präsidenten Tigges zu verantworten. In einem Artikel des „Angriff" vom 2. März d. I.:„Was hallen Sie vom Kammer- gerichtsprästdenten? Tigges stellt sine Falle", wurde der Kammer- gerichtspräfident Tigges als Vertrauensmann und Parodepferd der Tributparteien bezeichnet und von ihm behauptet, er Hab««inen Kammergerichtsanzeftellten P. eine Falls gestellt. Das Gericht stellt« fest, daß die Behauptungen de«„Angriff" nicht der Wahrheit entsprächen, daß der Kammergerichtspräfident volltommsn ordnungsgemäß gehandelt habe und daß kein« Red« davon sein könne, er hätte einem Beamten„eine Falle" gestellt. Der Angeklagte wurde wegen Beleidigung und übler Nachrede zu 566 Mark oerurteilt. Der Staatsanwalt hatte 1666 Mark beantragt
Blühende Volkswirtfchast.
rVlfiL tgS"---- Oer Ladenbeflher:„Die prelfe sind erhöht, die Löhne gesenkt. Soweit ist volkswlrischafilich alles in Ordnung. Nun fehlen mir nur noch die Käufer!"
Zu Honduras haben die Kämpf e zwischen Aufständischen und Regie rungstruppen 266 Menschen das Loben gekostet.
Mitte März üb«rrafchte die Nazi-Presse im Reich kne Oeffent- lichkeit mit der Mitteilung, daß auf den Berliner Naziführer Dr. Goebbels «in„Bombenattentat" geplant worden fei. Goebbels sei ain 16. März in den Besitz eines Paketes mit Sprengkörpern gelangt. Er habe sofort die Oeffnung der Sendung„in feiner Gegenwart" angeordnet und Borkehrungen treffen lassen, daß eine etwaig« Explosion nicht die anderen Räume in der Hedemannftrahe in Berlin gefährde. In Goebbels Gegenwart seien dann in der Sendung acht Sprengkörper. Pulver, Sand und Eisen stück« gefunden worden. Spegialisten des Berliner Polizeipräsidiums sollen auf Grund des Fundes— wie die gesamte Nazi-Presse weiter mit- teilt«— erklärt haben, daß nur durch einen glücklichen Zufall und die Vorsicht aller Beteiligten ein schwere? Unglück vermieden worden sei. Tagelang benutzte insbesondere das Berliner Nazi-Organ die Gelegenheit, um Herrn Goebbels auch noch die Gloriole des Mär- tyrers und Helden zu verschaffen. In zahllosen Versammlungen wurde seine Gefolgschaft gegen die„ruchlosen Attentäter" aufgehetzt. Jetzt wird der ganze Vorgang als Schwindel entlarvt. In der nsuesten Nummer der Hal-bwochensthrift von Stennes, die heute er- schienen ist, wird zu dem„BombenattentataufGoebbels" ein««ides stattliche Erklärung des früheren Boten- meisters der Berliner Gaugeschäftsstelle der Nazi» veröffentlicht, durch die Goebbels und feine Umgebung wieder einmal in das richtig« Licht gestellt werden. Der betreffende Botemneister ist der Mann, der das Paket mit der Bomb« als erster in Empfang nahm, Goebbels aus seinen verdächtigen Inhalt auf- mertscnn macht« und der, al« er sich bei der Berliner SA.-Revolle auf die Seite von Stennes stellte, von Goebbels auf die Straße gesetzt wurde. In semer eidesstattlichen Erklärung heißt« u. a. wörtlich: „Als ich am 15. März mittags ein« braune, in Berlin auf- gegebene, für Dr. Goebbels bestimmte Papphülse erhielt, machte ich deren Deckel vorsichtig auf und bemerkt« einige Schnüre und eine Streichholzschachtel. Ich ging sofort mit der Sendung zum Doktor, der erschreckt von seinem Stuhle hochsauste und mir mit lauter, kreischender Stimme den Befehl gab. die verdächlige Sendung sofort herauszubringen und aus dem Hofe zu öffnen, um den Inhalt festzustellen. Ich bin dann entgegen der Anweisung in«inen Nebenraum ge- gangen, da ich die ganze Sache mehr für einen Ulk als für einen Attentatsversuch hiell und auf dem Hof auch eme Explosion unob- sehbare Folgen gehabt hätte. Was ich dann in Gegenwart eines Kameraden in der Sendung feststellte, war alles andere al, lebensgefährlich. Ich fand sieben oder acht sogenannte Frösche, wie wir sie als Jungen oft auf der Straße abbrannten. Die Frösche waren mit einigen Fäden untereinander verbunden. Es befand sich ferner ein« leere Streichholzschachtel in der Hülfe. Das war aber auch alle«. NU- mals waren Pulver, Eis enteil« oder gar Sand in der Sendung ent- halten. Wenn im„Angriff" etwas Derartiges behauptet wurde, ist es einfach erlogen. Ich behaupte, daß es nicht einmal
einen Knall gegeben hätte, wäre das Paket ohne jed« Vorsichtsmaßnahme geöffnet worden. Wenn Herr Dr. Goebbels damals und heule noch behauptet, er habe der Oeffnung persönlich beigewohnt, so lügt Dr. Goebbels . denn diese Behauptung ist eine bewußte Unwahrheit. Es entzieht sich meiner genauen Kenntnis, wer der eigentliche Verfasser des„Angrrfs"-Artiksls war. Ich weiß nur, daß Goebbels ' damaliger Favorit den Befehl erhielt, den Artikel zu schreiben, und daß dieser in telephonifcher und mündlicher Unterredung dann von dem Doktor verschiedentlich noch umgeändert wurde. Der bcttesfend-e Redakteur ist es auch gewesen, der, ebenfalls auf Befehl soinss Chefs. am nächsten Tage die Verhaichlungen. über das Bomb.eizatteutgt.mit dem Berliner Polizeipräsidium zu sichren hatten-Achim kann weiterhin erklären, daß dieser Redattsur und der T» p h o n ist Adolf Wagner den Gauletter Goebbels darauf auf»- merksam gemacht haben, daß es ihnen, die beide SA.-Leute tuareu, einen Schlag ins Gesicht bedeutete, daß man hier wegen eine Läpperei die ganze Partei aufrührerisch mache, während die Leiden so unend- lich vieler DA.-Kameradcn niemals erwähnt würden. Wagner hat Dr. Goebbels auf das Beispiel Mussolinis hingewiesen, der fünf Minuten nach dem auf chn verübten Revolverattentat mit blutend«», Gesicht ein« Rede an Zehntausende hielt, ohne des Attentats und seiner Verletzungen Erwähnung zu tun. Alle diese Vorhaltungen vermochien nicht zu verhindern, daß diese, skandalöse„Bombenatkentat" ganz groß ausgemacht wurde. Ich kannte Dr. Goebbels seit Jahren und es war mir klar, daß zu« mindest Wagner seine mutige Einstellung in kurzer Zeit mit Ent- lassung zu büßen haben würde. Dieser Fall ist ja nun eingetreten. Das ganz« Attentat war ein plumper Ulk und Goebbels hat davon Kenntnis gehabt." In der gleichen Nummer des Stennes-Organs wird dann noch im einzelnen gofchildert, was der enthüllende Botenmeister, ein ge- wisser Eduard Weiß, bis zu feiner Entlassung für Goebbels geleistet hat. Wir entnehmen diesen Schilderungen einen Vorgang, der sich anlößlich einer Bersaimnlung des Herrn Goebbels in Berlin -Ober- fchöneweide abgespielt haben soll. Damals hatten die Kommunisten gedroht, Goebbels mit Gewalt am Reden zu verhindern Was ge- fchah? Das Stennes-Organ berichtet darüber:„Umfassende Bor- tchrungen zum Schutz de« Berliner Gauleiters Goebbels wurden mm für diesen Abend getroffen. In seioem Mercedeswagen mußte auf dem Sih neben dem Chauffeur, der sonst für Goebbels reserviert ist. Eduard Weiß platz nehmen, in einem geliehenen grauen Mantel, wie ihn Goebbels im Winter stets trug. Der Dottor(gemeint ist Goebbels ) aber faß in einer Autotaxe, auf die niemand achtet«. Damals war Eduard Weiß der illegal« Kugvl- fang für den legalen Berliner Führer der Hitler -Partei. Heut» ist er unter Mißachtung aller gesetzlichen Schutzbestimmungen von eben diesem Manne illegal und brottos auf die Straße gesetzt worden."
Hoover für Landabrüstung. Eröffnungsrede aus dem Kongreß der Internationalen Handelskammer.
Washington . 4. Mal.(Eigenbericht.) Auf dem V. Kongreß der Internationalen H an- delstammer. der am Montag la Washington erössnet wurde und als feiaev künftigen Präsidenten den Präsidenten der verllner Handelskammer Aranz von Mendelssohn wählte. nahm n.a. der amerikanisch» Staatspräsident Hoover da» Wort zu einer Red», in deren Verlauf er sich n.a. auch über die de- vorstehende Landabrüstnng äußert«. Hoover betonte, daß aar durch die Begrenzung und dl« Herabsetzung der Rüstungen gegenseitige» Vertrauen erreicht werden könne...DU well— so fuhr er fort— gibt jährlich 5 Milliarden Dollar für Lüstnngen ans. Da» sind 70 Proz. mehr als vor dem Welkkriege. Immer noch stehen 5% Mil
lionen Mann unter den Waffen. Wie kann angesichts diese» An- stände« die Welkwirtschaft gehaben, wie kann Vertrauen in Hzmdel und Verkehr und in die Sicherheit von üaplttllzanlagen zurückkehren? Die gegenwärtigen Rüstungen in allen Staaten der Welt sind e�: Verschwendung nngehenrer Teile de» nalionalsn Vermögens und nichts ist mehr zu wünschen, al» daß dje he- vorstehende Genfer Abrüstungskonferenz endlich zu einem Ii«« gelangt. Amerika hat seine Landslreitk röste im Verhältnis bereit» stärker verringert als alle anderen Staaten. Es wird der Abrüstung»- konfereuz auch weiterhin sein Interesse zeigen und wünsch« nicht» sehnlicher, als daß das Problem der Landabrüstnng endllch zum Ruhen der Völker mit Entschiedenheit in Angriff genomm-m wird."