Nr. 212» 48 Jahrgang Freitag, S. Mai �931
Ssn«s««n in Alt-Berlin Freilegung des„Hohen Hauses" von 1356.
Bei den Abritzarkeiten in der K l o st e r st r a ß s. die für«inen Eroeilerungskou des WercheimwareNhauses vorgenommen werden, ii: ein« CiUdeckung gemacht worden, die für den Erforscher der Ge- schichte Berlins von größtem Interesse«st. Das alte Haus, Kloster. straße 76, in dem sich einst die Landrä-Weißbierstuden befanden, ist bereits bis zum ersten Stockwerk abgerissen. Beim Abschlagen von Putz entdeckt« man in der Mauer einen gotischen Tor» bogen. Es stellte sich heraus, daß in dem alten Hau» Mauer» reste jener alten martgräfltchen Residenz enthalten sind, die im Jahre 1ZS6 gebaut wurde. Kaiser Karl lV.. der bekannt- lich seine Residenz in Tangermünde errichtete, ließ dieses Gebäude aufführen, Das Haus ist unter dem Namen.Lohe» Haus" in der Geschichte Berlins bekannt Es ist kein Hochhau« in unserem heutigen Sinne, aber mit seinen drei Stockwerken und dem hohen gotischen Giebel, der zur Klosterstraße hin lag, überragt« es bei weitem die niedrigen, meist einstöckigen Häuser der Umgebung. Der Eindruck der Höhe wurde noch dadurch unterstützt, daß das Hau» nur 4,5Q Meter breit war. Mau hofft, bei weiterem Abbruch durch Freilegen der Grundmauern einen genaueren Einblick m die Anlag« des Hauses zu bekommen. Bus jetzt sind schon einige wichtige Funde gemacht worden. Drei bi« vier Fenster-, bzw. Türöffnungen sind freigelegt. Wunderschöne Formsteine, alte märkische Ziegel- steine großen Formate mit einer Zierleiste, sind eine ganze Reihe gefunden worden. Leider ist die Entdeckung erst gemacht waren, nachdem die spitz zulausenden Giebelmauern bereits ob- getragen worden sind. Da aber die Klosterstraße im Laufe der Jahrhunderte durch Aufschüttungen ein ganzes Stockwerk höher ge- legt wurde, befindet sich also noch ein ganzesStockwerkdes alten Hauses unter der Erde. Dielleicht erlebt man noch einige tleberraschungsn, wenn man auf die Grundmauern stößt, die vielleicht aus einer noch früheren geschichtlichen Epoche herrühren können. Wie also feststeht, hat Friedrich I., 1686 etwa, die alt« markgräflich« Residenz umgebaut. Die massiven Mauern de« alter. Baue» sind dabei also stehengeblieben. Di« Leitung de« märkischen Museums ist bereits kurz nach Bekanntwerden der Entdeckung an der Abbruchstells mit Untersuchungen beschäftigt. Es wäre zu wünschen, daß die Reste d«s Baues, ehe die Abbrucharbeiten be» endet werden, von dem anhaftenden Putz befreit werden, damit
die Struktur der darunterliegenden Mauer den Augen des Forschers freigelegt wird. Berlin ist so arm an Denkmälern, die von seiner Geschichte erzählen, daß es sich wirklich verlohnt, die geringen Mittel, die zu dieser Arbeit notwendig sind, aufzubringen.
Der freigelegte Torbogen in der Kloeierstraße mit den Resten der MarRgraienresidenz ans dem Jahre I3S6
Luwelenraub aufgekläri. Gefährliche Sande hinter Schloß und Niegel. Der Zaweleuraub ln der Kaaoalerstraße 11, bei dem die Täler am vergangenen Montag werte im Betrage von 15 000 M. erbeuteten, ist durch die Festnahme der fünf- käpflgen Lande» ans deren Konto eine ganze Reihe von Raubüberfällen der letzten Zeit kommen, restlos auf- geklärt worden. Durch die schnellen Dsrnehmungen kamen die Kri-minalkom» misfare Nebe und Kollath in den Besitz wertvollen Spuren Materials. Nacheinander gelang Schlag auf Schlag die Festnahm« der Der- brechsr. Die Verhafteten sind der 24jährige Ehausteur Johanne« R a d k e. der 35jährige Händler Leo Jakubowski. der 47jährige Franz Spernau und der 23 Jahre alte Ehauffeuk Oskar Ret- ner. Nach dem fünften Banditen, einem 24jährigen Topegierer Oskar Paulich, wird noch gefahndet. Fast die gesamte Beut« aus dem Iuwelenraub wurde in der Wohnung des Händlers I ak u- b o w f k i in der D r a g o N« r st r. 16 gefunden. In der Polsterung eines Sessels waren die Edelsteine versteckt. Als Haupttäter ist Spernau anzusäen, der seinerzeit bei dem gelungenen Raubüber-
Koman aas dem Uftf ariKhes Tön Alexacder röft Sacher-Maioek. Armes Tierchen! Er sah so aus wie ein kranker, kleiner Säugling. Vergebens hüllte ihn Mister Jack in sein Winter- röckchen, umsonst nähte Frau Griselde Pelz und Watte darauf, seine kleine Fratze fror dennoch auf diesem Weg. Und während der Vorstellung mußte auch er sein dünnes, rotes Kleidchen anziehen. Er war erkältet, räudig, nieste. hustete und oersteckte sein Köpfchen traurig vor dem kalten Wind in Mister Jacks Achselhöhle. Wir erreichten den Hypodrom. Ich hatte auch früher schon die Köpfe meiner Kameraden in den Fenstern der Tenne erblickt. Aber jetzt bemerkt« ich, daß ihr Beispiel befolgt wurde und auch von der hier ver» sammelten Handwerkerjugend immer mehr und mehr auf die Tenne kletterten. Es war nicht verräterische Absicht! Ich selbst erwartete vielleicht am aufgeregtesten das herbeiströmende Publikum und die Verkürzung der Komödianten durch Gratiszuschauer empörte mich. Genug, ich lenkte Freddys Aufmerksamkeit aus die Tenne. „Die Schurken!" Freddy sah ärgerlich hinauf. Aber dabei wäre es vermutlich geblieben. Zufällig stand jedoch Gignore Robelly neben uns und als auch er die neugierige Jugend erblickte, nahm er die Sache ganz anders auf. Dieser Signore Robelly war auch sonst«ine heftige, ewig spöttelnde und geizige Figur. Cr sagte gleich zu Freddy. daß man so etwas nicht ohne weiteres hinnehmen dürfe und ergriff sofort seine Reitpeitsche, rief Freddy zu sich und nun traten sie aus dem Hypodrom vor die Tenne hinaus. Ich beobachtete die Sachs vom Eingang her: Was wird geschehen? Es kam mir der Verdacht, daß meine Spiel» kameraden chren Verrat als meine Rache auffassen würden, was ja zum Teil auch stimmte., „Herunter! Herunter!" horte uh Robellys erregtes
fall auf das Mietbüro der Cäcillengärten in Schönebsrg eins erheblich« Rolle spielte. Spernau war der einzige, der sich den: Zugriff der Polizei bisher hatte entziehen können. Als er in einem Lokal in der Lottumftraße verhaftet wurde, trug er zwei scharf geladene Pistolen in seinen Taschen. Di« Band« ist weiterer Ueberfälle bereits überführt. So ist festgestellt worden, daß auf ihr Konto auch der Bandenüber- fall. auf den U-Bahnhof Onkel Tom» Hütte und der Ueberfgll aus die Kassenb oten des Arbeitsamtes in KcnckSdorf. wo 8O00 Mk. erbeutet wArdon, kommt.
LleberfaN im Fleischerladen. Täter mit IlK) Marl entkommen. Ein verwegener Raubüberfall wurde gestern ans die ?> 7jährige Inhaberin der Schlächterei Moses in der Üüdea straße 11 in Spandau verübt. In den Nachmittagsstunden erschien unter der Maske eines Kunden ein etwa 36jähriger Mann, der für 46 Pfennig Wurst verlangte. Als Frau Moses auf ein Fünfzigpfennigstück herausgeben wollte, griff der„Kunde" blitzschnell in die Laden»
Geschrei zu den Tennenfenstern hinauf. Das war freilich erfolglos. Gerade, daß ich diesmal kein Gelächter oder Spötteln droben erlebte. Sie zogen sich einfach aus den Fenstern zurück. Da sehe ich plötzlich, daß Signore Robelly zur Cisentür der Tenne tritt. Was bedeutete es für ihn. sich hinaufzu- turnen! Kaum legte er seine Hand an den oberen Riegel, sprang er auch schon durch das Fenster hinein. Man vernahm nur einen kurzen Wortwechsel und etwas Lärm, im nächsten Augenblick drängten sich bereits oben im Tennenfenster meine Kameraden in großer Hast gemeinsam mit der Hondwerkerjugend. Die Allerkühnsten ließen sich bei den Händen vom Ten- nenfenster herabbaumeln und sprangen hinunter. Solange. bis einer von ihnen auf der vereisten Treppe ausglitt, und zwar gründlich. Er griff sich mit beiden Händen an den Kopf und begann fürchterlich zu jammern. Dieser Anblick ließ die anderen oben zurückschrecken. Sie begannen zu beraten, wie sie gefahrloser hinunterkönnten. aber schnell. Aber in diesem Augenblick erschien Signore Robelly in ihrer Milte. Fluchend stieß er sie beiseite und blickte hin- unter, um den verunglückten Knaben zu sehen. Nun, der gab bereits in der Mitte des Platzes Fersengeld, unaus- sprechliche Segenswünsche zurückbrüllend. Freddy stand inzwischen ruhig neben der Treppe der Tenne. Jetzt ergriff Signore Robelly, offenbar vom nahen Vor- stellungsbeginn gedrängt, einen der Kerle am Kragen und ließ ihn im nächsten Moment vom Fenster niederboumeln, während er Freddy etwas zurief. Freddy stellte sich darauf oben auf die Treppe. Signore Robelüz ließ den Knaben hinuntersausen» Freddy fing ihn auf, stellte ihn auf die Füße und gab ihm noch einen Stoß mit auf den Weg. So reichte Robelly einen nach dem anderen herab, dar- unter Kerle, die um einen Kopf größer waren als Freddy. mit schrecklichem Gebrüll alle jene hervorrufend, die sich in der Tiefe des Bodenraumes verkrochen hatten, vielleicht da- mit rechnend, unbemerkt zu bleiben. Signore Robelly sprang schließlich nach dem letzten Passagier einfach vom stockhohen Tennensenster auf die Erde. All dies ging fast lautlos und in großer Eile van statten, zum Gaudium des vor dem Hypodrom versammelten Publikums.
lasse und packte ein Bündel Banknoten, das zu einer Zahlung bereit lag. Geistesgegenwärtig schob die Schlächtersfrau die Schublade wieder zu, so daß di« rechte Hand des Räubers eingeklemmt wurde. Dann ergriff Frau M. ein langes Schlächtermesser, um die Fausthiebe des Verbrechers abzuwehren. Der Räuber halle jetzt eine Handvoll Pfeffer hervor und warf ihn der Frau ins Gesicht. Die Ueberfallene muhte, von Schmerzen gepeinigt, loslassen und der Täter konnte mit seiner Beute von rund 766 Mark flüchten. Der Bursche, der etwa 1,86 Meter groß ist. hat im Gefüllt einige Stichverletzungen davongetragen. Außerdem muß er an der Hand schwere Quetschwunden erlitten haben.
Tragödie»er Kanalschwimmerin Meineid aus Liebe und seine Folgen. Breslau . 7. Mai. Eine eigenartige herzeuslragödie, in deren ZNilkelpunkl ein« bekannte Sportlerin steht, wurde in einer Verhandlung vor dem Breslau «? Schwurgericht aufgerollt. Die ehemalige Kanal. schwimm eriu und Rekordinhaberin Anni M.. ein 26jShriges Mädchen, hatte sich wegen wissentlichen Meineides zu verantworten. Fräulein W. war seinerzeit zu einem Breslauer Sportarzt, der ihr Training überwachte, in nahe Beziehungen getreten. Der Arzt war zwar verheiratet, doch lief um diese Zell schon ein Scheidungs- verfahren. Das Mädchen hatte zu ihm eine tiefe Zuneigung gefaßt und der Arzt versprach, sie zu heiraten. Als es dann zum Ehe- fcheidungsprozeß kam und auch die Beziehungen zwischen dem Gatten und der Schwimmerin zur Sprache gelangten, wurde Fräulein W. als Zeugin vernommen. Unter dem Einfluß des Arztes schwor sie, daß sie mit ihm nur ein harmloses Freundfchafts- verhällnis unterhallen habe. Auf Grund dieses Falscheides wurde der Ehefcheidungsprozeß zugunsten des Gatten entschieden, und die Frau, die ebenfalls Aerzttn ist, für den schuldigen Teil erklärt. Der Arzt verhejmlichte jedoch dann vor der Schwimmerin den Ausgang des Scheidungsprozesses und oerheiratete sich hinter ihrem Rücken mit einer technischen Lehrerin. Als Anni W. dann eines Tages von der Sache erfuhr, brach sie völlig zusammen und verriet alles der Gattin, die durch ihre falsche Aussage so schwer geschädigt worden war. Daraufhin wurde gegen sie die Anzeige erstattet und ihre Verhaftung angeordnet. Jetzt stand Anni W. vor den: Schwurgericht. Der Staatsanwalt beantragte-gegen sie eine Mindestftrafe von 6 Monaten Gefängnis mit Straifausfetzung. Das Urteil des Gerichts lautete auf 4�- Monate Gefängnis mit 2 Jahren Be- währungsfrist. Das milde Urteil begründete der Vorsitzende damit, daß nicht unehrlich« Gesinnung, sondern>mr Unerfahrenheit und der unheilvolle Einfluß des Arztes das Mädchen in den Kim> flikt wll dem Strafgesetz gebracht habe. Lteberschwemmung in Württemberg . Neckar über die llfer getreten. Skuttgart, 7. Mm Mottenbrüche habe» besonders im Bezirk Eßlingen großen Schaden angerichtet, ver Neckar ist dort auf weite Strecken über die User getreten. Bei dem Orte Ober- Eßlingen ström« da» au» den Wäldern kommende Wasser in wilden Fluten durch die Straßen. Ein beträchiltcher Teil des Ortes steht unter Waffe r. Einige Häuser mußten zeitweilig geräumt werdea, und die Feuer- wehr mußte zu Hilfe kommen. Die von Eßlingen neckaraufwärts | liegenden Gemeinden sind besonders schwer betroffen worden. Dort I muhte eine ganze Zahl von Häusern geräumt werden. Die Staats- straße von Sängen nach Psauhaaseu wurde gesperrt. Z« einem Teil der Gemarkung steht das Wasser bis zu 1.76 Meter hoch. Die Bäume ragen nur noch mit den Kronen aus dem Wasser. Dos Wasser steigt«och immer.
Aber die Bengels sammelten sich unter Anführung jenes berüchtigten Bandi Hires auf dem Marktplatz um einen Steinhaufen und als Freddy mit dem Signore ins Hypodrom zurückkehrte, warfen sie unter wüstem Gebrüll mit Steinen nach ihnen. Aber weder Robelly noch Freddy beachteten sie weiter. Mich jedoch erspähte Bandi Hires im Eingang des Hypodroms und drohte mir mit der Faust. Dies geschah vor Beginn der Vorstellung. Abends schickte mich mein Vater, wie fast täglich, in die Kneipe an der nächsten Ecke um Wein, natürlich auf Pump. Bandi Hires wohnte im dritten Haus neben uns und hier mußte Ich vorbei. Ich war gerade am Rückweg, als aus dem Gartentor plötzlich Bandi Hires vor mich hin sprang: „Da bist du ja, Kujon?" begann er,„jetzt habe ich dich. Du konntest das Maul nicht halten, weil wir in der Tenne waren?" Vor Entsetzen konnte ich kaum meckern: „Schwöre, daß ich's nicht war! Frage gleich, wenn du es nicht glaubst!" wimmerte ich. Doch Bandi Hires hatte mich beim letzten Wort bereite am Kragen und zog mir zwei Knallends.hinter die Ohren, so daß mein Hut von meinem Kopfe sprang und mir die Flasche entfiel. Das Korbgeflecht schützt« st« zwar vor dem Zerbrechen, aber sie war ein willkommener Grund zu meinem mörderi-' fchen Gebrüll, um Bandi Hires vor weiteren Tätlichkeiten zurückzuschrecken. Damit wäre meine schmähliche Niederlage besiegelt ge- wesen. Aber jetzt tauchte ganz unerwartet Freddy in unserer austür auf. Anscheinend hatte er heute an Stelle seines ntels das Kamel gefüttert und wurde von meinem Gebrüll herbeigelockt. Er lief schnurgerade und drohend auf Bandi Hires zu. Der war um einen Kopf größer und stämmiger und wäre schon aus Schamgefühl nicht geflohen, er, die Geißel der ,,Was tust du hier?" schrie Freddy ihn an. Und ehe Bandi Hires eine Silbe aussprechen konnte, ergriff Freddy irgendwie seine Hand und mein berühmter Raufbold brüllte schon mit gebeugtem Rücken, sich schmerzlich windend: „Laß mich los! Aul Ich schlag dir den Schädel ein!" Freddy sah ihn gar nicht an, sondern sagte zu mir: „Ohrfeige ihm geben? Wieviel? Soviel ihm geben sofort. Na!"(Fortsetzung folgt)