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BERLIN Mittwoch 13. Mai 1931

adite

Der Abend

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Der spanische Kirchenfrieg

Madrid , 13. Mai.

Die Kathedrale von Sevilla brennt

( Eigenbericht.)

Ju Sevilla kam es am Dienstag zum Sturm auf die Institute der katholischen Kirche . Die gotische Kathedrale, nach dem Petersdom das größte katholische Kultgebäude der Erde, und zwei Klöster wurden in Brand gesteckt, dann auch die St. Josephs- Kapelle im Zentrum der Stadt,

Großer Tag in Versailles

Frankreichs Präsident wird gewählt

eines der hervorragendſten Baudenkmäler des 18. Jahr: Die Präsidentschaftskandidaten

hunderts. Das Gebäude brannte vollständig nieder. Es wurde der Belagerungszustand erklärt.

In Alicante , wo bereits am Tage zuvor mehrere Kirchen in Brand gesteckt wurden, ist zum Protest gegen die Umtriebe der Monarchisten der Generalstreik erklärt worden.

Der Innenminister und die Polizeidirektion von Madrid haben bekanntgegeben, daß eine genaue Untersuchung der Brandstiftungen eingeleitet sei und die Schuldigen bestraft würden. In Madrid allein beträgt der bei der Berbrennung von Klöstern angerichtete Schaden fchagungsmeije 15 million en Mart. Was an Wertgegen­ständen verbrannte, läßt sich nicht annähernd schätzen. Die voll­ständig vernichtete Jesuitenbibliothet umfaßte rund 100 000 Bände. Die Brandruinen sind von Schauluſtigen umlagert. Auch in Burgos hat die Voltsmenge mehrere Zeitungsfioste und das Franziskanertloster in Brand gesteckt. Außerdem brennen das Isabellen- Kloster, das Bischofspalais und mehrere andere firchliche Gebäude.

In Malaga haben die Behörden Truppen aus Sevilla Senatspräsident Doumer Außenminister Briand angefordert. Zehn große Kirchen und Gebäude im Besitz von Monarchisten find angezündet worden; es gab

Straßenfämpfe zwischen Polizei und Demonftranten. Zahlreiche Berletzte mußten in die Krankenhäuser eingeliefert werden. Die ungefähr 70000 Mönche und Nonnen in Spanien haben in diesen Tagen nicht wenig Angst und Kummer ausgestanden.

ALE

Die Kathedrale von Sevilla

Mittags wird uns noch aus Madrid gemeldet: Im allgemeinen herrscht Ruhe in Spanien . Nur Andalusien sieht noch die letzten Zuckungen des Volksaufstandes gegen die Kirche. Am schlimmsten ist es in Malaga zugegangen; dort haben die Kirchen- und Klösterbrände an mehreren Stellen auf benach barte Gebäude übergegriffen, ein Warenhaus ist zerstört morden, der Schaden beträgt Millionen. Der aus Madrid zu­rückgekehrte Zivilgouverneur fonnte die Ruhe bald einigermaßen wiederherstellen Zur Truppenverstärkung in Malaga sind von außerhalb noch einige Kompagnien herangeholt worden. Im allge­meinen hat auch

Andalusien feine neuen Klosterbrände mehr gefehen. Nur in San Lucar del Barrameda, einem Badeort bei Sevilla , ist noch ein Konvent angezündet worden. In Kordova fam es am späten Abend zu einem Zusammenstoß zwischen der Zivil­

Im ehemaligen Königsschloß zu Bersailles treten heute nach­mittag Kammer und Senat, mit zusammen 912 Mitgliedern, zur Nationalversammlung unter dem Borsiz des Senatspräsidenten zu­sammen, um den Präsidenten der französischen Republik für die nächsten sieben Jahre zu wählen. Die Wahl erfolgt in geheimer Sigung durch Stimmzettel, die auf Namensaufruf abzugeben sind, wobei der Aufgerufene die Tribüne betritt und seinen Zettel in die Urne wirft. Gewählt ist, wer die absolute Mehrheit erhält; nötigenfalls erfolgt der zweite Wahlgang, und es kann auch ein britter Wahlgang erforderlich werden, der dann zwischen den zwei Bewerbern mit den meisten Stimmen entscheidet.

Senatspräsident Doumer wird wohl den Vorsitz der National­versammlung seinem Stellvertreter überlassen da er selbst der. Gegenfandidat Briands ist.

garde und der Menge, die auf das falsche Gerücht von dem Brand der Irrenanstalt zusammengelaufen war. Die näheren Um stände sind noch nicht geflärt.

Offenbar handelt es sich um ein Versehen der Guardia: Zwei Tote, zwei Schwerverlette und eine größere Anzahl Leichtver­letzte find ihm zum Opfer gefallen.

Ein Monarchistenauto wird verbrannt In Alicante herrschte gestern noch große Erregung, weil der am Bortage durch einen Schuß aus einem Kloster verwundete Junge gestorben war In sehr vielen Orten sind

die Klöster, besonders die Jesuitenresidenzen, geschlossen worden. Ihre Insassen haben in Bürgerwohnungen Zuflucht gefun­den. In Granada gelang es dem Zivilgouverneur, die Menge, ohne daß Schaden entstanden wäre, wieder aus einer Kirche herauszu­bringen. In Madrid und Barcelona yerrscht vollständige Ruhe.

Die meisten Fraktionen haben beschlossen, ihren Mitgliedern völlige Abstimmungsfreiheit zu lassen. Die Fraktionen treten in Versailles furz vor der Wahl noch einmal zusammen. Selbst wenn in diesen Sizungen bindende Beschlüsse gefaßt merden, so haben diese doch nur relative Bedeutung, da die Abstimmung geheim ist und im allgemeinen te in Fraktions­3 mang ausgeübt wird. Die einzige Fraktion, bei der ein Beschluß strift befolgt wird, ist die sozialistische. Sie verfügt in der Nationalversammlung über 126 Stimmen.

Die Zeitungen boten heute früh noch einmal alles auf, um für ihren Kandidaten Stimmung zu machen.

Ein starkes Militäraufgebot ist in Versailles traditionsgemäß zum Schutz der Präsidentenwahl wider jeden Störungsversuch poſtiert.

Royalistenradau.

Paris , 13. Mai.

Gestern abend demonstrierte auf dem Boulevard St. Michel royalistische Jugend gegen Briand . Fünf dieser Jungens im Alter von 17 bis 20 Jahren wurden festgenommen. Für heute werden Rundgebungen der Rechtsraditalen in Versailles an­gekündigt.

Ulf- Kandidaten.

Paris , 13. Mai.

Damit die heitere Note nicht fehlt, haben etwa 20 Nicht. parlamentarier ihre Kandidatur aufgestellt und das dem Ministerpräsidenten Laval geschrieben. Darunter ist einer, der sich republitanisch- demokratischer Arbeitsloser" nennt. Ein Mechaniker aus St. Denis glaubt sich berufen. über die Parlamentarier den Schiedsrichter spielen zu fönnen. Ein anderer Briefschreiber hat zwar teine großen Hoffnungen, aber ,, man fann nie wissen". Ein Mechaniker, ein Büroange­stellter und ein Bauarbeiter, sowie ein Familienvater mit zehn Kindern glauben sich gleichfalls berufen, das höchste Amt im Staate übernehmen zu können.

Schönes Himmelfahrtswetter.

Go sagen wenigstens die Wetterkundigen.

Für den morgigen Himmelfahrtstag, dem Tage der Herren­partien, lauten die Wetteraussichten ziemlich günstig. Es ist aller Voraussicht nach mit warmem und heiferem Wetter zu rechnen.

Die am Dienstagabend einsehende Eintrübung, die etwas Regen und in der Mark stellenweise heftige Gewitter zur Folge hatte, war auf den plötzlich erfolgten Einbruch feuchter ozeanischer Luftmassen zurückzuführen, die an der Südseite eines Tiefs entlangflossen, das heute über dem Nordmeer liegt. Ganz Mittel­ europa liegt unter dem Einfluß eines och drudgebietes und bis auf den östlichen Teil des Reiches herrscht heiteres Wetter. Am Himmelfahrtstage wird unser Gebiet weiter unter dem Ein­fluß des Hochs bleiben, obwohl sich über dem nord­westlichen Teil Schottlands ein starkes Tiefdruckgebiet ge= bildet hat. Diese neue Schlechtwetterzone zieht jedoch sehr langsam in füdöstlicher Richtung. Ueber die nördliche Hälfte der britischen Inseln sind demzufolge bereits erhebliche Regenfälle niedergegangen. Die Temperaturen, die heute früh in Berlin 15 Grad betrugen, stiegen mittags auf annähernd 20 Grad.

Zeppelin" in Staaten.

Tempelhofer Flughafen zur Zwischenlandung bereit. Das Luftschiff Graf Zeppelin , das gestern abend 23 Uhr in Friedrichshafen aufgestiegen war, erschien heute früh am 6 Uhr im Cichte des schönen Frühlingsmorgens über Berlin und führte eine Schleifenfahrt über der Reishauptstadt aus. Es nahm dann kurs noch dem Luftschiffbafen Staaten bei Spandau , wo es nach einer Manöverzeit von zehn Minuten um