Llralzeff in Hast. Erst wird sein»kleiner" Prozeß verhandelt. Der �eld des dsutschnationalen Raiffeisen-Standals, der Russe U r a l z e f f, ist zusammen mit seinem Rechtsanwall Türk auf Veranlassung des Dresdener Amtsgerichts in Haft genommen worden. Gegen die Genannten sowie gegen drei weitere Angeklagte, darunter den Rechtsanwalt Steinmetz aus Kassel , wird am 28. Mai in Dresden die Hauptoerhandlung wegen Betruges und Urkunden- fälschung stattfinden. Es handelt sich jedoch in diesem Prozeß nicht um den Raiff- eisen-Komplex. In der Raisfeisen-Sache ist, wie wir unlängst mit- teilten, nach sechsjährigem Hin und Her zwar endlich die An- klage fertiggestellt und erhoben, ober noch immer nicht das Haupt- oerfahren eröffnet worden. In Dresden steht ein Betrugsmanöoer Uralzesss zur Verhandlung, das— gegen die 20 Millionen der Naiffeifen-Bank gehalten, die Uralzeff in seiner Glanzzeit ergaunerte, dickt dürftig aussieht. Es handelt sich nämlich„nur" um etliche Zehntausend, um die der gerissene Hochstapler nach seiner Ent- larvung mit Hilse einer gesälschtcn notariellen Urkunde eine Anzahl Vertrauensseliger prellte. Uralzeff behauptete nämlich. die Deutschnationale Volkspartei habe ihm«ine große Summe für die Herausgab« belastender Dokumente geboten, erst sprach er von 50 000, dann von 250 000, schließlich sogar von 750 000 Mark(!), die ihm laut der— gefälschten— Urkunde die Deutsch - nationalen als Schweigegeld geboten hätten. Im Vaterlande des Hauptmanns von Köpenick und des Harry Domela fanden sich Leute, die auch dies glaubten und unbesehen die erhofften deutschnationalen Schweigegelder dem Uralzeff bevor- schuhten. Sie sind ihre Tausende natürlich glatt los geworden. Immerhin dürfen sie sich damit trösten, daß die deutschnatio- nalen Direktoren der Raifseisen-Bank ebenso leicht- sinnig etwa ebenso viele Millionen Mark wie sie T a u s e n d e dem Uralzeff hingeworfen und auch nichts davon wiedergesehen haben. Hoffentlich wird aber nach diesem Vorspiel nun endlich, endlich einmal der Raiffeisen-Vetrug von 1924/25 zur Verhandlung kommen. Zeit hierfür ist es mittlerweile wohl geworden...
Die Verfaffungsfragen in Bayern . Stoatsgerichtshof in seine Schranken verwiesen. Münch««. 16. Mai. Der Verfasiungsausschuß des Landtags beendet« am Sonnabend die Aussprache über die Entscheidung des Bayerischen Staatsgerichts- Hofs in der Verfasfungsstreitigkeit wegen der Un- gültigkeitserklärung von Landtagsbeschlüssen. Der Ausschuß stimmte, teils bei Stimmenthaltung der Nationalsozia- listen und der Sozialdemokraten, einer Reihe von Richtlinien zu, wonach u. o. zunächst ein neue», verfassungsmäßig u»bestrittenes Wahlgesetz zu schaffen und der laufend« Staatshaushalt zu erledigen und dann erst über die Wahlprüfungen zu entscheiden ist. Weiter wurde in den Richtlinien in bezug auf das Verhältnis zwischen Landtag und Staatsgerichtshof die Auffassung de» Land- tags dahin zum Ausdruck gebracht, daß die Aufgab« des Staats- gcrichtshofs sich in der Entscheidung anhängig gemachter Derfassungs- streitigkeiten erschöpfe, daß ihm aber die Erteilung von Direktiven gegenüber dem Landtage nicht zu- komme. Ein nationalsozialistischer Antrag, wonach die Auflösung de» Landtags am Tage noch der Erledigung der Houshaltsberatungen auf die Tagesordnung gesetzt werden soll, falls bis dahin ein« Klag« gegen das neu« Wahlgesetz beim Staotsgerichtshof« nicht«ingereicht ist, wurde gegen die Stimmen der Antragsteller und der Deutsch - nationalen abgelehnt. „üitisiizia c Libcrtö". Hereingelegte Faschistenblätter. Mit Verblüffung hoben die italienischen Zeitungsleser, die ge- wöhnt sind, von ihrer Presse gar nichts zu erwarten, in der Nummer vom 9.'Mai des„Corriere della Sera " und vom 10. Mai der „Tribuno" im Anzeigenteil ein« Annonce gefunden: das den meisten Italienern bekannte Wahrzeichen der revolutionären Organisation „Giustizia e Liberia". Und dies«? Zeichen mtt dem flammenden Dolch wird als Heilmittel angepriesen:„Das wahre Stärkung?- mittel",„das wahre Verjüngungsmittel" ist rings herum zu losen.
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Da wachen nun Faschio und Polizei mit tausend Augen über jedem Wort, das in den Zeitungen steht, und dann schleicht sich eine solche Annonce ein! Es ist um aus der Haut zu fahren! Wo sich noch jedes Blatt ausdrücklich das Recht vorbehält, die chm ungeeignet scheinenden' Annoncen ohne Begründung zurückzuweisen. Dieses Stärkungs- und Vsrjüngungsmittel schien ihnen als geeignet. Zweifellos sind die Zeitungen hineingelegt worden, aber ebenso zweifellos ist es, daß sich dabei die?lugen mehrerer Kontroll- organe wohlwollend geschlossen haben müssen, damit dies allen bekannte Zeichen sich zwischen Wurst, und Bierreklamen ein- nisten tonnte: dies Symbol des Opfers auf dem Jahrmarkt des Profit«. Und die Polizei schnüffelt auch schon nach Ver. i ch w ö r- r n und wird künftighin mehr Personal brauchen, wo die Gefahr besteht, daß die Seelen der Faschisten jetzt auch durch Annoncen vergiftet werden können. Was gäbe es Verletzbareres, als ein Regime, das sich sogar vor Annoncen fürchten muß! Dem sogar eine Reklame in der Hand explodiert! Wie wärs, wenn die Italiener es mit dem angeprisfenen Stärkungsmittel versuchten?
Eine Woche Aazi vor Gericht.
Leicht ist's, Verleumdung auszuschreia,
Soll man beweisen, so wird man klein.
Doch Hugenberg ficht ganz verwundert: „Goebbels fünftausend— und ich nur fünfhundert?!"
Am Sonntag, d«m 10. Mai, überfielen Nationalsozialisten nach einer Standorten weihe da» sreigewerkjchaftliche Vnltshaus in Lemberg bei Pirmas«n« und im An- schlutz daran«ine Gastwirtschaft, die in der Regel von Sozialdemokraten besucht wird. Den ganzen Tag verfuchten die uniformierten Hitlerianer die Arbeiterschaft zu provozieren. Wz sie damst ken«» Erfolg hatten, gingen sie am Stoend.zchn Angriff vor, worüber ein Unbeteiligter folgendes mitteill: Ohne jeden Anlaß wurde das am Dorfansgang nach Pirmasens gelegene Dolkshaus der Lemberger Arbeiterschaft an- gegriffen. Mit Vslastersteiaea«ad hol, knüppeln wurde» die Fenster- scheiden demollert und versucht, in dq» GebSude einzudringen. Das groß« eisern« Hostor konnte noch rechtzeitig geschlossen werden. Nun kletterten die fanatisierten Braunhemden über das Tor und öffneten es von innen. Inzwischen waren vier Polizeibeamte hinzugekommen, die nur unter Einsatz ihre» Lebens und mit der Pistole in der Hand die aufgewiegelten Nazis zurückhalten konnten. Dabei hat sich besonder, der Lehrer von Lemberg hervorgetan, auf dessen Verantwortung dieser Landfriedensbruch geht. Di« abgefeuerten Schüsse drangen in die wand de» Aufenthalt,. räume», der gerade in dieser Zell stark beseht war. Die anwesenden Frauen und Kinder muhten in de« Keller verbracht werden. Schlimmer hauste die Bande dann in der Wirtschaft. Diese liegt an der Straße Lemberg — Pirmasens und mußte von den Hiflerianern passiert werden. Nachdem eine Abteilung der voll- ständig uniformierten Stoßtrupps vorbei war und schwarz« Sturm-
obtellungen nachrückten, wurde plötzlich von einem Hornisten Sturm geblasen. Im gleichen Augenblick wurde dos ganze Gebäude umzingelt und mit allerlei Schlagwerkzeugen tSchlagringen, Gummiknüppeln, Messern usw.) auf die ahnungslosen Gäste«ingehauen. Fensterscheiben fielen klirrend zu Boden, Biergläfer flogen durch die Fensterrahmen, Frauen und Kinder wurden vetlehl, auf den am Vodcn liegenden Leuten herumgetrampelt. Dem Gastwirt wurden verschiedene schwere Verletzungen bei» gebracht, so daß seine Ueberführung nach dem Krankenhau» not- wenhig wurde. Es besteht Gefahr, daß er das Augenlicht verliert. Der Sozialdemokrat W:lle. der am Eingang sich der Bond« ent- gegenstellte, erhielt mit einem Schlagring eine tief« Kopfwhnd« und mußte gleichfalls ins Krankenhaus sich begeben. Bei diesem Ueberfall wurde auch die Büfettkassc geplündert und in der Küche der Versuch gemacht, das dort aufbewahrte Geld zu rauben. Ein« Frau aus Pirmasens erhielt einen Dolchstich in den Arm und mußte sich in ärztliche Behandlung begeben. Noch diesem Ueberfall marschierte die legale Garde Hitlers in Marsch- ordnung nach Pirmasens zurück. Kommunisten übersatten Hakenkreuzler. Schwere Auelschreitungen in Sunzlau. Dünzlau. 16. Mai. Am Freitag drangen etwa zwanzig Kommunisten in das Hotel„Fürst Blücher" ein, wo gerade Nationalsozialisten «ine Führerbesprechung abhielten. Die Kommunisten stürzten sich auf die Anwesenden und schlugen ohne jeden Anlaß auf sie ein. Einig« Personen wurden erheblich verletzt.
Hitlers trojanisches Pferd. Adolf, der Listenreiche. Das Stennes-Blatt schreibt über die Aufnahme des Httlerfchen Legalitätseides bei den Hiller-Anhängern: „Werden diese Hitlerianer nun auf unleugbare, nicht mtt billi- gem Disput zu vertuschende Tatsachen hingewiesen, au» denen klar und eindeutig hervorgeht, daß der verantwortliche Führer der Partei in aller Form, mit Eid bekräftigt, seinen Frieden mtt dem herrschen- den politischen System geschlossen hat, so wiederHoll sich mtt belustt- gender Regelmäßigkeit immer der gleiche Vorgang. Der Hitler - Mann setzt dann eine feierlich-geheimnisvoll« Miene auf. Es fehlt nur noch, daß er verstohlen um sich sieht und die markige Männerstimme zum scheuen Flüsterton herobsenkt, um nach diesen, höchste dramatische Spannungen erzeugenden Vorbereitungen mtt dem klügsten Augenzwinkern eine streng vertrau- liche Mitteilung zu machen. Danach seien all« Erklärungen und Eide nicht so ernst zu nehmen. In Wahrhett handele es sich um eine ungemein raffiniert gesponnene Kriegslist. Alles hat nur den einen Zweck, den Gegner über die wahren Absichten zu täuschen, ihn über die drohenden Gefahren einzulullen. Literatur- kundige Leute pflegen anzudeuten, daß in Hitler der notionalsozia- listischen Bewegung ein den verschlagenen Odyfseus an Listenreichtum übertreffender Kops erstanden sei. So wie das Heer der Griechen vor Troja, so stehen die 500 000 Parteimttglieder vor den Regierungspalästen. Hitler » Eid sei gewissermaßen dem berühmten trojanischen Pferd zu vergleichen. Mtt diesem Eid soll das bisher ver- fchlossene Tor zur Regierungsbeteiligung geöffnet werden. Sei dann die kühn« Schar der nationalsozialistischen Kampfminiftcr erst in das Innere der feindlichen Stellung eingedrungen, dann— wird es ein schreckliches Erwachen geben."
Traktorenwerk liegt still. Wegen Mangel an Rohstoffen, Maschinen und Personal. Moskau , 16. Mal. Die durch den Fünfjahresplon entstandenen Merke ln Tscheljabinsk , die größten Traktorenwerke der Sowjet- uaion, haben am Freilag ihren Betrieb stillgelegt. Di« Stillegung erfolgte wegen Mangels an Rohmaterial. Moschinen und qualisi- zierten Arbeitern. Der wellberühmt« italienische Dirigent Toscaninl wird jetzt, nach der Mißhandlung durch die Bologneser Faschisten, in Mailand polizeilich bewacht, damtt er nicht etwa ins Ausland reise, obwohl er sich für Konzerte der Wiener Festwochen verpflichtet Hot. Italien kann stolz darauf sein, wie es den Mann behandelt, der fein Stolz sein müßte. Der Reichsverband der Deutschen Dresse hält soeben seinen Ver- bandstag in Wien ob. Iustizminister Dr. Schürff teilt« in seiner Begrüßungsrede mit, daß die Ungleichung der Preßgesetze in den beiden deutschen Republiken der Vollendung nahe sei. Reichs- gesandter Dr. Rieth wies aus die Berbundenhctt der beiden Staaten hin. Nationalratspräsident Dr. Renner betont«, daß Volksvertretung und Presse sich nur in unbedingter Freihett ent- falten könnten. Der Hauptvorstand, darunter unser Redakttons- kallege K l ü h s, unt». der Reichsausschuß wurden vom Bundespräsidenten Miklas empfangen.- ver wissenschaftliche hilfsarbeiler Dr. Obitz ist aus dem Dienst der Tierärztlichen 5)ochschule entlassen worden, weil eine von ihm herausgegebene Masurenzeitschrist Artikel gegen Deutschland und für Polen gsbracht hat.