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Jwan Sieübui:

3>er Sohn des W.aurers

Eine Lokomotive, so klein, daß ein Berliner, der solcherlei Miniaturoerkehrsmittel nicht gewohnt ist, sie für ein Spielzeug halten könnte... drei ländlich-altertümliche Waggons hintendran: so zieht die Eisenbahn geruhsam von Heide nach Büsum . Wiesen, Äühe, Mühlen, Wiesen... unter der Schwere des grauen dith» marsischen Himmels. Eine Statioi! heißt Hafcrwisch: Jarrenwisch ist die nächst«. Und wie meine Augen diesen Namen von dem kleinen Station?- schild ablesen, taucht ein« Erinnerung in mir auf. In Jarrenwisch wohnte einmal, vor hundert Iahren und etwas mehr, eine Bauers- tochter mit Namen Wilhelmine Haak, sehr jung ist sie gestorben, ihr Name wäre in keinem Buch der Nachwelt erhalten geblieben. Aber ein junger Mann, der Sohn eines Maurers, der Schreiber beim Kirchspieloogt in einem der Nachbarorte, hat sie geliebt: er hat seine Liebe zu ihr die er aus Gründen gesellschaftlichen Ab- stands nie hatte offen bekennen können und den Schmerz um ihren frühen Tod in Bersen ausklingen lassen, die jener frühen Periode in seinem Leben noch nach einem halben Jahrhundert ein Andenken bewahren. Der Name des jungen Kirchspielschreibers war Christian Fried- rich Hebbel . In einer Zeit, welche die Grenzen zwischen den Gesellschafts- schichten noch unerbittlicher absteckte als die unsere, gelang es ihm, von Ehrgeiz getrieben, von Trotz gestützt, von Verzweiflung immer wieder vorwärts gcpeischt, au» seiner Klasse auszubrechen und sich den Platz zu erkämpfen, der ihm, traft jenes rätselhaften und früh- bewiesenen Genius, zukam. Und wie der Betrachter dieses fünfzig- jährigen Lebenslaufes auch zu dem Mann in feinen späteren Iahren stehen mag, wie kritisch auch der Vollendete in seinen festgefügten Lebensmaximen betrachtet werden muß, in seiner Stellung zu so- zialen Forderungen und gesellschastlichekt Formen: den Jüngling, den auf Schritt und Tritt die Abkunft hemmt, können wir in seinem Kampf um die Freiheit nur lieben. Und so kam es, daß ich, als die Kirche von Wesselburen über die Wiesen herübergrühte, kurzerhand beschloß, an dieser Stell« auszusteigen, um in dm. Straßen zu gehen und da» Hau» zu sehen. von dem aus der kleine Friedrich jenes gefährliche Wettrennen mit Hindernis, Sturz und halsbrecherischen Kurven begann, da» wir j.Seben" nennen. Ich ging vom Bahnhof die Straße in den Ort hinein, und die Phantasie spielt mir den Streich, daß sie mir dies Wesselburen in jedem Haus und jedem Fleck in eine Beziehung zu dem Jüngling fetzt, der es vor hundert Jahren oerlich, um in der Reisekutsch« nach Hamburg zu fahren. Zwischen diesen Einzelhäusern geht es sich eigentlich nicht wie beim Eingang in einen kleinen Ort, sondern «her wie im Vorort einer größeren Stadt. Um die Wahrheit zu sagen, erwarte ich in jedem Augenblick, ihn höchsteigen um die Ecke kommen zu sehen. Selbstverständlich würde ich den Hut vor ihm ziehen. Wenn er mich fragte: Wohin mein Freund? würde ich antworten:Zu Ihrem Geburtshaus, Herr Hebbel." Bsrdammt, da habe ich doch wahrhaftig laut mit ihm(d. h. mit mir selber) gesprochen, und eine junge Wessel- burenerin mit blondblitzendem Haar wundert sich über mich. Eist- schuldigend seh« ich zu ihr hinüber aber sie lächelt nur und blickt weg. Dann kam er, weiß der Himmel, mit einem Mal um die Ecke in Marmor, mitten in einem Garten, die Straße zum Bahnhof hinuntersehend: der Gopten gehört zu einem Hause, das das Hebbel- Museum enthält, nebenan ist ein alkoholfreies Käsfeehaus. Nun ging ich die Süderftraße hinunter.. Sauberkeit, reine Luft und freundliche Fenster. Und indem ich die Leute betrachte. selbstbewußte Dichmarschengesichter, die ihr Interesse an der An- kunst eine. Fremden nicht in aufdringlicher Neugier verraten, dazu ihr» gepflegten Straßen und Häuser; da korrigiert sich in mir mit einem Schlag das Borurteil, als könnte ein Fleckchen, abseits van den Hauptstraßen der Kultur, höchstens auf dem Wunder- und Gnadenweg« einen bedeutenden Mann gebären. Dieser Menschen- schlag ist wohl sähig, einem Bogel die Flugkraft auf die Lebens- reise mitzugeben, mit der sich ein hohes Ziel erfliegen läßt. Zu Hebbels Zeit hatte Wesselburen 1600 Einwohner, die Zahl ist um etwa 1000 gewochsen. Die Kirche auf dem Marktplatz stand damals wie heute. Was damals von seiner Hand in die Ehor- knabenbank eingeschnitzt wurde, ist noch jetzt zu sehen. Auf dem Marktplatz hat der Betrachter den Eindruck, als strahlten von hier sämtliche Straßen des Ortes aus. Hebbelstrahe Nr. 10 wohnt der Stellmacher und Wagenbauer Ernst Busche. Einstöckig ist da» Haus, oben neben dem Fenster ist eine Votivtafel angebrocht. Hier stand das Haus, in welchem Christian Friedrich Hebbel am 18. März 1813 geboren wurde. Er lebte bis März 1833 in seiner Heimath und starb am 13. Dezember 1863 in Wien als einer der größten deutschen Dichter der nachgoetheschen Periode." Eine alte Frau mit verschwimmenden blauen Augen kam her- aus, um zum Garten hinter dem Hause zu gehen. Hier steht jener Brunnen, von dem gesogt wird, daß er das llrbtld zu dem Brunnen sei, in den sich die Tischlerstochter Klara stürzt: er wird der Maria- Magdalena-Brunnen genannt. Darf ich einmal Ihren berühmten Brunnen sehen?" fragte ich die vom Alter gebeugte Frau. Ja, berühmt is hei wol", gab sie zur Antwort,aber viel los i» mit ihm nich. Hei ward seit lange Tied nich benützt." Ich sah hinunter. Schwarzes Wasser, grünes Holz,«in steinernes Rund. Dann bedankte ich mich, ging die Straße zurück, über den Markt, durch die Glockenstraße, um auf dem Friedhof die Grabstatt seiner Mutter zu sehen. Kaum ist man neben der Kapelle durch die Pforte aus dos Gräberfeld gelangt, so zieht dies Grab, abgesondert und aufmerksam umhegt, sogleich die Aufmerksamkeit auf sich. Eine goldene Inschrift:Hebbels Mutter." Sonst kein Wort. Diese beiden sogen alles. Und wo liegt der Dater begraben?" ftagt« ich. Es wurde allmählich dunkel, ich ging durch die schweigenden Gräberreihen. Ganz am Ende der Stadt", antwortete mein Beglester,«in weiß- bärtiger Handwerkermeister aus dem Ort. Ich meinte nun. ich hätte noch einen gehörigen Marsch vor mir. Aber die Begriffe richten sich nach der Lokalität in Berlin hätte manNebenan!" zur Antwort erhalten. Denn in weniger als zehn Minuten war das Ziel erreicht. Auf diesem alten Friedhof sind so wenige Gräber, daß man Ihn«her für«ine Parkwiese hält. Dos Auge geht von hier aus ungehemmt über die Ebene hin, gar nicht weit entfernt liegt der Deich vor der Nordsee . Ich gehe allein auf dem dunkelnden Wiesen- ftiedhof und suche nach Gräbern. Aber nichts als ungepflegtes Ge- büsch und Gros. Endlich ein Stein, als Grabstein kaum kenntlich, und wie ich ihn mit der Taschenlampe umleuchte, finde ich eine Inschrift, verblichen, schwach noch zu lesen: Htbbels Dater." Warum liegen Vater und Mutter getrennt voneinander? Was sie im Leben trennt«, war die Armut. Der Mann hatte sein Haus, in dem ihm der Junge und noch ein zwetter geboren worden war,

als ein bankerotter Flüchtling verlassen müssen: eine Bürgschaft, die er gutherzig übernommen hatte, war zum entscheidenden Ver- hängnis geworden. Die frühe Jugend der Kinder vor allem des empfindlichen Christian Friedrich war von Eindrücken voll, die aus den unglücklichen wirtschaftlichen Verhältnissen resultierten. Der Vater in höchster Nervenreizbarkeit, die von Schulden verursacht ist und vom Alkohol noch gesteigert wird, schüttet die Flut seiner Flüche über die Mutter aus, die ihren letzten Trost in Tränen findet. Wo sie sich aber dem Zorn ihres Mannes entgegenstellt, bieten sich dem Auge des kleinen Friedrich verwirrende, aufwühlende Szenen. Diese einfache Frau, die selber zur Arbeit in anderen Häusern aus- ging wie hätte sie wissen können, daß aus ihrem Schoß ein Kind gekommen war, das ihren Namen über die Welt hin berühmt machen würde? Nein, sie wußte dos nicht, aber sie ahnte es wohl. Wo es sich darum handelte, das zarte Kind vor den derberen Absichten des Vaters in Schutz zu nehmen, konnte der Kleine ihres Beistandes gewiß sein. Und bei ihr findet der Junge auch Rettung, wie er sich dem Maurerhondwerk als Beruf gegenübergestellt sieht. Der Vater nimmt ihn mit auf die Arbeit, Friedrich mauert auch richtig eine Wand auf. Aber dann verstockt er sich, er geht nicht wieder zur Arbeitsstelle. Die Hände der Mutter sind über ihm und sie führen ihn auf den Weg, wohin es ihn drängt. Aber die Not und Enge und Ungesichertheit lassen Kämpfe aller gegen alle, auch zwischen Sohn und Mutter, auskommen. Der Vater starb jung und ver- bittert, Friedrich war damals noch ein Kind. Die Mutter erlebte wenigstens den Ansang der Laufbahn ihres Sohnes. Sie starb während seiner Münchener Studentenzeit. Im Hause, in dem ehemals der Kirchspielvogt Mohr amtierte, wo Hebbel als Schreiber am Pult gestanden hat, wohnt setzt ein Arzt. Er zeigt mir einen Raum unter der Treppe, den die auf- steigenden Stufen, die absteigende Wand und der Fußboden be- grenzen hiek hat Hebbel mit dem Kutscher Christoph auf einem Lager geschlafen. Diese Art von Schlafgelegenheit war zur Zeit des jungen Schreibers durchaus keine Absonderlichkeit; es gab auch Türen, die den Verschlag zu einer Art von Kammer machten. Ein Schlafraum nach modernen Prinzipien ist dies fteilich nicht... Am nächsten Morgen sprach ich im Hebbel-Museum vor. Der Leiter, der mit bienenhaftem Fleiß Dokumente sammelt, die dem Besucher Hebbels Leben wahrhaft lebendig machen, erzählte, wie er selber noch den Kirchspielvogt Mohr als steinalten Mann im Schlaftock vor seinem Hause hatte spazieren gehen sehen. Bon den Wänden der wenigen Räume sehen die frühen und späten Freunde

her, dazu lausend Erinnerungen, Briefe ans den imlchVfcni« Perioden seines Lebens, Protokolle aus semer Schreiberzeit. Wenn sich kein Besuch in diesen Räumen befindet und allzu oft verart sich hier niemand her. so liegen sie. von Vorhängen verschattet, im Dunkel, um die Handschrift auf den vergilbenden Bogen zu schützen. Der relativ geringe Umfang des Museums übt gewiß auf manchen, der unter der Ueberfülle und pausenlosen Geschwätzigkeit eines Riesenbaues in der Großstadt geseufzt hat, eher wohltuend. Selbst die Wände an sich sind bemüht, durch den Wechsel von Farben in den verschiedenen Räumen des Beschauers Stimmung zu beeinflussen, seine Intensität des Erlebens zu stärken und un- vermerkt jene Entspannung zu bewirken, die der Besucher mancher anderen Ausstellung, umkerkert von eintönig grauen Wänden, oft verzweifelt sucht. Ich ging zum Marktplatz zurück und in die Kirche hinein. Die Decke von Holz in der Höhe ist ttefblau gestrichen, einige goldene Sterne darauf: die Kanzel mit Schnörkeln überladen; kriegerische Fahnen und Gewehre über dem Eingang, an dieser Stätte ganz gewiß deplaciert: links und rechts vom Altar hängen Bilder von Honoratioren... Was haben die bloß hier am Altar zu tun denkt man unwillkürlich. Dann suchte ich den Platz der Chorknaben, wo der Knabe Hebbel gestanden hat, wenn er nach dem blassen Gesicht der kleinen Emilie spähte, der Tochter des Kirchspielschreibers Voß. Als win- ziger Junge, in der Klippschule der Jungfer Susanna, war er dem ersten Sturm der Liebe verfallen, und wenn er am Sonntag in die Kirche ging, so zwang ihn dazu einmal die bezahlte Pflicht, dem Küster hilfreich zur Hand zu sein; vor allem aber die Sehn- sucht, Emilie zu sehen. Das Haus ihrer Eltern steht drüben, quer über dem Markt. Es ist das Bürgermeisteramt zwei Fahnenstangen, schwarzwciß» Masten: oben im Dach ein Fenster,«in freundliches Giebelchen sizk wie ein Hütchen darauf. Emilies Zimmer. Die jetzige BewohnexZx, die mich herausgeführt hat, läßt mich allein. Draußen rauscht Jfc Ulme. Es ist still. Ach Emilie, ein Schreiber Hebbel hat dich geliebt. Du ober hast einem Schneider best Vorzug gegeben. Wie ein Falter vorin erhellten, aber leider verschlossenen Fenster hat die Eifersucht des Schreibers diesen Giebel umtanzt. -- Die winzige Lokomotive zieht ihre drei altertümlichen Waggons von Wesselburen nach Büsum . Wiesen, Kühe, Mühlen, Wiesen, Bauern, Arbeit... Ich erwache aus meinem Hebbel - Traum. Da liegt die Gegenwart politische Leidenschaft, der Kampf des Neuen gegen das Alte, verschwiegenes unerbittliches Ringen auch hier. Die Zeit ist um hundert Jahre weitergerollt. Das Proletariat, auch hier, kämpft um Brot, Recht und Freiheit.

Srich Qrifar:

Sin&eft, in derlflatur mu feiern

Es gibt keine bessere Zeit für ein Fest als die Pfingstzeit, denn um diese Zeit ist die ganze Erde mit allem, was auf, über und unter chr lebt und liebt, ein einziges Fest. Da blühen die Blumen und die Bäume sind, was sie jedes Jahr im Mai tun, ausgeschlagen, und die Mädchen, na ja, man weiß ja. Man muß sich nur bemühen. Manche verloben sich zu Pfingsten. Und dos ist nun nicht so besonders an- genehm. Für die Verwandtschaft nämlich, denn statt nun den vdli- gatorischen Pfingstausflug zu inachen, hockt sie den ganzen Tag in der guten Stube, macht den Teppich dreckig, und am ättderen Tag hat sie einen Kater. Also, so sehr ich jeder Jungfrau einen Mann wünsche, Pfingsten Verlobung seiern ist nicht schön. Aber wenn man gerode keine Verlobung mitzufeiern hat, dann kann man sich Pfingsten so recht nach Herzenslust in der Natur ergehen. Am besten ist es, wenn man schon Sonnabendnachmittag loszieht, sich draußen in den Busch legt, und fo sachte in die Frühsingsnacht entschlummert. Am anderen Morgen, wenn die Böget singen und der Lorenz durch die Zweige knistert, steht man auf. spritzt sich etwas Ouellwasser ins Gesicht und denkt daran, daß man vergessen hat, Spiritus auf den Kocher zu tun, dann zieht man weiter. Kinder, ist da» schön, so am Pfingstmorgen durch die Dörfer zu wandern. Die Bauern, die uns, wenn wir spät nachmittags mit verstaubten Stiefeln und zerzaustem Haar an ihren offenen Fenstern vorbeiziehen, ein bißchen von oben herab anblicken, schlafen alle noch, die Hähne tun, als wäre kein Feiertag und die Hühner holen noch, was sie Ostern versäumt haben. Der Tag glitzert aus den Zweigen und Bäumen und alle Wege sind von Spinnensäden überspannt, an denen blanke Perlen aufgereiht sind. Also man kann direkt lyrisch werden, so schön ist es an einem Pfingstmorgen draußen in der freien Natur. Mittags jedoch, wenn unter dem durchfichtigen Blau des Himmels, der von weißen Wölkchen zart unterlegt ist, wie eine kuppellose Bogenlampe die weiß« Sonne hängt, legt man sich in den Schatten der Bäume und lauscht auf das feine Geräusch, das wie dos Wehen seidener Kleider mit dem Winde geht. Das kommt von den Bäumen, durch die der Wind mit sanftem Rieseln fährt. Und die das Kleid der Erde sind, die zum Pfingstfest sich mit ihren schönsten Kleidern schmückte. Oder aber wir rasten unter dunklen Tannen, durch die hindurch unser Blick aus graue Felsen fällt, die durchfurcht und rissig sind wie alte Oelgemälde . Tief unten liegt ein grünes Tal. Ein silberner Bach oder ein Fluß blitzt auf. Flichend stürzt er über ein Wehr, vor Wut schäumend schreit er dumpf auf. Nebenher zieht eine Straße ihre krummen Wege. Ein Auto überholt sie knatternd. Als lache sie über das prustende, schnaubende

Untier, das zu besitzen wir alle uns sehnen, wenn wir es auch ver» fluchen, solange wir keins haben, öffmt die Straße ihren Mund und läßt zwei Reihen schimmernder Zähne sehen. Das smd die Kilometersteine. Wütendes Hupengekreifch gibt Antwort. Ein paar rote Dächer, die sich vorher kaum bemerkbar machten, lachen. Bei uns oben aber, auf dem Berge unter den Bäumen ist es still. Die Flut der Pfingstwanderer erreicht uns nicht, und nur eine dick« Fliege-summt vorüber. Metallisch glänzen ihre Flügel in der Sonne. Sonst ist kein Getier zu sehen. Die Mittagssonne trieb olles Lebende in den Schotten der Bäume zurück. Unten liegt dos Tal in seiner Ruhe. Silbern steht der Glanz des Wassers in der Luft. Dann geht ein Schatten über dos Bild. Eine Wolke, die sich dunkel vor die Sonne schob, weckt uns au« unserem Traum. Fuß- gänger stören unsere Einsamkeit und auch wir erheben uns. Ein letztes Stolpern über ausgewachsen« Baumwurzeln, die dick wie da» Geäder alter Arbcitshänd« auf ollen Wegen liegen, dann treten wir aus dem Walde heraus. Die Stille der Mittagsstunde ist gebrochen. Mit festen Schritten und bewegtem Herzen schreiten wir zu Tal, von wo das Wasser uns entgcgenblitzt. Das kann der Rhein sein oder irgendein anderer Strom, an dessen Ufern wir liedersingend und Zupfgeig« zupfend weiter wandern. Ueberoll ist es schön und über- all sind weite Wälder nahe, die man durchwandern kann, stunden- lang. Und wenn man des Laufens müde ist, haut man sich hin, irgendwo ist immer noch ein grünes Plätzchen, das man mit Butter- brotpopicr und Eierschalen besäen kann, wenn man dazu verpflichtet zu sein glaubt. Und wenn's dann so richtig warm ist, dannrunter mit die Brocken ",Raus aus dem Hemd" und frei noch Dieffcnbach und Fidus durch die Gegend gesprungen. Da weiß man erst, was Pfingsten ist, da fühlt man erst, daß man auch ein Kind der Erde, ein Sohn der Sonn« ist und nicht nur eine Hand am Federhalter. ein Arm an einem Hammer, ein Kopf zu einer Rechenmaschine. Also, wenn ich mir das jetzt bei dem rhythmischen Geklopper memer Schreibmaschine so ausmale, dann kriege ich selbst Lust, meine zwei Zentner mal wieder in die Sonne zu legen und sie von ollen Seiten anbraten zu lassen. Aber wenn schon, dann in die Heide, da ist's stiller. Da ist man der Natur noch näher, wenn man di«s in dieser köstlichen Jahreszeit überhaupt sein kann, und die Stimmen in uns singen lauter. Das Herz spricht, und so man Glück hat, wächst ein Gedicht aus der Füllfeder. Und dann noch eine Nacht unter freiem Himmel oder in einer billigen Herberge. Es ist ja jetzt für alles gesorgt, und noch einen Tag in der Sonne und dann mit neuer Kraft zurück in den Alltag.

3)08dunkle Mler* des Winden Dr. Cyril Burt, der Psychologe des Londoner Grafschaftsrats, hat in einer Denkschrift über den derzeitigen Zustand der englischen Volksschulen Eltern, Aerzten und Erziehern dringend ans Herz ge- legt, sich eingehender als bisher mit der Periode der Entwicklung zu beschäftigen, die das Kind zwischen dem sechsten und elften Lebensjahre durchmacht, und die Dr. Burt als dasdunkle Alter der Kindheit" bezeichnet. Während sich Aerzte. Psychologen und Erzieher angelegent- lich mit der frühesten Kindheit und der späteren Jugend der Mensch- heit beschäftigen, ist die dazwischen liegende Zeit vollständig ver- nachlässigt geblieben." heißt es in dem von der englischen Regierung der Oefsentlichteit bekanntgegebenen Bericht.Und doch umfaßt ge- rad« di« Zeit zwischen dem sechsten und elften Jahr eine Periode, die die«inschneidendsten Veränderungen im ganzen Verlauf der menschlichen Geistesentwicklung herbeiführen. Vor dem siebenten Lebensjahr vermag beispielsweise da» Kind im Durchschnitt nur«in geringes Maß der angespannten geistigen Aufmerksamkeit anfzu- bringen, die wir alsKonzentration" bezeichnen. Gerade diese Fähigkeit, die sich für olle Formen der intellektuellen Tätigkeit im späteren Leben als so bedeutsam erweist, entwickelt sich ausgesprochc- nermaßen in diesemdunklen Alter". Eine weitere wichtige Ver­änderung macht sich dadurch bemerkbar, daß di« rein mechanische

Denktätigkeit immer logischer wird. Der Sinn für Folgerichtigkeit und geistige Zusammenhänge beginnt mehr und mehr an die Stelle der Eindrücke für Bilder von Personen oder Dingen zu treten. Ein drittes geistiges Kennzeichen des Durchschnittskindes zwischen dem sechsten und elften Lebensjahr stellt sich in der außerordentlich ge- steigerten Eindruckssähigkeit dar. Dos Dunkel der Unkenntnis, das sich über die Vorgänge breitet, die sich im Geistesleben des Kindes während dieser dunklen Epoche vollziehen, kann nur durch die gesteigerte Aufmerksamkeit der Sachkenner auf dem Gebiete der Kindespsycholvgie erhellt werden."

SeuerlöU'hweien als SchullehrgeQenUond Die..Verkehrsstunde" ist in den großstädtischen Schulen längst zu einer stehenden Einrichtung geworden, aber das Feuerlöschwesen ist in Deutschland noch nicht Schullehrgegenswnd. England geht hier andere Wege. Es Hot bereits vor einigen Iahren auf Ber- anlassung einer Spezialkommission für Feuerlöschwesen Feuerlösch - künde als Lehrgegenstond in den Schulen eingeführt. Die Schul - jugend wird durch Wort und Film über die schrecklichen Folgen der Feuersbrünste aufgeklärt, zur Vorsicht im Umgang mit Feuer erzogen und darüber hinaus auf den Feuerhilfeschulen praktisch unterwiesen, damit sie bei vorkommenden Bränden tatkräftig« Hilfe leisten kann.