Tlr. 241 ♦ 48. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Mittwoch, 27. Mai 1931
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Viele Treppen. Dritter, vierter, fünfter Stock. Ein kleines ein- fache? Empfangszimmer mit grünen Samtmöbeln, ein langer weißer Korridor mit vielen numerierten Türen. An einer von diesen klopft das alte Stubenmädchen, leise, kaum vernehmbar. „Bon jour, Madame, kann ich sie hier empfangen?" „Aber. ja. natürlich." Das Zimmer ist klein, weiß und kahl, von klösterlicher Einfach- heit: ein paar Stühle, ein Bett, ein kleiner Tisch. In einer Ecke zwei kleine Koffer, weiter nichts. Es wäre auch gar kein Platz da für mehr. Aber überall sind Blumen, Blumen und wieder Blumen: Nelken, Veilchen, Flieder. Dieser kalte Wiener Frühling hat mich nicht an solche Pracht gewöhnt, und ich sage unwillkürlich: „Wieviel Blumen!" „Ich schenk« ihnen davon," sagt Krishnamurti energisch, und sucht— trotz all meines Einspruchs— einen großen Strauß von Nelken und Flieder zusammen, während er verstohlen und knabenhaft ein paar Sandalen unter das Bett stößt, die sich frech mitten im Zimmer brest gemacht hatten. Dann setzt er sich und lächelt be- friedigt. Wenn ich nicht aus seinem Munde wüßte, daß er vierunddreißig Jahre alt ist, würde ich«s nicht für möglich halten. Es ist soviel echte Kindlichkeit in seiner Erscheinung und in seinem Wesen. Da- bei nicht die Spur von Pose, nichts Prophetisches oder Hierarchisches. Mit dem dunklen schmalen Gesichtchen, aus dem zwei riesige schwarze Augen neugierig und strahlend in die Welt sehen, mit den zarten Schultern und den winzigen, nervösen Händen mutet er einen nicht an wie ein Erwachsener. Und knabenhaft sind seine raschen Bewegungen, ist sein Enthusiasmus und seine Schüchternheit. Es wird mir schwer, zu glauben, daß dieser Krishnamurti, der da mit mir spricht— in einem energischen, von Fehlern strotzenden Französisch, das er vor. Zeit zu Zeit unterbricht, um mich zu fragen: „Bous comprenez, Madame?"— derselbe Mann ist, der vor Jahren den„Orden des Sterns" aufgelöst hat, der viele Tausende von Büngern zählte und ihn als sein Oberhaupt ansah: derselbe, um den sich Jahr für Jahr in Eerde Castle dreitausend Personen scharen, die aus allen Teilen der Welt zusammenkommen, um«ine Woche in seiner Nähe zu oerbringen: derselbe, der— wenigstens nach den Berichten seiner zahllosen Interviewer— an diesem einzigen Tage seines Wiener Ausenthalts soviel Geheimnisvolles und Tiefes gesagt hätte. „Ach, daran haben die Journalisten keine Schuld", sagt Krishnamurti lochend.„Das kommt nur daher, daß ich nicht deutsch kann, und sie nicht englisch. Da ist es schwierig, sich zu verständigen. Morgen, bei der Konserenz, wird es noch schlimmer sein. Wer weiß, wie viele da gähnen werden. Aber daran bin ich schon gewöhnt. Fast alle kommen nur, um mich zu sehen, als ob ich ein Kinostern wäre, und bilden sich ein, mich in orientalischer Gewandung zu erblicken. Sobald dann die erste Neugier befriedigt ist, fangen sie an, sich zu langweilen." Und nach einer kleinen Pause fügt er schelmisch hinzu:„Manche hallen es gar nicht bis zu Ende aus. Sie brauchen mich nicht so entsetzt anzusehen. Früher hätte ich mir wohl solches Mißgeschick zu Herzen genommen. Aber seit dem Tode meines Bruders Nityananda haben diese Dinge für mich jeden Wert verloren. So habe ich auch auf das Schloß verzichtet und auf alles, was ich befaß. Jetzt bin ich arm. Wenn ich eine Vortragsreise mache, fahre ich dritter Klasse." Krishnamurti sogt,„ich bin arm" mit demselben strahlenden Lächeln, mit dem ein anderer die Erringung eines großen Ver- mögens verkünden würde, und begleitet jedes seiner Worte mit Be- ivegungen seiner zarten, durchsichtigen, nervösen Hände, den Händen des Inders der oberen Kaste. „Ja, ich bin arm. Das heißt, nicht ganz arm, denn der Trust, dem ich dos Schloß Ommen übergeben habe, gibt mir jährlich zwei- hundert Pfund Sterling, die für mich reichlich genug sind. Für meine Vorträge lasse ich mich nicht bezahlen: nur die Reise und vier Tage Aufentholl. Ich will nicht mehr haben als das Notwendige. Trotzdem bietet man mir von Zeit zu Zeit an, Millionen zu ver- dienen. Das letztemal war es eine amerikanische Kinosirma, die mich als Hauptperson für«inen Film haben wollte!" Wie oft und wie von Herzen lacht dieser kleine Inder, den alle mit einer Atmosphäre voll Geheimnis und exotischen Dunst umgeben wollen! Und mit wie klaren, dankboren, glücklichen Augen blickt er ins Leben! .La, wirklich, ich bin«in ganz einfacher Mensch. Ich bin weder ein Messias noch ein Prophet und bin auch kein Philosoph. Ich lese olles, was mir in die Hände fällt, alles, nur keine philosophischen Bücher. Wenn mich meine Mutter, als ich noch ein Kind war, nicht im Buddhismus erzogen hätte, würde ich nicht einmal den kennen. Man soll nicht über das Jenseits grübeln und sich fragen, ob es noch etwas nach dem Tode gibt. Man muß leben und an das Leben glauben, keine Angst davor hoben: lieben, leiden, genießen und vor allem, sich selbst vergessen. Nur. wer sich selbst vergißt, über sich selbst hinausgeht, kann glücklich fein. Und das kann man nicht aus den Büchern lernen, nur aus dem Leben. Bous comprenez, Madame?" Ich verstehe, daß viele diese zarte exotisch« Gestalt lieben können, die in diesem skeptischen, grausamen Jahrhundert des Sports und der Jagd nach dem Gelde. in unserer entweihten und profitgierigen Well schüchtern und mutig hingeht, um Liebe, Armut und Altruismus zu predigen. Ich versteh, auch, daß einige an ihm glauben können. „Aber ich verlange von den Menschen gar nicht, daß sie an mich glauben. An sich selbst sollen sie glauben. Alle können den Weg gehen, den ich gegangen bin, das Glück erlangen, das ich erlangt habe: ein vollendetes inneres Glück, das kein Schmerz, keine Angst, keine Trauer zerstören oder trüben kann. Alle können das, ohne Unterschied des Geschlechts, der Kaste, der Rasse, der Religion." Wie immer, wenn e» vom Kern und Wesen seiner Lebensweis- hell spricht, findet Krishnamurti auch in der fremden Sprache schlichte, lebendige, wuchtige Worte. Ich betrachte ihn schweigend. Ob und in welchem Ausmaß er sich täuscht, wenn er anderen die Möglich- kellen zuschreibt, die vielleicht nur er besitzt— ich kann es nicht wissen. Aber ich glaube wirklich, daß Krishnamurti einen Zustand milder Brüderlichkell mll allem Lebenden erreicht hat und gleichzeitig eine Ablösung von allem, ähnlich der, in die Doswjewsky seinen Fürsten Nilchkvn versetzt, der für alles Liebe«mviindet und doch im Grunde allem fremd ist, allein und unantastbar. Daß er in diesem Zustand glücklich ist. glaube ich, aber ich glaube nicht, daß diese Art von unmenschlichem und übermenschlichem Glück, wenn sie wirklich allen zuteil werden könnte,«inen Schritt vorwärts, einen Aufstieg zu höherem Menschentum bedeuten würde. Und während Krishnamurti spricht, liegt e« wie ein Schatten auf mir. daß ich mich «ich nicht einen Augenblick überzeuge« und hinreißen lassen kam,
von seiner Glut und Aufrichtigkeit, daß ich mit kalten, fernen Augen auf sie schauen muß. Und auf einmal fällt es mir ein, daß viele Leute auf ihn warten, auch solche, die von weither kommen, um mit Krishnamurti zu sprechen, und die sicher mit anderem Sinn« auf dieselben Worte lauschen würden. Ich spüre etwas wie Gewissensbisse und stehe traurig auf: „Es ist spät, ich muß gehen. Dank für die Blumen. Aber, Sie haben ja eiskalte Hände! Warum haben Sie mll nicht gesagt, daß Ihnen kalt war, und haben das Fenster offen gelassen? „Dann wäre Ihnen zu warm geworden, im Pelz", antwortet er mit seinem nüchternen Lächeln. Gegen das fahle Grau des Himmels hebt sich sein Kopf ab wie ein byzantinisches Mosaik mit den riesigen Augen und den stilisierten, reinen, unirdischen Zügen. Wir gehen durch den weihen Korridor und das kleine grüne
Empfangszimmer, wo einige Damen geduldig warten. Als sie Zkrishnamurti sehen, erheben sie sich und lächeln ihm zu. Draußen ist alles grau und trostlos, als wäre dieser Frühling ein Herbst. Von der Karlskirche schlägt eine Turmuhr sechs. Ein Paar geht eilig vorbei, beide zusammengedrängt unter einem kleinen Schirm. Ein Bettler kommt langsam über den Platz, unter dem Regen. Ich denke an Krishnamurti und plötzlich habe ich die Emp- findung, klar und endgültig, wenn ich sie auch nicht gedanklich ab- leiten kann, daß er das Leben nicht kennt, von dem er soviel spricht, daß er an seinem Rande lebt, ohne seine wahren Probleme, seine Bedürfnisse und Gesetze zu kennen, und die Welt nach sich selbst beurtellt, wie ein Kind, sie für brüderlich und hilfreich hält, weil sie ihm brüderlich und hilfreich war, daß er die wenigen Probleme, die ihm das wohlwollende Schicksal ausgab, für die einzigen Mensch- heitsprobleme hält. Und daß er durch die Welt zieht, unbewußt des wirklichen Lebens, das um ihn herum bebt und wütet: gewaltsam, mühselig, erbarmungslos. So daß er unwahr ist, bei aller Aus- richtigkeit.
gerdiand: 3)i e SiochmeHsreife
Das kleine Kino an der Ecke, das jetzt auch eine Apparatur bekommen hat und daraufhin von dem derzelligen Besitzer stolz und euphemistisch„Tonfilm-Palast" tituliert wird, bringt mit seinen Plakaten und der Lichtreklame über dem Eingang etwas Farbe und Buncheit in das llostlose Einerlei der grauen Straßen an der Peripherie der Weltstadt... Sonntagnachmlltags, eine' halb« Stunde vor Kasseneröffnung für die„Große Kindervorstellung mit Verlosung" zittert sogar ein Hauch von Jugend und Frohsinn durch das verlassene Viertel, das an roten Brandmauern, fauligen Bretterzäunen, endlosen Bahnübergängen und geschmacklosen Faun- statuetten so reich ist... Jetzt ist wieder einmal ein neuer Besitzer mit neuen Hoffnungen eingezogen, und, wahrhaftig, er scheint eine Spürnase zu haben, denn er plakatiert einen Film, der jetzt noch in westlicheren Gefilden läuft und dem ein großer Erfolg beschieden ist... Da die Besitzer des„Tonfilmpalastes" so häufig wechseln, hat das Kino kein Stammpublikum... Nur ein altes Paar, eine alte Dame und ein alter Herr, kommen zu jedem Programmwechsel. Scheinbar ist es die einzige Abwechslung, die sie haben. Sie sprechen nie ein überflüssiges Wort, auf alle Anbiederungsversuche haben sie nur ein höfliches, kühles, konventionelles Lächeln in ihren zerknitterten. gegerbten, feinen Gesichtern. Sicher haben sie nicht zeit ihres Lebens in dieser Gegend gewohnt, sicher haben sie einmal bessere Tage gesehen. Sie hungern vielleicht für diesen Kinobesuch, der ihnen den Kontakt mit der großen Welt, die ihnen gehörte, erhält. Der Abend dämmert. Die erste Vorstellung des kleinen Kinos wird bald beginnen. Die alte Dame und der alte Herr, angetan mit einer versunkenen, verschollenen Eleganz, stehen wieder vor dem Kino und betrachten die Bilder in dem Schaukasten vor dem Ein- gang. Das find Aufnahmen aus dem Film, der noch jetzt im Westen läuft, aus einem Hollywooder Russenfilm mll Gardeobersten und Hoffesten, mit einem Zarkomparsen, einer Pappmocherevolution, goldlockigcn Liebchen, dem Wiedersehen im Sumpf llgendeiner Weltstadt und dem butterweich zerfließenden bsppy euch bei dem kein Auge tränenleer bleibt: Schablone! Die beiden alten Leute, die an sonnigen Vormittagen im Park, bei den täglichen winzigen Lebensmittelbesorgungen, in der Leih- bibliothek und hier im Kino immer umgeben sind von einer eisigen Höflichkeitsmauer, die kein Mensch durchdringen kann, haben lange, lange auf diesen Film gewartet, dessen Voranzeige schon wochenlang an dem schwarzen Brett klebt. Hundertmal schon hatten sie von dem Geld, das die Tochter, die in Paris Modistin ist, ihnen schickt, nach dem Westen fahren wollen in einer der Luxustheater mit Marmortreppen und Perserteppichen, Foyerbor und Damostsesseln, um sich diesen Film anzusehen. Aber es ist immer etwas dazwischen gekommen. Die Trinkgelder, die sie groschenweise mll Märchen- hafter Geste verteilen, ließen sie nicht dazu kommen. Außerdem haben sie Angst vor diesem Film, wahnsinnige würgende Angst, nicht etwa vor dem Spiel ihrer Enkelin, der Prin- zessin Mascha, die unter dem Nomen Loui Poutoll eine Chargen- rolle(goldlockiges Liebchen), durch Vermittlung des Rußland - sachverständigen der Produktllnsfirma, de» ehemaligen Garde- obersten Petschakoff, spielt... Sie haben nicht Angst vor diesem Spiel ihrer Enkelin, die der„Grande mere ", der fürstlichen Groß- mutier, die jetzt unter dem kühlen Winde zitternd, vor einem glyzerintränenüberströmten Großaufnahmephoto Loui Poutolls
Saison eröffnet arn �Ld öftrem d... Ällf Grube„Concordiu" wechselt die Schicht. Lwischen deu L�uiupels— mit hagreru Gesicht— Häuer Kokoschka.— c5nt 5Xorkärruel versteckt hält traiupfhaft er einen bunten Prospekt, den er anr'Wege iur Rinnstein fand: —„Saison eröffnet arn 5idostraud!"-- Ein Glockenflgnal. Der Zörderkorb schwankt. Das Dunkel jäh aus der Tiefe rankt.— Einhundert SOtctcr,— Kokoschka sinnt nach, — Erholung für alle, die krank und schwach!— Lweihnndert rölcter,— es sickert und rinnt, — iru Pyjawa alles,— H&tib und Älttbl— Dreihundert DUctec,— nur schweigender Fels, — ständig£Ölufif in allen Hotels!— Vierhundert fBletcr,— es wächst das Grau'n, — Palmen, Lagunen,— woudänste Fran'n!— Fünfhundert LLleter,— Kokoschka schreckt ans, rings um ihn der-Sinrnpel schweres Geschnauf. Sekunden,— ein Ruck,— der Förderkorb hält. Ein bunter Prospekt, zerknittert, entfällt der schwieligen, rauhen LCIännerhand:— —»Saison eröffnet am Ltdostrand! ÜTtriTr
steht, vor vierzehn Jahren zum letzten Male die eiskalten Finger- spitzen küssen durfte... Nur davor flattern die abgebrauchten Herzen so erregt, nur davor, ein« halbe Stunde lang vor der Lein- wand eines Vorstadtkinos wieber Durchlaucht und Exzellenz zu fein, wieder in Gobelinsesseln zu sitzen, statt auf den harten Klapp- stühlen, nur davor, eine Viertelstunde einen schwachen Aufguß des Schrecklichsten zu erleben, gegen das der Tod em yohsäugiger Waisenknabe ist, um dann zehn Minuten lang einem fabulierten, verbogenen bappx end entgegen balanciert zu werden... Sie treten ein, der alte Herr kauft zwei Billetts, sie nehmen Platz in dem ungastlichen, kahlen, trüb? erhellten Raum, wie sie wohl in der Hofloge der Moskauer Oper Platz gemmmen habe» mögen. Das Kino ist nur schwach besucht. Es ist ja noch früh. Draußen rattern Züge, keift ein Weib, bellt eine 5hundetöle, wimmert ein Kind... Draußen dämmert der Abend... Die Dame und der Herr schweigen. Das Licht erlischt. Eine alte Wochenschau läuft, stumm, ohne synchronisierte Musik. Als ein Voileführer auf dem veriegnkten Bild den Mund aufreißt, um vor dem Mikrophon zu einer jubeln- den, unübersehbaren Menschenmenge zu sprechen, gähnt im Kino ein ungeschlachter Mann lange und ausdauernd... Dann wieder Licht! Und dann: ein Kulturfilm. Ein Reise- film ist das, der in sonnige Gegenden führt. Und hier, angesichts der ersten Einstellungen dieses Films, Dampfer, Meer, Möwen, Stewards, nordafrikanischer Hasen, Palmen, Hotelterrasse, im Auto durch die Wüste, schlägt eine heiße Welle über den beiden alten Mensche« zusammen. Sie sehen ihre Hochzeitsreise vor sich, die sie damals, vor vielen Jahren, vor vielen Ewigkeiten gemacht haben. Wie lange ist das her? Fünfzig Jahre: goldene Hochzeit, vielleicht?! Ach, sie haben jede Zeitrechnung verloren, die Alten. Ja, diese Strecke, die die Filmoperateure im Boot und Dampfer,' Auto und Flugzeug gefilmt haben und die sie jetzt wiedersehen, ist ihre Hochzeitsreise gewesen. Damals...: Fürst und Fürstin, Leutnant des Zaren, damals: devote Buckel, knisternde Seiden, klimpernde Orden, damals...: Mütterchen Rußland... Das wird jetzt wach, das steht jetzt auf, wird lebendig, übermächtig. Als der Kulturfilm zu Ende ist, sitzen beide ganz straff und mit leuchtenden Augen da Die knöcherne, weihe Hand des Herrn streicht erregt den schütteren weißen Bart, der okkerfarbene Puder auf den verhutzelten Wangen der Dame duftet seltsam in dem nüch- ternen Raum. Da sagen sie sich einige russische Worte, die sicher heißen:„Mein Täubchen!" und.Liebster!". Und dann projiziert der Scheinwerfer die ersten Titel des Hollywooder Russenfilms auf die Leinwand...
Schönheit
An einem späten Vormittag im Sommer gehe ich durch schatten- losen Kiefernwald. Die rotlichen Sandkörner des Weges glänzen zart im Sonnenlicht und aus dem krausen Moose am Straßenrand heben sich steif die lackierten Blättchen chcr Preißelbeeren. Der Sommerwind dröhnt, saust und orgelt in den Kronen der Kiefern, und als ich den Kops langsam hebe, um diesem Dröhnen und Orgeln zu lauschen, da sehe ich ein seltsames zitterndes Leuchten und Blitzen zwischen den fernen Stämmen. Es ist ein schillernder Glanz, der aus einem Gewoge grüner, blauer, goldener Funken besteht, aus zahllosen kleinen Blitzen, die ausglühend und verlöschend über dem Waldboden miteinander spielen, winzige Brüder himmlischer Dä- monen. Immer schimmernder wird das Spiel, wie ich näher komme, bunter und wirbelnder. Noch einige Schritte weiter und ich sehe: Eine flache Sandgrube im strengen Mittagslicht, in der sin Pferdekadover liegt. Er ist schon fast ganz zerstört. Fetzen weißlichen Fells hängen über die entblößten Rippen und decken noch einen Teil des Rückens. Der Kopf ist noch teilweise erhalten, nur die Zähne sind entblößt und die Augenhöhlen schwarz eingefallen. Und diese Ueberreste eines Wesens, das im letzten Zerfall zur Erde zurückkehrt,� sind bedeckt von schimmernden grünen Schmeißfliegen. Wie schön sind die Dinge, wenn sie, erlöst von Namen und Zweck, die Vielfalt gebogener Oberflächen dem gleitenden Lichte darbieten— herausgeschleudert aus dem sich drehenden Rad des Geschehens, der Ursachen»ich Zwecke— in sich ruhende erlöste Form. �lagda Acharya. Da» Ergänzungsstück. Mark Twain , der nicht nur amüsant schreiben konnte, sondern auch i»n Leben überaus witzig war, hatte. wie viele Leute seiner Art, die Gewohnheit, i» seiner Kleidung manchmal etwas nachlässig zu sein. So gejchah es, daß er eines Tages der gleichfalls berühmten Harriet Beecher Stowe einen Be- such abstattet«, ohne sich zuvor eine Krawatte umzubinden. Das Fehlen dieses in Gesellschaft unerläßlichen Kleidungsstückes bemerkte «r aber erst, als ihn sein« Frau bei seiner Rückkehr voller Entsetzen darauf aufmerksam machte. Ein Weilchen später lieferte ein Bote bei Mrs. Stowe ein kleines Paket ab. Sie öffnete es und fand darin eine schwarze Seidenkrawatte und folgendes Schreiben:„An- bei eine Krawatte. Nehm«» Si« sie bitte heraus und sehen Sie sie sich an. Ich glaube, ich bin heut« morgen etwa eine halb« Stunde ohne dies« Krawatte bei Ihnen geblieben. Wollen Sie so freundlich sein, sie nach Ablauf dieser Zeit wieder zurückzuschicken, es ist näm- lich die einzige, die ich besitze. Ihr Mark Twain ."